Studiotipps - Kniffe, die die Welt verbessern!

Einfache EQ-Tricks mit kostenlosen EQs

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Auf den ersten Blick ist so ein moderner Plug-in-EQ ja ein Glücksgriff: jede Menge Bänder mit Vollparametrik, dazu meist noch ein paar Shelving- und Cut-Filter, bisweilen alle mit unterschiedlicher Flankensteilheit und zum Teil verschiedenen Charakteristiken. Das muss ja quasi von alleine gut werden, oder?

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So ein digitaler EQ ist ja beinahe das Gegenteil vom analogen Mischpult mit deutlich weniger Möglichkeiten pro Kanal. Trotzdem finden sich heute noch viele Musiker, die sich den Traum vom analogen Mischpult antun, weil die Anzahl an Parametern nun einmal nicht automatisch mit einem besseren Sound korreliert!

Es gibt zwei kleine kostenlose Plug-ins, die ich in diesem Zusammenhang sehr schätzen gelernt habe: elysia niveau filter von www.plugin-alliance.com und BASIQ von www.kuassa.com.

Wozu braucht man die beiden einfachen Dinger im digitalen Zeitalter überhaupt? Schließlich bietet jede DAW heute Bordmittel, die deutlich leistungsfähiger und flexibler sind!

Unsere Ohren

Es hilft mir immer, wenn ich mich daran erinnere, dass meine Ohren keine geeichten Messwerkzeuge sind. Ohne eine Referenz mische ich nach einiger Zeit falsch und muss mich selber zwingen, Klänge zu vergleichen, die Lautstärke anzupassen oder auch auf das Signal ohne Bearbeitung zurückzuschalten. Und dabei bin ich mir teils so sicher, dass dieses oder jenes Detail nun ganz besonders wichtig ist!

In professionellen Studios gilt daher auch oft das Motto: Arbeite schnell! Finde schnell einen Sound, der funktioniert, und lass ihn dann so. Das Drumset wird nicht beliebig oft im Raum herum geschoben, sondern genauso aufgebaut, wie es schon oft funktioniert hat. Dann kommt die übliche Mikrofonierung und Kanalwahl, und erst, wenn etwas nicht stimmt, tauscht man noch ein paar Dinge aus und probiert. Immer mit dem Hintergedanken, es nicht später im Mix zu korrigieren, sondern gleich bei der Aufnahme mit einem soliden Signal zu starten.

Und so viel man dabei auch vom Start weg richtig macht − es muss nur jemand die Dinger anders stimmen oder spielen, und schon gibt es wieder neue Variablen, die den gesamten Sound verändern und für die man eben die ganzen digitalen Wundermittel dann doch braucht.

Im ersten Moment mögen die Bearbeitungen zwar überzeugen, aber eigentlich wird das Signal hier mit dieser Einstellung vor allem lauter. Statt eines EQs hätte das Signal vielleicht nur ein wenig mehr Lautstärke im Mix gebraucht.
Ideale Gesangsspur? Eher nicht ... So eine Bearbeitung korrigiert wahrscheinlich mehr die Abhörbedingungen im Homestudio, als dass es wirklich ein Signal in einen Mix einbettet.

Ein legendäres Mikrofon?

Viele Mikrofone sind nicht ganz zu Unrecht Legenden geworden, denn sie funktionieren halt für bestimmte Signale und nehmen einem dadurch auch ein bisschen die Verantwortung in der Entscheidung zwischen EQ oder Mikrofontausch ab.

Früher habe ich ein SM57 oder MD421 teils belächelt, weil ich dachte, mit einem angesagten Einstiegs-Großmembraner automatisch besser zu klingen. Ich brauchte da leider einige Fehlkäufe und viele Erfahrungen im Mix. Heute schätze ich die beiden Kandidaten nicht nur an der E-Gitarre…

Erst mit dieser Erfahrung kam dann auch die Ruhe, wann es wirklich einen EQ braucht und wann besser direkt ein anderes Mikro. Denn sobald ich anfange, ein eigentlich klanglich unpassendes Signal in den Mix einzufügen, wird es schnell kompliziert. Dann verzettle ich mich und bemerke am Ende beim Aktivieren des neunten EQ-Bandes zu spät, dass meine Ohren eben keine linearen Messkurven abbilden und ich irgendwo falsch abgebogen war …

Die Höhen heben wir in einem Teil der Spuren dezent an und senken die restlichen Spuren im Mix etwas ab. Das wirkt als Effekt auf unsere Ohren wie eine viel stärkere Höhenanhebung. Wir nehmen den Unterschied viel drastischer wahr, als die minimale Anpassung vermuten lässt.

Was damit nicht geht

… Die beiden oben genannten kostenlosen EQs sind mir vor allem zum Erkunden des Höhenbereichs oft eine Hilfe. Denn gerade da muss ich nur etwas länger mischen, und schon gefallen mir auch die seltsamsten Bearbeitungen.

Natürlich gibt es digitale EQs, die um 12 kHz irgendwelche spitzen Kurven mit tausend Varianten erzeugen! Zumindest in meinen Ohren wird das Ergebnis am Ende bisweilen nicht immer gut. Im schlimmsten Fall summieren sich solche kreativen Anhebungen unangenehm im Mix. In einer bestimmten Lautstärke funktioniert das Signal dann vielleicht, aber spätestens im Mastering braucht es dann dynamische EQs und viele Mastering-Tricks, um den Quatsch wieder abzufangen.

