Kolumne mit Peter Walsh

What are you »syncing« about? – Just do it

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Jim Meacock (l.) und Mark Garfield

Hast du dich schonmal gefragt, was du tun müsstest, damit deine Musik in einem Film zu hören ist? Wie wäre es, deinen letzten im Lockdown produzierten Song gebührend in Szene zu setzen? Könnte es vielleicht der Titelsong des nächsten großen Netflix-Serien-Hits werden, einer großen TV-Show oder gar – um mal ganz verrückt zu denken – des nächsten Aldi-Werbespots?

Egal welche Musik, egal für welchen Zweck – warum nicht die letzte Produktion nochmal etwas aufpolieren und versuchen, damit etwas zu starten? Mit der Masse an visuellen Medien, die uns heute umringen, gab es wohl nie einen günstigeren Zeitpunkt, die eigene Musik auch zu Geld zu machen. Namentlich meine ich das Sync-Licensing-Business.

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Für jene, die davon noch nichts gehört haben: Die Sync-Lizenz ist, vereinfacht gesagt, ein Vertrag zur Synchronisierung von Musik mit Film, TV-Shows, Games, Werbung oder anderem visuellen Content. Wo auch immer das Wort »sync« auftaucht, denken die Leute zumeist nur an die wirklich großen Fische, wie das nächste James-Bond-Theme oder die Eröffnungsmusik für die Olympischen Spiele. Aber mit einer Sync-Lizenzierung kann deine Musik in nahezu jedem Setting verwendet werden, inklusive all jener Möglichkeiten hinter den großen Fischen. Es muss ja nicht immer gleich der Titelsong sein. Mit der Sync-Lizenzierung erhöht jeder Komponist eines jeden Genres und Levels seine Chancen signifikant – schließlich sind solche Aufträge nicht nur für die Hans Zimmers dieser Welt reserviert. Und wie wir wissen, müssen wir alle irgendwo anfangen.

Music-Supervisoren halten ständig Ausschau nach neuer Musik. Diese sind typischerweise angestellt bei Film/TV-Produktionsstätten oder Werbeagenturen, und es ist genau ihr Job, die richtige Musik für ein bestimmtes Projekt zu finden – die Musik, die genau auf eine Szene passt oder eine Sequenz ergänzt. Das mag für die allabendlichen Sportnachrichten oder die Hintergrundmusik einer Clubszene sein. Die Möglichkeiten sind endlos. Außerdem sind sie sogar dafür verantwortlich, die Rechtefragen zu klären: Wer schrieb es? Wer besitzt es? Wer spielt dabei? Etc.

Der einfachste, schnellste und zweifelsfrei günstigste Weg, den sie dabei gehen, ist es, ein Musikstück zu lizenzieren, das »ready to go« ist. Oft auch bezeichnet als »One Stop«, was bedeutet, dass es mit allen Copyrights und Berechtigungen bewilligt wird, die Nutzung geklärt und an keine weiteren Forderungen geknüpft ist. Wie aber kommt man an diese Musik-Supervisoren ran – an die »Gatekeepers«, wie sie auch oft genannt werden? Es zu schaffen, dass diese Leute deine Musik haben wollen, kann dein Leben verändern.

Ok, du kannst den langen Weg gehen und sie kontaktieren (und das auch nur, wenn du weißt, wer sie sind). Oder du trägst dich bei einem Sync-Vermittler ein und lässt sie den Rest für dich machen! Mark Garfield ist ein solcher: Er ist Co-Gründer von Pop-Up Music, ein unabhängiges Sync-Unternehmen in London, das sich darauf spezialisiert hat, jegliche Art von Musik zu vermitteln.

»Wir sind wie eine Auffangstation für jegliche verwahrlosten und obdachlosen Songs, um sie mit neuem Leben zu füllen«, sagt Mark. Starke Worte, die aber untermauert werden durch drei langvergessene Italo-Western-Songs, die im letzten Tarantino-Streifen Once Upon A Time in Hollywood wieder Verwendung fanden.

Marks musikalische Reise begann Mitte der 80er im zarten Alter von 14 Jahren, als er bei Auftritten mit Vaters Bluesband begeisterte. Da gab es diesen einen Punkt während der Auftritte, als er – angeheizt durchs Publikum oder auch der Band selbst – plötzlich aufsprang und spontan ein Drumsolo performte. Das hat funktioniert – zumindest für eine Zeit.

