Wir blicken zurück auf 10 Jahre Sound&Recording. Hier das Highlight unseres “Kniffe, die die Welt verbessern”-Autoren Björn Bojahr – Pimp My Mike aus dem Jahre 2008.
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Unsere Patienten unter dem Seziermesser sind dieses Mal das Oktava MK-219 und sein größerer Bruder, das MK-319. Schon seit Menschengedenken gelten diese beiden russischen Mikrofone als der Inbegriff des PimpObjekts. Verbesserungsvorschläge für diese Mikros kursieren ungefähr so lange, wie es das Internet gibt, und im Jahr 2005 mündete diese Diskussion in einem viel beachteten Artikel des Amerikaners Scott Dorsey. Ein anderer Amerikaner, Michael Joly, bietet seit einiger Zeit sogar einen Modifikationsservice für diese und andere Oktava-Mikrofone an (www.oktavamod.com), und der Hersteller selbst bzw. sein Vertrieb Oktava Online (www.oktava-online.de) importiert sogar von Joly modifizierte Mikrofone nach Deutschland. Kann es ein schöneres Kompliment für eine Modifikation geben als den Beifall des Herstellers? Soll heißen: Da geht noch einiges!
Die folgende Modifikationsanleitung weicht sowohl von Michael Jolys Arbeiten als auch von Scott Dorseys Empfehlungen in einigen Punkten deutlich ab. Das liegt zum einen daran, dass der Hersteller die Fertigungsqualität inzwischen verbessert hat, und zum anderen, dass jeder Modifikator einen etwas anderen Blickwinkel und andere Präferenzen einbringt. Eine Priorität für diese Anleitung war nicht zuletzt die leichte Nachvollziehbarkeit und das Vermeiden von unnötigen Arbeiten bzw. solchen, deren Nutzen in keinem Verhältnis zum Aufwand steht. Bedanken möchte ich mich beim Vertrieb Oktava Online, der für diesen Artikel zusätzliche Mikros zur Verfügung gestellt hat.
Mikrofonmodifikation: Die Spielregeln
Wenn Sie den Drang verspüren, eines Ihrer Mikrofone zu „pimpen“, sollten sie folgende Punkte bedenken:
– Sie verwirken jeden Garantieanspruch.
– Gerade als Neuling auf dem Gebiet der Elektronik bzw. des Lötens können Ihnen leicht Fehler unterlaufen, die das Mikrofon unbrauchbar machen.
– Modifizieren Sie nicht wild drauflos. Überlegen Sie, was Sie erreichen möchten.
– Trennen Sie Musikmachen und Lötarbeiten streng voneinander.
– Arbeiten Sie nicht an Mikrofonen, die sie dringend in einer Produktion benötigen.
– Überprüfen Sie Ihre Lötarbeiten, bevor sie das Mikrofon an den Preamp anschließen. Achten Sie besonders darauf, dass keine überstehenden Bauteilbeinchen mit dem Metallgehäuse in Berührung kommen.
– Achten Sie bei Bauteilsubstitutionen auf die Polung bzw. Reihenfolge der Anschlüsse. Elkos und Tantalkondensatoren können bei falscher Polung explodieren!
Die Mikros
Betrachten wir zuerst mal die Modifikationsobjekte. Uriger als das MK-219 kann ein Mikrofon kaum aussehen. Die Oberfläche wirkt weniger lackiert als vielmehr geteert und hat einen Hauch von Dampflok und industrieller Frühzeit. Das gesamte Gehäuse besteht aus zwei von nur einer einzigen Schaube zusammengehaltenen Schalenhälften aus Leichtmetall. Das Gehäuse gilt seit jeher als der größte Schwachpunkt. Klopft man leicht dagegen, ertönt ein rundes, lang ausklingendes „Plonnng”, und diese Resonanzen – die natürlich auch von Schallwellen angeregt werden – verfärben die Wiedergabe. Verstärkt wird dieses Problem durch den massiven, weitgehend geschlossenen Grill unmittelbar vor der Kapsel.
