Was sind Raummoden? Raumakustik für dein Studio vorher planen

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Entsprechende Absorber in Form von porösen Materialien wie Schaumstoff, Basotect oder Mineralwolle sind ebenso wie Diffusoren unterschiedlicher Größe und Bauform im Fachhandel erhältlich. Die raumakustischen Verhältnisse lassen sich damit für mittlere und hohe Frequenzen meist gut in den Griff bekommen. Schwieriger wird es dagegen bei tiefen Frequenzen, die von einzelnen sogenannten Raummoden dominiert werden. Je nach Aufstellung der Lautsprecher und Position des Hörplatzes kann es vorkommen, dass es bei manchen Frequenzen unschön dröhnt und bei anderen fast nichts am Hörplatz ankommt. Die Ursache liegt in den Raummoden.

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Studioakustik – Planung & Bau eines Studiokomplexes – Markus Bertram

In dieser Episode ist Akustikspezialist Markus Bertram von mbakustik zu Gast. Mit ihm sprechen wir über die Planung und den Bau eines kürzlich fertiggestellten Studiokomplexes in Frankfurt am Main. In einer Büroimmobilie mitten im Westend entstanden dabei fünf Regieräume und eine Vocal Booth. Das Team von mbakustik war für die Planung des akustischen Ausbaus, die Realisierung der Schallschutzschalen sowie den raumakustischen Ausbau verantwortlich und hat die Inbetriebnahme des Studios begleitet. Im Gespräch dokumentiert Markus Schritt für Schritt die Entstehung des Studios, angefangen von der Herangehensweise, der Planung bis über den akustischen Ausbau und Messungen hin zur Fertigstellung. Viel Spaß beim Hören! 

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Um dieses Phänomen zu verstehen, bedarf es eines kurzen Ausflugs in die Theorie der Schallausbreitung in geschlossenen Räumen. Wird ein Raum durch mehr oder weniger schallharte Flächen (Boden, Decke und Wände) begrenzt, dann geben diese als physikalische Randbedingung vor, dass auf deren Oberfläche die Schallschnelle gleich null und der Schalldruck maximal ist. Stellen wir uns dazu zwei schallharte Wände in einem Abstand von 3,40 m vor, dann kann diese Randbedingung nur für bestimmte Frequenzen, die Eigenfrequenzen oder Raummoden, erfüllt werden. Abb.01 zeigt dazu den Schalldruckverlauf zwischen den schallharten Wänden für 50 Hz, 100 Hz und 150 Hz. Für alle dazwischen liegenden Frequenzen wäre unter Idealbedingungen keine Schallausbreitung möglich, da die Randbedingungen nicht erfüllt werden können. So extrem ist es in der Realität jedoch nicht, da die Raumbegrenzungsflächen nur selten ideal schallhart sind und Einrichtungsgegenstände die Verhältnisse zudem verändern.

01 Pegelverlauf zwischen zwei schallharten Wänden für die Moden (1,0,0) bei 50 Hz (rot), (2,0,0) bei 100 Hz (blau) und (3,0,0) bei 150 Hz (grün)

Raummoden

Was vorab für das Verhalten von Schallwellen in nur einer Dimension beschrieben wurde, gilt für geschlossene Räume in allen drei Dimensionen. Die Randbedingungen müssen für alle Raumbegrenzungsflächen erfüllt werden. Die nachfolgende Formel beschreibt dazu die Berechnung der Frequenzen, bei der in einem Quaderraum der Länge L, der Breite B und der Höhe H (alle Werte in m) die Eigenfrequenzen liegen. Die Schallgeschwindigkeit c beträgt ca. 340 m/s. Die Zahlen n, m und k sind die ganzzahligen Ordnungen der Moden für die Länge, Breite und Höhe des Raumes.

 

Die tiefste Eigenfrequenz in einem Raum ist daher immer die, deren halbe Wellenlänge der größten Raumabmessung entspricht. Ist die Länge des Raumes die größte Abmessung, dann ist die tiefste Eigenfrequenz die (1,0,0)- Mode. Wäre die Breite die größte Ausdehnung, dann wäre es die (0,1,0)-Mode. Unterhalb der tiefsten Eigenfrequenz ist eine Schallausbreitung nur noch nach dem Prinzip einer Druckkammer möglich. Trägt man die Eigenfrequenzen über der Frequenzachse auf, dann erkennt man, dass die Dichte mit zunehmender Frequenz immer größer wird, bis einzelne Moden nicht mehr separat zu erkennen sind. Ist dieser Zustand erreicht, dann kann das akustische Verhalten statistisch beschrieben werden, und es gelten die Regeln der geometrischen Akustik mit Spiegelquellen und Strahlenverfolgung. Unterhalb des statistischen Frequenzbereiches spricht man vom modalen Bereich, der sich nur mithilfe der Wellenlehre beschreiben lässt. Der Übergang erfolgt näherungsweise bei einer Frequenz, die als »Schroederfrequenz« bezeichnet wird, benannt nach dem berühmten Akustiker Manfred Schroeder (1926 − 2009).

