Kolumne mit Peter Walsh

“Wissen Sie eigentlich wer ich bin?”

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»Du bist Peter Walsh!«, rief mir ein Mann aufgeregt entgegen, während er sich umdrehte, um meine Hand zu schütteln.

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»Das stimmt«, erwiderte ich, ziemlich überrascht. Hatte ich diese Person doch noch nie zuvor gesehen.

»Ich habe dich in dieser Simple-Minds-Doku auf YouTube gesehen, sehr cool«, ergänzte er, denn er merkte, dass er erklären musste, warum er mich kannte. Erkannt zu werden ist nichts, was ich gewohnt bin. Ich habe mich selbst immer als einen dieser Jungs betrachtet, die im Hintergrund arbeiten und hinter der Kamera agieren; es ist also eine seltene Situation, wenn ein Fremder meinen Namen kennt. Aber mit dem Aufkommen der Sozialen Medien strahlt das Spotlight auch immer öfter auf mich.

So muss das Leben also für »echte« Promis sein, dachte ich. Erkannt zu werden ist etwas, dass die Reichen und Berühmten erleben, sobald sie einen Schritt vor die Tür machen – einige lieben es, andere können es nicht ausstehen. Ich habe es während meiner Karriere schon einige Mal erlebt: am Heathrow Airport mit Stevie Wonder, in einer Hotellobby mit Peter Gabriel, in einer Düsseldorfer Kneipe mit Vom Ritchie. Wenn man mit einem VIP unterwegs ist, kommt es schon häufig vor, dass man in ein Gespräch verwickelt und nach einem Autorgramm gefragt wird.

Die meisten Stars kommen aber gut damit klar, dass sie erkannt werden und können sich sogar ärgern, wenn man sie mal nicht kennt. Daher die wohl bekannte Phrase:

»Wissen Sie eigentlich, wer ich bin?«

Typischerweise wird sie genutzt, wenn sich entsprechende Personen in einer kompromittierenden Situation wiederfinden und eine Sonderbehandlung wünschen. Den eigenen Namen fallen zu lassen kann dich, wenn du berühmt genug bist, aus so manch einer verzwickten Lage befreien.

Der amerikanische Singer/Songwriter Paul Simon singt in seinem Song Wristband davon, von seinem eigenen Konzert ausgeschlossen worden zu sein, nachdem ihn einer der Securities nicht erkannte. »Ohne Armband kommst du nicht durch die Tür«. Es ist ein wunderbarer Song, der sich mit den weiten Problemen der Inklusivität und den Unprivilegierten befasst.

Ich selbst hatte mich ebenfalls schuldig (sehr schuldig!) gemacht, als ich einmal ein sehr bekanntes Gesicht der Popmusik nicht erkannte. In den 90ern, als ich in Georg Martins Air Studio in Oxford Street gearbeitet hatte, mitten in einer kniffligen Session, steckte ein Typ seinen Kopf in den Control-Room und fragte, ob es okay sei, dass er seine Gitarre noch hole, die er letzte Nacht hier im Studio stehengelassen hat.

»Nur, wenn du dich wirklich beeilst!«, sagte ich mit leicht gehobenem Ton – meine Frustration darüber, gestört zu werden, war unüberhörbar. Und erst, als er sich der Konsole näherte, bemerkte ich, welch unangenehmer Fehler mir gerade passiert war. Der Mann, der eilend auf mich zu schlurfte, war niemand Geringerer als Sir Paul McCartney.

»Oh! S…, s…, sorry Paul, bitte lass dir Zeit, nur keine Hektik«, stotterte ich entschuldigend. Eigentlich wollte ich noch sagen: »Komm rein, nimm dir ne Tasse Tee, lass mal quatschen, und hast du Lust auf ein paar Backing-Vocals?«, aber es war zu spät, blitzschnell war er wieder weg.

Man sagt, du hast nur eine Chance im Musikbusiness, und ich hatte sie soeben wirklich und sicher vermasselt.

Und das führt mich zu einem anderen großen Namen, Alejandro Sanz, der, laut AllMusic der kommerziell erfolgreichste spanische Sänger aller Zeiten ist. Ich hatte die Ehre, sein letztes Album aufzunehmen und zu mixen. Er gewann bereits 22 Latin Grammy Awards, und nun hoffe ich, dass er den 23. mit dem Album gewinnt, an dem ich jüngst mitgearbeitet habe. Ich traf ihn kürzlich bei einem seiner Konzerte in A Coruña in Spanien.

Peter mit Sound-Engineer Fernando Diaz am FOH-Platz einer Show von Alejandro Sanz

Bei meiner Ankunft bekam ich einen AAA-Pass (Access All Areas) – der wohl begehrteste Gäste-Pass des Planeten. Wenn du ihn hast, weißt du, dass du ein wirklich besonderer Gast bist! Dank diesem magischen Schlüssel konnte ich mich komplett frei bewegen – im Bühnenbereich, Backstage, in der Garderobe und sogar bei der After-Show-Party. Wahrscheinlich könnte man mit dem Pass sogar mit ins Flugzeug, wenn man es drauf ankommen lassen würde! (Bitte lasst es nicht drauf ankommen …)

Ich war eingeladen, die Show vom FOH-Platz der 10.000-Plätze-Arena zu verfolgen. Neben dem sehr talentierten Sound-Engineer Fernando Diaz stehend und umringt von tausenden Alejandro-Fans zu sein, das macht schon etwas mit einem, und ich habe mich gleich ziemlich wichtig gefühlt und etwas stolz. Ein Gefühl, das sich noch während des Konzertes verstärkte, als ich nämlich bemerkte, dass einige Leute mir zugewunken und Bilder in meine Richtung gemacht haben.

Am Ende der Show, als ich zurück in die Abgeschiedenheit der Backstage-Area wollte, wurde ich von einigen Fans nach Selfies gefragt. Das machte wieder andere aufmerksam auf mich, und im Nu war ich umringt von sicher 30 Fans, die alle ein Bild mit mir machen wollten.

Da ich den ganzen Trubel um meine Person weder gewohnt bin noch nachvollziehen konnte, fragte ich, was all die Aufregung solle. »Wisst ihr eigentlich, wer ich bin?«, fragte ich in die Runde. »Si, claro!«, kam zur Antwort. »Du bist Sting!«

Und ich brachte es nicht übers Herz, ihnen zu sagen, dass ich es nicht bin. Ein weiterer klassischer Fall irrtümlicher Identität, die für die Dauer der Zeit Spaß gemacht hat.

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