Die Schwachpunkte der MK-219-Gehäusekonstruktion waren auch der Ausgangspunkt für die Entwicklung des MK-319. Letzteres kommt in einem traditionelleren Design, das grob an ein verkleinertes Neumann U47 erinnert. Der Mikrofonkorb ist akustisch offener als der des MK-219, allerdings besteht das Gehäuse immer noch aus Leichtmetall und ist immer noch etwas resonant. An beiden Mikros gibt es zudem einige verbesserungswürdige Details auf elektronischer Seite.
Trotzdem klingen die beiden Mikros auch unmodifiziert wirklich nicht übel; ihre Stärken liegen vor allem bei Gesang und Sprache. Typisch für Oktava-Mikrofone sind die vollen Mitten, ein runder, aber nicht überbetonter Bass sowie ein geschmackvoll abgestimmter Präsenzbereich, der Stimmen zu Durchsetzungskraft verhilft, ohne dabei harsch zu werden wie man es von manchen Fernostmikros kennt.
Die Exemplarschwankungen dieser mit 119 bzw. 139 Euro sehr günstigen Oktavas sind recht hoch, andererseits ist es durchaus drin, ein besonders gut klingendes Exemplar zu ergattern, das es mit deutlich teureren Mikros aufnehmen kann. Ziel der im Folgenden vorgestellten Modifikationen ist es, dem Mikro zu einem etwas offeneren, detailreicheren Klang zu verhelfen.
Ran an den Speck
Die Werkzeugliste für dieses Projekt habe ich der Einfachheit halber von einem alten Film der Olsenbande übernommen:
– ein Vileda-Wischtuch
– eine Tupper-Dose
– ein gepolsterter Umschlag, DIN A5
– Sekundenkleber
– eine Heißklebepistole
– eine Laubsäge mit Metallsägeblättern
– feines Schmirgelpapier
– ein Lötkolben
– ein schwarzer Filzstift oder CD-Marker
– Schlitzschraubendreher in verschiedenen Größen
– elektronische Bauteile im Wert von knapp 5 Euro
– ein Regenschirm
Bevor wir uns über die Elektronik hermachen, möchte ich Ihnen einige Tipps an die Hand geben, wie Sie die Gehäusekonstruktion des MK-219 verbessern können. Das MK- 319 ist nicht so resonant, dass man unbedingt zur Tat schreiten müsste. Ich würde Ihnen aber raten, beide Mikros nicht mit der mitgelieferten Stativhalterung zu betreiben, sondern eine Mikrofonspinne mit möglichst enger Klemmhalterung zu verwenden. Die beiliegende Stativhalterung besteht nämlich aus einem einfachen Blechwinkel, der das Mikrofongehäuse geradezu zum Schwingen und Vibrieren einlädt. Eine Spinne mit Klemmhalterung entkoppelt das Mikro nicht nur vor Trittschall und Vibrationen, sondern verhindert durch den Druck der Klemme, dass das Gehäuse allzu sehr in Schwingung gerät.
Nummer 1 auf der Pimp-Agenda ist der Mikrofonkorb. Dazu öffnen wir zuerst einmal das Mikrofon. Ist die Schraube gelöst, müssen Sie nur noch die obere Gehäuseschale vorsichtig (!) hochhebeln. Rund um den XLR-Stecker verwendet Oktava zwei dünne Metallstreifen, die für Halt sorgen und gleichzeitig eine optimale Masseverbindung zum Gehäuse herstellen. Passen Sie auf, dass diese Metallblättchen nicht verlorengehen. Legen Sie alle Kleinteile in die Tupper-Dose. Ist die obere Gehäuseschale entfernt, greifen Sie sich einen etwas größeren Schraubendreher, um das Gewindestück, in das die Schraube gedreht war, auszubauen, denn dieses bildet seinerseits die Schraubverbindung, die die Elektronik in der unteren Gehäuseschale verankert. Legen Sie nun die Elektronik in den gepolsterten Umschlag, um sie vor Staub und spontanem Vandalismus zu schützen.
