Zauberkiste: Realtime Polyphonic Pitch Processor

Zynaptiq Pitchmap – Songwriting Tool für Remixer

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Das Entwicklerteam aus Hannover hat letztens schon mit dem De-Reverberation-Plug-in „Unveil“ für Begeisterung gesorgt. Diesmal sehen wir uns einen weiteren Sprössling an, der das Thema „Tonhöhenkorrektur“ vollständig neu aufrollt.

Zynaptiq Pitch Map

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Mit Pitchmap von Zynaptiq ist es möglich, einzelne Noten in polyphonem Audiomaterial zu korrigieren oder zu entfernen. Damit können beispielsweise Tonhöhenkorrekturen in Vocal- oder Instrumentenspuren nachträglich im Mix bearbeitet werden. Auch die Grundtonart eines kompletten Songs kann in der Software verändert werden – und das in Echtzeit! So kann beispielsweise verglichen werden, wie ein Dur-Song in Mol oder ein Mix in A nach E transponiert klingt. Mit diesen Funktionen ist das Plug-in für Mashup- und Remix-Artists unumgänglich.

Monofone Tonhöhenkorrektur ist inzwischen ein alter Hut, und viele DAWs wie Cubase, Digital Performer oder Sonar haben dieses Hilfsmittel sogar von Haus aus an Bord. Vorreiter dieser Technologie war die Firma Celemony, die mit  „Melodyne“einen erstklassigen Editor auf den Markt brachte. Das Staunen vor wenigen Jahren war groß, als die Software dann später über  „Direct Note Access“ verfügte und somit erstmals Zugriff auf einzelne Noten in gemischten bzw. polyfonen Signalen erlaubte. Ganz ähnliche Freiheiten verspricht Zynaptiq nun mit  „Pitchmap“, dessen fortgeschrittene Audioanalyse auf der Technologie  „Mixed-Signal Audio Processing”, kurz  „MAP“basiert. Der Unterschied zur Konkurrenz: Pitchmap soll nicht nur einzelne Noten korrigieren oder entfernen, sondern auch die Tonart eines kompletten Mixes ändern können − in Echtzeit.

Momentan ist das Plug-in nur für den Mac ab OS X 10.6 als AudioUnit erhältlich. Die Schnittstellen VST und AAX, auch für die Windows-Plattform, wurden zwar schon für Ende 2012 angekündigt, sind aber leider wohl immer noch in Arbeit. Die Freischaltung erfolgt per Challenge-/ Response-System, und das Plug-in darf auf zwei Computern gleichzeitig verwendet werden. Lizenzen lassen sich sehr komfortabel über das Internet aktivieren und deaktivieren, falls man mal zur Session in ein anderes Studio muss. Vorbildlich!

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Gui und Workflow
Hauptelement ist das große Fenster, welches die Wellenformen des Eingangssignals im Stile eines Spectrogramm über drei Oktaven hinweg darstellt. Die Anzeige bietet eine Übersicht der erkannten Noten sowie deren harmonische Teiltöne. Der Grundton ist anhand der horizontalen Achse abzulesen, die Amplitude über die Breite der Wellenform. Umgeben ist das Fenster von drei virtuellen Klaviaturen. Die obere dient zum einen als Navigator, um den sichtbaren Bereich der Eingangsnoten zu verschieben. Zum anderen sind hier auch zwei Schieberegler zu finden, die, obwohl mit Hi- und Lo-Cut betitelt, nicht als Hoch- und Tiefpassfilter agieren. Vielmehr definieren sie die Grenzen der Töne, die entweder unbearbeitet durchgelassen oder stummgeschaltet werden − dies ist vom  „Mute«-Schalter rechts daneben abhängig. Die untere Klaviatur lässt sich einerseits als Referenz der im Display erscheinenden Töne verstehen. Hier lassen sich auch eingehende Noten einzeln Stummschalten oder von der späteren Bearbeitung ausschließen.

