UAD Tutorial

Mixing Tutorial: Akustische Drums mixen

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(Bild: DIRK.HEILMANN)

Wenn man einen Song mit echten und von Musikern eingespielten Instrumenten mischt, dann gibt es in der Regel deutlich mehr zu schrauben, als bei einem rein im Computer programmierten Song. Das ist zwar kein Problem und macht auch in der Regel sehr viel Spaß, jedoch ist der Aufwand deutlich größer. Alleine wenn man nur an das Schlagzeug mit den vielen Trommeln und Becken denkt. Diese werden bei der Aufnahme sehr oft einzeln mikrofoniert (manchmal sogar doppelt oder dreifach) und endet gerne mal mit 16 – 32 Spuren. In dieser Folge schauen wir uns mal an, wie schnell und einfach man einen vernünftigen und ausgewogenen Drumsound mit nur vier Spuren und wenigen Plug-ins hinbekommt.

Bei fast allen Einsendungen zu Fix My Mix gab es bei den Drums besonders große Probleme. Sehr oft haben einfach nur die Lautstärkeverhältnisse nicht gestimmt oder die Spuren waren viel zu stark bearbeitet. Dadurch ergibt sich ein unausgewogener und unnatürlicher Schlagzeugsound, was zusätzlich zu einem unstimmigen Gesamtmix führt.

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Das Erste und auch das Wichtigste bei einem guten und ausgewogenem Drumsound sind vor allem die Lautstärkeverhältnisse. Diese können abhängig vom Genre sehr unterschiedlich ausfallen. Aber wenn sie nicht richtig eingestellt sind, dann ist auch egal, wie gut die Einzelspuren nach der Bearbeitung sind. Es wird einfach nicht stimmig klingen. Deswegen würde ich auch immer empfehlen, erst einmal nur mit den Fadern zu arbeiten, bevor man überhaupt irgendwelche Plug-ins benutzt. Ein guter Startpunkt hierfür ist die Overheadspur. Hier haben die Mikrofone in der Regel das ganze Drumkit relativ natürlich eingefangen, und man kann sich sehr schnell einen guten Überblick über den ursprünglichen Klang des Schlagzeugs und die Spielweise des Drummers verschaffen. Ich kann sofort hören, ob die Trommeln vielleicht sehr offen gestimmt sind und somit lange ausklingen, wodurch das Schlagzeug z. B. in einem Rocksong nicht knackig klingt. Oder ob der Schlagzeuger evtl. die Hi-Hat zu laut und die Snare eher zu leise gespielt hat. D. h., die Spielweise, das Tuning und die Mikrofonierung geben mir die Bearbeitung der Spuren zum großen Teil schon vor.

Anschließend ziehe ich die anderen Einzelspuren auf. In unserem Fall waren das noch Kick, Snare und der Raum. Je nachdem, wie das Konzept beim Mikrofonieren war, wird man hier etwas anders vorgehen. Ich persönlich benutze die »close«-Mikrofone als Unterstützung zu den Overheads. Die Trommeln und Becken, die auf den Overheads zu leise sind, werden also durch die Stützmikrofone in der Lautstärke ausgeglichen. Hier sollte man besonders darauf achten, dass man nur die Spuren benutzt, die man auch wirklich benötigt. Sollte der Schlagzeuger z. B. die Hi-Hat tatsächlich zu laut gespielt haben und sie ist auf den Overhead- und Raummikrofonen sehr präsent, dann würde ich nie auf die Idee kommen, auch noch das Hi-Hat-Mikrofon beizumischen, nur weil es vorhanden ist. Denn zum einen brauche ich nicht noch mehr von dem, was ich eh schon habe, und zum anderen wirken sich die Laufzeitunterschiede und Phasenverhältnisse zwischen den einzelnen Mikrofonen stark auf den Gesamtklang aus.