Wie Sie sehen, bestehen die Gehäuseschalen aus nichts als einem gegossenen Stück Leichtmetall, in das von innen jeweils ein doppellagiges Stück Metallgeflecht eingefügt wurde. Dieses Metallgeflecht lässt sich recht leicht mit einer Klinge, manchmal schon mit einem Schraubendreher aus der Gehäuseschale hebeln. Gehen Sie behutsam vor, und legen Sie die ausgebauten Stücke Metallgeflecht in Ihre Tupper-Dose, Sie werden sie später wieder benötigen – wie übrigens fast alles, was wir ausbauen.
Sägen bringt Segen
Nun ist der Augenblick gekommen, zur Laubsäge zu greifen. Schon früh sind verschiedene Mikrofonmodifizierer darauf gekommen, dass der äußere, in die Gehäuseschale integrierte massive Grill den Klang beeinträchtigt. Die einfachste Lösung ist, den äußeren Grill komplett zu entfernen, sodass die Kapsel später nur noch vom inneren Metallgeflecht geschützt wird. Am ungefährlichsten geht das mit einer Laubsäge. Ist der Grill entfernt, greifen Sie sich ein Stück feines Schleifpapier und schmirgeln die überstehenden Grate glatt. Für die Retusche der blanken Stellen hat sich ein schwarzer CD-Marker bewährt.
Nun muss das Metallgeflecht wieder rein. Wenn Sie mögen (und handwerklich geschickt sind), können Sie das zweilagige Geflecht mit einer Klinge teilen und vorsichtig auseinander ziehen. Ein einlagiges Geflecht ist akustisch ein wenig transparenter und hat sich als ausreichende elektrische Abschirmung erwiesen. Bevor Sie das Korbgeflecht wieder fixieren, sollten Sie die Leimreste an der Innenseite des Gehäuses beseitigen. Das Metallgeflecht muss unbedingt eine leitende Verbindung mit dem Gehäuse aufbauen, und deshalb sollten Sie das Geflecht mit Lötpunkten fixieren. Das Leichtmetallgehäuse ist nicht sehr lötfreudig, aber es gibt einen Trick: Beim Löten an den Gehäuseteilen müssen Sie zuerst ein wenig Lötzinn auf die Spitze des Lötkolbens aufbringen und dann kurz warten, bis die Rauchentwicklung stoppt, d. h. das Lötfett verdampft ist. Denn das Flussmittel, das bei normalen Lötstellen für bessere Verbindungen sorgt, verhindert ein Löten der Leichtmetallteil-Gehäuseschalen.
Zusätzlich zu den Lötpunkten, die vor allem der elektrischen Verbindung dienen, sollten Sie das Geflecht zur Stabilität mit Sekundenkleber fixieren. Warten Sie aber, bis das Gehäuse bzw. die Lötstellen vollständig erkaltet sind, denn viele Leimsorten sondern einen fies stechenden Geruch ab, wenn sie erhitzt werden.
Zeit für Vileda
Für die Behandlung des Resonanzproblems fiel meine Wahl auf ein Vileda-Wischtuch aus Viskose und Synthetik. Ich gebe zu, das schreiende Gelb passt nicht so recht zum dezenten Retro-Charme der Oktavas, aber im Innern sieht es ja niemand. Die verwendeten Kunstfasern haben den Vorteil, dass sie sehr gut isolieren, was wichtig ist, falls ein Teil des Wischtuchs die Hochimpedanzteile der Elektronik berühren sollte. Trotzdem ist es sinnvoll, das Wischtuch so zurechtzuschneiden, dass die Teile direkt unterhalb der Kapsel nicht davon berührt werden.
