Lauschangriff

32 Mikrofone im Vergleich für Schlagzeug-Raumaufnahme

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Raummikrofone sind ein sehr wichtiger Bestandteil der Schlagzeugaufnahme. Sie bilden das gesamte Schlagzeug ab und lassen damit die restlichen nah-mikrofonierten Komponenten als ein Ganzes erklingen. Meist wird durch eine extreme Nachbearbeitung der Raumsignale ein druckvolles und dreidimensionales Klangbild erreicht, was in dieser Form nicht durch einen künstlichen Hall simuliert werden kann. In diesem Lauschangriff widmen wir uns dem Vergleich von verschiedenen Mikrofonen bei der Schlagzeug-Raumaufnahme. Insgesamt standen 32 unterschiedliche Modelle für die Aufnahme der Klangbeispiele zur Verfügung. Aufgrund der besseren Übersicht werden die Mikrofone in diesem Artikel in Kondensator-, Grenzflächen- und Bändchenmikrofone gruppiert.

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Intro

Um eine Schlagzeugaufnahme zum Leben zu erwecken und einen dreidimensionalen Klangeindruck zu erzeugen, sind Raummikrofone unabdingbar. Auch wenn der Aufnahmeraum nicht die optimalen Anforderungen erfüllt, können Raummikrofone der Aufnahme einen gewissen Charakter hinzufügen. Oft stellen sie das Bindeglied dar, das die anderen Mikrofonsignale der Trommeln und Becken zusammenschweißt. Dabei werden ein Mono-Raummikrofon, oder zwei Raummikrofone in einer Stereoanordnung, den restlichen Signalen parallel hinzugemischt und ändern den Grundklang der Mischung recht deutlich. Wenn dazu eine starke Nachbearbeitung des Frequenzgangs und der Dynamik der Raumaufnahmen erfolgt, entsteht noch mehr Tiefe.

Häufig kommt es vor, dass verschiedene Setups von Raummikrofonen gleichzeitig aufgenommen werden, da mit jedem Mikrofon oder Mikrofonpärchen ein anderer Zweck verfolgt werden kann. Nahplatzierte Mikrofone dienen eher dem „Kitten“ des gesamten Schlagzeugs, während weiter entfernte Mikrofone eine Art des natürlichen Halls sind. Gerade die Mikrofonwahl ist bei Raummikrofonen entscheidend. Sollen diese stark bearbeitet werden, sind durchsichtige Höhen und viel Beckenklang weniger von Vorteil, da diese durch die Bearbeitung meist überpräsent wirken. Wird jedoch ein natürlicher „Hallraum“ gewünscht, müssen die Raummikrofone der realistischen Übertragung der Signale natürlich nachkommen und sollten keinen stark veränderten Frequenzgang aufweisen.

In dem Vergleich wurden die Aufnahmen mit einem Mono-Setup gemacht, das in etwa 1,4 Meter Höhe zentral vor dem Schlagzeug stand. Die Entfernung zum Set betrug dabei ungefähr vier Meter. Leichte Positionsunterschiede kamen aufgrund dessen zustande, dass die Spuren von bis zu acht Mikrofone gleichzeitig in einem Aufnahmedurchgang aufgezeichnet wurden und die Ausrichtung der großen Mikrofongehäuse nicht an derselben Stelle möglich war. Die Aufnahme der Klangbeispiele fand im Kölner Gotteswegstudio A statt, wo der Millennia HV-3R Mikrofonvorverstärker als transparente Referenz diente. Details zur Aufnahmesession können dem Drum-Recording Artikel der Ausgabe 07/2016 von Sound & Recording entnommen werden. Alle Klangbeispiele und weitere Artikel zur Mikrofonierung der anderen Schlagzeug-Komponenten findet ihr hier.

Kondensatormikrofone

Grenzflächenmikrofone

Bändchenmikrofone

In der folgenden Liste taucht auch das dynamische Tauchspulenmikrofon SM57 der Firma Shure auf, da es das einzige Mikrofon seines Typs in diesem Vergleich war.

 

Die Top-5 der Session

An der Overhead-Position sind uns folgende Mikrofone in der Session besonders aufgefallen:

