Surround auf die Ohren

KLANG:fabrik 3D In-Ear-Monitoring für Bühne und Studio

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In-Ear-Monitoring erfreut sich in den letzten Jahren immer größerer Beliebtheit, auch bei kleineren, geringer dotierten Ensembles. Die Vorteile liegen klar auf der Hand: kein Übersprechen, kein Feedback und ein detailierter Sound auf der Bühne. Der deutsche Hersteller KLANG:technologies ist nun der erste, der ein IEM-System mit so etwas wie „Kopfhörer-3D“  anbietet. Wie soll das gehen?

KLANGfabrik front view levels
Die Frontseite ist mit Touchscreen und USB-Port sehr schlicht aufgebaut.

“Personal Monitoring” ist prinzipiell nichts Neues. Schon einige Hersteller haben, meist mit Netzwerk-Technologie, Systeme entwickelt, die eine Vielzahl von Einzelspuren an verschiedene Abhörstationen schicken. Dort kann jeder Musiker seinen Mix selbst einstellen. Da Stationen, wie Aviom „A-16“,  Hear Technologies „Hearback“ oder DBX „PBX 16“, doch etwas sperriger sind, findet man diese hauptsächlich in größeren Studios und nur sehr selten auf der Bühne. Auch 3D-Sound für Kopfhörer kennt man bereits. Software-Schmieden wie „New Audio Technology“ und selbst Headsets von Sennheiser versprechen ein Klangerlebnis rund um den Kopf. Der Hersteller aus Aachen verbindet nun beide Welten zu einem eigenständigen System, welches sich für Bühne und Studio eignet.

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Hardware

Bei KLANG:fabrik handelt es sich um ein 19“-Gerät mit 2 HE, das hinsichtlich Design und Farbgebung fast von Apogee stammen könnte. Die Frontplatte aus gebürstetem Aluminium und violettem Aufdruck kommt vollständig ohne Bedienelemente aus. Lediglich ein farbiger Touchscreen mit einer Bildschirmdiagonale von 125 Millimetern und 800×600 Pixeln sowie ein USB-Port sind hier vorzufinden. Umso imposanter ist die Rückseite ausgestattet. Neben dem Netzschalter fällt zuerst die redundante Stromversorgung, zwei Kaltgerätebuchsen, auf. Dem Testgerät lag ein hochwertiges Stromkabel bei, das mit einer sehr zuverlässigen Abzugsicherung versehen war. Den meisten Platz beanspruchen die 16 XLR-Buchsen von Neutrik, die paarweise bis zu acht Monitoring-Systeme beschicken können. Auch ein digitales I/O steht mit jeweils vier optischen ADAT-Buchsen zur Verfügung. Damit alle digitalen Gerätschaften, auch externe AD-Wandler, im Gleichschritt marschieren, ist zusätzlich ein Wordclock-I/O dank zwei BNC-Ports an Bord.

Auf der linken Seite wurden drei Netzwerkbuchsen eingebaut, eine zur allgemeinen Kontrolle, und zwei weitere zur Integration des Dante-Systems. Auch hier vertraut der Hersteller auf Neutrik-Buchsen, die CAT-Kabel mit und ohne EtherCon-Gehäuse entgegennehmen. Die Dante-Schnittstelle arbeitet ebenfalls redundant, d.h. bricht die Netzwerkverbindung des einen Kabels plötzlich ab, schaltet das Gerät auf die andere Buchse um. In der Sektion „Zero-Latency-In“ lässt sich das Gerät optional mit zwei analogen Line-Eingängen nachrüsten, die man ohne DA/AD-Konvertierung an alle 16 analogen Ausgänge weiterleiten kann. Hier bittet KLANG Technologies natürlich nochmal zur Kasse. Unter dem Strich ist alles bestens verarbeitet und das Gerät macht mit einem Gewicht von ca. 5 kg eine gute Figur im Rack.

KLANGfabrik rear view
Alle analogen und digitalen Verbindungen werden auf der Rückseite realisiert. Hier lassen sich bis zu acht Stereo-Mixes ausgeben.