Fixiert habe ich das Wischtuch mit Heißkleber, denn dieser entfaltet durch seine gummiartige Konsistenz ebenfalls eine dämmende Wirkung. Bringen Sie erst ein wenig Heißkleber auf der Gehäuseschale auf, und drücken Sie dann das zuvor zurechtgeschnittene Stück Wischtuch hinein. Anschließend spritzen Sie weiteren Heißkleber unter die noch freiliegenden Wischtuchteile und pressen sie an. Ich habe beide Gehäuseschalen mit jeweils zwei Lagen Wischtuch ausgekleidet, was die Resonanz immerhin von einem runden „Plonnng” auf ein knappes „Plock” reduziert hat. Für zusätzliche Dämpfung sorgt, wie gesagt, eine Spinne mit Klemmhalterung.
Elektronisch
Beide Oktava-Modelle unterscheiden sich lediglich in der Mechanik, die Schaltung ist identisch. Oktava verwendet beim MK-219 und MK-319 eine sehr einfache Elektronik, wie sie zu Anfang der Transistor-Ära üblich war. Als aktives Bauelement kommt lediglich ein einziger Feldeffekttransistor (FET) zum Einsatz. Ein FET funktioniert ähnlich wie eine Triodenröhre, und so waren die Schaltungen früher Transistormikros auch denen ihrer Röhrenvorgänger sehr ähnlich, die ja in aller Regel auch nur eine einzige aktive Stufe besaßen.
Schauen wir uns die Schaltung mal näher an (Bild 4): Das Kapselsignal gelangt über einen Kondensator (C2), der die Gleichspannung lockt, zum Gate des FET. Dieser dient sowohl der Verstärkung des Signals als auch der Impedanzwandlung. Die Kapsel stellt eine extrem hohe Impedanz dar, die am Ausgang des FETs immerhin in den KiloOhm-Bereich gewandelt wird. Das ist zwar sehr viel niedriger als zuvor, aber immer noch zu hochohmig für einen Mikrofonausgang, der ja im Bereich von etwa 200 Ohm liegen sollte. Die finale Impedanzwandlung übernimmt keine aktive Schaltung, sondern ein Übertrager, der das Signal am Drain-Anschluss des FET über einen 1-uF-Kondensator (C6) abgreift. Der Kondensator dient hier wieder dazu, die Gleichspannung abzublocken, denn am Drain liegt auch die Versorgungsspannung des FET an. Das Step-Down-Verhältnis des Ausgangsübertragers liegt bei etwa 8:1; die Impedanz sinkt in etwa im Quadrat des Übersetzungsverhältnis, also um den Faktor 64, womit wir nun am Ausgang eine Impedanz im gewünschten Bereich von rund 200 Ohm erreicht haben.
Der Ausgangsübertrager in der Schaltung des MK-219/319 übernimmt aber noch weitere Funktionen: Er wandelt nicht nur die Impedanz, er symmetriert auch das Signal, und er dient dazu, die Phantomspannung abzugreifen. Das geschieht an der Mittelanzapfung der Sekundärseite. Hier liegen 48 Volt an, die über einen 500-MegaOhm-Widerstand (R1) zur Kapsel gelangen, um diese zu polarisieren und über R8 und R5 den FET versorgen. Durch den Strombedarf der Elektronik sackt die Phantomspannung ein wenig ab, aber nur um 2–4 Volt, sodass eine recht hohe Spannung für die Polarisation der Kapsel übrig bleibt.
Genau das ist auch der Hintergrund für die Verwendung von nur einer aktiven Stufe: Mit jedem weiteren stromfressenden Transistor würde die für die Polarisation der Kapsel verbleibende Spannung weiter absinken, und es wäre ein aufwendiger Spannungswandler vonnöten, um wieder eine vernünftige Polarisationsspannung aufzubauen. In der Regel sind gute Schaltungen daher entweder sehr einfach oder sehr komplex. Die Oktava-Schaltung gehört zur ersteren Kategorie.
Solch einfache Schaltungen bringen es mit sich, dass die Qualität einzelner Bauelemente besonders wichtig ist, denn es besteht ja kaum eine Möglichkeit zur Kompensation. Glücklicherweise sind die wichtigsten Bauelemente durchaus von adäquater Qualität, das betrifft vor allem die teuersten Komponenten, nämlich Kapsel und den Ausgangsübertrager.