Beyerdynamic MC840 (mitte): Das Großmembran-Kondensatormikrofon von Beyerdynamic lässt die Trommeln sehr kraftvoll und attack-reich wirken, was uns zusagt. Die Becken stehen eher im Hintergrund und der Klang des Aufnahmeraums ist recht gut wahrnehmbar. Es sind keine aufdringlichen Präsenzen zu hören und die Höhen schimmern lediglich am oberen Ende des Frequenzspektrums durch. Shure KSM32 (unten links): Der Großmembran-Allrounder von Shure weist viel vom Raumklang auf und überträgt das gesamte Schlagzeug recht neutral. Bass- und Snaredrum wirken sehr direkt und stehen bei anschließender Kompression deutlich vor den Becken und dem restlichen Schlagzeug-Set. Für den Einsatz als Raummikrofon bei einer Schlagzeugaufnahme ist das KSM32 also ebenfalls ein guter „Allrounder“.
Sennheiser 8040 (oben mittig): Das winzige Sennheiser MKH8040 hat es als Kleinmembranmikrofon in unsere Top-5 Liste geschafft. Der Raumklang und das Schlagzeug-Set klingen bei den meisten Kleinmembranern sehr natürlich und realistisch, doch da das 8040 etwas dunkler wirkt, ist die HiHat nicht so überpräsent. Mit dieser Kombination kann eine optimale Raumaufnahme für das Schlagzeug entstehen, die im Mix noch viele Optionen offen lässt.
Coles 4038 (oben rechts): Das massive Bändchenmikrofon wirkt im ersten Moment recht dumpf, transportiert jedoch den Klang der Trommeln und den Raumklang sehr gut. Gerade wenn hier starkes Limiting eingesetzt wird, hat man in der Mischung kaum mit „hochgepumpten“ Crash-Becken und zu vielen Höhen zu kämpfen. Royer R-121 (rechts, horizontal): Das Royer R-121 liefert einen sehr tighten und attack-reichen Klang der Schlagzeug-Trommeln. Aufgrund des etwas geringeren Beckenanteils haben wir uns für die passive Version der R-Serie im Gegensatz zum aktiven R-122 entschieden. Doch grundsätzlich wird man mit den Royer Mikrofonen für die Raumaufnahme keine schlechte Wahl treffen.

Outro

In der Top-5 Liste der Raummikrofone unserer Session sind deutliche Unterschiede wahrzunehmen. Während die meisten Kondensatormikrofone durch eine realistische und klare Übertragung des Schlagzeugs im Raum bestechen, so kann dies teilweise die Nachbearbeitung erschweren. Sind Signalanteile überbetont, wird eine starke Kompression erschwert und das Signal verlangt meist nach einer extremeren Bearbeitung mit dem Equalizer.

Die Gruppe der Bändchenmikrofone schneidet insgesamt sehr gut ab, da diese gerade die oberen Mitten und hohen Frequenzen nicht so betont abbilden.  Es hängt demnach natürlich davon ab, wie die Raummikrofone in der Aufnahme eingesetzt werden sollen. Ein Ansatz wäre, mit einem Mono-Raummikrofon zu arbeiten, da stark bearbeitet wird und daher idealerweise ein Bändchen- oder ein „dunkleres“ Kondensatormikrofon wäre. Ein zweites Setup könnte aus einer Stereoanordnung mit detailliert klingenden Kondensatormikrofonen bestehen. Diese sollten etwas weiter vom Schlagzeug entfernt positioniert werden, um fast ausschließlich das diffuse Schallsignal abzubilden. Mit diesen beiden Raummikrofon-Signalen bliebe die Mischung noch sehr flexibel und vereinigt das Beste aus beiden Mikrofonierungsansätzen.

Aber probiert es bei der nächsten Schlagzeugaufnahme einmal selbst aus. Und wenn einige Mikrofone dieses Vergleichs einen guten Eindruck hinterlassen haben, dann versucht diese selbst in die Hand zu bekommen. Da jedes Schlagzeug und jeder Raum anders klingen, sollte der Klangeindruck definitiv mit dem eigenen Setup bestätigt werden.


Alle getesteten Mikrofone im Überblick

Kondensatormikrofone:

  • AKG C414BULS Room
  • AKG C414XLII Room
  • Beyerdynamic MC840 Room
  • Brauner Phantom Room
  • DPA 4011C Room
  • Gefell M930 Room
  • Gefell MT71 Room
  • Lewitt LCT550 Room
  • Lewitt LCT640 Room
  • Milab DC196 Room
  • Mojave M301 Room
  • Neumann TLM103 Room
  • Neumann TLM170 Room
  • Neumann U87AI Room
  • Schoeps MK4 Room
  • Schoeps V4 Room
  • Sennheiser MK4 Room
  • Sennheiser MKH8040 Room
  • Shure KSM32 Room
  • Shure KSM137 Room
  • Telefunken M60Fet Room

Grenzflächenmikrofone

  • Beyerdynamic D71 Room
  • Sennheiser e901 Room
  • Shure Beta91 Room

Bändchenmikrofone

  • AEA N22 Room
  • AEA R84 Room
  • Beyerdynamic M160 Room
  • Coles 4038 Room
  • Royer R121 Room
  • Royer R122 Room
  • Royer SF2 Room
  • Shure SM57 Room

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