5 Jahre 3er-Audio

Zu Besuche bei Nils Dreyer − Professioneller Audio-Dienstleister

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Nils Dreyer − Professioneller Audio-Dienstleister 3er-Audio(Bild: Dirk Heilmann)

Nils Dreyer repariert seit mittlerweile fünf Jahren Audiotechnik. Seine Firma 3er-Audio hat ihren Sitz bei ihm zu Hause, in Overath im Rheinisch-Bergischen, unweit von Köln. Die Straße Südhang beschreibt den Ort, an dem wir den sympathischen Hardware-Enthusiasten treffen: Grün, Hanglage, Kuhduft, Idylle bei strahlendem Sonnenschein. Für uns Städter eine willkommene Entschleunigung, um über Röhrentechnik, Elkos und Audiomythen zu sprechen.

In seinem Studio macht Nils nichts Kommerzielles, sondern mischt ab und an Bands aus seinem Bekanntenkreis. »Ich kann meinen Kunden − also den Studiobetreibern, deren Technik ich repariere − ja nicht die Kunden wegnehmen. Deshalb sehe ich mich nicht als Engineer, sondern als Service-Dienstleister. Aber eigentlich komme ich ja aus dem Recording-Bereich. Ich hab zuerst ein Praktikum im Sound Studio N in Köln Bickendorf gemacht und mich dort vom Assistenten zum Engineer hochgearbeitet und auch Produktionen gefahren«, erklärt Nils. Der Reparatur-Service ist erst viel später entstanden, nachdem Nils als Angestellter bei einer Firma die technische Seite von Studios geplant und gebaut hat. »In der Zeit kam ich natürlich viel mit Elektronik in Berührung und hab auch schon mal das ein oder andere Gerät repariert.«

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Danach arbeitete Nils bis 2012 für den Hersteller Solid Tube Audio an einem gigantischen Röhrenpult. Das Unternehmen gehörte Musikproduzent Helmuth Rüssmann, der unter anderem die Hits von Wolfgang Petry produziert hat. »Der ursprüngliche Plan war, ein Pult komplett aus alten Rundfunk-Kassetten zusammenzubauen. Das Pult gibt es auch nur ein einziges Mal auf der Welt. Je weiter wir da in der Produktion kamen, desto mehr wurde klar, dass es mit den Rundfunk-Kassetten nicht funktionieren wird. Das waren 56 Kanäle komplett in Röhrentechnik, jeder Kanalzug war ein kompletter Channelstrip und hatte 26 Röhren! (lacht)

Im Grunde war der Funktionsumfang wie bei einer SSL, nur komplett in Röhrentechnik. Das war ein unfassbares Projekt! Als wir dann 2012 fertig waren, hatte natürlich keiner mehr Geld, um sich so ein Pult zu leisten. Der Preis hätte wohl bei ca. einer Million gelegen. Wir hatten auch einen 5-Band-Röhren-Stereo-EQ gebaut, den ETNA E1, der sich auch ein paar Mal verkauft hat. Wir haben davon vielleicht 20 gebaut. Der klingt richtig gut, hat nur den Nachteil, dass die Potis nicht gerastert waren. Der hat ca. 7.000 gekostet. Das war schon ’ne coole Zeit, in der ich sehr viel gelernt habe.«

Nils Dreyer − Professioneller Audio-Dienstleister 3er-Audio
Nils Dreyer und Marc Bohn (Bild: Dirk Heilmann)

Man könnte glauben, dass durch solch ein Projekt viele Kontakte zur Branche entstehen, was für Nils jetzige Tätigkeit als Service-Dienstleister sicherlich von Vorteil gewesen wäre. Doch Nils sagt: »Die Arbeit dort war wirklich wie auf einer einsamen Insel mit kaum Kontakt zur Außenwelt. Wir waren eben eine Entwicklerbude. Als ich mich dann 2014 selbstständig gemacht habe, musste ich erstmal Klinken putzen, da ich auch die ganzen Kontakte von früher nicht mehr hatte. Mein Plan war zu Beginn auch eigentlich, nicht nur Service zu machen, sondern auch die Technik in Studios zu planen und zu bauen. Aber da habe ich schnell festgestellt, dass die meisten selbst ein Interface an einen Laptop und die Studiomonitore anschließen können! (lacht) Seitdem habe ich vielleicht vier Studios gebaut.

