Recording – Akustikgitarre aufnehmen

Anzeige

Mikrofon vor Gitarre

Die Akustikgitarre ist nicht einfach nur ein Instrument – sie ist auch das bevorzugte „Schreibgerät“ vieler großer und kleinerer Songwriter. Wir zeigen dir, wie du deine Songdemos aufnimmst.

Anzeige

Mal ehrlich, Gitarre ist doch das beste Instrument von allen, oder? Kostet nicht die Welt, klingt gut, ist leicht zu transportieren, man kann Rhythmus drauf spielen und Melodien, und man hat sogar den Mund noch frei zum Singen. Versucht das alles mal mit Geige, Pauke oder Tuba! Der Legende nach kann man jeden guten Song alleine mit einer Gitarre vortragen – okay, bei HipHop wird’s ein bisschen schwierig, aber sonst kommt das schon hin.

Gitarren gibt’s in vielen verschiedenen Bauformen, die bekanntesten sind die Klassik- oder Konzertgitarre mit Nylonsaiten und die Westerngitarre mit Stahlsaiten. Die Konzertgitarre klingt weich und rund, sie wird normalerweise gezupft. Die Westerngitarre klingt brillanter und wird sowohl gezupft als auch geschlagen (neudeutsch: „gestrummt“). In der Popmusik verwendet man meistens Westerngitarren mit Stahl- bzw. Bronzesaiten, weil sie etwas vielseitiger sind und auch weil sie sich prima als Begleitinstrument für einen Sänger eignen.

Einstöpseln?

Viele Akustikgitarren sind bereits ab Werk mit Tonabnehmern ausgerüstet. Die meisten dieser Tonabnehmersysteme klingen aber echt nicht gut. Für Live-Situationen ist der Sound durchaus okay, aber für Aufnahmen, die man sich immer wieder mit Genuss anhören möchte, klingen die meisten Tonabnehmersysteme einfach zu dünn und zu leblos. Jedenfalls sind die allermeisten Akustikgitarren, die ihr in Popsongs hört, mit Mikros aufgenommen.

Schon ein ganz einfaches Mikrofon klingt viel natürlicher als selbst ein teures Tonabnehmersystem. Für den Anfang tut’s ein eventuell bereits vorhandenes dynamisches Gesangsmikrofon wie das allseits beliebte Shure SM58. Ein bisschen besser wäre das ebenfalls weit verbreitete SM57, das keinen so dicken Schaumstoffeinsatz im Mikrofonkorb hat und daher ein bisschen luftiger klingt. Ihr könnt aber ganz einfach an einem SM58 vorübergehend den Korb abschrauben, und schon klingt es genauso luftig.

In richtigen Studios benutzt man für Akustikgitarre üblicherweise Kondensatormikrofone, denn die klingen etwas feiner und meistens auch höhenreicher als dynamische Mikrofone. Inzwischen gibt es ganz vernünftige Kondensatormikros auch im unteren Preisbereich (z.B. t.bone SC140 von Thomann, die Modelle 603 und 604 von MXL oder die Modelle NT5 und NT55 von Røde). Ihr braucht für Kondensatormikros aber unbedingt einen Vorverstärker oder ein Mischpult mit Phantomspeisung. Denn Kondensatormikrofone müssen im Gegensatz zu dynamischen Mikros mit Strom versorgt werden; und den bekommen sie über das normale Mikrofonkabel durch die sogenannte Phantomspeisung. Ihr müsst Mikrofone übrigens immer am XLR-Mikrofoneingang anschließen, nicht am Klinkeneingang. Der Klinkeneingang ist nur für Line-Signale gedacht. Wenn ihr da das Mikro anschließt, rauscht es stärker als am XLR-Mikrofoneingang, und am Klinkeneingang liegt auch keine Phantomspeisung an, d. h. Kondensatormikros bleiben stumm.

Eine Alternative, die sich gerade für einfache Songdemos anbietet, ist ein mobiles Aufnahmegerät. Teile wie das Zoom H2 oder das brandneue, doppelt so teure, aber auch superschicke Olympus LS-10 bieten einen prima Klang, der dem von Studiomikrofonen kaum nachsteht. Vor allem lassen sie sich einfacher bedienen als der kleine Gerätepark, der nötig ist, um mit dem Computer aufzunehmen. Einfache Bedienung ist ein echtes Plus, wenn‘s um unverkrampftes Klampfen geht!

>> Bandrecording – Hardrock Video-Tutorial Teil 2 – Die Gitarrenaufnahmen <<

Wohin das Ding?

