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Softube Weiss DS1-MK3 & MM-1 Mastering-Prozessor-Plug-ins im Test

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Weiss Mastering

Unter Mastering-Engineers gelten die Hardware-Prozessoren des Schweizers Daniel Weiss als Nonplusultra in Sachen Klangtransparenz. Die schwedische Softwareschmiede Softube hat nun den Weiss DS1-MK3 Compressor/Limiter erstmals als Plug-in erhältlich gemacht – für knapp ein Zwanzigstel des Preises der Originalhardware.

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Streng genommen ist Softubes Plug-in keine Emulation, sondern eine reine Softwareversion der Originalhardware. Der Weiss DS1-MK3 ist nämlich ein digitaler Mastering-Prozessor, und weil das Plug-in von Weiss Engineering offiziell lizenziert ist, darf es dieselben Algorithmen verwenden. Zusätzlich hat Softube ein paar Extras eingebaut. Außerdem haben die Schweden eine vereinfachte Version programmiert, das MM-1 Plug-in, das auch für Nicht-Mastering-Engineers leicht zu bedienen ist und weniger als die Hälfte kostet (199 Euro). Im Kaufpreis des „großen“ DS1-MK3 Plug-ins (549 Euro) ist zusätzlich auch das MM-1-Plug-in enthalten.

Erstkontakt

Das GUI des „Weiss DS1-MK3“-Plug-ins ist weitestgehend der Hardware nachempfunden. Auf der – natürlich – weißen Frontplatte befindet sich links ein digitales Display, das alle möglichen Parameter darstellt, rechts daneben ist der wohl wichtigste Regler, der (neben anderen Parametern) das Gain vor dem Limiter steuert. Hier wird die Lautheit des Songs optimiert. Alle weiteren Regler beziehen sich auf die Kompressor-Sektion, denn der Weiss DS1-MK3 ist nicht nur ein Limiter, sondern auch ein ausgefuchster Mastering-Kompressor inklusive M/S-Processing und frequenzselektiven Eingriffsmöglichkeiten. Für Letztere ist ein Crossover vor dem Kompressor eingebaut, das als Hochpass, Tiefpass oder Bandpass konfiguriert werden kann. Frequenz und Bandbreite lassen sich frei einstellen. Um Klangverfärbungen zu vermeiden, arbeiten die Crossover-Filter phasenlinear.

Die Kompressor-Sektion lässt sich sehr differenziert einstellen. Neben Threshold und Ratio gibt es auch ein Soft-Knee-Poti, über das sich die Weichheit des Kompressionsknies stufenlos justieren lässt. Die Ratio lässt sich über einen extrem weiten Bereich einstellen bis maximal 1000:1; links der Mittelposition sind zudem Expander-Settings bis 1:5 verfügbar. Auch die Atttack-Zeit lässt sich in einem weiten Bereich von 0,02 bis 800 ms justieren. Besonderes Augenmerk wurde auf den Release-Parameter gelegt, für den es nicht weniger als vier Regler gibt: Drei davon steuern das Zeitverhalten: Release-Fast, Release-Slow und Average. Der vierte Regler, Release-Delay, verzögert das Zurückfahren der Kompression. Alles, um eine möglichst natürliche, unauffällige dynamische Verdichtung zu erreichen! Der letzte Regler rechts unten ist Gain-Makeup inklusive einer Max-Funktion für maximalen Pegel bis zur 0-dBFS-Grenze.

In drei Untermenüs verbergen sich zahlreiche, teils wichtige Einstellmöglichkeiten, u. a. zu Dithering und Limiter-Modi.

Weitere Optionen lassen sich über Schalter unterhalb des Displays aktivieren: Sidechains und Regler beider Kanäle lassen sich als Stereoeinheit verkoppeln. Da es auch einen Mid/Side-Modus gibt, ist es wichtig, diese Verkoppelung auch aufheben zu können, um Monoanteile und Stereoanteile unterschiedlich zu bearbeiten. Auch Parallelkompression ist verfügbar; einen Mix-Regler gibt es nicht; den Anteil des Kompressor-Signals kann man aber über den Gain-Make-up-Regler steuern.

Mit Klick auf den Options-Button öffnen sich drei Untermenüseiten im Display, wo u. a. verschiedene Limiter-Modi zur Auswahl stehen. Neben dem originalen DS1-Modus bietet das Plug-in mit Weiss Brickwall-Limiter Type 1 und Type 2 (True Peak) zwei neuere Modi. Auch Dithering-Optionen sind im Menü verfügbar (16, 20, 24 Bit und off). Interessant für manche Anwendungen ist, dass sich auch ein externer Sidechain aktivieren lässt (sofern die DAW dies unterstützt).