Jetzt repariere ich eigentlich alles an Studiotechnik. Für Grace Design, einen amerikanischen Edelhersteller, übernehme ich zum Beispiel den Europa-Service − die haben Mikrofonvorverstärker und Monitor-Controller im Programm. Neulich hatte ich auch einen Summenkompressor von API hier zur Reparatur. Es kommen aber auch ganz viele Ureis rein. Nach dem 1176er-Special in der SOUND&RECORDING-Ausgabe 12.2017, wo ich euch unterstützt hatte, kam sogar einer aus Hamburg auf mich zu, und hat mir Stück für Stück seine ganze Sammlung zur Wartung und Reparatur geschickt. Der hatte bestimmt zehn Stück.

Im Prinzip tausche ich bei den Ureis erst mal die Elkos aus, die fangen irgendwann an auszulaufen, verlieren ihre Kapazität und erzeugen dadurch einen Kurzschluss. Im schlimmsten Fall würde dir das Ding dann um die Ohren fliegen. Saubermachen und kalibrieren, das war’s! Wenn die Ureis hier ankommen, sind die Elkos kurz vor dem Auslaufen, deshalb liefert das Netzteil auch nicht mehr den Strom, den es sollte. Das heißt, das Gerät läuft völlig aus dem Ruder. Und gerade die älteren Geräte sind bei solchen Sachen sehr kritisch. Wenn beispielsweise bei einem 1176 die Platine dreckig ist, bekommt man den nicht abgeglichen. Tauscht man dann die Bauteile und bringt ihn auf ›Original-Zustand‹, klingen die Dinger auch wieder gut!

Ach so, es redet ja jeder von dem 1176-Sound. Ich kann euch sagen, von den 20 oder mehr, die ich bisher hier zur Reparatur hatte, klang jeder anders!

Bei Mikrofonen ist es oft so, dass, wenn die Kapsel dreckig ist und du reinsprichst, die Kapsel sofort weggeht. Die Feuchtigkeit und der Dreck erzeugen einen Kurzschluss der Kapsel. Wenn es dann trocken wird, funktioniert die Kapsel wieder. Für Sprachaufnahmen und Gesang ist das Mikrofon dann aber trotzdem ungeeignet.«

Auf die Frage, was seine größte Herausforderung bisher war, antwortet Nils mit einem Schmunzeln: »Da sitze ich gerade noch dran! Da geht es um die Wartung einer SSL 9000, wo schon ewig keiner mehr dran war. Zuerst dachte ich, das Ganze ist eine Nummer zu groß für mich, da ich nicht wirklich der Elektroniker bin; ich hab das ja auch nicht gelernt, sondern mich mit Logik und Fleiß da reingefuchst. Es gibt bestimmt Stellen, die ein gelernter Elektroniker vielleicht schneller durchschauen würde, aber vieles lässt sich auch einfach mit einem Oszilloskop messen, das ist im Prinzip kein Hexenwerk. Die Erfahrung ist allerdings an dieser Stelle auch sehr wichtig. Oft sieht man aber auch, wenn ein Bauteil verschmort ist, das ist dann wie eine Alarmsirene, die darauf zeigt, was kaputt ist.

Nils Dreyer − Professioneller Audio-Dienstleister 3er-Audio
In diesem U87 hat das Metallteilchen einen Kurzschluss verursacht und ein Störgeräusch erzeugt. Woher das Teil kommt, weiß Nils nicht genau. Es ist wahrscheinlich ein Überbleibsel von der Batterie-Halterung, die bei diesem Exemplar irgendwann ausgebaut wurde. (Bild: Dirk Heilmann)

Aber du hattest mich ja nach der Herausforderung gefragt: Ich habe dann die Wartung der SSL angenommen und bin da jetzt dran. Als ich anfing, ging ziemlich wenig. Mittlerweile funktionieren von 40 Kanälen 34 wieder richtig gut. Je weiter man jetzt fortschreitet, desto schwieriger wird’s, da daran ja ständig weitergearbeitet wird. Deshalb kümmert man sich zuerst um die Sachen, die schnell gehen. Das Problem ist bei dem Pult, dass es Tag und Nacht läuft, also ständig an ist und unfassbar heiß wird. Wenn man dort die Kanäle rausnimmt, kann man die kleinen Fader kaum anfassen, so heiß werden die. Die Kabel sind durch die enorme Hitze über die Jahre total spröde geworden. Bei jeder kleinsten Berührung könnten die brechen. Wenn dann so eine Leitung bricht, setzt man eine neue ein, baut den Kanal wieder ein und probiert aus. Jetzt sind wir an einem Punkt, wo es Kanalzüge gibt, in denen mehrere Fehler sind, und man verschiedenes repariert, ausprobiert und dann feststellen muss, dass er immer noch nicht funktioniert, und weitersuchen muss. Da werde ich wohl noch ein paar Mal hin, aber wir sind da auf einem guten Weg.«

