Klang der Jugend

Studiokopfhörer Fostex TR-Serie im Test

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Kaum ein Name ist mit dem Begriff Homestudio so eng verbunden wie Fostex. Dabei hat der japanische Hersteller auch immer wieder die Fühler in Richtung Profistudio und Hi-Fi ausgestreckt. Wie praktisch, dass die neuen Kopfhörer der TR-Serie alle Kundenschichten gleichzeitig bedienen.

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(Bild: Dr. Andreas Hau)

Beim Namen Fostex muss ich unweigerlich an meine alte R8-Bandmaschine denken: Acht Spuren auf Viertelzollband, von denen eine als Sync-Spur für den MIDI-Sequenzer (Atari!) draufging. So hat die Recording-Revolution angefangen, und Fostex war es zu verdanken, dass ein solches Multitrack-Wunderwerk für Normalbürger erschwinglich wurde. Erschwinglich hieß damals zwei Monatslöhne. Ach ja, die gute alte Zeit!

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Unboxing

Zurück in die Gegenwart: Anders als viele Hersteller, die mit protzigen Schmuckverpackungen beeindrucken, liefert Fostex seine Kopfhörer in unprätentiösen Pappkartons. Am  Inhalt wurde nicht gespart: Die Kopfhörer im dezenten 70s-Retro-Styling mit orange abgesetzten, stoffummantelten Kabeln wirken sehr robust. Die großen ohrumschließenden Muscheln bestehen aus unkaputtbarem Plastik und werden von stabilen Metallbügeln gehalten. Anders als bei vielen Konkurrenzmodellen bewegen sich die Gelenke nur in der vertikalen Ebene, nicht aber in der horizontalen. Zur Anpassung an die individuelle Kopfform legt Fostex aber ein zweites Paar Ohrpolster bei, das etwas tiefer und keilförmiger ist. Für Tragekomfort sorgt auch ein weich gepolsterter Kopfbügel. Alle Polster sind mit schwarzem Kunstleder überzogen, das sehr angenehm auf der Haut liegt.

Die Kabelzuführung ist einseitig. Fostex legt freundlicherweise zwei Kabel bei, die über eine vierpolige Klinkenbuchse mit Drehverriegelung an der linken Muschel eingesteckt werden. Zur Auswahl stehen ein drei Meter langes gerades Kabel und ein kurzes Spiralkabel. Letzteres bietet sich vor allem für Mobilgeräte an. Beide Kabel haben einen Miniklinkenstecker mit aufschraubbarem Adapter auf 6,3-mm Großklinke. Mit rund 300 g sind die Kopfhörer der TR-Serie weder besonders schwer noch besonders leicht.

Alle drei Kopfhörermodelle arbeiten mit dynamischen Schallwandlern von 40 mm Durchmesser. Sie unterscheiden sich allein in der akustischen Bauweise: Der TR-70 arbeitet nach dem offenen Prinzip, der TR-80 ist ein geschlossener Hörer, und der TR-90 arbeitet halboffen. Äußerlich zu erkennen ist dies an der kreisrunden Platte, die die Rückseite des Schallwandlers verschließt (TR-80) bzw. mehr oder weniger offen gestaltet ist (TR-70 und TR-90).

Die drei Kopfhörer der TR-Serie werden in jeweils zwei Varianten angeboten: Die 250-Ohm-Modelle werden für kritisches Hören und Hi-Fi empfohlen, die 80-Ohm-Modelle empfiehlt der Hersteller für »Produktion und Studio-Monitoring«, sie sind also eher Arbeitspferde. Der Hintergrund ist, dass Kopfhörer mit höherer Impedanz tendenziell weniger Verzerrungen produzieren. Früher waren in Studios daher 600-Ohm-Kopfhörer weit verbreitet. An heutigen Kopfhörerausgängen entfalten solche aber oft nicht genügend Lautstärke. Das hat u. A. mit gut gemeinten, aber teils unsinnigen EU-Verordnungen zum Gehörschutz zu tun. Niederohmige Kopfhörer sind diesbezüglich unproblematisch; sie entfalten an praktisch jedem Kopfhörerausgang, selbst an Mobilgeräten, ausreichend Lautstärke. Der deutsche Vertrieb Mega Audio hat uns zum Test die 80-Ohm- Varianten geschickt.

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Die rückseitigen Abdeckungen der Schallwandler sind je nach akustischer Bauweise unterschiedlich gestaltet: schalldurchlässig beim offenen TR-70, teilweise durchlässig beim halboffenen TR-90 und schalldicht beim geschlossenen TR-80. (Bild: Dr. Andreas Hau)

Praxis

Der Tragekomfort von Kopfhörern ist eine ziemlich individuelle Angelegenheit. Insofern ist es eine gute Sache, dass Fostex zwei Paar Ohrpolster beilegt, mit denen man den Sitz an die eigene Anatomie anpassen kann. Zumal eine optimale Bassübertragung nur gegeben ist, wenn die Ohrpolster ohne Luftspalt am Kopf aufliegen. Für meine Rübe waren die tiefen, keilförmigen Ohrpolster perfekt. Den Sitz der Fostex-Kopfhörer fand ich durchaus angenehm; der Anpressdruck ist nicht zu hoch, dennoch wackelt nichts. Den exquisiten Langzeittragekomfort eines Sennheiser HD650 oder AKG K712 oder gar des zuletzt getesteten Audio-Technica ATH-R70x erreichen die Fostex-Kopfhörer der TR-Serie jedoch nicht ganz.

