Hits zum Nachbauen

De/Constructed – Roosevelt – Fever

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In drei Schritten zum Hit! In dieser Workshop-Reihe zeigen wir, wie und mit welchen Tools sich aktuelle Charthits und klassische Stilrichtungen zu Hause am eigenen Rechner (nach-)produzieren lassen. In dieser Folge geht es um den vielversprechenden Kölner Newcomer Roosevelt, der mit seiner Single Fever aus dem selbstbetitelten Debütalbum mittlerweile über vier Millionen Spotify-Plays aufweisen kann und Konzerte rund um den Globus spielt. 

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(Bild: Brian VU)

Hier findest du alle Files zum Downloaden

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Style-Analyse & Drums

Roosevelt alias Marius Lauber wagt den Spagat zwischen Clubmusik und hittauglichem Popsongwriting. Hier treffen Electrobeats auf Funk-Gitarren, Disco-Elemente auf Pop-Hooks. Fever besticht darüber hinaus mit einem warm-weichen 80er-Feeling mit klingelnden Digitalsynths und dicht verhallten Tom-Fills, was vom Stil her z. B. an das französische Projekt M83 erinnert, auch in der Art des dezent zurückgenommenen und nach hinten gemischten Gesangs. Live wird Roosevelt von einem Drummer und Bassisten unterstützt, Lauber selbst spielt Gitarre und singt.

Für die Umsetzung im Rechner kommen Drumsamples mit 80er-Flair in Native Instruments Battery 4, der Toontrack Superior Drummer, das Spectrasonics Dreiergespann Styus RMX, Trilian und Omnisphere, Lennar Digital Sylenth 1 sowie das Arturia Analog Lab 2 zum Einsatz.

Drums: Der Discobeat treibt den Track mit lockeren 114 BPM an. Neben dem Standardaufbau mit Four-to-the-floor-Kick sowie Claps und Snare auf den Zählzeiten „2“ und „4“ sorgen vor allem die 16tel-Real-Hi-Hat aus dem Superior Drummer mit einigen Betonungen, die Toms sowie ganz allgemein der Sound der verwendeten Samples für das charakteristische Disco/80s-Flair. Hierfür eignen sich spezielle Soundpacks oder Libraries, die direkt ohne Umschweife die gewünschte Soundbasis liefern. Die Kick geht z. B. in Richtung der Drumcomputer Roland TR-707 und Linndrum und besitzt gleichzeitig den nötigen Punch, ohne aber zu dick und Dance-mäßig zu klingen.

Genauso bringen Snare und Claps schon den richtigen Charakter mit. Hier sind wir bei Samples aus der Splice Community fündig geworden (www.splice.com) und haben nur noch etwas mit dem EQ nachgearbeitet.

Die Toms aus dem N.Y. Hit Factory Kit des Superior Drummers und Simmons-ähnliche Samples in Battery steigern durch Lauflicht-typische Drumcomputer-Programmierung und dem für dieses Jahrzehnt typischen Gated-Reverb-Sound das 80er-Flair. Die Drumgruppe als solche bleibt unbearbeitet.

Bass, Gitarren & Synths

Bass: Aufgrund der Live-Umsetzung und der Ausrichtung des Projekts kann man im Originaltrack auf einen real eingespielten E-Bass schließen. In unserem Fall übernimmt das der Trilian („Clean Fender – Full Range“) mit Höhenabsenkung und Waves CLA-Bass Bearbeitung. Die Bassline ist in den Strophen akzentuiert, im Chorus sorgt sie mit vorgezogenen Anschlägen für Drive.

Gitarren: Obwohl die Synths in Fever dominieren, spielen Gitarren eine wichtige Rolle für das organische Feel der Nummer. In den Strophen werden einige groovige Single-Notes gespielt, in unserem Fall mit einer Mischung aus MusicLab RealLPC im Bridge-Mute-Modus und reFX Nexus (Plucked – „Mute Guitars 1“). Im weiteren Verlauf gesellt sich ein funky Pattern aus dem Steinberg Virtual Guitarist dazu.

