Klassische Horror-Effekte nachgebaut

Sound Design – Stimmen aus anderen Welten

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(Bild: Tom Tom - Shutterstock)

Klasische Horror-Effekte für Stimmen sind immer wieder gefragt, sei es für ein Filmprojekt, eine Musikproduktion oder einfach nur, um damit viel Spaß zu haben. Heutzutage gibt es unzählige Möglichkeiten, die eigene Stimme zu verfremden, und mittlerweile auch diverse Plug-ins, die sich komplett diesem Thema verschrieben haben – eines aus dieser Reihe ist beispielsweise der Dehumaniser von Krotos. Wir schauen uns heute einmal drei klassische Horror-Effekte an, die sich mit wenig Aufwand umsetzen lassen und viel Raum zum Experimentieren bieten.

Dämonisch durch Pitch-Shifting

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Der vielleicht beliebteste Monsterstimmen-Effekt ist das einfache Pitchen der Stimme nach unten. In der Regel geschieht das inklusive Timestretching, damit die normale Sprachgeschwindigkeit noch erhalten bleibt. Das kann je nach Algorithmus auch in einem gewissen Bereich sehr gut funktionieren. Irgendwann kommt aber der Punkt, ab dem die Aufnahme undeutlich und verwaschen wird. Hier lässt sich mit ein paar Tricks Abhilfe schaffen:

Viele der höherwertigeren Pitch- & Timestretching-Algithmen, wie beispielsweise MPEX in Cubase, Dirac in WaveLab oder iZotopes Radius, können die Formanten des Ergebnisses korrigieren. Meistens muss dafür einfache eine Checkbox angehakt werden. Die Einstellung führt zu einer deutlich erhöhten Sprachverständlichkeit; allerdings geht dadurch auch ein wenig das »Dämonische« verloren, und die Stimme wandert eher in Richtung Sci-Fi-Effekt. Der Trick ist nun, statt einem Mal zweimal zu pitchen und zwar einmal mit und einmal ohne Formantkorrektur. Wollen wir also beispielsweise unsere Sprachaufnahme um 12 Halbtöne nach unten pitchen, so pitchen wir sie im ersten Schritt um 6 Halbtöne bei aktivierter Formantkorrektur und dann erneut um 6 Halbtöne bei deaktivierter Formantkorrektur. Sollte euer Pitchshifting-Algorithmus keine derartigen Einstellmöglichkeiten bieten, wäre die nächste Möglichkeit, einen Exciter oder einen sanft eingestellten Multiband-Verzerrers einzusetzen. Diese erzeugen − im Gegensatz zu einem EQ − neue Obertöne und können so das dumpfe Klangbild mit neuem Leben füllen.

Auf YouTube zeigt uns Klaus Baetz wie das Ganze in der Praxis aussieht:

Da sich mit einem EQ lediglich vorhandene Frequenzen anheben lassen, kann es problematisch sein, den Verlust der »crispen« Signalanteilen auszugleichen. Das Einstellen des Verzerrers erweist sich als etwas kniffelig, denn wir wollen ja keine plakative Verzerrung erreichen. Vor allem solltet ihr bei der Erhö- hung der Sprachverständlichkeit darauf achten, möglichst keine tiefen Frequenzen zu bearbeiten und, sofern der Effekt es erlaubt, die Verzerrung nur leicht hinzu zu mischen. Falls der Verzerrer keine derartigen Parameter bietet, lässt sich dies allerdings auch über ein Send-Routing realisieren.

Um unseren diabolischen Stimmen noch ein klein wenig mehr Lebendigkeit zu verleihen, mischen wir jetzt noch ganz leicht (wirklich nur ganz dezent) einen Chorus-Effekt hinzu. Dies sorgt für etwas mehr Bewegung und Breite in der Stimme. Nun haben wir eine gute Basis, um wirklich plakative Effekte einzusetzen wie eine Verzerrung, die jetzt auch gern als solche verwendet werden kann. Natürlich darf auch der entsprechende Raum nicht fehlen.


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Sound&Recording Ausgabe 05/16

Songwriting Special

Diese Ausgabe widmet sich dem Thema Songwriting per App! Wir stellen euch iOS-Tools vor, die eure Kreativität beim Songwriting unterstützen und zeigen euch iOS-Hardware die umfangreiche, mobile Recording-Lösungen anbieten, wie Motive von Shure, die Lurssen Mastering Console und Lightning-Interfaces und –Mikrofone sowie Software. Eine Band die weiß wie man Songs schreibt sind AnnenMayKantereit. Mit ihrem Debüt-Album „Alles nix Konkretes“, das von Moses Schneider produziert wurde, schafften die Kölner-Jungs auf Anhieb den Sprung auf die #1 der deutschen Single Charts. Den Studio-Report findet ihr im Heft. Außerdem waren wir in Chino, USA in der Edel-Maufaktur bei Manley Labs zu Gast. Den dort hergestellten Channelstrip Manley Core haben wir für euch im Test. Für die Mixpraxis spricht Illangelo Montagnese über die Produktion mit The Weeknd und in De/Constructed zerlegt Henning Verlage King Kunta von Kendrick Lamar.

