Black Corporation ISE-NIN – Synthesizer im Test

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Der japanische Hersteller Black Corporation stellt mit ISE-NIN den seinen vierten polyfonen Synthesizer vor. Der »Neue« folgt Deckard’s Dream, Xerxes und Kijimi, die durch Yamaha CS-80, Elka Synthex und RSF Polykobol inspiriert wurden. ISE-NIN hat hingegen den Roland Jupiter-8 im Blick.

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Mit dem Jupiter-8 gelang Roland 1981 ein großer Wurf. Das in etwa 3.000 Exemplaren gefertigte, Instrument zählt heute zu den begehrtesten Analogsynthesizern überhaupt. Aus gutem Grund, denn mit seinem Flaggschiff platzierte sich der Hersteller aus Hamamatsu an vorderster Front neben den etablierten US-amerikanischen Mitbewerbern. In einer Zeit, in der gut klingende polyfone Synthesizer für den Studio- und Liveeinsatz gebraucht wurden, etablierte sich der achtstimmige Jupiter-8 fest in der Pop- und elektronischen Musik der 80er-Jahre und ist etwa bei Alphaville, Howard Jones, Duran Duran oder Talk Talk zu hören.

Neben seinem druckvollen, warmen und offenen Klang überzeugte auch die übersichtliche Bedienoberfläche. Pro Stimme kamen im Jupiter-8 zwei diskrete VCOs sowie eigene Chips für das Tiefpassfilter (IR3109) und den VCA (BA662) zum Einsatz. Auch die Hüllkurven wurden als Chips umgesetzt (IR3R01) und agierten zackiger als die Software-Varianten im kleineren Jupiter-6 und der »Rackversion« MKS-80, die zudem teils auf Oszillatoren und VCAs von Curtis setzten.

Erscheinungsbild. Anders als das Original ist ISE-NIN ein Leichtgewicht im Desktopformat, setzt aber ebenfalls vollständig auf analoge Technik – sieht man einmal von den Modulatoren ab, die wie heute üblich in mehrstimmigen Systemen berechnet werden. Die Holzseitenteile sind abnehmbar, um das Gerät bei Bedarf in einem 19″-Rack zu befestigen.

Das Instrument bietet etliche Fader, zahlreiche (zu kleine) Minitasten, einige Regler, diverse Status-LEDs und ein OLED-Display. Das dünne Metallgehäuse und die leicht wackelnden Fader ist sind für meine Begriff der Preisklasse hingegen nicht angemessen und für den harten Bühnenalltag etwas zu filigran. Bis auf den Kopfhörerausgang finden sich sämtliche Anschlüsse auf der Rückseite.

Stimmstruktur. Der ISE-NIN (Stand der Firmware: 1.1.0) bietet acht Stimmen, die sich mehrstimmig, monofon im Unisono-Modus und als vierstimmige Splits und Layer beziehungsweise auf eigenen MIDI-Kanälen nutzen lassen. Geboten werden drei Preset-Bänke à 128 Sounds sowie zwei weitere Bänke für eigene Kreationen. Hinzu kommen großzügige 500 Speicherplätze für Layer (Dual- und Split-Modi).

Der ISE-NIN bietet auf der Rückseite zwei symmetrische Klinkenausgänge (Lower/Upper), das obligatorische MIDI-Trio, USB und einen Anschluss für das leider externe Netzteil.
Der ISE-NIN bietet auf der Rückseite zwei symmetrische Klinkenausgänge (Lower/Upper), das obligatorische MIDI-Trio, USB und einen Anschluss für das leider externe Netzteil. (Bild: ALEX4 Distribution GmbH, distributing electronic musical instruments, Amtsgericht Charlottenburg HRB138303B, Phone +49306165100-)

Die beiden VCOs pro Stimme nutzen SSI213-Chips und lassen sich im Mischungsverhältnis justieren. Sie bieten exklusiv anwählbare Wellenformen (VCO 1: Dreieck, Sägezahn, Pulswelle, Rechteck; VCO 2: Sinus, Sägezahn, Pulswelle, Rauschgenerator). VCO 2 lässt sich grob in Halbtönen aufwärts stimmen und mit einer Feinverstimmung versehen. Er kann zudem als LFO genutzt und bei Bedarf zu VCO 1 synchronisiert werden. Ebenfalls vorgesehen ist eine Kreuzmodulation auf der Basis eines AS662D. In beiden Fällen ist die Pulsbreite variabel.

Eine gemeinsame Modulation ist wahlweise per Hüllkurve oder LFO möglich. Auch die Tonhöhe eines oder beider Oszillatoren kann moduliert werden. Hierfür stehen Regler für die Modulationsintensität durch den LFO und Hüllkurve 1 bereit.