To FET or not to FET?
In älteren Anleitungen wird empfohlen, den russischen FET durch einen Toshiba 2SK 170 zu ersetzen. Das halte ich für unnötig, vielleicht sogar kontraproduktiv. Oktava macht sich nämlich die Mühe, die beiden Source-Widerstände R6 und R7 auf den jeweils verwendeten FET individuell für jedes Mikro (!) zu optimieren. Genau das besagen nämlich die mysteriösen Zahlen, die mit Bleistift auf das Übertragergehäuse gekritzelt wurden: Die haben nämlich gar nichts mit dem Übertrager zu tun, es sind die Werte dieser beiden Widerstände, die nach dem Test eingelötet werden. Zudem ist R8 auf den Verwendeten FET-Typ abgestimmt – Oktava verwendet je nach Liefersituation variierende Bauteile, wundern Sie sich also nicht, wenn es in Ihrem Oktava etwas anders ausschaut. Wenn der Austausch des FET wirklich etwas bringen soll, wäre also ein Austausch und Neu-Abgleich der Widerstände R6, R7 und R8 erforderlich. Ein Aufwand, der in keinem Verhältnis zu den allenfalls marginalen Verbesserungen stünde.
Lassen Sie den FET samt den für ihn optimierten Widerständen unangetastet. Ohnehin hat sich die Fertigungsqualität der Oktava-Mikrofone in den letzten Jahren verbessert, sodass übermäßiges Rauschen eigentlich kein Thema mehr ist. Die immerhin vier MK-219 und zwei MK-319, die ich im Vorfeld dieser Folge verarztet habe, waren schon ab Werk allesamt rauschärmer als die meisten chinesischen Mikros derselben Preisklasse.
Guter Klang dank Kunststofffolie
Verbesserungswürdig sind die üblichen Verdächtigen, nämlich die signalführenden Kondensatoren. Die Verbindung zwischen Kapsel und dem Gate des FET stellt ein einfacher Keramik-Kondensator (C2) her. Diesen sollten Sie entweder durch einen 1 nF Polypropylen-Kondensator ersetzen oder einen Styroflex-Typ (1 nF = 1.000 pF; 820 pF reichen auch, die Spannungsfestigkeit sollte mindestens 63 Volt betragen). Polypropylen klingt offen und „Hi-Fi”, Styroflex etwas weicher, „vintage”, aber auch ein wenig belegt. Der originale Keramik-Kondensator klingt dreckiger und ein wenig nasal, kann je nach persönlichem Geschmack aber durchaus einen gewissen Charme entfalten. Hier können Sie experimentieren. Ich persönlich greife gern zu Polypropylen-Kondensatoren, meist von BC-Components. Von allen Typen, die ich im Laufe der Jahre getestet habe, scheinen mir diese das Kapselsignal am wenigsten zu verfälschen. Säubern Sie die Platine nach den Lötarbeiten mit einem in hochprozentigem Isopropanol getränkten Wattestäbchen.
Der zweite strategisch wichtige Kondensator im Signalweg ist der 1-uF-Kondensator C6 zwischen dem FET und dem Ausgangsübertrager. Dieser ist ab Werk als gepolter Elko ausgeführt.Transparenter klingt ein ungepolter Folienkondensator. Ideal wäre auch hier Polypropylen, allerdings werden Sie einen solchen kaum im Gehäuse unterkriegen. Glücklicherweise ist diese Stelle im Signalweg nicht mehr ganz so kritisch, da sowohl die Impedanz als auch das Spannungsgefälle hier nicht mehr so hoch sind. Sie können daher beruhigt zu einem kompakteren Polyesterkondensator greifen. Ich empfehle einen MKS-2 Kondensator von Wima, der im Fachhandel überall erhältlich ist.Wenn Sie möchten, können Sie statt 1 uF auch einen etwas größeren Wert, z. B. 2,2 uF wählen, was die Basswiedergabe marginal verbessert.