Synths: Hier ist zum einen die eingängige Chord-Hook direkt zu Beginn des Tracks zu nennen, die ein wenig an We Found Love von Calvin Harris und Rihanna erinnert und für den Wiedererkennungseffekt sorgt. Zum anderen gibt es eine weitere Hook, die mit digitalem Glocken-Sound den 80er-Vibe betont und an alte Roland-D-50-Zeiten erinnert. Hier haben wir ein Layer aus mehreren Arturia „Analog Lab 2“-Instanzen erstellt , was eine wahre Fundgrube für Retro- und Vintage-Synthesizer-Sounds darstellt. Von Synclavier über ARP 2600 bis Wurlitzer ist hier alles vertreten. Die Sounds werden in einer Gruppe versammelt und erhalten noch Hall vom Softube RC24 („Small Hall Dark“) und eine leichte Höhenabsenkung mittels EQ, damit es nicht allzu schrill klingt. Pads aus Sylenth 1 und Nexus sowie rhythmisch gespielte Synth-Chords , ebenfalls aus dem Sylenth 1, komplettieren das Pattern.

Arrangement & Master

Wie schon eingangs erwähnt, wagt Roosevelt den Spagat zwischen Club- und Popsong. Daher gibt es hier einerseits eindeutige Strophen und Refrains, andererseits aber auch Club/Dance-affine Parts, wie die alleinstehende Eingangs-Hook oder das 80s-Bell-Thema als Refrain, das dominanter ist als der eigentliche Refrain-Gesang. Dazu kommt ein feststehendes Grund-Akkordschema mit den Akkorden „Bb, F, C, Csus4 – Gm“, auf dem der Song im Prinzip basiert. In den Strophen wird statt „F“ die Mollparallele „Dm“ gespielt, in der Bridge werden die Wechsel etwas in die Länge gezogen.

Master: Die Summe wird mit dem Steven Slate VBC fg-grey mit ca. 3 dB Gain-Reduction komprimiert. Hier greift vor allem der vom SSL Buss Compressor bekannte „Glue-Effekt“. Eine leichte Höhenanhebung mit dem UAD Pultec EQ (rund 1 dB bei 8 kHz) und Bassanhebung mit dem Bass-Shift-Regler (+1) nebst Lo-Cut bei 21 Hz des Brainwprx bx_1 stellen die einzigen EQ-Korrekturen auf dem Masterbus dar. Entgegen der sonst hier häufig eingesetzten Stereoverbreiterung folgt als finaler Limiter der brainworx bx XL V2, der es ermöglicht, Mitten- und Seitensignale getrennt voneinander zu limitieren, um auf diesem Weg das Signal auch breiter klingen zu lassen. Viel Spaß beim Experimentieren!

 Roosevelt

Hinter dem Projektnamen Roosevelt steckt der DJ, Producer und Multiinstrumentalist Marius Lauber, der zunächst erste Erfahrungen im Musikbusiness als Schlagzeuger der Indierockband Beat! Beat! Beat! sammelt, bevor es ihn aus seiner Heimatstadt Viersen nach Köln verschlägt. Hier kommt er schnell mit der hiesigen elektronischen Szene in Kontakt und ruft 2011 Roosevelt ins Leben. 2012 präsentiert Lauber seine erste Single Sea auf YouTube, die das Interesse von Hot-Chip-Mitglied Joe Goddard weckt, auf dessen Label Greco-Roman er fortan veröffentlicht. 2013 erscheint die EP Elliot, 2016 folgt das selbstbetitelte Debütalbum. Für den Mittzwanziger geht es weiterhin steil aufwärts, der britische Guardian machte Roosevelt bereits zur New Band of the day, Supportshows für Sohn und Hot Chip, Festivalauftritte auf dem MELT! oder Dogville folgten, mittlerweile spielt er international eigene Headliner-Touren.

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