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Drumcomputer von Korg: Von Donca Matic bis Drumlogue

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Donca Matic
Die Donca Matic DA-20 ist das erste Produkt von Korg. Ihre analogen Drum-Sounds lassen sich auch mit dem integrierten rudimentären Keyboard antriggern.

Die Firma Korg hat sich schon sehr früh mit der Fertigung von Rhythmusmaschinen befasst und viele Drumcomputer herausgebracht, die in der Popmusik deutliche Spuren hinterlassen haben.

Man kann sich wohl kaum einen schöneren Namen für eine Rhythmusmaschine ausdenken als das lautmalerische und äußerst passende »Donca Matic«. Hier wird (onomatopoetisch) der außersprachliche Sachverhalt lautlich nachgeahmt und beschrieben, was das Instrument macht und wie es klingt: »Donca … donca … donca …« Mit der Donca Matic hatte die japanische Firma Korg eine der ganz frühen seriengefertigten Rhythmusmaschinen auf den Weg gebracht. Gleichzeitig wurde das Kultinstrument auch der Grundstein für das Korg-Imperium.

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3 Doncamatic Varianten
Drei Varianten der Donca Matic

In den frühen 60er-Jahren betrieb Tsutomu Katoh (der im zweiten Weltkrieg zu einer U-Boot-Besatzung gehörte) einen Nachtclub in Tokyo im angesagten Shinjuku-Viertel. Gleichzeitig war er auch Besitzer eines Musikgeschäftes namens Sound Box. Katoh schätzte Liveacts und lud viele Musiker ein, bei ihm zu performen. Eines Abends spielte Tadashi Osanai, einer der Top-Akkordeon-Musiker der Stadt im Club; er wurde rhythmisch von einem Wurlitzer Sideman unterstützt. Osanai, der ein Ingenieursstudium absolviert hatte, kam mit Clubbesitzer Katoh ins Gespräch. Er beklagte sich über die Limitationen der Sideman-Drum-Maschine und erzählte ihm von seinem Plan, ein besseres Rhythmusgerät zu konstruieren. Katoh verstand sich gut mit ihm, also beschlossen beide, eine Instrumentenfirma zu gründen und mieteten 1962 Fabrikräume an. Das Startup hieß anfangs Keio Electronic Laboratories; in den frühen 70er-Jahren, als die Firma auch Orgeln herstellte, wurde der Name in Korg (gebildet aus m»Keio« und »Organ«) geändert.

Korg Minipops_ed
Auf der Platine der Mini Pops 7 befinden sich Trimmer, mit denen sich der Grundsound einiger Instrumente problemlos verändern lässt. Auch die von Jarre verwendete Mini Pops-7 wurde von seinem Techniker Michel Geiss gepimpt.

Mitte der 60er-Jahre, als Transistoren sich noch nicht auf breiter Basis durchgesetzt hatten, war die Entwicklung eines Gerätes, das als Perkussions-Automat arbeitet, keineswegs trivial. Wie beim Wurlitzer Sideman (der 1959 auf den Markt kam) wird der Groove mechanisch mithilfe eines von einem Elektromotor angetriebenen, sich drehenden Arm erzeugt, der mit Federkontakten bestückt ist. Dieser tastet eine Pertinax-Platte mit Kreisen von Lötkontaktpunkten ab. Berührt die Feder einen Kontakt, wird ein Drum-Sound angetriggert. Die Rhythmen entstehen also durch die Anordnung der Kontaktpunkte auf der Trägerplatte. Das Gerät verfügt über einen internen Röhrenverstärker und einen Lautsprecher und ist in einem stilvollen Holzgehäuse untergebracht. Die Donca Matic DA 20 kam 1963 heraus und wurde trotz ihres großen Gewichts vor allem von Alleinunterhaltern nachgefragt. Sie besitzt zehn Drum-Sounds und mehr Preset-Patterns als der Sideman-Konkurrent. In den nächsten Jahren folgten noch weitere Donca-Matic-Versionen.

