Der Sonnengott

Vintage Park: Jomox Sunsyn

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Er gehört zu den kultigsten deutschen Synthesizern, obwohl ihn kaum jemand besitzt: der SunSyn von Jomox.

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Die von Jürgen Michaelis gegründete Firma Jomox ist vor allem für ihre tollen Drumcomputer mit analoger Klangerzeugung wie etwa der Alphabase bekannt. Im Jomox-Kosmos gibt es neben ungewöhnlichen Geräten wie dem Resonator oder dem Neuronium aber auch einen mächtigen und legendären Synthesizer-Stern, der nach wie vor strahlt und dessen Erwähnung bei Synthfreaks ehrfürchtige Schauer verursacht.

Der Sunsyn ist einer der wenigen Kult-Synthesizer, die noch nicht von Behringers Klonarmee assimiliert wurden. Jomox-Chef Jürgen Michaelis präsentierte den ersten SunSyn auf der Frankfurter Musikmesse 1998, ein Jahr später konnte man den Boliden für ca. 2.300 Euro käuflich erwerben. Dieser Betrag hatte in den 90er-Jahren noch viel mehr Kaufkraft als heute; man bekam im Gegenzug aber auch ein großartiges und nicht alltägliches Instrument. Wer sich damals für den Kauf entschieden hatte, ist heute auch angesichts der SunSyn-Gebrauchtpreise auf der Gewinnerstraße. Etwa 250 Stück des raren Boliden wurden gefertigt; heute ist der SunSyn ein Objekt der BeGEARde. Anfangs hatte der SunSyn noch mit allen möglichen Kinderkrankheiten zu kämpfen, erst nach ca. vier Jahren sowie einigen Updates und Hardware-Modifikationen von Jürgen Michaelis und seinem Team funktionierte bei Version MK II alles reibungslos.

Schon das massiv und fett wirkende Äußere des imposanten Desktop-Synths mit der ungewöhnlichen mattweiß/orangen Farbgebung im Jomox-Style weist auf seine Klangeigenschaften hin.

Rückseitig findet man (fast) alles, was das Synth-Herz begehrt: Neben einem Stereoausgang und einem Stereoeingang für externes Audiomaterial gibt es acht Einzelausgänge für die einzelnen Stimmen des Synths, ein MIDI-Trio und einen Card-Slot für Sounddateien. Einige Geräte sind auch mit einem CV-Eingang ausgestattet.
Das luxuriöse Bedienpanel des SunSyn

Rampensau

Die Klangerzeugung des SunSyn ist achtstimmig und verfügt pro Stimme über zwei analoge, spannungsgesteuerte und zwei digitale Oszillatoren. Die VCOs liefern die Wellenformen Sägezahn und Pulse und klingen im Rohzustand sehr kraftvoll und rund. Die digitalen Oszillatoren firmieren hier als RCOs, ein Kürzel, das für »Ramp Controlled Oscillator« steht, und man kann aus einem Vorrat von 256 Wellenformen wählen. Die RCOs verfügen über eine spezielle Eigenschaft: Sie lassen sich, abhängig von der Rampe des Sägezahns und mit einem vom User einstellbaren Schwellenwert, zu den analogen VCOs synchronisieren. Damit kann man äußerst fette und kraftvolle Sounds realisieren, die bei Bedarf auch mal richtig böse werden können.

Auch die analoge Filtersektion bietet nicht alltägliche Features und eine ungewöhnliche Parametrik: Anstatt eines üblichen Vierpol-Filters kann man hier jeden Pol des Filters einzeln regeln. Jedem Filterpol kann eine eigene Charakteristik zugewiesen werden (Hoch- oder Tiefpass), und es lassen sich sogar zwei Filtereinstellungen abspeichern, zwischen denen man stufenlos morphen kann. Das SunSyn-Filter ist extrem flexibel ausgelegt, zwischen breitwandigem Moog-Filter, aggressivem, offeneren Zweipol-Filter á la SEM oder zwitscherndem Bandpass ist hier vieles möglich, man muss sich aber auch etwas in das Gebotene reindenken und von den üblichen Routinen Abschied nehmen.

Die Filtersektion des SunSyn
Der SunSyn wurde kurzeitig auch in Schwarz angeboten.

Die Hüllkurven sind analog ausgelegt, agieren schön schnell und sind für perkussive Sounds gut geeignet.

Auch in Sachen Modulation wird viel geboten: Der SunSyn verfügt über ein cleveres Routing-System, das das Instrument in einen achtstimmigen Modularsynth verwandelt. Pro Stimme (!) gibt es vier Routing-Wege: Jeder ist mit zwei Inputs und einem Output ausgestattet. Letzterer verfügt über einen VCA für die Intensität, der z. B. mit einem MIDI-Controller-Befehl, einem CVSignal oder einem internen oder externen Audiosignal moduliert werden kann. Ein zusätzlicher Routing-Kanal erlaubt sogar die gegenseitige Modulation einzelner Stimmen. Diese Features machen den SunSyn zu einem mächtigen Instrument in der Hand eines forschungswilligen und experimentierfreudigen Musikers.

Die pfiffige analoge Modulationsabteilung des SunSyn bietet viele Möglichkeiten: 16 Modulationsquellen lassen auf vier Routing-Kanälen pro Stimme mit 15 Modulationszielen verknüpfen.

Sound

Das voll konfigurierbare Filter und die analog/digitale Oszillator-Sektion erlauben eine große klangliche Bandbreite. Er kann kraftvoll oder aggressiv wie klassische Oberheim-Synths klingen und im Bassbereich schön druckvoll agieren. Es sind aber auch subtilere Lead- und Pad-Sounds möglich. Das Filter erinnert in manchen Einstellungen an die knochige Charakteristik älterer Akai-Synths wie etwa dem AX 73 (wirkt allerdings breiter), aber hier gibt es noch sehr viel mehr Möglichkeiten.

Insgesamt ist der SunSyn ein Spezialist für strahlende, mächtige und lebendige Klänge. Dank des Filter-Designs und der tollen Modulations-Abteilung sind auch ausgefallene Sounds kein Problem. Wer in der Vergangenheit einen der raren Jomox-Boliden ergattern konnte, kann sich glücklich schätzen, denn jetzt bezahlt man sehr stolze Gebrauchtpreise für den Sun-Syn, falls er überhaupt mal angeboten wird. Eine Neuauflage ist leider laut Jürgen Michaelis nicht in Sicht. Eine samplebasierte Softwareversion des SunSyn (Sunbox) wird von UVI angeboten.

Der Jomox SunSyn wurde uns freundlicherweise von Klaus Brünner zur Verfügung gestellt.

Der Synth bietet zwei analoge und zwei digitale Oszillatoren pro Stimme.
Die XBase09 ist der erste Drumcomputer von Jomox und wurde von 1996 bis 2005 gefertigt. Bassdrum und Snare werden analog erzeugt.
Die analoge Bassdrum der Jomox Alpha Base ist auch als Eurorack- Modul verfügbar.
Das Design der aktuellen Jomox Alpha Base erinnert an den SunSyn. Die Alpha Base ist ein klangstarker und flexibler Drumcomputer mit analogen, hybriden und digitalen Drums-Kanälen sowie einem FM-Percussion-Synthesizer.

Kommentar zu diesem Artikel

  1. Sehr sympathisch – die augenfreundliche Farbergonomie! Bisher kannte ich diesen Hersteller überhaupt nicht. Danke! Werde mich mal bei den Produkten umschauen:-)

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