Über jeder Taste sind die sogenannten  „Pitch Mapping Slider“ zu sehen. Diese kann man nach oben oder unten verschieben, um einen Eingangston einem Ausgangston, auf der vertikalen Klaviatur rechts zu sehen, zuzuweisen. Eine simple Matrix! Auch in Pitchmap sind wieder ein paar Drehregler, sogenannte  „Trackballs«, an Bord.  „Threshold“ gibt an, ab wann ein Ton außerhalb der Skala bearbeitet wird. Ganz nach links gedreht, macht Pitchmap also keine Ausnahmen mehr.  „Feel“ kümmert sich um den Erhalt kleinerer, aber natürlicher Variationen wie Vibrato oder Slides.  „Purify“ passt den Rauschanteil im Signal an. Werte über 50 Prozent reduzieren diesen und bringen einen resonierenden Effekt mit sich. In die andere Richtung betont dieser Drehregler nicht-harmonische Bestandteile wie etwa Transienten.  „Glide“ wiederum ist weniger kompliziert in der Einstellung, und jeder, der sich einmal mit den Bedienelementen eines Synthesizers beschäftigt hat, versteht das Prinzip sofort.

Der Name ist auch bei  „Electrify“ Programm. Ganz auf Rechtsanschlag führt dieser zu einem sehr synthetischen, elektronischen Klang. Im Grunde hält sich Pitchmap somit auf der sicheren Seite, denn in die andere Richtung kann man die Klangqualität zwar erhöhen, allerdings auch die Wahrscheinlichkeit einer unsauberen Analyse. Während der Parameter  „Threshold“ also relativ schnell festgelegt ist, muss man sich für die Einstellung der vier anderen Trackballs wirklich Zeit nehmen, da diese individuell an das Material und die Art der Bearbeitung angepasst werden müssen, um die bestmöglichen Ergebnisse zu erhalten. Unter den fünf Drehreglern befinden sich acht Taster, um Snapshots des Plug-ins zu speichern. So kann man per Automation die passenden Einstellungen je nach Song-Part abrufen.

Im Betrieb
Wie aber baut man ein derartiges Plug-in nun in die DAW ein? Das hängt von der gewünschten Flexibilität ab. Zum einen also ganz klassisch als Insert-Effekt auf der Audiospur. So kann man das Signal beispielsweise mithilfe der Funktion  „Key Transform“ in eine andere Tonart verschieben, oder nur vereinzelte Töne geraderücken. Damit man allerdings den MIDI-Eingang verwenden kann, egal ob mit vorgefertigten MIDI-Dateien oder mit in Echtzeit eingespielten MIDI-Phrasen per Keyboard, muss Pitchmap auf einer Instrument-Spur landen. In Logic wird das Plug-in unter  „AU MIDI-gesteuerte Effekte“ aufgelistet. In der zu be – arbeitenden Audiospur deaktiviert man das Ausgangs-Routing und schickt das Signal stattdessen in den Sidechain-Eingang von Pitchmap. Schaltet man die Funktion  „MIDI Map“ an, ist erst mal eine lange Jamsession mit dem Keyboard angesagt, denn der Spaßfaktor ist riesig, wenn man einen seiner Lieblingssongs ummodelt. Alle Vocals und Instrumente reagieren sofort auf Einzelnoten oder in Echtzeit gespielten Steuerakkorde. Der Algorithmus in Pitchmap ist absichtlich so ausgelegt, das Transienten und somit auch Schlagzeug-Sound, möglichst unangetastet bleiben. Und das ist auch sehr gut gelungen.

