Mehr geht nicht!

SPL PQ Mastering Equalizer im Test

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(Bild: Dr. Andreas Hau)

Der Paketbote keucht, als er den Karton die Treppe hoch wuchtet. Ich später auch, als ich das Gerät ins Rack einbaue: Mit einem Abtropfgewicht von 15,2 kg zählt der SPL PQ Mastering Equalizer zu den schwersten Geräten, die ich in meiner knapp 14-jährigen Autorenlaufbahn testen durfte.

So schwer ist ein Gerät nicht ohne Grund: Mit vier Höheneinheiten und einer Bautiefe von knapp 32 cm ist der SPL PQ ein korpulenter Metallquader, und beim Blick durch die Lüftungsschlitze fällt auf: Das Teil ist wirk- lich randvoll mit Elektronik! Die solide Verarbeitung trägt das ihrige zum Gewicht bei: Das Gehäuse besteht aus dickem Stahlblech, die formschöne Front ist kunstvoll aus 8 mm dickem Aluminium gefräst. Letztere ist beim Testgerät (Modell 1544) rot eloxiert; als Model 1540 ist das gleiche Gerät auch mit schwarzer Frontplatte erhältlich. Gute Sache, denn nicht jeder mag farbenfrohe Geräte; gerade fürs Mastering würde ich persönlich eine emotionslose Farbgebung präferieren. Aber das ist nun jedem selbst überlassen.

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Technik Deluxe

Der SPL PQ ist ein vollparametrischer 5-Band- Equalizer mit zwei Kanälen. Gain, Frequenz und Filtergüte werden über hochwertige ALPS-Rasterpotis mit 41 Positionen eingestellt; zusätzlich verfügt jedes Band über einen 1/4-Gain-Schalter, der die maximale Anhebung/Absenkung von ±20 dB auf ±5 dB reduziert − beim Mastering geht’s ja oft um Millimeterarbeit.

Unter jedem Filterband befinden sich zwei farbig hinterleuchtete Drucktaster (mit geschmeidiger Haptik): Über den orangen Taster kann jedes Band separat ein- und aus- geschaltet werden; der blaue Taster aktiviert den Proportional-Q-Modus. Jedes Band hat nämlich zwei Betriebsarten: Im Constant-Q-Modus ist die Höhe der Anhebung/Absenkung unabhängig von der Filtergüte. In der Proportional-Q-Betriebsart wird der Regelhub umso geringer, je breiter man das Filter ein- stellt. Bei maximaler Breite (d. h. minimaler Filtergüte) beträgt der Regelumfang nur noch ±2,8 dB. Mit anderen Worten: Im blauen Modus wird der Aktionsradius auf Einstellungen begrenzt, die im Rahmen des üblicherweise Sinnvollen liegen. Der Constant-Q-Modus erlaubt dagegen auch drastische Eingriffe, wie man sie insbesondere für Reparaturarbeiten benötigt.

(Bild: Dr. Andreas Hau)

Die Regler der fünf Bänder sind versetzt angeordnet, was zur attraktiven Optik des Geräts beiträgt und gleichzeitig den zur Verfügung stehenden Platz optimal ausnutzt. Denn 5 x 3 Regler auf zwei Kanälen ergibt insgesamt 30 große Knöpfe, die auf der Geräte- front Platz finden müssen. Bei konventioneller Anordnung auf gleicher Höhe hätte der Hersteller kleinere Knöpfe wählen müssen. Und die lassen sich bekanntlich nicht so feinfühlig einstellen.

Ein besonderes Feature ist die Auto-By- pass-Funktion, die den PQ in einem einstell- baren Intervall aus dem Signalweg nimmt. So lässt sich unvoreingenommen überprüfen, ob die getätigten Einstellungen die gewünschte Wirkung zeigen. Denn wenn man selbst den Bypass-Schalter drückt, fällt es schwer, sich von der Erwartungshaltung zu lösen, dass es mit EQ besser klingen muss.

Als Bedienhilfe lassen sich beide Kanäle verkoppeln, wobei wahlweise der linke oder der rechte Kanal die Steuerung übernehmen kann. Das betrifft freilich nur die Stellungen der beleuchteten Schalter; die Reglereinstellungen muss man händisch kopieren. Das hat SPL früher schon einmal aufwendiger gelöst: Die Ur-Version des PQ von 2002 (Modell 2500) besaß Motorpotis, die neben Speicherbarkeit auch die simultane Steuerung mehrerer Kanäle über ein Set Regler ermöglichten. Allerdings war das Modell 2500 exorbitant teuer. Das aktuelle Modell 1540/1544 kostet nur ein Bruchteil, kommt aber immer noch auf einen Listenpreis von 5.999 Euro. Das ist eine Menge Geld − aber ein ziemlich guter Kilopreis, für so hochwertige Technik, wie wir gleich sehen werden.

