Next Generation

NI Action Strings 2 – Sound-Library im Test

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Vor fast neun Jahren veröffentlichte Native Instruments die erste Version der Action Strings, was sich in Anbetracht der Halbwertzeit von Sound-Libraries mittlerweile wie eine halbe Ewigkeit anfühlt. Schaut man sich nun den Nachfolger an, dann beschleicht einen dieses Gefühl erst recht, denn es wird schnell klar, dass sich im Vergleich zum Vorgänger einiges getan hat, wovon man beispielsweise in Sachen Flexibilität damals höchstens zu träumen wagte.

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Das soll nicht heißen, dass das ursprüngliche Release schlecht gewesen wäre. Im Gegenteil – das Konzept und das Handling waren damals schon recht einzigartig, auch die Phrasen überzeugten. Auch heute ist die Library noch ab und an in aktuellen Produktionen zu hören, aber viele Phrasen sind mittlerweile durch einen gewissen »Bekanntheitsgrad« leicht zu identifizieren, weil sie sich außerhalb der mitgelieferten Phrasenvaríanten eben nur rudimentär oder bei komplexeren Motiven gar nicht variieren lassen. Genau hier setzt die neue Version an, und die einzelnen Phrasen lassen sich nun durch ihre stärkere Fragmentierung viel detaillierter variieren als vorher. Wie das geht? Erstaunlich einfach und effektiv, und zwar mit dem …

Im Phrasen-Editor lässt sich für jedes Modul neben der Velocity auch dessen Tonhöhe einstellen; bei Letzterer leider nur numerisch und nicht durch das Verschieben der Noten auf ihren Notenlinien.
Per Doppelklick öffnet sich die Auswahl aller Module in einem Browser, die dort sogar vorgehört werden können. Die Auswahl ist vielfältig und erlaubt es im Handumdrehen, intuitiv Phrasen abzuändern oder eigene Motive zu komponieren.
Als Besonderheit haben die Low-Ensembles mehrere Crescendo-Module an Bord.

Phrasen-Editor

Mit einem Klick auf den entsprechenden Reiter offenbart sich die zuvor geladene Phrase in einem Notensystem, das immer wieder unterbrochen ist. Diese Unterbrechungen markieren jeweils die Außengrenzen der einzelnen, in dieser Phrase verwendeten gesampelten Segmente, die nun ausgewählt und editiert werden können, sogenannte Module. Das heißt aber nicht, dass nicht auch kleinere Unterteilungen möglich wären. Sind in der Phrase z. B. Viertel die kleinsten verwendeten Notenwerte, so kann die Viertel auch durch vier Sechzehntel ersetzt werden oder eben durch drei und eine 16tel-Pause. Umgekehrt funktioniert das genauso – setze ich also für unsere Viertel eine Halbe ein, wird einfach die nachfolgende Viertel automatisch durch die übrig gebliebene zweite Hälfte der halben Note annektiert, damit die restlichen Noten im Notensystem der Phrase auf ihrer ursprünglichen Zählzeit bleiben.

Möchte man also nun per Doppelklick ein Modul bearbeiten, geht direkt die Sonne auf, und es öffnet sich ein Auswahlfenster, das einem beim ersten Anblick zu einem Freundentänzchen animiert. Denn neben einzelnen Noten in mannigfaltigen Artikulationen und Längen stehen fein säuberlich sortiert auch noch eine Menge unterschiedlicher Rhythmen, diatonische und chromatische Figuren, Läufe, Triller usw. zur Verfügung, die per einfachem Klick vorgehört und mit einem Doppelklick in der passenden Tonhöhe übernommen werden können. Einfacher geht’s nun wirklich nicht. Somit wäre es auch theoretisch möglich, nach und nach die komplette Phrase umzustricken, sodass am Ende etwas komplett Neues entsteht.