Insofern kann der Wunsch, etwa eine Kick nachträglich zu stimmen, nur bei einem ausreichenden tonalen Anteil erfüllt werden. Auch das Ausmerzen kleinerer Fehler klappt meistens sehr gut. Laut Hersteller ist das Plug-in nicht darauf spezialisiert, bestimmte Signale zu entfernen bzw. zu isolieren, dennoch war es möglich, etwa Lead-Synthesizer aus dem Material weitgehend zu löschen − sofern dieser nur wenige Töne mit geringen Intervallen spielt, die nicht von anderen Instrumenten auf der gleichen Tonhöhe überlagert werden, sogar recht unauffällig. Nicht nur Grundton, sondern auch dessen Obertöne werden durch den  „Mute«-Modus entfernt. Aber ist Pitchmap nun tatsächlich in der Lage, komplette Arrangements innerhalb einer Studiosituation zu reharmonisieren? Nun, man fährt auf jeden Fall besser, die Tonart schon vor der Aufnahme festzulegen. Wie viel man dem Plug-in im Ernstfall aber zutrauen darf, hängt immer vom Material selbst ab. Je komplexer und dichter der Mix, umso deutlicher sind Artefakte zu hören. Diesen kann man mit Purify und Electrify teilweise entgegenwirken, allerdings häufig nur auf Kosten der Transienten. Stellt man die Trackballs völlig falsch ein, können Schlagzeug-Sounds sogar zu deutlichem Ringing führen, vergleichbar mit Audio-Codecs älterer Mobiltelefone.

Umgekehrt laufen harmonische Anteile Gefahr, nach Vocoder oder Autotune zu klingen − was aber wiederum als gewollter Effekt äußerst reizvoll klingen kann. Versteht man Pitchmap nicht als absolut klangneutrale Wunderwaffe, sondern als neuartiges Effekt- oder Remix-Werkzeug, gibt es keinerlei Grenzen. Man darf ruhig zu den kleinen Glitches stehen und sollte diese auch mal absichtlich übertreiben, sodass es nur noch nach Synthetik klingt − harmonisch ist es zweifellos. Viele virtuelle Klangerzeuger und Effektgeräte besitzen eine Funktion, welche die Prozessorlast während des Echtzeiteinsatzes auf Kosten der Klangqualität herunterschraubt. Beim Exportieren bzw. Offline-Bounce jedoch wird keine Rücksicht mehr auf CPU-Leistung genommen und die maximale Auflösung des Plug-ins verwendet. Sicherlich würde auch Pitchmap von einem derartigen Hi-Quality-Modus profitieren. Und noch ein Feature wäre bestimmt sehr praktisch gewesen. Wenn Pitchmap schon so zuverlässig Audiosignale analysiert und auch noch gleich in beliebige Skalen verschieben kann, würde sich doch ein Export der resultierenden MIDI-Informationen anbieten, oder etwa nicht? Wir sind schon auf die nächsten Updates gespannt.

Re-Harmonisieren von Audiotracks — das gab es noch nie! Wer Pitchmap zum ersten Mal ausprobiert, wird seinen Ohren nicht trauen. Außergewöhnlich! Dabei wirkt das Plug-in auf den ersten Blick vielleicht unscheinbar, die Parameter haben es aber in sich. Für den Anfang sollte man sich erst mal mithilfe der Presets und der Funktion „Key Transform“ einen Überblick verschaffen.

Fazit
Der Preis von fast 400 Euro für Pitchmap ist kein Pappenstiel, und zum Retten von missratenen Studioaufnahmen ist es auch weniger zu empfehlen. Und doch vermag dieses auf den ersten Blick unscheinbare Audiotool außergewöhnliches zu leisten. Mashup- und Remix-Artists kommen an Pitchmap kaum vorbei, denn durch die MIDI-Map-Funktion lassen sich beliebige Samples und Songs harmonisch komplett neu gestalten und darüber hinaus in die abgefahrensten Richtungen verbiegen − und das auch spontan und intuitiv in Echtzeit ohne jegliche Voranalyse. So – mit ist Pitchmap auch für den kreativen LiveEinsatz mit Sicherheit eine hochinteressante Sache.

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