EQ-Koloss: fünf vollparametrische Bänder pro Kanal in aufwendiger 120-Volt-Technik

Darf´s ein Bisschen mehr sein?

Das Innere des SPL PQ ist modular aufgebaut; jedes Filterband sitzt auf einer eigenen Platine, die wiederum mit acht (!) diskreten Operationsverstärkern bestückt ist. Bei 2 x 5 Bändern macht das insgesamt 80 Stück! Hinzu kommen zwei weitere am Eingang als Line-Receiver und zwei etwas größere, eben- falls diskret aufgebaute Line-Driver-Platinen. Diese diskreten Opamps sind keine »Textbook-Designs«, sondern eine Eigenentwicklung von SPL in Person von SPL-Mastermind Wolfgang Neumann, dessen Signatur die Gehäusefront ziert. Diskrete Opamps waren in den 1970ern in vielen hochwertigen Geräten zu finden. Denn damals steckten die integrierten Schaltkreise noch in ihren Kinderschuhen; frühe IC-Opamps wie der berüchtigte 741 waren langsam und alles andere als rauscharm. Für kompromisslose Audioqualität verwendete man daher diskret, d. h. aus einzelnen Transistoren, Widerständen und Kondensatoren aufgebaute Operationsverstärker.

Heute gibt es sehr hochwertige, transparent klingende IC-Opamps − warum also noch, bzw. wieder, auf diskrete Opamps zurückgreifen? Nun, IC-Opamps sind in aller Regel für Betriebsspannungen von maximal ±18 Volt ausgelegt; in der Praxis geht man aus Gründen der Hitzeentwicklung noch ein

paar Volt runter. Damit kann die Schaltung dann einen Maximalpegel von etwa +22 dBu verarbeiten. Bei höheren Pegeln geht dem Gerät schlicht die Puste aus.

Die diskreten Opamps von SPL − kleine Steckplatinen in SMD-Bestückung − werden dagegen mit einer Versorgungsspannung von ±60 Volt betrieben (also insgesamt 120 V); damit kommt der SPL PQ auf einen Maximalpegel von überaus üppigen 32,5 dBu. Der SPL PQ kann also rund 10 dB mehr Pegel verarbeiten, als ein herkömmliches Studiogerät maximal liefern könnte; so ist es praktisch unmöglich, ihn zu übersteuern. Auch intern kann es kaum zu Übersteuerungen kommen, selbst bei kräftigen Anhebungen in den Parametrik-Filtern.

Zudem arbeitet der SPL PQ äußerst rausch- arm. Das A-bewertete Rauschen ist mit −94,4 dBu spezifiziert (alle fünf Bänder eingeschaltet, aber ohne Anhebung/Absenkung). Das unbewertete Rauschen liegt nur wenig darüber bei −91,2 dBu. Ob des üppigen Headrooms erreicht der SPL PQ somit eine Gesamtdynamik von deutlich über 120 dB − so viel wie Mastering-taugliche Spitzenwandler!

Auch die harmonischen Verzerrungen sind sensationell niedrig (und sogar nochmals geringer als beim teuren Vorgängermodell 2500): Bei einem Eingangspegel von +30 dBu, also nahe der Aussteuerungsgrenze, beträgt der Klirrfaktor 0,0005 %. Bei einem üblichen Pegel von +10 dBu, wie man ihn in der Praxis fährt, wenn man noch andere Geräte mit »normaler« Technik davor oder dahinter einsetzt, kommt der SPL PQ immer noch auf sehr beachtliche 0,002 %. Kurzum: Der SPL PQ markiert die Grenze dessen, was mit Analogtechnik derzeit möglich ist.

(Bild: Dr. Andreas Hau)

Praxis

Angesichts solcher Werte ist ziemlich klar, wie dieser Equalizer klingt: glasklar und extrem sauber. Als Klangbeschreibung mag dies manchem eher langweilig erscheinen, doch im persönlichen Klangerleben ist der SPL PQ schlichtweg sensationell.

Das richtige Adjektiv für sein Klangverhalten heißt nicht farblos, sondern farbecht. Denn der PQ ist ein Gerät, das Klangfarben weder herstellt noch verfälscht; er vermag aber alles aus der vorhandenen Klangsubstanz hervorzuholen. Der Aktionsradius reicht dabei vom subtilen Sweetening bis hin zu kniffligen Reparaturarbeiten. Da die Frequenzbereiche der fünf Bänder sich großzügig überlappen, hat man auf fast jeden Bereich mit zwei oder gar drei Bändern Zugriff.