Doch damit nicht genug! Im Editor befindet sich unter jedem Modul auch noch die Möglichkeit, dessen Velocity grafisch einzustellen. Für kurze Artikulationen, wie z. B. Staccati, ist das in Form eines Sliders pro Note möglich, bei längeren Modulen, die z. B. lange Noten, Figuren oder Läufe enthalten, gibt es Anfangs- und am Endpunkt des Moduls einen Slider. Die beiden Slider können dann nicht nur gleich, sondern auch mit unterschiedlichen Velocity-Werten eingestellt werden, um für das Modul ein beliebiges Crescendo oder Decrescendo zu erzeugen. Sehr schön!

Habe ich erwähnt, dass es auch möglich ist, die Taktart und zusätzlich davon unabhängig noch die Loop-Länge durch das Setzen von unterschiedlichen Start- und Endpunkten zu verändern? Nein? Doch! Oohhh …

Modus Operandi

Wie bei der ersten Version der Action Strings ist es beim hier vorliegenden Nachfolger ebenfalls möglich, per Keyswitch bzw. Legatospiel zwischen Phrasen oder Gesamttonhöhen hin und her zu springen, während das Metrum weiterläuft. Soll heißen, ich beginne z. B. die Phrase A auf Tonhöhe 1 und setze sie mit Phrase B auf Tonhöhe 2 fort. Darüber hinaus bieten die Action Strings 2 jedoch weitere, grundlegende Verbesserungen. Irgendwann fällt einem ein kleiner Umschalter auf, der es in sich hat. Damit kann nämlich jede Phrase entweder in denjenigen Modus versetzt werden, der es erlaubt, jedes Modul wie bei einem Stepsequenzer in der Tonhöhe zu variieren, was es ermöglicht, komplett freie Melodien zu komponieren. Oder man wählt den Arpeggiator-Modus, der alle in der Phrase vorhandenen Module auf dieselbe Tonhöhe setzt, um diese Module dann mithilfe des ausgewählten Arpeggiator-Patterns und je nach gespielten Intervallen oder Akkorden zu arpeggieren. Das ist großes Kino.

Action!

Im Studioeinsatz präsentieren sich die Actions Strings 2 als echtes Arbeitspferd mit durchdachten Features, die schnell und intuitiv zum gewünschten Ergebnis führen. Ein großer Timesaver ist es z. B., dass diesmal jedes Theme direkt mit zueinanderpassenden High- und Low-Ensembles bestückt ist und diese zwei Phrasen auf Tastendruck gleichzeitig abgespielt werden. Beide lassen sich solo schalten, oktavieren und unabhängig voneinander im Phrasen-Editor bearbeiten. Auch der Theme-Browser hat sich stark verbessert. Mit differenzierteren Auswahlfiltern und der Möglichkeit die Themes direkt im Browser vorzuhören, wird ein viel schnelleres Auffinden der gewünschten Vorstellung ermöglicht. Ein wirklicher Segen ist es, endlich auf eine adäquate Auswahl an Schlussnoten verschiedener Längen und Artikulationen zugreifen zu können, denn nun stehen für die meisten Schluss- oder Übergangsszenarien überzeugende Optionen bereit.

Wo viel Licht ist, ist auch Schatten, in unserem Fall aber kein wirklich dunkler. Was meiner Meinung nach aber beim Phrasen-Editor tatsächlich dringend fehlt, ist ein simples Undo inkl. Redo. Zu schnell hat man im Eifer des Gefechts versehentlich das falsche Modul ersetzt und dann auch noch das ursprüngliche nicht mehr in Erinnerung. Passiert das am Ende einer langen Edit-Orgie, ist das mehr als ärgerlich.

Auch das Ändern der Modul-Velocity ist momentan teilweise noch etwas hakelig. Denn durch den eigentlich positiven Umstand, dass man für alle Module mit kurzen Artikulationen die Velocity-Werte einer Phrase mit der Maus in einem Rutsch von links nach rechts »zeichnen« kann, wird es dadurch gleichzeitig leider ziemlich frickelig, einen einzelnen Wert zu verändern. Die einzelnen Slider sind nämlich grafisch direkt am Rand ihres Nachbarn platziert, was bei Wertänderungen mit schnellen Mausbewegungen, den Nachbarwert versehentlich ruckzuck miteditiert. Hierfür wäre z. B. das gelockte Editieren eines Sliders bei gedrückter Shifttaste Gold wert.