Feinheiten
MK-219 und MK-319 sind mit Pad- und Low-Cut-Schaltern ausgestattet. Oktava benutzt dafür sogar Reed-Relais: Der Schalter wird nicht einfach mechanisch geöffnet und geschlossen; der Schieber bewegt einen kleinen Magneten über das zugehörige Reed-Relais, das durch die magnetische Anziehung schließt. Das reduziert die Schaltgeräusche etwas (Bild 5).
Leider sind die Schalter aber nicht ganz durchdacht implementiert. Auf dem Schaltplan sehen sie relativ unschuldig aus, und ihre Funktion ist tadellos. Allerdings befinden sich beide Schalter im Hochimpedanzteil der Schaltung und verlängern diesen unnötig. Je höher die Impedanz, desto kritischer sind die Leitungswege, denn zwischen den Leitern bauen sich unerwünschte Kapazitäten auf, die den Klang beeinflussen. Derartige Effekte sind bei E-Gitarren wohlbekannt: Ein übliches 6-Meter-Kabel bringt es auf eine Kapazität von 500–1000 pF, die die Resonanzfrequenz eines Strat-Tonabnehmers von 10 kHz auf rund 4 kHz drückt. Bei unserem Mikro liegt das Impedanzniveau aber noch um ein Vielfaches höher, und die Empfindlichkeit für Kabelkapazitäten steigt entsprechend.
Aus klanglichen Erwägungen empfiehlt es sich daher, die Pad- und Low-Cut-Schalter auszubauen; der Sound wird merklich transparenter. Beim MK-219 müssen Sie dazu eigentlich nur die beiden Reed-Relais auf der Unterseite der Platine auslöten. Beim MK- 319 ist der Umbau ein bisschen kniffliger, dafür aber umso lohnender. Hier verlaufen nämlich die Anschlussdrähte der Kapsel erst einmal zur kleinen Schalterplatine und erst von dort zur Hauptplatine. Die einfachste Methode ist, alle Drähte von und zur Schalterplatine abzulöten und die von der Kapsel kommenden Drähte direkt mit der Hauptplatine zu verlöten – Bild 12b zeigt, wie. Die Membran wird mit der Masse verbunden und die Gegenelektrode mit dem 500-MegaOhm-Widerstand R1.
Lösen Sie die Handbremse!
Das Entfernen des Kabelwirrwarrs im MK- 319 hat noch einen weiteren positiven Aspekt. In Bild 7 sehen Sie, wie viele Drähte hier den Hochimpedanzbereich verlängern. Die dabei entstehenden Kabelkapazitäten können sogar den Pegel absenken!
Denn bei der Signalquelle handelt es sich ja selbst um einen Kondensator, weitere „tote” Kapazität, die kein Signal produziert, belastet die Signalquelle; es kommt zu einem Pegelabfall. Tatsächlich werden kleine Kondensatoren ja auch als Pad eingesetzt, um das Kapselsignal bewusst abzusenken. Schauen Sie sich mal das zuschaltbare Pad des Oktava auf dem Schaltplan genauer an. Für eine Pegelabsenkung von 10 dB wird ein Kondensator von 270 pF zur Kapsel parallel geschaltet. In der haarigen Realität baut sich aber bereits – ohne dass der Schalter überhaupt geschlossen ist – zwischen den Zuleitungen zum Schalter eine kleine Kapazität auf.
Damit noch nicht genug. Schauen wir uns mal kurz an, wie das Pad an einem Neumann KM84 implementiert ist, denn die Grundschaltung des Oktava ist dem Neumann’schen Design nicht ganz unähnlich. Hier sehen wir, dass man eine Pegelabsenkung auch durch einen kleinen Kondensator zwischen der Plusseite der Kapsel und dem Drain-Anschluss des FET erreichen kann. Für eine Pegelabsenkung um 10 dB reichen schon 15 pF – so viel erreichen zwei vertwistete Drähte bereits auf wenigen Zentimetern!