Ein Korg-Katalog aus den 70er-Jahren mit drei Mini-Pops-Modellen und dem Donca Matic Stageman

Mini Pops

1966 war ein wichtiges Jahr für Korg, denn nun wurden mit der MP-7 und der MP-5 die frühen Modelle der Mini-Pops-Serie vorgestellt. Die kompakten und gut zu transportierenden Preset-Geräte gehören zu den ersten seriengefertigten Drumcomputern auf Transistorbasis. Zum Kult wurde die MP-7, die im Vergleich zu anderen Drumcomputern dieser Zeit eine relative fette Bassdrum besitzt, vor allem durch Jean-Michel Jarre, der die Maschine 1976 bei den erfolgreichen Oxygene-Alben und später auch auf dem Equinox-Longplayer einsetzte. Auf der Platine der Mini Pops 7 befinden sich Trimmer, mit denen sich der Grundsound einiger Instrumente problemlos verändern lässt. Auch die von Jarre verwendete Mini Pops 7 wurde von seinem Techniker Michel Geiss gepimpt. Zum Userkreis der frühen Mini Pops gehören u. a. auch Suicide, R.E.M. (Everybody Hurts) und Beck (Odelay und Deadweight). 1976 wurde die Mini-Pops-Serie durch die MP-120, die MP-35 (u. a. von Air verwendet) und die SR-120 ergänzt.

KR-55 und KPR-77

Die KR-55 sowie ihre kleine Schwester KR-33 kamen 1979 heraus, wobei die KR-55 eine Art geheimer Drumbox-Klassiker der Prä-TR-808-Ära darstellt. So ist sie zum Beispiel durchgängig auf dem ersten Depeche-Mode-Album Speak & Spell zu hören, das noch die Handschrift von Vince Clarke trägt, der fast alle Songs schrieb. Produziert wurde es vom Mute-Chef Daniel Miller, der den Korg Drumcomputer auch bei anderen seiner frühen Produktionen wie z. B. bei Fad Gadget (Rickys Hand von 1980) einsetzte. Verwendet wurde die Preset-Maschine außerdem von Jean-Michel Jarre, Bobby Orlando (The Flirts), Hall & Oates und Joe Jackson.

Der KPR-77 ist mit acht Drum-Sounds ausgestattet und verfügt über eine Flam-Funktion. 48 Patterns und sechs Songs lassen sich abspeichern.
Die KR-55 wäre vom Design her in jedem 70er-Jahre-Büro als Anrufbeantworter durchgegangen.
Die achtstimmige DDD-1 bietet 18 digitale Sounds (12 Bit, 32 kHz), Tune- und Decay- Parameter sowie sechs Einzelausgänge.

Zu den letzten Rhythmusmaschinen der 80er-Jahre, die eine ausschließlich analoge Klangerzeugung besaßen, gehört die KPR-77. Sie war das Nachfolgemodell der KR-55, die lediglich Preset-Rhythmen bot. Man wollte bei Korg auf die erfolgreiche TR-Serie von Roland reagieren und ein flexibel programmierbares Gerät konzipieren, das den Erfordernissen der Zeit gerecht werden sollte. Die KPR-77 erblickte 1984 das Licht der Welt, wobei die Abkürzung »KPR« für »Korg Programmable Rhythmer« steht. Nebenbei gelang Korg dabei mit dem Wort »Rhythmer« eine bemerkenswerte Neuschöpfung. Die Maschine kostete neu stolze 1.300 Mark, lässt sich dafür aber im Realtime- oder Step-Modus – wenn auch ziemlich umständlich – programmieren. Die komplett analoge Klangerzeugung der KPR-77 klingt ziemlich eigenständig; das Highlight ist hier der krispe, durchsetzungsfähige Clap-Sound der Maschine.

In der digitalen Ära der 80er-Jahre kam gemäß der Parole »Digital ist besser« 1985 die kompakte und optimistisch, um nicht zu sagen: euphemistisch, »Superdrums« genannte Maschine DDM-110 auf den Markt und kostete vergleichsweise moderate 899 Mark. Damit sie sich nicht so alleine fühlte, stellte man ihr die Schwester DDM-220 zur Seite, die mit Latin-Sounds bestückt ist und sich ansonsten nur in der Farbgebung und dem Beinamen »Super Percussion« von ihrer Blutsverwandten unterscheidet. Die Geräte verfügen über acht nette, Chiptune-affine 8-Bit-LoFi-Sounds und müssen noch ohne MIDI auskommen – stattdessen gibt es einen DIN-Synth-Eingang. Um der Konkurrenz von Maschinen wie der Roland TR-707 beizukommen, brachte Korg 1986 das Drumcomputer-Flaggschiff DDD-1 ins Rennen, das so begehrte Features wie das Sampeln eigener Sounds, MIDI, anschlagsdynamische Pads, Swing-Quantisierung, Flam-Programmierung und Erweiterbarkeit per ROM-Card bot. Der Listengrundpreis des Gerätes lag bei stolzen 2.400 Mark – die Sampling-Option musste zusätzlich erworben werden. Die DDD-1 wurde in den 80ern von einer Reihe bekannter Musiker wie Jean-Michel Jarre oder sogar Phillip Glass eingesetzt, der sie bei Aufführungen seines Werkes »Akhnaten« verwendete. Eine abgespeckte Version wurde dann mit der DDD-5 angeboten.