Getestet haben wir das Roli Seaboard Rise 25, das „Volksbändchen“ sE Electronics X1R und in Love The Machines gibt´s den Klassiker Roland JP-8000.

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Der mehrstimmige Geist

Ein weiterer absoluter Klassiker in Sachen Vocal-Effekte bei Horror- und Sci-Fi-Filmen ist das gleichzeitige Sprechen in mehreren Tonhöhen. Die Grundlage für diesen Effekt ist ebenfalls sehr simpel. Wir nehmen die Audiospur mit unserer fertigen Stimmenaufnahme und duplizieren sie mehrfach – vier oder fünf Spuren sollten es schon mindestens sein. Weitere Duplikate können wir später je nach Wunsch hinzufügen. Nun pitchen wir die einzelnen Aufnahmen um einige Halbtöne nach oben oder unten, wobei sich bei diesem Effekt eher das Pitching nach oben empfiehlt. Wir achten außerdem darauf, dass wir nie denselben Wert für zwei Spuren verwenden. Anschließend passen wir das Volume der Spuren aneinander an; hier ist es sinnvoll, die Spuren mit den stärkeren Pitch-Settings etwas leiser zu mischen, um ein homogeneres Gesamtergebnis zu erhalten. Weiterhin verteilen wir jetzt die einzelnen Stimmen im Panorama, damit unser Geist auch eine gewisse Breite bekommt.

Die Basis für unseren Effekt haben wir nun geschaffen, jetzt geht es ans Feintuning. Dazu verschieben wir die Audio-Events auf den verschiedenen Spuren um einige Millisekunden nach links bzw. rechts. Dabei sollte es allerdings nie so wirken, als ob es zu Wiederholungen der Worte kommt. Der Klang soll lediglich ein wenig verwaschener wirken, ähnlich wie bei einem Chorus-Effekt. Wenn das erledigt ist, schicken wir unsere Spuren auf eine neue Gruppenspur, packen einen Kompressor drauf und geben Vollgas in Sachen Kompression. Für Dynamik hat unser Geist leider nicht viel übrig. Wer möchte, kann auch vor den Kompressor noch einen EQ einschleifen und den Bassbereich ein wenig absenken; das nimmt der Stimme ein wenig an »Körper«.

Als Nächstes schicken wir unser Signal durch ein PingPong-Delay, dessen Feedback wir auf 0 und die Delay-Zeit auf einen kurzen Wert setzen, sodass es auch hier zu keinen deutlichen Wortwiederholungen kommt. Anschließend mischen wir das Delay leicht hinzu. Als Abschluss folgt nun noch der obligatorische Hall, denn kaum ein Geist kommt ohne Hallfahne aus. Beide Effekte kann man übrigens auch wunderbar mit der nun folgenden Technik kombinieren.

Reversed Reverb

Ein beliebter Effekt für geisterartige Vocal- Effekte aller Art, der aber auch gern bei Musikproduktionen eingesetzt wird, ist der Effekt des umgedrehten Halls, der in die eigentliche Vocal-Aufnahme einfadet. Die grundlegende Technik dahinter ist sehr simpel, wenn man sie einmal verinnerlicht hat. Es gibt allerdings unzählige Varianten, mit denen man diesen Effekt immer wieder aufs Neue gewinnbringend einsetzen kann. Zunächst brauchen wir wieder eine einfache, trockene Vocal- oder Sprachaufnahme, die schon komplett fertig editiert und bearbeitet ist. Sollte die Aufnahme mono sein, kann es durchaus Sinn machen, sie auf eine Stereospur zu kopieren, falls wir im Folgenden mit einem Stereo-Reverb arbeiten möchten. Als Nächstes drehen wir die Aufnahme um, sodass sie nun rückwärts abgespielt wird. Diese Funktion sollte jede DAW oder jeder Sample-Editor im Standardrepertoire haben.

Dann schicken wir die umgedrehte Aufnahme durch einen Reverb. Diesen verwenden wir als Insert-, und nicht als Send-Effekt. Hier beginnt nun die große Experimentierphase, denn wir gestalten jetzt genau die Hallfahne, die schlussendlich als Fade-In in die Sprache münden wird. Lange Hallzeiten können also sehr effektvoll wirken; sie verwaschen aber auch gleichzeitig die Sprachaufnahme. Hier gilt es, einen guten Kompromiss zu finden. Das Dry/Wet-Verhältnis wählen wir so, dass Sprache und Hallfahne von der Lautstärke her sauber ineinander über – gehen. Wenn wir mit den Einstellungen zufrieden sind, bouncen wir die Aufnahme inklusive Hallfahne, importieren das gebouncte File auf einer neuen Audiospur und schalten die alte Spur stumm. Dann drehen wir die gebouncte Aufnahme inklusive der eingerechneten Hallfahne erneut um, und schon haben wir unseren Reversed-Reverb-Effekt. Zum Abschluss verwenden wir noch einen atmosphärischen Hall auf unserer Vocal-Aufnahme, um unseren Geist in eine finstere Halle zu verfrachten, und jetzt kann er munter vor sich hin spuken. Viel Spaß beim Experimentieren!

 

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