Wofür ihr euch auch entscheidet: Wichtiger als die Wahl des Mikrofons ist die richtige Positionierung. Prinzipiell könnte man ja auf die Idee kommen, das Mikro vor das Schallloch zu pflanzen. Das ist aber von allen Positionen so ziemlich die schlechteste. Eine Akustikgitarre gibt ihr Klangspektrum nicht gleichmäßig ab. Aus dem Schallloch kommen vor allem die Bässe, die ganz feinen Höhen werden von den Saiten direkt abgestrahlt und die verschiedenen Mittenfrequenzen werden über die Decke verteilt abgegeben. Stellt man das Mikro direkt vors Schalloch, wummert’s also mächtig in den tiefen Frequenzen, aber der Rest des Klangspektrums ist total unterbelichtet.

Den ausgewogensten Klang bekommt ihr am Übergang von Hals und Korpus. Wenn ihr das Mikro ein wenig in Richtung Steg dreht, werden die Anschlagsgeräusche besonders klar und prägnant wiedergegeben. Damit sich die verschiedenen Frequenzanteile ein wenig mischen können, sollte der Abstand zwischen Gitarre und Mikro mindestens 30–40 cm betragen. Wenn der Raum einen angenehmen Klang hat, darf der Abstand ruhig ein bisschen größer sein. Überhaupt solltet ihr verschiedene Räume ausprobieren und auch verschiedene Positionen im Raum. Mittelgroße Zimmer mit Holzfußboden klingen oft sehr angenehm, aber wenn ihr gern einen knochentrockenen Sound mögt, dann probiert auch mal, wie’s in der Wohnstube mit dicken Teppichen und Polstersesseln klingt.

Wenn am Hals/Korpus-Übergang die Greifgeräusche zu laut aufgenommen werden, könnt ihr auch mal die Position auf der anderen Seite der Gitarre ausprobieren und das Mikro auf den Steg oder die Stelle vor dem Steg in Richtung Anschlagshand ausrichten.

Stimmung!

Ach ja: Und vergesst nicht, das Instrument zu stimmen. Verstimmte Gitarren machen selbst den schönsten Song kaputt! Wenn ihr noch kein so pingeliges Ohr für Intonation entwickelt habt, kauft euch ein digitales Stimmgerät – diese 20 Euro sind vielleicht die am besten angelegten, die ihr je ausgeben werdet. Manche Mobilrekorder haben übrigens einen eingebauten Gitarren-Tuner.

Und noch ein Tipp: Wenn die Gitarre dumpf klingt, muss das nicht unbedingt am Mikro liegen. Für einen richtig brillanten Sound müsst ihr ab und an mal frische Saiten aufziehen. Überhaupt: Wenn die Gitarre selber nicht schon gut klingt, kann das Mikro keine Wunder wirken. Investiert also im Zweifelsfall erst mal in das Instrument und erst später in Aufnahmetechnik. Hey, wenn ihr richtig gute Songs schreibt, kommt bis dahin vielleicht schon der erste Produzent angedackelt!

Saitenfrage

Für Westerngitarren gibt es verschiedene Saitensorten: Den knalligsten Klang liefern Phosphor-Bronze-Saiten, etwas runder klingen reine Bronze-Saiten (ohne Phosphor), besonders weich – und sehr angenehm bespielbar – sind Silk&Steel-Saiten, quasi eine Mischung aus Westerngitarren-Diskantsaiten und umsponnenen Klassik-Saiten. Für Konzertgitarren kommen nur Nylonsaiten infrage, dem kräftigen Zug von Stahl- oder Bronzesaiten würde eine Konzertgitarre nicht lange standhalten.

Nahaufnahme-Mikrofonierung-Gitarre

Kommentare zu diesem Artikel

  1. exzellenter Beitrag! auf den Punkt gebracht!

    Auf diesen Kommentar antworten
  2. Hallo, ich habe echt eine blöde Frage. Ich möchte gerne meine klassischen Gitarrestücke aufnehmen und dann auf Facebook laden. Kann ich nun so ein Mikrofon SM85 kaufen und am Compi direkt anstecken oder muss ich da also einen so riesigen Kasten von Verstärker dazu anschaffen? Bin halt weibl. und technikdumm… danke für Antworten.

    Auf diesen Kommentar antworten
    1. Halle Marion, Ich bin zufriedener Rhode Kunde aber will dich nicht abhalten. Nun zu deiner Frage: Einen Verstärker benötigst du nicht, allerdings hat das Mikrofon einen XLR-Anschluss. XLR-Kabel lassen nicht an den PC anschließen, daher brauchst du entweder einen XLR-3,5 MM Klinken Adapter (zum Beispiel: https://www.thomann.de/de/cordial_cpm_3_fw_bal.htm?glp=1&gclid=CjwKEAjwoPG8BRCSi5uu6d6N5WcSJABHzD8FN3gSJ9IFMKcCUsGSBAvPofXgDCUJVil3z3o_q5tffRoCDITw_wcB) oder ein Mischpult vom Hersteller deines Vertrauens (für bessere Qualität, in deinem Fall eher nicht nötig, da die Aufnahmen “nur” für Facebook bestimmt sind)
      Gruß, Lucas Tippelt

      Auf diesen Kommentar antworten

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.