Im Signalweg folgt ein regelbarer Hochpass sowie ein Tiefpassfilter mit Resonanz und umschaltbarer Flankensteilheit (12/24 dB/Okt.) auf der Basis eines AS3109. Das Hochpassfilter ist nicht pro Stimme, sondern pro Layer vorhanden. Modulationen wirken auf das Tiefpassfilter und können per Hüllkurve (1 oder 2), den LFO oder die Klaviatur erfolgen, jeweils frei dosierbar. Abgeschlossen wird der Signalweg durch den VCA, der über eine dedizierte Hüllkurve verfügt. Ein Tremolo-Modulation per LFO ist in vier Stufen schaltbar.

Bei den Hüllkurven handelt es sich um ADSR-Typen, wobei Hüllkurve 1 invertierbar ist. In beiden Fällen gibt es eine Key-Follow-Funktion. Der synchronisierbare LFO bietet vier Wellenformen und ein regelbares Delay. Der Geschwindigkeitsbereich ist in drei Stufen pro Patch justierbar und deckt einen Bereich von 0,05 bis 100 Hz ab. Weitere Menüeinstellungen umfassen die Phasenlage und eine Restart-Funktion. Auch für die Hüllkurven lassen sich die minimalen und maximalen Regelzeiten pro Patch festlegen. Je nach Zeitparameter reichen die Zeiten von 1 ms bis hinauf zu 100 Sekunden!

Neu ist die Velocity- und Aftertouch-Sektion mit je zwei Potis für die Upper- und Lower-Bereiche, die bis zu fünf Parameter adressieren können. Der ISE-NIN ist dazu in der Lage, Poly-Aftertouch und MPE-Daten auszuwerten. Weitere Ausstattungsmerkmale sind polyfones Portamento, der Arpeggiator (pro Layer), ein variables Microtuning, programmierbare Spielhilfen und Dynamikkurven sowie ein Drift-Parameter zur Simulation von Schaltungsschwankungen. Während der Jupiter-8 ein externes MIDI-Interface benötigte, erlaubt die MIDI-Implementation hier eine Automationen sämtlicher Parameter.

Praxis. Roland hat den Parametersatz des Jupiter-8 gekonnt limitiert, um das Instrument übersichtlich zu gestalten und live spielbar zu machen. Quasi alle Parameter sind über Fader, Regler und Tasten im Direktzugriff. Das gilt auch für den ISE-NIN, der trotz kleinerer Reglerabstände und etwas kürzerer Fader zum Spiel mit der Klangsynthese einlädt. Bravo! Wie bei nahezu jedem speicherbaren Synthesizer stehen die Bedienelemente bis auf die Tasten nach dem Preset-Wechsel falsch. Entsprechend gibt es mehrere Betriebsarten für das Regelverhalten und das Verhindern von Wertesprüngen. Ein Stolperfalle ist die nötige Auswahl der Editier-Ebene im Layer-Betrieb.

In einigen Bereichen klammert sich der Hersteller zu eng ans Original. So hätte das Rauschen separat zumischbar sein dürfen, VCO 2 eine eigene Pulsbreitenregelung verdient und ein weiterer LFO an Bord sein dürfen.

Das herstellertypische OLED-Display empfinde als Einschränkung. Ich kann verstehen, dass man den Fokus nicht auf ein Display lenken möchte, dennoch erwarte ich eine gute Lesbarkeit ohne Brille und eine tatkräftige Unterstützung des Anwenders. So fehlt mir die Möglichkeit, den Klängen Namen geben zu können, sowie eine Parameter- und Wertanzeige beim Bewegen eines Bedienelements.

Die geradlinige Klangerzeugung bietet kaum Überraschungen, ist aber durch einen Klassiker inspiriert. Im Grundton trifft ISE-NIN tatsächlich den Charakter des Jupiter-8. Wie dieser verzichtet er auf Effekte. Flächen, Unisono-Bässe, Bläser, Chords, weiche Melodie-Sounds und Sync-Sounds sind unmittelbar zu finden. Hinzu kommen herrliche Sequenzer- und Arpeggio-Klänge – schnell klingt es nach den 80ern. Auch hauchende Flöten und atonale Effektklänge mit Kreuzmodulation, schnellen Modulationen und Rauschen sind zu finden. Gleichwohl sind die Modulationsoptionen überschaubar und für meine Begriffe zu minimal – im Kijimi hat Black Corporation gezeigt, wie es flexibler geht.

