Der Studio-Report

Seven Spaces: Lasst die Glocken tanzen

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Lasst die Glocken tanzen

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Der 11.11. ist im Rheinland und in Köln ein besonderer Tag. Normale Bürger verwandeln sich für 24 Stunden in Jecke und die gesamte Stadt in ein riesiges urbanes Festzelt. Es herrscht – im positiven Sinne – Ausnahmezustand. Auch für Seven Spaces ist der 11.11. (2015) ein wichtiger Tag. Nicht, weil an Karnevalsmusik gearbeitet wird, sondern an ‚Dancing Bells‘. Das fünfte Stück auf dem Album Seven Spaces Cologne ist das wohl tanzbarste und energetischste. Die zugrundeliegende Idee zu der Komposition kam mir bei den ersten Aufnahmen zu ‚Silence‘, im Glockenturm des Berliner Tiergartens mit Jeffrey Bossin, dem dortigen Carilloneur.

>> Weitere Infos zu Seven Spaces inklusive Klangbeispielen findest du hier <<

Ein Carillon ist ein chromatisch durchgestimmtes und somit sehr flexibel einsetzbares Glockeninstrument – wäre da nicht die Größe. Das Carillon im Tiergarten ist mit 68 Glocken und 42 Metern Höhe das größte Instrument dieser Art in Europa und alles andere als flexibel, sodass die Aufnahmen auch nur vor Ort erfolgen können. Die unvermeidbare Geräuschkulisse aus Berliner Stadtklängen wird zum durchgängigen Hintergrundrauschen von ‚Silence‘. Mit Glocken assoziiert man meist Größe und Gewicht, ganz abgesehen von der hohen Symbolkraft. Und auch diese verweist nicht unbedingt auf Bedeutungskontexte der Glocke, die mit Leichtigkeit, Groove oder Tempo in Verbindung gebracht werden. Vielleicht sind es diese unterschiedlichen Aspekte, die eine große Faszination für Glocken in mir hervorrufen. Es entsteht die Idee zu einem Stück, das mit einer Vielzahl von Glocken- und glockenähnlichen Klängen einen großen Kontrast zu ‚Silence‘ bilden soll.

Langsamkeit und Auflösung der Time weichen Puls, Groove und Rhythmus, unbewegliche sehr bewegten Glocken. Die ersten kompositorischen Entwürfe entstehen – wie sehr häufig bei meiner Arbeitsweise – als MIDI-Sequenzen. Die synthetischen und gesampleten Sounds werden dann mit Instrumental-Aufnahmen Schicht für Schicht ersetzt. Der Musiker, der bei ‚Dancing Bells‘ den Löwenanteil einspielt ist Bodek Janke. Der gebürtige Pole studierte Jazz-Schlagzeug und Perkussion in Köln und New York und lebt heute in Berlin.

An diesem Donnerstag im November rollt sein Zug am frühen Nachmittag in der karnevalistischen Kölner Innenstadt ein. Von dort geht es weiter mit einem Carsharing-Auto zum alten Kölner Proberaum, wo noch immer viele von Bodeks Instrumenten lagern. Mit dem vollbepackten Leihwagen kommt er gegen 16.00 Uhr am Hidden Track Studio an. Bodek hat neben einer Vielzahl bekannter und obskurer Instrumente auch gute Laune im Gepäck. Als erstes tauscht er die Straßenschuhe gegen ungewöhnliche Pantoffeln, die vorne am Fuß spitz zulaufen und sich leicht nach oben wegbiegen. Danach wird aufgebaut. Percussions, Glockenspiel, Tablas, Kalimba, ein großes Vibrafon und Schlagzeug sollen an diesem Tag eingespielt werden.

Die Glocken und glockenähnlichen Instrumente klingen am besten, wenn die Mikrofone einen respektvollen Abstand einhalten. Die unsteten Klänge, die zwar konsonant anmuten, aber auch jede Menge geräuschhafte Signalanteile aufweisen, entfalten die beste klangliche Balance, wenn sie nicht zu nah abgenommen werden. Zum Einsatz kommen u.a. ein Neumann U87, Sennheiser MKH 8040, Royer R121 und ein seltenes Schoeps Kugelflächenmikrofon. Bodek groovt los wie eine Rhythmusmaschine, die Fahrt aufgenommen hat. Fasziniert hören und sehen wir ihm bei der Arbeit zu. Er findet am besten in den Spielfluss, wenn es wenige Pausen gibt, er zunächst die wichtigen Basis-Tracks einspielen und im Anschluss dazu improvisieren kann. Neben ‚Dancing Bells‘ steuert er auch kleinere musikalische Beiträge zu zwei weiteren Stücken bei. Es ist ca. vier Uhr morgens, als wir alles abgebaut und verladen haben. Wir sind müde und nüchtern, aber die ausgelassene Stimmung teilen wir in diesem Moment mit den letzten Karnevalisten auf dem Weg ins Bett.

Die Doppel-CD Seven Spaces Cologne ist seit dem 01.07.2016 beim Kölner Independent-Label Acoustic Motion Concepts erhältlich. Sowohl Binaural-, als auch Stereoversionen der Stücke sind enthalten! Für Leser von Sound&Recording ist die CD vergünstigt bestellbar. Bei Interesse genügt ein Eintrag unter www.amc-records.com/kontakt.

Die Partner von Seven Spaces Cologne sind:

Georg Neumann GmbH (www.neumann.com)

FOCAL (www.focal.com)

Köln International School of Design (www.kisd.de)

NATURSTROM AG (www.naturstrom.de)

Sound & Recording (www.soundandrecording.de)

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