Die erreichbare Lautstärke war an allen getesteten Kopfhörerausgängen von Handy über Mobilrekorder bis hin zum Audio-Interface und Rupert-Neve-Edel-Kopfhörerverstärker mehr als ausreichend. Das gilt, wie gesagt für die 80-Ohm-Versionen; die 250-Ohm-Ausführungen standen uns nicht zur Verfügung.

Interessanterweise profitieren die TR-Modelle wenig von einem besonders hochwertigen Kopfhörerverstärker; eigentlich klangen sie sogar an billigen Geräten mit ebensolchen Kopfhörerausgängen tendenziell angenehmer und ausgewogener als an Nobelgeräten.

Klang

Die Fostex-Kopfhörer der TR-Serie haben schon einen recht eigenen Sound. Wer einen möglichst neutralen, linearen Klang sucht, liegt hier definitiv falsch. Allen drei TR-Modellen gemeinsam ist eine deutliche Bassbetonung − die durchaus Sinn machen kann, wenn man »junge« Musik produziert, die vorzugsweise über modisch schicke Kopfhörer der Marke Beats (bzw. deren Nachahmer) konsumiert wird.

Grundsätzlich gibt es eine große Familienähnlichkeit. Unabhängig vom akustischen Prinzip teilen alle drei TR-Modelle den gleichen Grundsound: druckvolle Tiefen, gepaart mit kernigen oberen Mitten und präsenten Höhen. Der tonale Kernbereich von 400 bis 800 Hz wirkt dagegen etwas unterrepräsentiert. Bei manchen Musikstücken erschienen mir die Lead-Vocals deshalb leiser als der Bass.

Normalerweise liefern offene Kopfhörer ein deutlich ausgewogeneres Klangbild als geschlossene Modelle, die häufig etwas topfig klingen. Bei den TR-Modellen von Fostex ist es jedoch genau umgekehrt: Der offene TR-70 zeigt die stärkste Bassbetonung; erst bei genauerem Hinhören bzw. wenn man die Bässe mit einem Shelving-Filter breitbandig absenkt, fällt auf, dass der TR-70 die oberen Frequenzen durchaus fein auflöst.

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Die neuen Fostex-Kopfhörer in Reih und Glied: TR-70 (offen), TR-80 (geschlossen), TR-90 (halboffen) (Bild: Dr. Andreas Hau)

Viel stimmiger ist der geschlossene TR-80. Auch er entfaltet ordentlich Bassdruck, aber nicht so viel, dass das obere Klangspektrum in den Hintergrund gedrängt wird. So lässt sich der Gesamtklang deutlich leichter beurteilen, und Sängern bzw. Musikern dürfte die harmonische Orientierung deutlich leichter fallen. Naturgemäß bietet der geschlossene TR-80 auch die beste Schallisolation. Die Abschirmung gegenüber Außenschall ist gut, aber nicht übertrieben; man fühlt sich nicht komplett von der Außenwelt abgeschnitten. Die Schall-Emission nach außen ist bemerkenswert niedrig. Der TR-80 ist daher ein guter Kopfhörer, wenn es auf geringes Übersprechen ankommt, z. B. bei Sängern, die sehr laut abhören möchten.

Der halboffene TR-90 klingt ähnlich wie der TR-80, hat aber eben jene topfige Klangfärbung in den Mitten, die man sonst eher von geschlossenen Modellen kennt. Natürlich hat der halboffene TR-90 auch eine etwas schlechtere Schallisolation als der TR-80, obwohl sie selbst für Gesangsaufnahmen ausreicht, solange der Vokalist nicht brutal laut abhört.

Fazit

Mit der TR-Serie hat Fostex ein Trio von robusten, alltagstauglichen Kopfhörern geschaffen. Wer jedoch neutralen Klang sucht, wird hier nicht fündig. Die Zielsetzung der Fostex-Entwickler war offenbar, professionelle Kopfhörer zu schaffen, die sich am Klangverhalten populärer Consumer-Modellen orientieren: wuchtiger Bass, präsente Höhen und etwas zurückgenommene Mitten. Also eher für elektronische und Beat-orientierte Musik geeignet als für Akustik-Pop oder gar Klassik.

Etwas übers Ziel hinausgeschossen ist Fostex m. E. beim TR-70, dessen dominante Bassbetonung die eigentlich gute Abbildung der oberen Frequenzen überschattet. Er lässt es deshalb auch an jener Luftigkeit vermissen, die offene Kopfhörer sonst auszeichnet.

Klarer Sieger im Geschwistervergleich ist der geschlossene TR-80. Ihm gelingt es am besten, zwischen Consumer-Sound und professioneller Zweckdienlichkeit zu vermitteln. Mit hoher Schallisolation und einem recht angenehmen Klangbild bietet er sich fürs Musiker-Monitoring und/oder Live-Mixing an − insbesondere für jüngere Anwender der »Beats«-Generation. Der halboffene TR-90 ist eigentlich ein ordentlicher Hörer, allerdings ohne individuelle Stärken: Der geschlossene TR-80 bietet sowohl besseren Klang als auch höhere Isolation.

Wer einen robusten Profi-Kopfhörer mit »jungem« Sound sucht, sollte den TR-80 unbedingt in die engere Wahl ziehen.


++ robuste Bauweise

++ druckvoller Sound

++ zusätzliche Ohrpolster und zweites Kabel

–– übertriebene Bassbetonung bei TR-70

– TR-90 klingt etwas topfig

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