Sounddesign – Neue Funktionen für alte Hallerzeuger

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Reverbs gehören klassischerweise zur Kategorie der Send-Effekte. Aus reiner Bequemlichkeit bzw. auch einfach »Weil’s geht« werden Halleffekte heute aber oft einfach als Insert eingefügt und via Mix-Regler in das Signal eingebettet. Warum es aber aus Sounddesign-Sicht sinnvoll sein kann, Reverbs als Send-Effekt zu verwenden, schauen wir uns in diesem Artikel an.

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Aktuelle Reverb-Plug-ins haben inzwischen eine ganze Menge an Komfortfunktionen mit an Bord. Neben der eigentlichen Hallerzeugung ist in der Regel mindestens ein EQ für das Hallsignal eingebaut. Auch Ducking-Funktionen findet man immer häufiger, und selbst Modulationseffekte sind anzutreffen. Was aber nun, wenn der eigene Lieblings-Reverb solche Möglichkeiten nicht bietet? Kein Problem, hier kommt der Send-Effekt ins Spiel, denn der große Vorteil eines Sends ist ja der, dass wir das Signal unabhängig vom eigentlichen Originalsignal bearbeiten können. Los geht’s also.

EQing. Fangen wir mit dem allersimpelsten Setup an. Wir erzeugen einen Send-Weg und bestücken diesen mit einem Reverb-Plug-in. Der Send-Weg heißt je nach DAW ein wenig anders, z. B. FX-Spur, Aux-Track oder auch einfach Bus. Unser Reverb stellt dann in diesem Weg einen Insert-Effekt dar, denn wir wollen ja jetzt das komplette abgezweigte Signal bearbeiten. Und weil wir mehrere Inserts in Reihe schalten können, können wir auch einfach einen EQ vor oder hinter den Reverb packen. Der Unterschied ist dann der, dass wir entweder das Hallsignal feinschleifen bzw. verbiegen oder die eigentliche Vorlage für den Reverb anpassen und somit den virtuellen Raum eventuell ganz anders anregen.

Mittels Ducking können wir das Hallsignal automatisch in der Lautstärke reduzieren, und zwar immer dann, wenn das Originalsignal ertönt. Dadurch können auch größere Hallfahnen gut eingesetzt werden, denn das trockene Signal wird vom Hall nicht mehr so stark verdeckt. Das funktioniert vor allem dann gut, wenn es immer wieder Pausen im Original gibt und die Pausen dann von der mächtigen Hallfahne gefüllt werden können.

Für das Ducking fügen wir hinter unserem Reverb einen Compressor ein, den wir via Sidechain Input triggern. Als Sidechain-Signal soll uns das Originalsignal dienen. Nun reduzieren wir den Threshold so stark, dass der Compressor bei anliegendem Sidechain-Signal gut zupacken kann. Mit der Ratio stellen wir dann noch die eigentliche Volume-Reduktion ein. Funktionen wie eine automatische Lautstärkekompensation, wie sie manche Kompressoren bieten, müssen wir natürlich deaktivieren, da das Signal ja ansonsten nicht leiser werden würde. Ab jetzt wird also das Reverb-Signal immer dann automatisch lautstärkemäßig abgesenkt, sobald das Original spielt. Hier kann man auch gut ein wenig übertreiben und nach einer gespielten Linie die Hallfahne richtig schön hochsuppen lassen.

Rhythmisches Triggern. Eine weitere spannende Möglichkeit ist, die Hallfahne erst beispielsweise mit einer Achtelnote-Verzögerung erklingen zu lassen. Damit haben wir quasi ein PreDelay mit Sync Funktion. Um das zu erreichen, müssen wir lediglich ein möglichst simples Delay-Plug-in vor den Reverb schalten. Im Delay drehen wir dann das Mixverhältnis auf 100 % Wet, das Feedback auf 0 %, wählen als Delay-Zeit beispielsweise die eben erwähnte Achtelnote und schalten sonst alle klangbeeinflussenden Funktionen ab. Ein eventuelles PreDelay im Reverb müssen wir natürlich ebenfalls auf 0 setzen, weil ansonsten das Timing nicht stimmt. Und siehe da: Ab jetzt ploppt der Hall immer erst eine Achtelnote nach dem Originalsignal auf. Eine sehr schöne Technik, um Melodielinien mit wenigen Noten noch interessanter zu gestalten.

Effektierung des Halls. Eigentlich liegt es auf der Hand, aber dennoch darf die Effektierung des Hallsignals nicht unerwähnt bleiben. Ein sehr dezenter Chorus- oder Phaser-Effekt kann die Reverb-Fahne zusätzlich beleben. Oder auch ein gebitcrushter oder leicht angezerrter Hall kann durchaus spannend sein. Mittels rhythmischem Gating könnte man lange Hallfahnen noch interessanter gestalten, und das Originalsignal bleibt davon natürlich unberührt. Und wer auf lustige Stereo-Spielereien steht, der kann die Stereobreite des Halls ein wenig einschränken und dann Originalsignal und Hallsignal unabhängig voneinander im Stereobild platzieren oder bewegen. Das mag zwar nicht realistisch sein, aber Realismus ist auch nur eine von vielen Optionen im Sounddesign.

Abschließend noch ein Klassikertipp, der auch mit Reverbs im Insert-Weg funktioniert: Wenn Hall und trockenes Signal nicht so richtig zusammenkommen wollen, dann kann man hinter den Hall einfach noch einen Compressor einschleifen. Dadurch werden die Komponenten besser miteinander verklebt, allerdings kann der Hall dabei auch noch deutlicher in den Vordergrund rücken. Was aber nicht unbedingt schlecht sein muss … Viel Spaß beim Experimentieren!

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