mit der mittleren Nachhallzeit T in s und dem Raumvolumen V in m3

Die Schallausbreitung in Räumen lässt sich somit in drei Bereiche unterteilen. Den statistischen oberhalb der Schroederfrequenz, den modalen zwischen der tiefsten Eigenfrequenz eines Raumes und der Schroederfrequenz sowie dem hier nicht näher betrachteten Bereich unterhalb der tiefsten Eigenfrequenz, wo der Raum als Druckkammer agiert. Was bedeutet das nun in der Praxis?

1.: In sehr großen Räumen (Konzertsäle, Hörsäle, Sporthallen etc.) liegt die Schroederfrequenz so tief, dass nahezu alle hörbaren Frequenzen in den Bereich der statistisch beschreibbaren Schallausbreitung fallen. Eigenfrequenzen haben hier keinen großen Einfluss.

2.: In kleineren Räumen reicht der modale Frequenzbereich häufig bis 100 Hz und noch weiter, sodass die Tieftonwiedergabe in solchen Räumen stark von den Eigenfrequenzen beeinflusst wird.

3.: Durch eine günstige Wahl der Verhältnisse von Länge, Breite und Höhe eines Raumes lässt sich im modalen Bereich eine gleichmäßigere Verteilung der Eigenfrequenzen und damit auch eine ausgeglichenere Tieftonwiedergabe erreichen. Quadratische Grundflächen oder gar würfelförmige Raumformen sind unbedingt zu vermeiden, da sich dann alle Eigenfrequenzen bei einigen wenigen Frequenzen konzentrieren.

4.: Die Schrägstellung einzelner Wand- oder Deckenflächen verhindert die Ausbildung von Raummoden nicht, sondern verschiebt diese nur etwas.

Einfache Tools zur Berechnung und Visualisierung der Raummoden finden sich unter www.hunecke.de und www.trikustik.at.

Für den als Beispiel betrachteten Hörraum (Abb.02) mit einem Volumen von 52 m³ und einer mittleren Nachhallzeit von 0,2 s liegt die Schroederfrequenz bei ca. 125 Hz. Der Raum hat eine Länge von 6,20 m, eine Breite von 3,40 m und eine Höhe von 2,50 m, womit die tiefste Eigenfrequenz bei 27 Hz liegt. Abb.03 zeigt dazu schematisiert die Verteilung der Moden über der Frequenzachse. Zur raumakustischen Optimierung ist der Raum mit Breitbandabsorbern in den Ecken und mit porösen Absorbern an Teilen der Decke und der Wände ausgestattet. Die Breitbandabsorber erreichen zwar auch bei 100 Hz durchaus noch signifikante Absorptionswerte, sind aber gegen die tiefen Raummoden machtlos.

02 Hörraum mit Absorbern an den Wänden und an der Decke. Breitbandabsorber (dunkelblau) und poröse Absorber (hellblau).
03 Drei Frequenzbereiche mit verschiedenen Beschreibungen zur Schallausbreitung

Eine Frequenzgangmessung am Hörplatz (Abb.05 blaue Kurve) über die hier eingesetzten Neumann-Monitore zeigt das Problem umgehend. Die jeweils tiefste Längs- und Quermode bei 27 Hz und bei 51 Hz ragen deutlich heraus, und dazwischen gibt es ein tiefes Loch. Eine weitere Problemstelle erkennt man bei 74 Hz, wo direkt zwei Moden liegen die für eine Spitze im Frequenzgang sorgen. Ein naheliegender Gedanke wäre es jetzt, in den Raumecken passend abgestimmte Resonanzabsorber einzusetzen, die als Plattenschwinger auf einem Luftpolster vor der Wand oder als Helmholtzresonator in den Raumecken aufgebaut werden könnten. Beides basiert darauf, der Wand die schallharte Eigenschaft zu nehmen und so die Raummoden in ihrer Wirkung zu reduzieren. Um eine merkliche Wirkung zu erzielen, müssen die Absorber jedoch relativ groß und voluminös gestaltet werden.

05 Frequenzgang der KH310-Monitore an der Hörposition ohne (blau) und mit (rot) AVAA

 

Alternativ gibt es die Möglichkeit einen aktiven Bass-Absorber einzusetzen. Wie dieser arbeitet, erfährst du hier im Test zur AVAA von Psi. 

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