Geduld und Ruhe scheinen in Nils’ Job eine große Rolle zu spielen, und er gesteht: »Ich hatte ein Netzteil von einem Pult zur Reparatur, daran bin ich fast verzweifelt. Das Netzteil war so verbaut, dass ich immer, um eine Kleinigkeit zu checken, das komplette Netzteil zerlegen musste. Wenn ich dann was gelötet und repariert hatte, musste ich es komplett wieder zusammenbauen, um es zu testen. Da habe ich irgendwann gesagt: ›Wenn das jetzt nicht der Fehler war, werfe ich das Teil aus dem Fenster!‹ « (lacht)

Zur Verwendung von originalen Bauteilen hat Nils eine ganz klare Meinung: »Originale Teile zu bekommen, kann man sich fast abschminken. Es gibt Leute, die New-Old-Stock-Sachen anbieten, davon halte ich, ehrlich gesagt, nichts. Bei Röhren ist es mit Sicherheit nicht schlecht, die haben kein Verfallsdatum und halten ewig. Bei Kondensatoren ist das anders, die altern, egal ob sie im Regal liegen oder eingebaut sind. Wenn ich jetzt einen Elko habe, der 30 Jahre im Regal lag, brauche ich den gar nicht einzubauen, denn der ist kaputt! Ich habe neulich irgendwo gelesen, dass jemand originale Kondensatoren von einem älteren Gerät bekommen hat. Da kann ich nur den Kopf schütteln.

Nils Dreyer − Professioneller Audio-Dienstleister 3er-Audio
Leicht ausgeblühter Elko (Bild: Dirk Heilmann)

Die Bauteile, die ich hier tausche, sind dazu da, die Spannungen und den Strom vernünftig zu liefern. Diese Bauteile bekommst du heute überall. Der Röhre ist ziemlich egal, welcher Elko ihr den Strom liefert, für sie muss er nur sauber und ohne Störungen sein. Wenn man dann einen alten von Philips hat, der nicht mehr richtig funktioniert, und einen neuen von Panasonic, gefällt der Röhre mit Sicherheit der neue besser. Klar, Röhren klingen unterschiedlich. Aber es gibt gewisse Bauteile, wo ich behaupte, dass man keinen Unterschied hört.

Bei Audio ist die Spannungsversorgung das Allerwichtigste. Wenn die nicht gut ist, kann man alles andere vergessen. Ich bin schon in Studios gerufen worden, wo alles fiepte; Abhöre, Pult, einfach alles! Keiner wusste, woran es lag. Ich hab dann vor Ort gemessen und hatte bei 7 kHz einen riesen Ausschlag. Ich habe dann vieles ausprobiert und irgendwann stellte sich heraus, dass es an dem Schaltnetzteil eines 500er-Racks lag. Das hatte einfach eine Macke und das gesamte Studio lahmgelegt. Die kann man mit 80 bis 300 Volt betreiben, das ist denen völlig egal. Die liefern allerdings weder einen sauberen Strom noch halten sie ewig. Meiner Meinung nach ist diese Lösung keine gute Idee.«

Guter Sound entsteht bei der Reparatur

»Kommt Jungs, jetzt trinken wir mal einen Kaffee!« Unser Besuch bei Nils endet mit einer Unterhaltung über Studioverkabelung, zu der Nils auch ganz klar eine Meinung hat. Für ihn gibt es Kabelhersteller, deren Produkte er bevorzugt. Das hat aber keinen klanglichen Hintergrund, sondern liegt daran, wie gut Nils sie verarbeiten kann. Da spielen Mantel und Schirm eine Rolle und unter anderem, wie gut sich Schrumpfschlauch und Stecker daran festmachen lassen. Nils ist also gewiss kein Esoteriker, er vertraut seinem Oszilloskop, seinen Ohren, und liefert seinen Kunden das, was sie wollen: eine Reparatur ihrer Hardware, um weiterhin Musik mit gutem Sound zu produzieren!

www.3er-audio.de

Kommentare zu diesem Artikel

  1. Hallo,

    Die Manger Abhöre steht im eigenen Studio – oder ist es ein Kunde?
    Ich frage deshalb, weil kaum jemand Manger nutzt, ich aber sehr viel von denen halte. Auratones kommen zwar ran, ist aber nichts für Bass und Bd.

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    1. Hallo,
      das ist das Studio von Nils Dreyer und auch seine Abhöre.
      Lieben Gruß

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    2. Hallo sanwood, es sind meine Manger Abhöre. Ich bin absolut überzeugt davon.

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