Tief und langsam

Sound­de­sign: Wir bau­en ei­nen Slow-Mo­ti­on-Im­pact

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In jedem Actionblockbuster kracht und rummst es, dass eine wahre Freude ist. Wenn man allerdings sämtliche Soundeffekte, die in einer kurzen Actionsequenz passieren, mal auf ihre Komponenten herunterbricht, dann würde uns eine ungeheure Menge an Schnipseln und Bearbeitungsschritten entgegenkommen. Daher gehen wir das Thema so einfach wie möglich an und erzeugen uns aus einer einzigen Aufnahme einen gelayerten Impact-Sound.

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Impact-Sounds gibt es in unzähligen Varianten und stellen so einige Herausforderungen bereit, denn hier gilt: je größer, desto besser. Daher picken wir uns für das aktuelle Sounddesign-Thema eine spezielle Kategorie heraus: den Slow-Motion-Impact. Die Handlung, die durch diesen Sound untermalt wird, wird also gerade in Zeitlupe wiedergegeben, und der Sound verhält sich dementsprechend − alles ist verlangsamt, tiefer, dumpfer. Wir gehen mit unserem Sound auch gar nicht so sehr in den Vordergrund, sondern orientieren uns an einem Objekt, welches irgendwo im Hintergrund Einschläge verursacht.

Gerade für solche Sounds bieten sich Aufnahmen mit Hochfrequenzmikrofonen an, die wir in den SR-Ausgaben 10 und 11.2017 besprochen haben, perfekt an − leider hat nicht jeder ein solches Mikrofon in seinem Toolkit, und daher bleiben wir hier bei ganz einfachen Möglichkeiten, die jeder zu Hause ausprobieren kann.

Einmal einschlagen, bitte

Als Sound-Lieferanten habe ich mich diesmal für eine leere Duschgelflasche entschieden, da diese beim Aufschlagen einen hohlen, nachhallenden Charakter aufweist. Eine Duschgelflasche klingt natürlich zunächst nicht nach einem schweren Einschlag, aber erstens müssen wir mit den Möglichkeiten arbeiten, die sich uns bieten, und zweitens ist durch Post-Processsing oftmals eh vom Ursprungs-Sound nicht mehr viel übrig. Komplexe Impacts bestehen dazu aus zig Layern verschiedenster Soundquellen − da ist auch eine Duschgelflasche nicht verwunderlich.

Für die Aufnahme habe ich mein Rode NT4-Stereomikrofon verwendet und die Flasche ein paar Mal so auf den Boden geworfen, dass sie mehrmals hintereinander aufgeschlagen ist. Durch die Stereomikrofonie ergibt sich so eine natürliche Bewegung innerhalb des Sounds. Wer über kein Stereomikrofon verfügt, der kann die Soundbewegung auch noch nachträglich über eine Panoramaautomation simulieren. Die Aufnahme ist anschließend auf einer Stereospur in Cubase Pro 10 gelandet, wo ich sie zunächst zerschnitten habe. Anschließend wurden die verschiedenen Einschläge mit ein wenig zeitlichem Abstand zueinander auf der Timeline angeordnet und mit Markern versehen, damit man diese anspringen und testen kann.

Direkte Offlinebearbeitung
Die direkte Offlinebearbeitung lässt sich beliebig oft wiederholen

Going Down

Damit wir uns auf die klangliche Slow-Motion-Ebene begeben können, müssen wir den Sound herunterpitchen, was nicht nur eine Tonhöhen-, sondern auch eine Geschwindigkeitsänderung mit sich bringt. Ein Herunterpitchen um mindestens 36 Halbtöne brachte für mich den gewünschten Effekt − dies wird in Cubase mithilfe der direkten Offline-Bearbeitung durchgeführt. Hier ist ein Pitching von maximal 16 Halbtönen möglich, was allerdings kein Problem darstellt, denn der Prozess lässt sich innerhalb der direkten Offlinebearbeitung beliebig oft wiederholen. Wichtig ist auch, dass keinerlei Zeitkorrektur durch Timestretching aktiv ist und wir dadurch mit reinem Pitch-Shifting arbeiten. Das Ergebnis sollte nun also ein wesentlich langsamerer und tieferer Sound sein.