Je mehr Spuren ich im Mix verwende, desto mehr Verhältnisse stelle ich zwischen den Spuren her. Genau das Problem hatte ich auch bei diesen Aufnahmen. Sobald die Snare und die Overheads gleichzeitig an waren, klang die Snare insgesamt sehr dünn. D. h., hier gab es eine Auslöschung im Bassbereich. So etwas kann man aber sehr schnell lösen, in dem man eine der Spuren einfach in der Phase dreht. Entweder direkt beim Aufnehmen oder später im Mix. Sollte das Drehen der Phase um 180° nicht helfen, gibt es Plug-ins wie das UAD Little Labs IBP, mit denen man die Phase auch noch variabel drehen kann. Generell tendiere ich dazu, die Overhead- oder Raummikrofone nicht in der Phase zu drehen, sondern eher die Stützmikrofone immer im Bezug auf die Overheads anzupassen. Dieser einfache Handgriff erspart sehr viel lästiges EQen und liefert eine gut klingende Grundlage für die weitere Bearbeitung. Denn wenn die Phase zwischen den Einzelspuren nicht stimmt, dann führt das wilde Drehen am EQ in den meisten Fällen auch nicht zu dem gewünschten Ergebnis. Leider wird dieser Schritt sehr oft vernachlässigt oder komplett übersprungen.

Nachdem die Overheads und die Stützmikrofone in ein gutes Verhältnis zu einander gestellt und die Phasenlage überprüft und eventuell repariert worden sind, sollte man schon einen relativ guten Drumsound haben. Zumindest wenn man beim Aufnehmen nicht alles komplett falsch gemacht hat. Das reicht natürlich nicht für Musikrichtungen wie z. B. Metal, wo der Sound eher in eine künstlichere und stark bearbeitete Richtung geht. Aber von hier aus hat man dann eine solide Grundlage und kann je nach Anspruch und aufgenommenem Material die weitere Bearbeitung der Einzelspuren vornehmen.

In unserem Fall sollten die Drums zwar rockig, aber nicht sehr künstlich klingen. Im fertigen Mix wollte man noch eine echte Band erkennen, die ihre Instrumente live eingespielt hat. Also habe ich mich an die Bearbeitung der Einzelspuren gemacht und hier als Erstes die Overheads repariert. Hier war das Problem, dass wir eine sehr laute und spitz klingende Hi-Hat auf der Aufnahme hatten. Also habe ich bei ca. 12 kHz mit einem sehr schmalbandigen und bei ca. 10 kHz mit einem relativ breitem EQ die Hi-Hat aus der Overheadspur rausgefiltert. Dafür habe ich den »cleanen« UAD Massenburg EQ genommen, denn ich wollte sehr präzise arbeiten, ohne die Klangfarbe zu verändern. Das hat generell auch sehr gut funktioniert, aber leider war die Hi-Hat immer noch etwas zu dominant. Also habe ich zusätzlich den UAD Oxford Dynamic EQ zur Hilfe herangezogen. Hier habe ich alles über ca. 3 kHz mit einem Hi-Shelf leicht abgesenkt, wenn dieser Frequenzbereich eine bestimmte Lautstärke überstieg. Somit wurde die Spur nicht permanent in den Höhen beschnitten, sondern nur, wenn die Hi-Hat gespielt wurde. In dem Moment wurden natürlich auch die Snare und Kick etwas dumpfer, was aber im Gesamtmix nicht weiter auffiel, da ich das mit den entsprechenden Stützmikrofonen kompensiert habe.

Auch auf dem Raumsignal war die Hi-Hat etwas zu laut. Hier habe ich den dynamischen EQ einfach rüberkopiert und etwas angepasst. Jetzt klangen meine Hauptmikrofone relativ annehmbar, und ich musste die beiden Stützmikrofone (Kick & Snare) nur noch im Kontext etwas anpassen und die Drums insgesamt ein wenig komprimieren, um sie etwas ausgewogener und knackiger zu machen. Dazu habe ich unter anderem einen UAD API Channel Strip für das Gaten, Komprimieren und EQen genommen, außerdem das UAD Oxford Envolution-Plug-in, um den Attack zu verstärken und den Ausklang etwas abzusenken.