Tatsächlich verlaufen beim MK-319 gleich mehrere Kabel zur Kapsel bzw. zum Eingang des FET und ein anderes über kleinere Umwege zum Drain des FET. Die Kapazität, die sich zwischen diesen Kabeln aufbaut, führt zu einer Pegelabsenkung, die durch die dazwischenliegenden Bauteile (C9 + C7 bzw. R9) zwar etwas abgemildert, aber nicht beseitigt wird. Im konkreten Fall des von mir modifizierten MK-319 stieg der Ausgangspegel (d. h. die Empfindlichkeit) um knapp 3 dB, nachdem ich die kleine Schalterplatine mitsamt ihrer Zuleitungen ausgebaut hatte. Da das Kapselsignal vor der Elektronik abgesenkt wird, verbessert sich auch der Rauschabstand etwas. Auch wenn das Mikrofon bereits vorher recht rauscharm war, nimmt man eine solche Verbesserung doch gerne mit!
Prinzipiell können Sie die Platinen des MK-319 und MK-219 noch um ein paar weitere Bauteile entvölkern, nämlich alle in den rosa und grün hinterlegten Bereichen im Original-Schaltplan. Nach dem Ausbau der Schalter sind die restlichen Bauteile des Low-Cuts eigentlich unnötig. Der Ausbau von C7 und C8 hat einen leichten Einfluss auf den Klang, zusammen ergeben sie eine Kapazität von etwa 180 pF, die als Tiefpassfilter agiert. Sein Einsatzpunkt liegt außerhalb des Hörbereichs; das Filter hat allerdings Auswirkungen auf den Phasengang. Wenn Sie die beiden Kondensatoren entfernen, kann der Höhenbereich durchaus ein wenig offener klingen. Wenn Sie die subtile Verrundung des Höhenbereichs jedoch mögen oder wenn Sie in unmittelbarer Nähe von Radiosendern wohnen, können Sie alternativ die beiden Keramik-Kondensatoren durch einen höherwertigen Polypropylen- oder Styroflex-Kondensator von 47–220 pF ersetzen – Geschmacksfrage!
Schöner schalten
Eigentlich benötigt man die Low-Cut- und Pad-Schalter der Oktavas eher selten, ihr Fehlen ist kein großer Verlust. Prinzipiell besteht aber die Möglichkeit, diese Funktionen ohne Klangeinbußen zurückzuholen – freilich nur für Besitzer des MK-319 (Bild 10), im Gehäuse des MK-219 reicht der Platz nicht aus.
Einen Low-Cut an einer weniger empfindlichen Stelle zu implementieren, ist sehr einfach. Der Kondensator C6 bildet mit dem Übertrager einen Hochpass, dessen Einsatzfrequenz man durch Verkleinern der Kapazität leicht nach oben verschieben kann.
Kopfsache
Im allwissenden Internet finden Sie zahlreiche Stimmen, die dringend dazu raten, die gelochten Plastikscheiben vor der Kapsel zu entfernen, da sie angeblich die Höhenwiedergabe beeinträchtigen. Tatsächlich handelt es sich bei diesen Plastikscheiben um HF-Reflektoren, die die Höhen sanft anheben – interessanterweise genau da, wo der massive Mikrofongrill des MK-219 sie bedämpft. Ursprünglich scheinen also diese HF-Disks ersonnen worden zu sein, um die Höhendämpfung des Gehäuses zu kompensieren. Dennoch würde ich Ihnen empfehlen, diese Scheiben auch nach dem Umbau des Gehäuses auf der Kapsel zu lassen, denn die Oktavas sind ohnehin keine besonders hell klingenden Mikros. Die HF-Scheiben machen den Klang auf angenehme Weise luftiger. Zudem besteht beim Entfernen der Scheiben unmittelbare Gefahr für die Kapsel. Überlassen Sie solche Modifikationen lieber Experten wie Michael Joly.