Die DDM-Maschinen sind zwar nur mit 8-Bit-Samples bestückt, wurden dennoch von Leuten wie Joe Zawinul und Jimi Tenor eingesetzt.
Die DDM-Maschinen sind zwar nur mit 8-Bit-Samples bestückt, wurden dennoch von Leuten wie Joe Zawinul und Jimi Tenor eingesetzt.
Ein ungewöhnlicher Percussion-Synth: die Wavedrum

Abgelöst wurde die DDM-Reihe dann 1993 durch die S3, deren Klangerzeugung auf der supererfolgreichen Workstation M1 basiert. Die S3 ist eine Edelrhythmusmaschine, die ebenfalls den Beinamen »Workstation« verdient, da sie über einen 8-Spur-Sequencer, zwei Multi-Effekte, zwei MIDI-Outs, SMPTE, Einzelausgänge, Erweiterbarkeit durch PCM-Karten und einiges mehr verfügt. Dafür musste man aber auch ca. 3.000 Mark auf den Tisch des (Musik-)Hauses legen – vermutlich auch ein Grund für die schlechten Verkaufszahlen des Gerätes.

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Zu den Stärken der S3 gehört die Möglichkeit, unterschiedliche Samples (mit jeweils eigenen Pitch und Velocity-Werten) für die Attack- und die Decay-Phase eines Drum-Sounds zu verwenden. Dadurch lassen sich auch ungewöhnliche Klänge realisieren.

Mit der Electribe-Serie meldete sich Korg 1999 eindrucksvoll in der Dance-orientierten Produzentenszene zurück und konnte den Grooveboxen des Konkurrenten Roland Paroli bieten. Die Electribe ER-1 verfügt über eine Basis-Sektion mit vier unabhängigen Stimmen, die auf der Grundlage der virtuell-analogen Korg-eigenen MOSS-Synthese generiert werden – schon mit der Wavedrum von 1994 und dem Prophecy hatte man Erfahrungen mit Physical Modeling gemacht. Vier weitere Stimmen basieren auf PCM-Samples. Außerdem kann man der Maschine zwei externe Audioquellen zuführen, die moduliert und durch den internen Delay-Effekt geschickt werden können. Die Maschine bietet einen ganz eigenen und auch dank der integrierten Motion-Sequenz sehr lebendigen Sound, der mit einer TR-909 kaum etwas zu tun hat.

ER-1
Die erste Electribe ER-1 kann mit der inoffiziellen Shamen-Firmware (http://electribe.cc/wp) mit zusätzlichen Features wie dem Laden eigener Samples und der Steuerung mit MIDI CC-Befehlen ausgestattet werden.

Es folgen eine Reihe weitere Electribes, wie etwa im Jahr 2000 die samplebasierte ES-1 oder die EMX-1 und ESX-1 von 2003. Die Electribes sind vor allem bei Liveperformern wegen ihrer cleveren und übersichtlichen Bedienoberfläche und ihrer Lauflichtprogrammierung beliebt; das gilt auch für die letzten Modelle Electribe 2 und Electribe Sampler.

Die digitale DSP Synth Engine der Volca Drum generiert verschiedene Wellenformen einschließlich Noise, die mit Pitch-Modulation, Hüllkurven und Bitcrusher versehen und anschließend mit dem Waveguide- Resonator bearbeitet werden können.
Volca Sample ist ein leistungsfähiges kleines Groove-Kraftwerk.

Drumlogue

Nachdem Korg mit den potenten drei Maschinen der Volca-Reihe (Beats, Sample und Drum Digital) deutliche Akzente in der Drumcomputer-Szene gesetzt hatte, lancierten die Japaner 2022 mit dem Drumlogue einen echten Knaller. Hier trifft analoge Tradition auf digitale Innovation; in dem Gerät werden mehrere Synthesearten implementiert, die in diversen Korg-Synths erprobt wurden. Der Drumcomputer bietet vier analoge und sechs samplebasierte Parts und eine Multi Engine mit VPMSynthese, Rauschgenerator und Custom Synthesizer. Ein Highlight ist das von Minilogue xd und Prologue bekannte und erweiterte logue SDK, mit dem man diverse Software-Synthesizer in der Drum Machine installieren kann.

Die KPR-77 und die Superdrums wurden uns freundlicherweise von Ralph Stöve zur Verfügung gestellt.

Drumlogue 3
Der Drumlogue bietet eine der innovativsten und flexibelsten Sound-Engines.

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