Orange Stimmen

Sounddesign – Ein Überblick über Zynaptiqs Orange Vocoder 4

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In dieser Ausgabe unserer Sounddesign Reihe erkunden wir ausnahmsweise mal keinen speziellen Sound, sondern wir schauen uns ein neues Tool an. Im Mai 2023 ist mit Orange Vocoder 4 nach Jahren der Wartezeit endlich eine neue Version des Vocoder-Klassikers erschienen, und da Vocoder generell leider ein »Unter dem Radar«-Problem haben, möchte ich das Plug-in an dieser Stelle featuren. Wichtig: Es handelt sich hierbei um keinen Test, sondern ich möchte einige der tollen Funktionen hervorheben, die das Werkzeug für uns Sounddesigner sehr interessant machen.

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Der Orange Vocoder erschien ursprünglich schon in den 1990er-Jahren, damals noch entwickelt von Prosoniq. Teile von Prosoniqs-Software-Portfolio wurde dann später von Zynaptiq weitergeführt, und daher erscheint die neue Version natürlich auch unter dem Label der Hannoveraner Firma. Zynaptiq selber bezeichnen die neue Version als »massive Update«, und damit übertreiben sie nicht, denn hier wurde tatsächlich alles im Plug-in angefasst, überarbeitet und ergänzt. Hervorzuheben ist da zunächst einmal die gelungene UI mit ihren verschiedenen Sektionen (beispielsweise Vocoder, Synthesizer oder Effekte), in die man sich dann Ebenen-mäßig immer weiter vorarbeiten kann und so von der groben Übersicht ins kleinste Detail abtaucht.

Zynaptiqs Orange Vocoder 4 Overview
Das Interface des Orange Vocoders versprüht einen leichten Schaltplan-Flair, ist allerdings sehr aufgeräumt und übersichtlich.

Der eigentliche Vocoder als Herzstück des Plug-ins muss dann natürlich auch als Erstes hervorgehoben werden. Zur Auswahl stehen ganze 24 verschiedene Vocoding-Algorithmen, die von klassisch-analog bis modern-glitchy viele Geschmäcker abdecken dürften. Das Gute bei dieser großen Auswahl ist dann natürlich auch, dass man viel mehr Flexibilität hat, um für andere Signale als Stimmen ein passendes Vocoder-Modell zu finden. Bei klassischen Vocodern, die beispielsweise eine spezifische Hardware simulieren, ist das stellenweise recht schwierig. Neben der Auswahl des Algorithmus stehen weitere Funktionen zur Verfügung wie Formantshifting und eine »Traces« genannte Möglichkeit, um das Vocoder-Signal mit einer Art künstlichen Release-Phase zu versehen. Klangliches Feintuning erfolgt direkt Plug-in-intern via nachgeschaltetem Expander, einem EQ sowie einer Drive-Sektion.

Zynaptiqs Orange Vocoder 4 Vocoder
Die Vocoder-Sektion mit all ihren Details bietet eine Menge Möglichkeiten, um den Sound zu formen.

Mächtiger Synthesizer.

Die Synthesizer-Sektion des Orange Vocoders ist eine komplett eigene Geschichte für sich, denn dieser Synthesizer könnte eigentlich ein eigenes Plug-in sein. Praktischerweise lässt sich der Synth auch tatsächlich komplett eigenständig nutzen. Auf der Feature-Liste stehen zwei Oszillatoren mit zig Wellenformen sowie VoiceStacking/Unisono-Funktionen pro Oszillator. Dazu gesellen sich Ring Modulation, Sync, verschiedene Distortion- und Waveshaping-Möglichkeiten, FM usw. Außerdem toll: Es gibt eine intelligente Random-Funktion, die auf Knopfdruck sinnvolle Synth-Presets generiert sowie Sub-Presets nur für den Synth (und übrigens auch für diverse andere Untersektionen). Und ja, natürlich lassen sich auch externe Signale als Modulator für den Vocoder nutzen.

Zynaptiqs Orange Vocoder 4 Synthesizer
Die Synthsektion ist für einen Vocoder beeindruckend mächtig, und auf diesem Bild lässt sich ihr Potenzial nur erahnen.

Die Freeze Funktion

… ist ebenfalls eine sehr feine Sache. Damit lassen sich sehr kurze Samples des Eingangssignals nehmen, welche dann geloopt und beispielsweise für Drones genutzt werden können. Für Drones ist auch das Onscreen Keyboard hilfreich, denn hier gibt es den GUI-Modus, mit dessen Hilfe sich Tasten der virtuellen Klaviatur ein- und ausschalten lassen – quasi wie eine Art Hold-Funktion. Diese Einstellungen landen übrigens auch in Presets, sodass Drones direkt losspielen, wenn man sie lädt.

Abschließend läuft parallel zum Vocoder noch ein Pitch Quantizer, den man sich als eine Art Autotune/Pitch Correction vorstellen kann. Auch hier gibt es verschiedene Algorithmen zur Auswahl – das Ziel sind jedoch immer effektierte Ergebnisse anstatt subtil korrigierter Vocals. Das parallele Zumischen des Pitch Quantizers zum Vocoder ist eine wunderbare Idee, denn so lässt sich die Sprachverständlichkeit des Vocoders mit einem dennoch künstlich klingenden Signal verbessern.

Und als wäre das alles nicht genug, gibt es zum Abschluss auch noch einen Chorus und einen Hall, was wirklich praktisch ist, um den Sound »mal eben« abzurunden.

Ebenfalls nicht unwichtig, wenn die Inspiration gerade mal Pause macht: Zynaptiq liefert einen Berg an Presets mit, und außerdem gibt es neben der Random-Sektion für Synth noch eine separate

Random-Funktion für das komplette Plug-in inkl. Lock-Funktion für einzelne Sektionen, um diese vom Randomizing auszusperren. Jetzt sollte wohl wirklich jeder abgedrehte Sounds aus dem Orange Vocoder zaubern können.

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