Anschließend duplizieren wir die Spur mit unserem Sound mehrfach, denn aus den Kopien werden im Folgenden die verschiedenen Layer des Sounds entstehen. Zu guter Letzt routen wir alle Spuren auf eine gemeinsame Gruppe, damit wir sie nochmal gebündelt bearbeiten können.

Waves Submarine erzeugt zusätzliche Tieffrequenzen auf Basis des Originalsignals

Layering

In unserem Beispielsound arbeiten wir nicht mit Layern aus verschiedenen Klängen, die abschließend ein großes Ganzes ergeben, sondern mit Varianten desselben Grund-Sounds. Dadurch, dass wir hier bei der Gestaltung nahezu frei sind, bietet uns das aber ebenfalls eine große Menge an Möglichkeiten. Eine mögliche Layer-Aufteilung wäre folgende: 1) Original-Sound, 2) Sub- / Bass-Layer, 3) Mid-Layer für mehr Durchsetzungsfähigkeit, 4) Dirt-/Distortion-Layer.

Beim Sublayer habe ich zunächst via EQ großzügig alle Höhen und oberen Mitten weggefiltert. Anschließend wurde die Release-Phase des Signals mittels des Steinberg Envelope Shapers verstärkt, sodass sich ein längerer Ausklang entwickelt. Den abschließenden Subboost erledigte das neue Waves Submarine-Plug-in, welches man vermutlich als eine Art Nachfolger zu den Klassikern MaxxBass und RBass sehen kann. Es erzeugt zusätzliche subharmonische Frequenzen und sorgt somit für ordentlich Schub für unseren Sound.

Der Mid-Layer featured ebendiesen durch eine starke Absenkung der Bässe unterhalb von 380 Hz und einer sanfteren Höhenabsenkung oberhalb von 2 kHz. Das gesamte Signal wurde außerdem mit dem Waves DPR-402 stark verdichtet. Außerdem erhält der Mid-Layer ein Delay als Send-Effekt, dem ein Gate vorgeschaltet wird − dieses Gate sorgt dafür, dass nicht die komplette Release-Phase des Signals durchgelassen wird und somit den Sound verschmiert, sondern nur der eigentliche Attack. Dieser wird dann mittels Stereo-Delay in weitere kleine Einschläge umgewandelt, die sanft hinzugemischt, das Ergebnis interessanter und lebendiger gestalten.

Der Dirt-Layer wird mithilfe des Steinberg QuadraFuzz 2 generiert. Der Multibandverzerrer gibt uns viele Möglichkeiten, in den Sound einzugreifen − das unterste Band habe ich allerdings komplett gemutet. Die beiden Mittenbänder verwenden verschiedene Amp-Simulationen als Verzerrer, welche klanglich allerdings so gewählt sind, dass sie keine plakative Verzerrung generieren − unser Sound soll sich ja immer noch relativ dumpf im Hintergrund bewegen. Das Höhenband wurde ebenfalls wieder gemutet, da hier einerseits kaum interessantes Material vorhanden ist und wir dieses andererseits auch gar nicht featuren wollen, damit der Sound im Hintergrund bleibt.

FabFilter Pro-R
Das »Cathedral 1«-Preset des FabFilter Pro-R sorgt für einen sehr großen simulierten Raum.

Summenbearbeitung

Da alle Layer inkl. des Delay-Effekt-Bus auf eine Gruppe geroutet wurden, können wir das Signal hier bequem in seiner Gänze weiterbearbeiten. Zum Abrunden habe ich eine weitere Quadrafuzz-Instanz eingefügt und alle Bänder mittels Tape-Algorithmus leicht verdichtet. Dazu kam zusätzlich noch die integrierte Stereoverbreiterung bei den beiden oberen Bändern zum Einsatz.

Abschließend wurde an die Gruppe ein zweiter Effekt-Bus mit einem FabFilter Pro-R-Reverb angeschlossen. Das Cathedral-1-Preset sorgt für einen massiven Raum, den ich mittels EQ noch ein wenig in den Höhen abgesenkt habe.

Wer nun noch ein wenig Bewegung im Sound wünscht, kann einfach den Pan-Regler der Gruppe automatisieren und so die Einschläge beispielsweise von links nach rechts wandern lassen. Viel Spaß beim Experimentieren!

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