Einrichtung

Nach dem Einschalten dauert es knapp 30 Sekunden bis der Boot-Vorgang abgeschlossen ist. Auch nach längerer Betriebszeit arbeitet KLANG:fabrik absolut lautlos und die Wärmeabgabe ist nicht sonderlich auffällig. Links auf dem Touchscreen ist jederzeit eine schmale Menüspalte zu sehen: „System“, „Route“ und „Info“. Im Menü „System“ zeigt das Display vorerst die Standardkonfiguration an, also „8 Outputs“ und „24 Inputs“. Erhöht man die Ausgänge auf den Maximalwert von 16, reduziert sich die Eingangszahl auf 12. Bei nur 6 Ausgängen hingegen stehen 32 Eingänge zur Verfügung. Ist die gewünschte Kanalanzahl einmal eingestellt, ist ein „Restart“ erforderlich, der jedoch weitaus schneller voran geht. Das Menü „Route“ fasst alle Ein- und Ausgänge in einer Routing-Matrix zusammen. Das Setzen von Knotenpunkten mit dem Finger entpuppt sich in der eng gestrickten Tabelle allerdings als sehr frickelig. Die Bedienung ist zudem manchmal etwas gewöhnungsbedürftig, da es nach einer Berührung schon mal bis zu drei Sekunden dauern kann, bis eine Aktion visualisiert wird – wenn überhaupt. So weiß man nicht immer, ob der Befehl nun angekommen ist oder nicht. Schon aus diesen zwei Gründen ist die Bedienung per Tablet bzw. Computer weitaus komfortabler. Dazu gleich mehr! In der unteren Zeile des „Route“-Menüs kann man den Status für die vier optischen Schnittstellen, das Dante-System und Wordclock ablesen. Eine gute Übersicht zur Kontrolle von Clocking-Daten und anliegenden Signalen. Der letze Punkt im Menü „Info“ gibt Auskunft über  Software-Version, CPU- und DSP-Auslastung sowie den aktuellen Status der beiden Stromversorgungen.

Möchte man KLANG:fabrik mit Dante im Studio betreiben, ist selbstverständlich eine Lizenz der „Dante Virtual Soundcard“ notwendig, welche man zu einem relativ günstigen Preis bei Audinate erwerben kann. Diese Software fungiert als Treiber für ein virtuelles Audio-Interface, wodurch sich alle Einzelkanäle in der eigenen DAW integrieren lassen. Während Dante wie gewohnt 64 Kanäle verarbeitet, kommt man bei Verwendung aller vier ADAT-Eingänge hingegen auf  maximal 32 Kanäle. Nach und nach etabliert sich auch die AVB-Schnittstelle im Live- und Studio-Bereich. Diese wird von KLANG:fabrik leider nicht direkt unterstützt. Laut Hersteller sollte ein „AVB-to-MADI“-Converter jedoch problemlos Abhilfe schaffen. In einer Live-Situation wird die Kiste einfach an eine digitale Monitor-Konsole mit Dante-Unterstützung angesteckt und schon kann es losgehen.

KLANG:app – sowohl für iOS und Android, als auch für Mac und Windows bietet der Hersteller eine kostenlose Fernsteuerungs-Software an.

Der Hersteller bietet für diverse Plattformen, also iOS, Android, Windows, eine kostenlose Fernsteuerungs-Software namens KLANG:app an. Damit diese mit dem Rack-Gerät kommunizieren kann, muss ein WLAN-Router oder Computer am Control-Port der Hardware hängen. Erst in Kombination mit der App kommt man in den Genuss des vollen Funktionsumfangs von KLANG:fabrik. Auch in der App findet sich ein Menü auf der linken Seite wieder, diesmal jedoch mit anderen Punkten: „Stage“, „Faders“, „Meter“ und „Config“. Beginnen wir mit letzerem Menüpunkt. Hier lassen sich alle eingehenden Kanäle benennen, mit Farben versehen und in Gruppen zusammenfassen. Desweiteren ist hier eine umfangreiche Preset-Verwaltung zu finden, die das Speichern und Abrufen von Shows bzw. Snapshots erlaubt. Unter „Levels“ werden in die Pegel in Echtzeit durch gut aufgelöste Bargraphen repräsentiert – für alle Eingangskanäle (Pre-Fader) und die Ausgangskanäle (Post-Fader). Einfluss auf die jeweilige Mischung nimmt man im Menü „Faders“, wo alle angemeldeten Kanäle klassisch in einer simplen Mischpultansicht inklusive Solo- und Mute-Schalter vorliegen.

Richtig zur Sache geht es aber erst im Menü „Stage“.  Hier dreht es sich nicht um Lautstärkenverhältnisse, sondern um Positionierung der Einzelkanäle. Im Modus „3D“ wird ein Ring dargestellt, auf dem man die Signale, repräsentiert durch kleine farbige Kreise, frei anordnen kann. Dadurch lässt sich der Sound-Brei schnell aufräumen und alle Beteiligten sind verblüffend genau in ihrer Position zu lokalisieren. Piano hinten links, E-Gitarre vorne rechts – verblüffend!