 

Kommentare zu diesem Artikel

  1. Hallo Waldemar,
    danke für dieses wirklich aufschlussreiche Demo ! Was mich interessiert, du hast ein Alignment zwischen Kick und Snare bzw. Overheads gemacht, ist dann sozusagen Kick,Snare und OH’s genau auf einer “Linie” ? (Da gibt es ja widersprüchliche Meinungen dazu) Was mich noch interessiert, ich habe oft mit Drummern zu tun, die, auf die HiHat ziemlich “eindreschen” vorallem wenn die HiHat offen gespielt wird. Ist es daher ratsam schon beim Aufnehmen kein Micro für die HiHat zu verwenden und die Overheads etwas mehr in die Mitte ( vielleicht sogar oberhalb vom Drummer ) zu positionieren ? Ich freue mich schon auf den 2-ten Teil !
    LG Christian

    Auf diesen Kommentar antworten
    1. Hallo Christian,
      Waldemar hat sich aus dem Urlaub zurück gemeldet und daher nun hier eine etwas verspätete Antwort von ihm:

      Hallo Christian.
      Freut mich, dass dir das Video gefällt.
      Im Grunde gleiche ich immer die Kick, Snare usw. auf die OH’s an. Diese werden ja quasi “vor” dem OH Signal aufgenommen, da der Weg von der Schallquelle zu den Mikros hier kürzer ist. D.h. in der Regel werden die „Close Mikrofone“ nach hinten verzögert um mit den OH’s auf einer Linie zu sein. Das muss nicht immer 100% genau übereinander sitzen. Aber so, dass die Phase zu einander passt und dass der Klang deutlich voller und ausgewogener ist. Was den Drummer mit der lauten Hihat angeht: Ich würde zur Sicherheit immer ein Mikrofon für die Hihat benutzen, es aber später im Mix auslassen, wenn es nicht unbedingt sein muss. In diesem Fall sollte man die OH’s auf jeden Fall so positionieren, dass die Hihat etwas ausgeblendet wird. Wie genau, hängt dann von der Spielweise des Drummers, dem Drumset und dem Raum ab.
      Hoffe das hilft dir etwas weiter.
      LG
      Waldemar

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  2. Hallo,
    da fällt mir gerade noch ein Tonstudiotrick ein, der hier nicht im Text zumindest erwähnt wurde.
    Fall: zu laute HiHat in den Overheads ==>
    wenn man dann noch eine eigene HiHat Spur hat, die man aber ausgeschaltet lassen kann / könnte, kann man folgendes tun.
    Die OH und HH Spur erst mal in Phase bringen und DANN die close abgenommene HH Spur in der Phase drehen.
    Diese dann ganz leicht zu den Overheads dazumischen, bis die HH leise
    genug ist.
    Im Optimalfall kann man damit sogar die HH fast eliminieren aus den Overheads ohne überhaupt die anderen Instrumente im Frequenzgang groß zu beeinflussen in den Overheads.
    Man regelt dann mit dem Fader der HH Spur quasi die HH aus den Overheads raus … 😉
    Dies funktioniert am besten, wenn der Klang auf beiden Spuren gleich ist … klar … evtl. muß man die HH Spur noch mit EQ auf den HH Klang in den Overheads anpassen. bevor man sie mit Phasenauslöschung dort stufenlos
    rausregeln kann 😉

    viele Grüße
    Armin Hechler-Stark

    Auf diesen Kommentar antworten
  3. Eigentlich nimmt man dadurch das Schlagzeug ähnlich auf wie in der Klassik ein Orchester: Haupt- und Stützmikrofone. Wenn der Schlagzeuger – wie zu hoffen ist – überhaupt mit der Spielweise auf einen stimmigen Schlagzeugsound als Ganzes zielt, ist das absolut Sinnvoll. Ob man die Stützspuren verzögert, sollte man vom Ergebnis abhängig machen. Durch den Haas-Effekt definiert die erste Schallfront die wahrgenommene Richtung. Das kann man nutzen, um z.B, den wahrgenommenen Winkel der Snare festzunageln. Natürlich nur, wenn der gesamte Klang nicht leidet. Das Plugin ist zum Vergleich ja schnell pausiert.

    Kleine persönliche Anekdote dazu:
    Ich erinnere mich daran, dass ich GANZ am Anfang meiner Versuche, Musik aufzunehmen – mit zwei Mikros irgendwo im Proberaum – immer verzweifelt war, wie schlecht (scheppernd, dröhnend…) das Schlagzeug klang. Bei einem Auftritt unterhalb einer Galerie hatte ich zwei Mikros von dort über der Band an Kabel baumeln lassen. Ich war verblüfft, wie gut das Schlagzeug dort klang. Erst später las ich von Overhead Mikros und musste nie von dem Konzept überzeugt werden.

    Wolfram

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