Duschgel-Atmer

Sounddesign: Gasmasken-Sound nachgebaut

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Vor ewigen Zeiten fiel mir mal auf, dass fast leere Shampoo- oder Duschgelflaschen Geräusche erzeugen können, die an ein Atmen erinnern. Kürzlich wurde ich wieder daran erinnert, als ich eine Flasche mit Badezusatz leeren wollte. Ich fand den Sound spaßig, und damit stand das Thema für den nächsten Sounddesign-Workshop fest. Ich wollte schauen, ob man aus diesem Atemgeräusch einen »Gasmasken-Sound« erstellen kann.

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Vorbereitung & Recording

Allerdings ist nicht jede Plastikflasche pauschal für einen Atemsound geeignet. Die Grundregel ist, dass sie fast oder ganz leer sein muss − außerdem muss eine gewisse Elastizität gegeben sein, damit sich das Material leicht und nicht ruckartig eindrücken lässt. Ansonsten gilt: Probieren geht über Studieren. Die Flasche sollte über eine gewisse Dicke verfügen, damit man auch ein wenig »Regelweg« hat. Außerdem habe ich bemerkt, dass manche Öffnungen recht hohe und grelle Pfeiftöne von sich geben. Wenn man diese im Vorfeld vermeiden kann, umso besser − jedoch lassen diese sich auch recht gut wegfiltern, wie ich auch bei meiner Wahl bemerkt habe. Diese fiel schließlich nicht auf Duschgel, Shampoo oder Badezusatz, sondern auf eine Flasche mit Reinigungsflüssigkeit für Kontaktlinsen.

Also flugs mit der Flasche ins Studio und ans Recording. Ich habe ein Rode NT-3 aufgebaut und recht nahe vor dem Mikro (ca. 10 cm Abstand) damit »herumgeatmet«. Dabei sind mir verschiedene Dinge aufgefallen, die das Ergebnis maßgeblich beeinflussen können: Erstens ist die Ausrichtung der Flasche sehr entscheidend für den Sound. Mir persönlich hat das direkte Hineinpusten in das Mikro klanglich am besten gefallen − dafür muss allerdings unbedingt ein Pop- oder Windschutz vor dem Mikrofon installiert werden, da die Aufnahme ansonsten leider völlig unbrauchbar wird. Zweitens erzeugt man beim Eindrücken der Flasche sehr leicht zwei Arten von Plopplauten − einmal, wenn man mit den Fingern auf der Flasche leicht verrutscht (was bei glatten Oberflächen sehr leicht passieren kann), und dann, wenn die Flasche selbst nachgibt und ihre Form ruckartig ändert. Gegen Ersteres sind Woll- oder Stoffhandschuhe ein gutes Mittel, beim zweiten Fall hilft nur, ein gewisses Gefühl für das Verhalten des Behältnisses zu entwickeln und es nicht zu stark oder zu schnell zu drücken.

Als Letztes gilt es noch, die Performance mit der Flasche ein wenig zu üben, denn das Atmen sollte eine Art natürlichen Fade-in zu Beginn haben, sprich: Man beginnt mit sanftem Druck und verstärkt diesen dann nach und nach.

Editing

Das eigentliche Editing war relativ schnell erledigt, denn viel mehr als das Freistellen der gelungensten Aufnahme inklusive Fade-In und -Out war nicht zu tun. Allerdings hat meine Flasche kein überzeugendes Ausatmen-Geräusch erzeugt, da sie nach dem Eindrücken in ihrer Form verharrte. Somit habe ich die vorhandene Aufnahme einfach auf eine zweite Spur kopiert, umgedreht und den neuen Anfang ein wenig abgeschnitten. Abschließend mussten die beiden Samples noch zeitlich so angeordnet werden, dass sich ein relativ flüssiger Atemablauf ergibt.

Effekte

In Sachen Effekte habe ich zunächst mit einem technischen EQing begonnen. Der FabFilter Pro-Q2 cuttet im Bassbe- reich zunächst alles unterhalb von 95 Hz steilflankig weg. Zum Entschärfen der aggressiven Höhen habe ich bei

20 kHz einen High-Shelf angesetzt, der mit 30 dB Gain-Absenkung bei 6 dB pro Oktave die Höhen sehr gleichmäßig abrundet. Mit zwei extrem schmalbandigen Absenkungen habe ich außerdem leichte, störende Pfeiffrequenzen abgeschwächt.

Anschließend habe ich das Signal in das Soundtoys Effect Rack geschickt, welches ich mit einem Radiator (zum Boosten), einem Filterfreak mit Bandpasseinstellungen und einem Decapitator zur Verzerrung bestückt habe. Der Soundanteil des Effect Racks wurde dann mit dem Mixregler dem Original leicht hinzugemischt und betont den mittigen Charakter des Sounds. Dieselben Effekteinstellungen habe ich auch auf der Ausatmen-Spur eingesetzt, denn beide Sounds sollen vom Grundsound her identisch sein. Ein wesentlicher Unterschied liegt allerdings in einem weiteren EQ-Band, denn während ein Einatmen klanglichen einem »Aaahh« ähnelt, tendiert ein Ausatmen eher in Richtung »Ooohh« oder »Uuuhh«. Daher habe ich der Einatmen-Spur bei 1,3 kHz einen recht breiten Boost von 5 dB verpasst, während die Ausatmen-Spur bei ca. 518 Hz einen etwas schmaleren Boost von ca. 6 dB erhalten hat.

Beide Spuren wurden zum Abschluss in eine Gruppe geschickt, die mit einem weiteren Soundtoys Filter Freak 2 bestückt ist. Hiermit habe ich mit je einem steilflankigen Hi- und Lo-Cut prinzipiell einen sehr breitbandigen Bandpass Filter simuliert, wodurch der mittenlastige Charakter des Signals erneut verstärkt wird. Den grundsätzlichen Abschluss machte ein QuadraFuzz 2, der den Bereich zwischen 400 Hz und 4,6 kHz anzerrt.

Zischen

Was mir jetzt noch fehlte, war ein ganz dezentes Luftzischen, welches der Atembewegung folgen sollte. Dazu habe ich auf einer weiteren Spur einen Testtongenerator zum Erzeugen von Pink Noise eingefügt. Gefolgt wurde dieser von einer erneuten Filter-Freak-Instanz, die im Bandpass-Modus bei mittlerer Resonanz auf eine sehr hohe Frequenz eingestellt ist. Somit ist vom breitbandigen Pink Noise nur noch ein dünnes Zischen übrig. Schließlich sorgt ein Expander, der via Sidechain von den beiden Atmen-Spuren angesteuert wird, dafür, dass die Spur nicht dauerhaft durchzischt

und das Zischen immer passend zur Atembewegung durchkommt. Hierzu ist ein wenig Feintuning der Expander-Einstellungen nötig, die sich dem Grundsignal anpassen müssen. Die Zischspur kann dann ganz leise zum eigentlichen Atmen hinzugemischt werden und rundet das Klangbild ab.

Abschluss

Um den Sound direkt ein bisschen cineastischer wirken zu lassen, könnte man auf der Gruppenspur noch einen Reverb einschleifen und beispielsweise mit einem großen Raum den Einsatz des Atemgeräts in einem Raumschiff oder einem anderen großen Raum simulieren. Dadurch wird das Signal nicht nur in eine passende Umgebung eingebettet − es erhöht auch eindeutig den Spaßfaktor.

Viel Spaß beim Experimentieren!

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