Audio/MIDI-Sequenzer für Mac und PC

Tracktion 5 – Die DAW für Einsteiger?

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Obwohl Tracktion vielen Produkten von Mackie und Behringer als Vollversion beigelegt ist, hält sich die Verbreitung der DAW noch in Grenzen. Nun geht das Entwickler-Team mit einem neuen Major-Update an den Start!

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Das Tab-System
Das Einzelfenster-Design aus Tracktion 4 wurde nahezu unverändert in die neue Version übernommen, und Transport- sowie Menü-Sektion beanspruchen immer noch denselben Platz. Neu ist lediglich das Tab-System, welches erlaubt, mehrere Projekte und “Edits” am oberen Fensterrand anzuzeigen und zu verwalten. Das kennt man in ähnlicher Form bereits von Presonus StudioOne. Besitzt man mehrere Bildschirme, lässt sich der Inhalt dieser Tabs auch gleichzeitig betrachten.

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Bis dato ist leider noch keine überarbeitete Bedienungsanleitung verfügbar. Immerhin sind die neusten Features in kurzen, aber aussagekräftigen Online-Videos erklärt. Außerdem besitzt nahezu jeder Bereich der GUI eine Kontextanleitung, die per Mouse-Over erscheint. Hat man die Arbeitsweise drauf, lässt sich die automatische Einblendung auch abschalten.

Ach ja, dies noch fürs Protokoll: Auf der Webseite des Hersteller werden Installer für Mac OS X (ab 10.7.5), Windows XP/Vista/7/8 und Linux als 32-Bit- und 64-Bit-Versionen angeboten. Die DAW arbeitet mit den Schnittstellen VST, VST3 und AudioUnit.

Editing

Tonhöhenkorrektur innerhalb von Tracktion
Celemony Melodyne ist ohne Zweifel der Industriestandard, wenn es um nachträgliche Tonhöhenkorrektur geht. Der einzige Wermutstropfen war allerdings der aufwendige Transfer des Audiomaterials − aus der DAW in den Editor, und nach getaner Arbeit wieder zurück. Insofern kam die später entwickelte ARA-Schnittstelle (Audio Random Access) sehr gelegen, denn so ließ sich die Analyse und Bearbeitung direkt in der DAW vornehmen. Ein absolut geniales Konzept, das bereits in Presonus StudioOne und Cakewalk Sonar Einzug gehalten hat − und nun auch in Tracktion 5.

Nachdem “Melodyne Singletrack” heruntergeladen und installiert ist, genügen ein kurzer Re-Scan des Plugin-Ordners sowie ein Neustart, und von nun an wird unter “Loop Properties” neben den Algorithmen “Elastique” und “SoundTouch” auch “Melodyne” aufgelistet. Nach einer kurzen Analysephase werden die selektierten Audio-Clips mit einer gleichnamigen Schaltfläche ausgestattet, die den Editor in einem separaten Floating-Fenster öffnet. Danke dafür!

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Edit Clips
Neu sind auch die sogenannten “Edit Clips”. Hier handelt es sich weder um eine spezielle Form von Ordner-Spuren noch um eine abgefahrene Comping-Funktion, sondern vielmehr um eine clevere Arrangement-Hilfe. Fügt man beispielsweise eine mehrspurige Komposition einer Session per Drag&Drop einem neuen Edit hinzu, berechnet Tracktion einen eigenen Stereo-Mixdown. Das Material liegt also als eigener Audio-Clip in der neuen Session vor.

Der Clou: Über “Clip Properties” und die Schaltfläche “Source Edit” lässt sich das Originalprojekt später wieder öffnen, und man kann Änderungen, etwa eine kleine Lautstärkenautomation, vornehmen. Wird die Session erneut gespeichert, berechnet das System automatisch auch den Edit-Clip erneut − ein sehr nützliches Feature, um etwa alle Songs eines Albums im Kontext eines eigenen Projekts zu beurteilen und bei Bedarf nach und nach in Form zu bringen.

Mixing

Tracktion ist seinem ziemlich eigenwilligen Mixing-Konzept weiterhin treu geblieben, denn eine klassische Mix-Konsole fehlt immer noch. Klar, man möchte den Signalfluss ohne Unterbrechung von links nach rechts darstellen, also Input, Arrangement und Output. Je größer die Session allerdings ausfällt, desto unübersichtlicher wird besonders die “Mixing-Sektion”, denn Fader, Aux-Sends und Plugins erscheinen je nach Spur an einer anderen Stelle mit unterschiedlichen Aus maßen.

Zudem hat Tracktion weder am mitgelieferten Equalizer noch am Kompressor nachgearbeitet, deren Bedienung wirklich alles andere als nutzerfreundlich ist. Fast jedes beliebige Drittanbieter-Plugin bereitet da mehr Freude.