Die zweite Menüseite kümmert sich primär ums Metering, während auf der dritten Seite u. a. ein Auto-Makeup-Gain verfügbar ist, das aber mit der oben angesprochenen Max-Funktion identisch ist.

So aufgeräumt die Plug-in-Oberfläche zunächst scheint: Im Detail verstecken sich noch eine ganze Menge Funktionen. Für alle, denen das zu viel ist, gibt es das stark vereinfachte MM-1-Plug-in, das auf denselben Algorithmen beruht, aber nur grob editierbar ist. Ein ähnliches Konzept verfolgte Softube ja bereits beim Drawmer S73 Intelligent Master Processor als Preset-Version des Drawmer 1973-Multiband-Kompressor-Plug-ins.

Der MM-1 hat nur drei Regler und fünf Style-Presets: transparent, loud, punch, wide und de-esser. Letztere beziehen sich ausschließlich auf den Kompressor; die Stärke des Processings lässt sich über den Amount-Regler steuern, außerdem gibt es einen Mix-Regler, der ebenfalls ausschließlich auf die Kompressor-Sektion wirkt. Die finale Lautheit steuert man über den Gain-Regler vor dem Limiter − fertig. Das Display des MM-1 ist leichter abzulesen als das des DS-MK3, denn es arbeitet farbig. Als einzige Option im Untermenü lässt sich über Output-Trim der maximale Ausgangspegel einstellen (off, −0,1, −0,3 und −1 dBFS für iTunes). Was dem MM-1 leider fehlt, ist eine Dithering-Funktion.

Weiss Mastering
Das Softube-Plug-in Weiss DS1-MK3 verwendet dieselben Algorithmen wie der 10.000 Euro teure Hardware-Prozessor.

Praxis

Der Weiss DS1-MK3 Mastering-Compressor/Limiter ist schon ein recht komplexes Plug-in, das einige Einarbeitungszeit benötigt. Die Möglichkeiten sind sehr umfangreich; die Klangphilosophie ist jedoch glasklar: Neutralität ist oberstes Gebot. Der DS1-MK3 will kein Klangformer sein, sondern möglichst unauffällig und ohne Artefakte die Lautheit optimieren. Seit jeher wurde die Weiss-Hardware gerne für Klassikaufnahmen eingesetzt, u. a. bei Sony.

Neben dem extrem sauberen Klang ist es nicht zuletzt die symbiotische Kombination aus Kompressor und Limiter, die überzeugt. Denn der Kompressor regelt den RMS-Pegel und zieht leise Anteile nach oben, während der Limiter sich um die Signalspitzen kümmert. Der DS1-MK3 zieht und drückt gleichzeitig, sodass die Lautheit sich praktisch immer in dem vom Nutzer definierten Bereich bewegt. Das kommt insbesondere Musikstilen zugute, die eine gewisse Dynamik benötigen. Der DS1-MK3 ist also eher etwas fürs Feinsinnige, fürs Mastering der alten Schule. Fürs brachiale Plattwalzen, wo es um maximale Lautheit bei noch vertretbarem Schaden geht, gibt es effektivere Plug-ins. Gleichwohl erreicht man auch mit dem DS1-MK3 zeitgemäße Lautheit. Die erbitterten Loudness Wars sind ja ohnehin vorüber, seit die meisten Streaming-Plattformen eine automatische Lautheitsanpassung eingeführt haben.

Weiss Mastering
Das Display lässt sich beim Plug-in in einen Waveform-Modus umschalten, der die Regelbewegungen des Kompressors und die Gain-Reduction des Limiters in Echtzeit veranschaulicht.

Der DS1-MK3 macht aber auch als Reparaturwerkzeug eine ausgezeichnete Figur. Der M/S-Modus und die frequenzselektiven Eingriffe machen vieles möglich. »So nebenbei« ist der DS1-MK3 der beste De-Esser, den ich je verwendet habe. Findet übrigens auch Mastering-Legende Bob Ludwig. Nicht nur zischelige S-Laute, sondern auch nervige Hi-Hats kann der DS1-MK3 sehr gut entschärfen. Bestechend ist, wie artefaktfrei er das schafft; die phasenlinearen Filter von Weiss sind schon eine Klasse für sich. Auch eine zu leise oder zu wenig präsente Stimme in der Stereomitte hervorzuholen vermag der DSMK3.