Und wie auch schon in der ersten Version fände ich eine zumindest um eine Quinte nach oben erweiterte Range der Phrasen definitiv sinnvoll, wenn die Spannung der Musik auf die Spitze getrieben werden soll. Denn es kann, je nach Tonart schnell sein, dass die gewünschte obere Oktave schlicht nicht mehr vorhanden ist.

Wenn ich mir zum Schluss noch etwas wünschen dürfte, dann wären das sicherlich die Erweiterung der Loop-Länge auf vier, acht oder gar mehr Takte, um Motive und Themen mit noch mehr Varianz zu ermöglichen.

Der Mixer hält diesmal vier Mikrofonpositionen parat, die nach Belieben gemischt und denen dankenswertweise Einzelausgänge zugewiesen werden können, um sie im Sequenzer des Vertrauens weiterzubearbeiten.
Im Arpeggiator-Modus sind die Module entsprechend des ausgewählten Patterns und den auf der Klaviatur gespielten Intervallen oder Akkorden arpeggiert spielbar.

Sound

Die Action Strings 2 klingen, wie man es von Streichern erwarten würde, die das angepeilte Genre bedienen: mächtig und fett. Ein Grund dafür ist sicherlich die differenzierte Mikrofonierung, die im integrierten Mixer zur Auswahl steht und sich nach Belieben mischen lässt. Hier hat man im Nu aus dem sowieso schon sehr ansprechenden Sound einen echten Breitwandsound gezaubert, der hervorragend klingt. Aber auch schon in der Standard-Mix-Einstellung klingen die Actions Strings 2 größer und voller als ihr Vorgänger, was sich anhand der wenigen Themes, die es von der ersten auf die zweite Version der Action Strings geschafft haben, leicht vergleichen lässt.

Die Themes sind ganz genretypisch wieder meist recht simpel gehalten, aber sehr schön ausgearbeitet und über jeden Zweifel erhaben. Sie warten mit einer Vielzahl zum Genre passender Phrasen auf, die sich überzeugend spielen und editieren lassen. Die Phrasen sind im Gesamtsound viel homogener spielbar als noch bei der Vorgängerversion, wo manchmal je nach Tonhöhe Unterschiede im Sound oder Nebengeräusche identifizierbar waren, die besonders dann leicht auffielen, wenn man immer wieder zwischen diesen Samples hin und her wechseln musste. Je nach Spielweise und großer Portion Ungeschick schafft man es natürlich auch hier, einen gewissen maschinellen Charakter zu erzeugen. Aber orientiert man sich daran, wie echte Streicher spielen würden, und dank der kleinteiligen Module, Dynamikeinstellungen und dem gut gelösten Round-Robin gelingen meist wirklich sehr überzeugende Ergebnisse.

Fazit

Mit den Action Strings 2 baut Sonuscore zusammen mit Native Instruments auf dem bewährten Konzept ihrer ursprünglichen Library auf und optimiert es in den entscheidenden Bereichen. Herausgekommen ist dabei eine Library, die Maßstäbe setzt, wenn es darum geht, die Grenzen starrer, rhythmischer Streicherloop-Samples aufzubrechen und diese flexibel, intuitiv und überzeugend zu variieren. Dabei war es sicherlich die richtige Entscheidung auf eine Vielzahl kleinteiliger Module zu setzen, wodurch in Kombination mit dem Arpeggiator oder der jeweiligen Tonhöheneinstellung schier endlose Kombinationsmöglichkeiten entstehen. Dass alles noch von einem wunderbaren Gesamtsound und ansprechenden Themes gekrönt ist, macht die Library zum Must-Have für alle, die nur ansatzweise mit Filmmusik zu tun haben, welche gerne mal etwas lauter und orchestral daherkommt.

Hersteller: Native Instruments
Download-Preis: 299,– Euro
Update von Actions Strings: 199,– Euro
Internet: www.native-instruments.com

Unsere Meinung:
+++ Flexibilität
+++ überzeugende Theme- und Modulauswahl
+++ Sound
–– kein Undo
–– Tonumfang in hohen Lagen zu gering

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