MIDI und Software-Instrumente

Selbstverständlich hat der Software-Sequenzer die klassische Piano-Roll-Ansicht, in der alle Noten auf einem Raster eingezeichnet und gängige Parameter wie Velocity, Länge und Tonhöhe bearbeitet werden können.

Step-Sequence-Clips
Für Pattern-orientiertes Arbeiten haben sich die Entwickler aber noch etwas Cleveres ausgedacht, denn neben MIDI-, Audio- und Edit-Clips lassen sich im Arrangement nun auch Step-Sequence-Clips per Drag&Drop direkt im Arrangement erstellen. Im Clip werden acht Lanes angezeigt, denen jeweils eine MIDI-Note zugewiesen werden kann. Von Haus aus setzt sich ein Clip aus acht Steps zusammen, wobei dieser Wert beliebig erhöht werden darf. Zieht man den Clip in die Länge, erzeugt Tracktion automatisch einen Loop, dessen Inhalt sich stets am ersten Pattern orientiert.

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Eine feine Sache, um etwa Drum-Grooves oder hypnotische Synth-Phrasen zu programmieren. Und wie sieht’s mit eigenen Klangerzeugern aus, wenigstens mal ein subtraktiver Synthesizer oder ein virtueller Drumcomputer? Fehlanzeige! Lediglich der extrem abgespeckte “Sampler” ist wieder in der Plugin-Liste zu finden. Dieser funktioniert zwar, solange man sich um eine eigene Sound-Library kümmert. Ganz klar: Hier sollte der Hersteller nachrüsten, denn Instrumente und Sound-Library sind nicht nur für Einsteiger, sondern auch für Songwriter wichtige Tools!

Leistung

Gutes Ressourcen-Management
Erstmal vorweg: Tracktion lief im Test sowohl auf dem PC als auch dem Mac absolut stabil, und es kam zu keinem einzigen Absturz. Dieser Extremfall dürfte so schnell auch nicht eintreten, denn man hat während einer Session dank des neu eingeführten Ressourcen-Managements alle aktiven Prozesse zuverlässig im Blick.

Ähnlich der Anzeige in Cockos Reaper wird hier exakt angegeben, welche Plugins die CPU am stärksten fordern. So kann man schnell die zugehörige Spur ausfindig machen. Wirklich vorbildlich umgesetzt! Ist der Übeltäter entdeckt, lässt sich das Plugin entweder deaktivieren, oder, viel eleganter, man kann von Tracktions überarbeiteter Freeze-Funktion Gebrauch machen.

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Flexible Freeze-Points
Das Einfrieren muss hier nicht spurübergreifend erfolgen, denn der sogenannte “Freeze Point” lässt sich an jedem beliebigen Punkt des Kanalzuges per Drag&Drop einfügen − auch zwischen den Plugins. Sofort rendert Tracktion alle Effekte in eine Audiodatei, wodurch die Berechnung der leistungshungrigen Prozesse nicht mehr in Echtzeit erfolgt, sondern nur noch das neu erstellte Audiomaterial abgespielt werden muss. Um die Spur bzw. den Prozessor wieder aufzutauen, genügt es, den Freeze-Point einfach aus dem Kanalzug zu löschen. Gerade auf kleineren Audio-Laptops ist die Freeze-Funktion ein Segen, sofern man gerade an umfangreicheren Arrangements arbeitet.

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Fazit

Der Hersteller hat sich für das Major-Update ein paar nützliche Features ausgedacht. Die sehr detaillierte CPU-Anzeige und besonders die flexiblen Freeze-Points erlauben es, die maximale Leistung aus dem Rechner herauszuholen. Die neuen Step-Sequencer-Clips sind sehr gut gelungen.

Schade nur, dass man dieses tolle Pattern-Tool nicht sofort verwenden kann, sofern man nicht Klangerzeuger von Drittanbietern sein Eigen nennt. Im Bereich “virtuelle Instrumente” muss Tracktion also noch deutlich nacharbeiten.

Die mit Abstand größte Neuerung fällt in den Bereich Editing, die Integration von Celemony Melodyne ist gerade für Songwriter interessant, um z.B. einen guten Vocal-Take schnell und effizient gerade zu ziehen.

Kritik gibt es weiterhin für die Mixing-Sektion. Die ist oft unübersichtlich, und je nach Skalierung der Bereiche können unschöne freie Flächen den Platz verschwenden.

Dennoch: Wer eine DAW zum einfachen Recording und Demo-Mixing sucht, darf sich über den extrem günstigen Preis freuen!

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