Der Grundklang der Oszillatoren, insbesondere der Sägezähne, ist kräftig. Er paart sich mit dem Filter, das mir in der 12-dB-Variante besonders gefällt. Die prägnante Resonanz agiert quasi ohne Pegelverlust und klingt bei hohen Werten herrlich knusprig und offen.

Dennoch sehe ich Unterschiede zum Jupiter-8, der für seinen breiten Sweet-Spot geschätzt wird. Im Unterschied dazu muss man für gute Klänge am ISE-NIN durchaus arbeiten. Während das Original wärmer, strahlender und lebendiger klingt, ist ISE-NIN im Bass vordergründiger und leicht aufschwingend. Hinzu kommt eine gewisse Härte in den Höhen sowie eine Prise Moderne, die nahezu allen neuen Synthesizern zu eigen ist – woran auch immer es liegen mag.

Resultierend empfinde ich den Jupiter-8 als stimmiger und musikalischer. Das liegt für meine Begriffe auch an der Parameterskalierung. So ist etwa Filterbereich, in dem ein Klang nicht zu bissig und nicht zu bedämpft klingt, vergleichsweise eng. Neben einer recht tiefen Filterung bedarf es einem Feinabgleich von Hüllkurvenmodulation und Keyboard-Tracking, um zum Ziel zu gelangen. Insbesondere die 4-Pol-Variante klingt schnell bedeckt und überbetont im Bass, weshalb man per Hochpass gegensteuern muss. Das Original zeigt sich da verzeihender.

Bei den Flächen bin ich zwiegespalten: Weiche Klänge gelingen, erfordern aber eine penible Abstimmung, was Klangveränderungen während des Spiels erschwert. Gut gefallen mir wiederum hochpassgefilterte Klänge, die vielen polyfonen Klassikern fehlen. Punkte sammelt ISE-NIN schließlich bei Nutzung der Layer-Funktion. Zwar ist man auf vier Stimmen begrenzt, gewinnt aber an Dichte und Lebendigkeit.

Das Problem der Skalierung taucht auch in anderen Bereichen auf. So passt die Hüllkurvenskalierung nicht immer. Insbesondere der Kurvenverlauf bei langen Zeiten scheint nicht ideal. Auch die Feindosierung der LFO-Modulation ist mir nicht filigran genug.

 Eine wichtige Qualität des Originals ist sein Durchsetzungsvermögen. Durch den vergleichbaren Grundklang kann ISE-NIN hier punkten, ist aber aufgrund der ungünstigeren Regelbereiche weniger flexibel. Für mich glänzt das Testgerät oft dann, wenn man die Anzahl der Noten reduziert. Somit ist der Synthesizer eine besondere Empfehlung für Sequenzen und Arpeggios und kann auch dort vom Layer-Modus profitieren.

Fazit: Der ISE-NIN ist ein ansprechender analoger Desktop-Synthesizer, der sich konzeptionell am Jupiter-8 orientiert, dessen Performance-Tauglichkeit übernimmt und zudem Funktionen wie MIDI, MPE, Anschlagsdynamik und Aftertouch ergänzt. Die klangliche Nähe ist gut erkennbar, kann aber dem Klassiker letztlich nicht das Wasser reichen. Die Unterschiede liegen im Bass- und Höhenbereich, vor allem aber in der Abstimmung der Regelwege.

Gleichwohl ist ISE-NIN als analoger Neukauf das Instrument mit der größten Nähe zum Jupiter-8. Für ähnliches Geld erhält man einen gebrauchten MKS-80 mit Programmer, den man klanglich zwischen Jupiter-6 und -8 positionieren könnte. Im Vergleich zur anders klingenden Konkurrenz Sequential und Oberheim schießt Black Corporation mit einem Preis von knapp 5.000 Euro trotz Kleinauflage für meine Begriffe leider übers Ziel hinaus.

Die komplette Klangerzeugung des Jupiter-8 in einem Rack-fähigen Desktopgerät
Die komplette Klangerzeugung des Jupiter-8 in einem Rack-fähigen Desktopgerät (Bild: ALEX4 Distribution GmbH, distributing electronic musical instruments, Amtsgericht Charlottenburg HRB138303B, Phone +49306165100-40, Fax +49306165100-49, Ceo Andreas Schneider, UstID DE280745638; EORI, DE2496348, Open PM 10-17 Uhr)

 

Hersteller/Vertrieb

Black Corporation / Alex4, Berlin

Preis

4.950,– Euro

Internet

Unsere Meinung:

++   kompakte Desktopversion in Anlehnung an den Jupliter-8

++   volle MIDI-Kompatibilität, Anschlagsdynamik, Poly-Aftertouch, MPE

     reduzierter Sweetspot

     zu kleines Display

     Verarbeitung könnte hochwertiger sein

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