Die beiden einfacheren EQs sind jetzt für sich genommen keine Wundermittel, aber sie helfen mir ein wenig, den Unterschied zwischen einem falschen Signal und einer falschen Bearbeitung schnell und recht zuverlässig zu erkennen.

Von links nach rechts: Vocals, Playback, Bass/Bassdrum. Anstatt auf den Einzelspuren spitze Anhebungen zu produzieren, stimmst du so den Mix recht breitbandig ab. BASIQ ist schön kompakt, sodass du mehrere Gruppen auf einem Bildschirm ohne Probleme nebeneinander darstellen kannst.

Praxis

Als Beispiel mal zwei einfache Busse: Playback und Gesang. Der Gesang braucht mehr Höhen − und wir nutzen mal das niveau filter anstatt unseren dicken 10-Band-EQ aus der DAW. Auf dem Vocal-Bus, wo am Ende alle Gesangsspuren gemeinsam anliegen, hebe ich die Höhen damit insgesamt etwas an, auf dem Playback-Bus senke ich mit einer zweiten Instanz die Höhen minimal ab.

Insgesamt belasse ich die oberen Frequenzen auf den Einzelkanälen relativ unbearbeitet, ab 7 kHz ignoriere ich im Mix alle Möglichkeiten, die jeder typische Kanal-EQ so bietet. Es geht hier ja um ein Beispiel, eventuell musst du nachher schon noch an die Einzelspuren ran, aber probiere es erst einmal so. Es braucht am Ende vielleicht eher dezente Korrekturen im Gegensatz zu drastischen Anhebungen auf den Einzelspuren.

Den Mix ausbalancieren

Mit dem BASIQ kannst du auch prima einen kompletten Mix mit wenigen Mausklicks ausbalancieren. Wichtig dabei: keinen Multibandkompressor oder Ähnliches im Summensignal, und nicht auf den Einzelspuren überall wilde EQ-Kurven erzeugen. Vielmehr den Mix auf Bussen etwas aufteilen, beispielsweise in Lead-Vocal, Chor, Bass, Instrumente, Effekte und Drums, dann diese Busse mit BASIQ abstimmen. Ich packe mir die EQs dazu gerne nebeneinander auf den Bildschirm und kann so bequem Wechselwirkungen ausprobieren. Auch da gilt: Wilde EQ-Kurven auf den Einzelsignalen sind häufig nur das Ergebnis eines unpassenden Eingangssignals. Das superdetaillierte Kondensatormikrofon ist für manche Stimme vielleicht schon zu viel des Guten! Hebe mit dem BASIQ dann einfach mal die Höhen an, und entscheide, ob das wirklich alles spitz und unnatürlich klingt. Falls ja, ist eventuell ein komplexerer EQ gar keine Lösung, sondern eine andere Platzierung oder sogar ein anderer Mikrofontyp?

Den SlickEQ von www.tokyodawn.net habe ich in letzter Zeit häufiger mit einer
ähnlichen Einstellung als kleine Bassboost-Trickkiste benutzt. Mit dem kostenpflichtigen »TDR VOS SlickEQ − Gentleman’s Edition« erhältst du obendrauf übrigens ein
Tilt-Filter, was sich ähnlich wie das niveau filter oder BASIQ hervorragend zum Ausbalancieren von Bussen eignet.

Und der Bass?

Mir helfen die beiden EQs vor allem im Höhenbereich. Aber auch für den Bassbereich habe ich noch einen kleinen Tipp: Der kostenlose Slick-EQ von TDR im Soviet-Modus. Bei 30 Hz schmalbandig schneiden, um 100 Hz anheben und das Ganze durch die Sättigungsstufe schicken. Das ergibt einen schönen runden »Bass-Dickmacher«, der sich nachfolgend übrigens prima mit unseren beiden einfacheren EQ-Kandidaten anpassen lässt.

Fazit

»Viel hilft viel« ist leider nicht immer die ganze Wahrheit. Nicht immer braucht man den dicken EQ, zumindest besteht die Gefahr, dass wir uns damit verzetteln und die Flöhe husten hören. Probiere doch einfach mal aus, ob ein simpler EQ nicht auch eine Bereicherung in deinem Sound und Workflow sein kann.

Ich wünsche dir viel Spaß beim Experimentieren!

Kommentar zu diesem Artikel

  1. es ist schon wahr , das sogar ( harmlos wirkende ) free vst`s dem ungeschulten anwender – wie mir – alle möglichkeiten bieten , einem , eigentlich mit bass und treble halbwegs gut zu bändigen sound die tödliche ölung zu verabreichen . .demgegenüber liebe ich russische u-boot konsolen wie ( auch free vst ) den limiter 6-x64 . ich hab keine – oder wenig – ahnung wie das plugin wirklich funktioniert , aber gerade das macht seinen reiz aus .. hier stellt sich die frage zwischen handwerk und kunst .muss man schnell eine lösung finden , oder heisst es doch `love the machines “?

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