Rund herum ist bei KLANG:fabrik aber noch nicht genug! Eine zweite Stage-Ansicht übernimmt die Positionierung auf vertikaler Ebene. Vorerst befinden sich alle Signale auf dem Median. Bewegt man eine Schallquelle nach oben, klingt sie präsenter, bei Positionierung im unteren Bereich hingegen dumpfer. Grob gesagt ist das mit einem High-Shelf-Filter vergleichbar.

Im „i3D“-Modus kommt noch ein zweiter, innerer Ring hinzu, wobei das Kürzel für „interactivity“ steht. Einzelkanäle, die man auf diesem Ring positioniert, aktualisieren ihre Position je nach Drehbewegungen des Kopfes.

Doch wie bekommen die DSPs in KLANG:fabrik das mit. Mit dem iPad auf der Bühne rumtanzen, damit der IEM-Mix in Bewegung kommt? Nicht unbedingt, das Team hat dafür „KLANG:vektor“, ein System für „Wireless Motion Tracking“, entwickelt. Dieses bietet die Möglichkeit, dank eines Bewegungs-Sensors, welcher an den In-Ear-Stöpseln befestigt wird, Kopfbewegungen aufzuzeichnen und den 3D-Mix in Echtzeit anzupassen. „Hören, was man sieht“.

Von den beiden 3D-Modi lässt sich die App jederzeit wieder zu „Mono“ oder „Stereo“ umschalten. Ein erschreckendes Erlebnis, hatte man sich doch gerade an die realistische Abbildung gewöhnt.

Auch auf dem Tablet oder Smartphone, selbst auf meinem Sony Z2, läuft die Fernsteuerung einwandfrei. Auf einem kleinen Mobil-Display wird es natürlich schnell eng. Nicht nur deshalb ist ein spezieller Modus für Musiker hilfreich, welcher nur noch die wichtigsten Funktionen in reduzierter Darstellung anbietet. „Vocals“ lauter oder „Ambience“ stummschalten – in dieser Betriebsart sind kleine Eingriffe mit dem Handy schnell erledigt.

In diesem Modus erinnert die Arbeitsweise konzeptionell etwas an die App „QMix“ von Presonus. Möchte sich ein Musiker lauter abhören, genügt ein Klick auf das Plus-Symbol. So wird der eigene Kanal in Schritten von 0,5 dB erhöht, während alle anderen Kanäle um den gleichen Wert reduziert werden. Das erfüllt den Zweck hervorragend und verhindert zudem extreme Gesamtlautstärken. Sehr schön!

Auch wenn der Schwerpunkt auf dem Bühneneinsatz liegt, lässt sich KLANG:fabrik genauso gut im Studio oder Proberaum integrieren. So kann man in „sicherer Umgebung“ detailliert an verschiedenen Einstellungen feilen, Presets abspeichern und wenn es sein muss, auch ohne langen Soundcheck, auf optimierte In-Ear-Mischungen zurückgreifen.

Ein Monitor-Mischer sollte dennoch beim Gig dabei sein, denn über Filter, Equalizer, Kompressoren oder Hall-Prozessoren verfügt KLANG:fabrik nicht. Durch die dreidimensionale Positionierung besteht allerdings viel mehr Platz im Mix, wodurch Signale selbst ohne starke Bearbeitung viel besser zu lokalisieren sind – eine hohe Separation dank „natürlicher“ Filterung, subtilen Laufzeitunterschieden und vielen weiteren psychoakustischen Tricks. Super!

I-O
Das I/O in der Übersicht: durch die digitale Routing-Matrix besteht eine sehr hohe Flexibilität

Fazit

Die Chancen stehen gut, das man zukünftig öfters mit KLANG:fabrik zu tun hat, wohl primär im Live-Bereich. Das Konzept ist gut durchdacht und die Einrichtung simpel. Auch die Bedienung ist kinderleicht, sofern man über ein Tablet oder einen Computer mit der kostenlosen KLANG:app zugreift, denn die eingebaute Touchscreen eignet sich aufgrund der Verzögerungszeit eher als Kontrollwerkzeug.

Wer sich für dieses IEM-System interessiert, sollte sich unbedingt die App herunterladen, denn schon im Demo-Modus kann man sich ohne Hardware einen sehr guten Eindruck über die Funktionsweise und insbesondere den 3D-Sound verschaffen.

Produkt- und Herstellerinfos

KLANG:fabrik Hersteller Klang Technologies
Straßenpreis ca. 4700,– Euro www.klang.com

Pro und Contra

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hervorragendes Konzept

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bühnentaugliche Bauweise

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kostenlose Steuerungs-App für diverse Plattformen


teilweise Verzögerung bei Touchscreen-Bedienung


keine direkte AVB-Unterstützung

 

Der Hersteller bietet noch mehr Tools passend abgestimmt auf das IEM-System.

 

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