Faszinierend ist, wie transparent und unauffällig der PQ agiert. Selbst bei größeren Eingriffen klingt das Ergebnis nie »equalized«,sondern schlichtweg »richtig«. Der PQ ist also kein Farbkasten, sondern genau das, was die deutsche Entsprechung für Equalizer sagen möchte: ein Entzerrer. Ein Gerät, das etwas Verbogenes wieder begradigt, den Frequenz- gang ausbeult.

Um dem PQ mal richtig auf den Zahn zu fühlen, habe ich auch einige Härtefälle aus- getestet, u. a. ein paar audiotechnische Sünden aus den späten 1980ern − ich möchte keine Namen nennen. Schon damals versuchte man, möglicht laut zu klingen, hatte aber nur bescheidene Mittel, dies zu realisieren. Häufig wurden die energiereichen Bässe radikal beschnitten und die Hochmitten angehoben, wo das Gehör bekanntlich am empfindlichsten ist. Es ist wirklich erstaunlich,

wie gut man solche Aufnahmen mit dem SPL PQ spektral restaurieren kann und wie prall, wie druckvoll diese einst quäkigen Aufnahmen anschließend klingen. Nicht selten ist man hier zu massiven Bassanhebungen im Constant-Q-Modus und komplexen Bearbeitungen in den oberen Frequenzen gezwungen (Absenkung der Hochmitten, Anhebung im Air-Band, dezenter Ausgleich der 80er-Mittensenke). Dennoch klang das Ergebnis nie »bearbeitet«.

Pro EQ-Band sind acht diskrete Opamps verbaut, das macht insgesamt 80 Stück! Deren Stromversorgung übernimmt ein wuchtiger, gekapselter Ringkerntrafo, der wohl auch eine Endstufe antreiben könnte. (Bild: Dr. Andreas Hau)

Da sich die beiden Kanäle auch unabhängig voneinander einstellen lassen, be- steht die Möglichkeit, ganz schwere Fälle im Mitten/Seiten-Modus zu bearbeiten, indem man den PQ zwischen zwei M/S-Plug-ins insertiert (z. B. Voxengo MSED im Encoder- bzw. Decoder-Modus). Auch das funktionierte ohne Klangartefakte.

Ein bisschen ungewöhnlich ist, dass der PQ keine Shelving-Option für die Außenbänder bietet. Man kann allerdings die Filterbreite so weit erhöhen, dass de facto der Unter- schied zu echten Shelving-Filtern verschwindend gering wird. Wirklich vermissen könnte man eventuell einen Low-Cut, wenngleich viele Mastering-Engineers solche harten Eingriffe lieber auf digitaler Ebene tätigen. Andererseits fällt mir spontan kein Plug-in ein, das so artefaktfrei, transparent und druckvoll klingt wie der SPL PQ. Insofern wäre ein Hochpassfilter, das genauso artefaktfrei die Rumpelfrequenzen aufräumt, ein audiotechnischer Traum.

Auch die Eingänge sind mit 120-Volt-Opamps bestückt; für die Ausgänge kommen etwas größere Line-Driver-Platinen zum Einsatz, ebenfalls in diskreter 120-Volt-Technik. (Bild: Dr. Andreas Hau)

Fazit

Der SPL PQ ist ein State-of-the-Art-Gerät, das zeigt, zu welchen Audioleistungen Analogtechnik fähig ist. Der PQ klingt unglaublich transparent und hat dank 120-Volt-Technik einen enormen Headroom. In der Praxis ist es unmöglich, ihn zu übersteuern, und selbst bei massiven Eingriffen ins Klanggeschehen

treten keinerlei Artefakte zutage. Man möchte glauben, dass man einen solchen Sound auch von einem Plug-in bekommen könnte, doch ich wüsste keines, das dem SPL PQ das Wasser reichen könnte: Derart druckvolle Bässe und unangestrengt luftige Höhen sind auf digitaler Ebene kaum zu finden.

Der PQ eignet sich sowohl für dezentes Sweetening als auch fürs Remastering älterer Produktionen bis hin zur spektralen Reparatur. Dabei ist der PQ aufgrund seines neutralen Charakters auf keine Musikrichtung fest- gelegt; von Klassik bis Speed Metal geht alles! Angesichts der vielseitigen Einsetzbarkeit, seiner makellosen Klangleistungen und der extrem hochwertigen Umsetzung, muss man dem SPL PQ ein wirklich gutes Preis/ Leistungs-Verhältnis bescheinigen. Klar, 6.000 Euro zahlt man nicht mal so eben aus der Portokasse, aber dafür bekommt man 15,2 kg feinste Audiotechnik, Made in Germany.

Hier findest du den Test vom SPL PassEQ:

SPL-Passeq(Bild: Dr. Andreas Hau)

 

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