Gerade in solchen Rettungsaktionen hat das Plug-in gegenüber der Hardware einen gewichtigen Vorteil: Man kann es in mehreren Instanzen verwenden, sodass man einen oder gar zwei DS1-MK3 alleine für Reparaturen nutzen kann, und eine weitere für die dynamische Verdichtung. Außerdem hat das Plug-in einen Waveform-Anzeigemodus erhalten, der die Regelbewegungen des Kompressors und die Gain-Reduction des Limiters in Echtzeit veranschaulicht.

Das abgespeckte MM-1-Plug-in klingt ebenfalls sehr hochwertig, hat aber einen begrenzten Aktionsradius. Diffizile Klangchirurgie ist nicht möglich, immerhin gibt es aber einen De-Esser-Modus, der für übliche Anwendungen ausreicht. Empfehlenswert scheint der MM-1 weniger für Mastering-Spezialisten als für Mix-Engineers, um einen Rough-Mix schnell und unproblematisch auf konkurrenzfähige Lautheit zu bringen bzw. um »mal eben« den finalen Mix auf das Level von (gemasterten) Referenzproduktionen zu heben. Das macht der MM-1 sehr gut und − solange man es nicht übertreibt − artefaktfrei. Der Amount-Parameter wirkt z. T. nur subtil, was andererseits grobe Fehlbedienung ausschließt.

Das MM-1-Plug-in ist eine stark vereinfachte, Preset-basierte Version des Weiss-Prozessors mit minimalen Einstellmöglichkeiten, aber ähnlich transparentem Klang.
Der Softube Weiss MM-1 hat nur ein einziges Untermenü für den Output-Trim.

Fazit

Mit dem Weiss DS1-MK3 von Softube ist nun endlich ein hoch angesehenes, professionelles Mastering-Tool als Plug-in erhältlich. Seit vielen Jahren gilt die Hardware als Gold-Standard, wenn es um transparente, artefaktfreie Lautheitsoptimierung geht. Diese Klangeigenschaften (bzw. die weitgehende Abwesenheit eines Eigenklangs) bietet auch das viel günstigere Plug-in ohne Abstriche, denn es verwendet die originalen Weiss-Algorithmen.

Primär empfiehlt sich das DS-MK3-Plugin für Musik, die eine gewisse Dynamik behalten soll, wie Klassik, Jazz, Folk, akustischer Singer/Songwriter-Pop uvm. Für krachende Lautheit bis zur Schmerzgrenze gibt es geeignetere Plug-ins, die u. a. mit Sättigungseffekten das letzte Quäntchen Lautheit herauskitzeln. Der Weiss DS-MK3 vermeidet jede Form von Verzerrung, er ist ein Tool für feinsinnige Optimierung, nicht zum Plattwalzen. Davon ab bietet der DS-MK3 ausgezeichnete Reparaturfunktionen wie M/S-Bearbeitung und frequenzselektive Kompression. Besonders hervorzuheben ist die nahezu artefaktfreie De-Esser-Funktion − alleine dafür sollte man den DS-MK3 unbedingt antesten. Abgerundet wird das Plug-in durch Presets vom Mastering-Guru Bob Katz, der den DS1-MK3 bereits seit vielen Jahren als Hardware-Prozessor im Einsatz hat.

Das abgespeckte MM-1 bietet einen ähnlich transparenten Sound, nur lassen sich die Einstellungen nicht en detail justieren, was auch bedeutet, dass man es nur sehr bedingt für Reparaturen einsetzen kann. Die einfache Bedienung und das übersichtliche Metering machen den MM-1 zum idealen Werkzeug für Mix-Engineers, die ihn z. B. am Ende eines langen Tages zum Ausspielen eines Artist-Mixes verwenden können, den sich der Künstler im Vergleich zu Referenzproduktionen anhören kann. Ansonsten empfiehlt sich der MM-1 auch für anspruchsvolle Hobbyisten und semiprofessionelle Anwender, die ihr Mastering aus Kostengründen selbst übernehmen müssen. Der MM-1 überfordert niemanden und macht es mit seiner Presetorientierten Arbeitsweise leicht, auch ohne Mastering-Ausbildung ein vorzeigbares Ergebnis zu erhalten.


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hohe Klangtransparenz

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perfekt abgestimmte Kombination von Kompressor/Expander/De-Esser und Limiter

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M/S-Modus und frequenzselektive Eingriffe

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hervorragende De-Esser-Funktion


MM-1-Plug-in ohne Dithering-Funktion


Hersteller/Vertrieb: Softube/Audiowerk

Preise: Weiss DS1-MK3: 549,– Euro / Weiss MM-1: 199,– Euro

www.audiowerk.de

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