Ich habe mich bei C6 für einen 22-nF-Kondensator von Wima in der Bauform MKS-02 entschieden, der exakt ins Lochraster passt. Die Einsatzfrequenz liegt bei etwa 80 Hz; wenn Sie eine deutlichere Bassreduzierung wünschen, können Sie 15 nF oder gar 10 nF wählen.
Durch Zuschalten eines 1-uF-Kondensators (Wima MKS-2 oder MKS-4), den Sie auf der Platine in freigewordenen Löchern unterbringen können, erhalten Sie wieder die volle Basswiedergabe (Low-Cut off).Ein Pad herzustellen, ohne den Hochimpedanzbereich zu verlängern, ist etwas schwieriger. Ich habe mich für eine Methode entschieden, bei der die Polarisationsspannung der Kapsel über einen Spannungsteiler abgesenkt wird. Diese Methode hat zwei Vorteile: Zum einen wird hier nur Gleichspannung umgeschaltet, kein Audiosignal – Kabelkapazitäten spielen daher keine Rolle –, zum anderen wird die statische Anziehung zwischen Gegenelektrode und Membran verringert, wodurch die Kapsel etwas höhere Schalldrücke verarbeiten kann.
Der Aufbau ist eigentlich nicht besonders schwierig, wenn Sie sich an den Fotos orientieren. Allerdings müssen Sie für diese Modifikation eine Leiterbahn auf der Platine durchtrennen, nämlich die zwischen der Mittelanzapfung des Übertragers und dem 500-MegaOhm-Widerstand zur Kapsel. Dieser Mod ist also nur für Mutige. Wie Sie sehen, habe ich für die neuen Schalter die alte Platine einfach neu bestückt. Sie können den 10-MegaOhm-Widerstand benutzen, den Sie beim alten Low-Cut ausgebaut haben (R9). Als zusätzliche Bauteile benötigen Sie lediglich einen 3,9-MegaOhm-Widerstand, einen 100-nF-MKS-2-Kondensator von Wima (wegen der flachen Bauform) und einen 100-KiloOhm-Widerstand, der dazu dient, die Umschaltgeräusche zu minimieren. Ein optischer Nachteil der „neuen” Schalter soll nicht verschwiegen werden: Einer der beiden funktioniert nun umgekehrt wie auf der Beschriftung vorgesehen. Durch Drehen der kleinen Schalterplatine können Sie sich aussuchen, welcher: Sind die Reed-Relais am oberen Teil, funktioniert der Low-Cut wie vorgesehen, sind die Relais am unteren Ende, ist es das Pad, das der Beschriftung folgt.
Fertig
So, damit wäre fürs Erste die Welt gerettet. Zum Schluss möchte ich noch die brennende Frage beantworten, wozu Sie den Regenschirm benötigen: Er dient dem Schutz vor Sommergewittern!
Hey! Danke für den Artikel, du hast mir auf jeden Fall mega weitergeholfen, vor allem da es der einzige ist den ich auf deutsch fand!
Ich habe 2 bauteile ersetzt, den transistor vor dem FET und einen Widerstand. Leider ging mir R1 dabei kaputt. habe ihn jedoch einfach wieder zusammengelötet. habe ausserdem die pads ausgebaut. leider rauscht es jetzt sehr!
was könnte das sein ? liegt es vllt daran, dass R1 jetzt nichtmehr richtig isoliert ist, da ich ihn einfach nur zusammengelötet habe an der bruchstelle?
danke! habe das 319
Hey! Danke für den Artikel, du hast mir auf jeden Fall mega weitergeholfen, vor allem da es der einzige ist den ich auf deutsch fand!
Ich habe 2 bauteile ersetzt, den transistor vor dem FET und einen Widerstand. Leider ging mir R1 dabei kaputt. habe ihn jedoch einfach wieder zusammengelötet. habe ausserdem die pads ausgebaut. leider rauscht es jetzt sehr!
was könnte das sein ? liegt es vllt daran, dass R1 jetzt nichtmehr richtig isoliert ist, da ich ihn einfach nur zusammengelötet habe an der bruchstelle?
danke! habe das 319