Das mit den Schlagzeugsoli funktioniert wohl nur so lange, bis man mehr vom Leben erwartet, und daher gründete er 1990 seine eigene Band Grace in Danger. Damit gewannen sie den prestigeträchtigen Rock-Wars-Preis der BBC, nahmen ein Album auf und tourten mit Ian Gillan von Deep Purple durch UK. Vier Jahre später trennte sich die Band – oder um es in Marks Worten zu sagen: »Sie explodierten nach spektakulärer Spinal-Tap-Art.«

Die folgenden Jahre waren ein Auf und Ab. Er trommelte in Bands, mit denen es weder vorwärts noch rückwärts ging. Realisierend, dass er nicht der nächste Steve Gadd werden würde, entschied er sich schließlich, sich auch in Richtung Songwriting und Producing zu bewegen. Im Alter von 38 beschloss er schließlich, seine Drumskills aufzupolieren und schrieb sich an einer der renommiertesten Musikhochschulen UKs für Drumtech ein.

Zum Glück wurde in dem Studiengang einiges mehr gelehrt als Paradiddles: Es gab praktische Kurse in Studios über Recording-Techniken, und selbst die Business-Seite dieser Industrie wurde beleuchtet – Recording-Verträge, Veröffentlichungs-Deals, Lizenzen, Verhandlungstaktiken und sogar Photoshop – alles was nötig war, damit er seinen eigenen Verlag gründen konnte. Das war der Wendepunkt seiner Karriere.

Über die letzten fünf Jahre hat Mark – zusammen mit Co-Gründer Jim Meacock – eine riesige Musik-Library aufgebaut, die selbst in den entlegensten Ecken dieser Welt Gehör findet. »Unser Angebot ist extrem weitreichend«, erklärt Mark. »Hier haben wir Amerikanischen Jazz der 1920er-Jahre zum einen und Kambodschanischen Surf-Rock der 60er-Jahre zum andern. Außerdem natürlich Synth-Pop, Hip-Hop, Indie und unendlich viel weitere Vintage-Sachen.« Nicht zu vergessen natürlich die Italo-Western-Sachen.

Jim Meacock und Mark Garfield zusammen mit ihrem besten Freund Will bei der Londoner Premiere von Once Upon A Time.

Ein weiterer erfolgreicher Sync-Deal gelang mit einigen Tracks über Pop-Up in Michelle Obamas Kinder-Kochsendung Waffles + Mochi auf Netflix. Mark erzählte, er hat dazu eine E-Mail aus dem Obama-Office bekommen, in der ihm für seine Dienste gedankt wird. Ich denke, das ist wahrscheinlich eben so viel Wert wie einen Grammy zu gewinnen.

Betrachtet man all diese verschiedenen Anwendungsbereiche für all diese verschiedenen Musik- Genres, dann ist es gut vorstellbar, dass auch genau deine Musik inmitten des weiten Spektrums von Styles und Einflüssen perfekt passen wird. Mark: »Bei jedem Song, der reinkommt, fragen wir uns zwei Sachen: Lieben wir den Track, und mit welcher Art Sync könnte es funktionieren?« Ist er erst einmal im Pop-Up-Katalog, besteht die Chance, dass ihn jemand nutzen will, und das für immer. Das ist besser als ein Lotto-Jahres-Los.

Die Frage ist natürlich, welche Art von Deal erwartet einen, wenn man bei einem Sync-Agent wie Pop-Up unterschreibt? Oder anders ausgedrückt: Was gibt es zu verlieren? Als relativ unbekannter Songwriter kannst du standardmäßig mit einem 50/50-Deal rechnen. Etabliertere und gut bekannte Songwriter können mit einem Deal bis zu 70/30 rechnen. Das Veröffentlichen kann etwas komplizierter sein, je nachdem, was man unterschreibt: Soll die Sync-Agentur das Managen übernehmen, oder macht man das lieber selbst?

Die Dauer der Lizenz hängt von der Dauer der Nutzung ab. Bei Filmen gilt diese für gewöhnlich ewig, da es nicht geläufig ist, die Musik nachträglich zu entfernen. Anders sieht das bei TV-Shows und Werbung aus, da diese eine viel kürzere Lebensdauer haben – von ca. drei Monaten bis hin zu einem Jahr.

In jedem Fall empfehle ich, vor der Unterzeichnung eine unabhängige Rechtsberatung in Anspruch zu nehmen – bleiben doch immer einige Bedenken, die Rechte an den eigenen Kompositionen abzuschreiben, aber generell ist das Geschäftsmodell nicht allzu schwer zu verstehen, sobald man einmal durchgestiegen ist.

In diesem Sinne: Just do it! Schließ deine Projekte ab, komm mit deiner Idee zum Ende, und fang mit dem Plan an, sie zu vermarkten. Es könnte der Start einer neuen lukrativen Karriere sein, und vielleicht finanzieren die Lizenzen sogar deinen Ruhestand?

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