Über Weltraumfeeling im Arrangement

Walking On The Moon – eine Analyse

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Ja, damals. Damals, als Bands noch jedes Jahr ein Album produzierten, auf Tour damit gingen, dort backstage, im Tour-Bus oder Hotel neue Songs schrieben, ehe sie diesen Zyklus wiederholten. So geschehen mit Walking On The Moon. Geschrieben in einem Hotelzimmer. Betrunken. In München. Okay, sagen wir: Die erste Idee hierfür kam so zustande. Sting hatte das Bass-Riff im Kopf, lief durch den Raum und vertonte im besten Stile der Selbstbeobachtung: »Walking ’round the room.« Im nüchternen Kopf mag man dann auf die Idee kommen: »Moment, das ist mir doch etwas zu profan. Ich möchte nicht darüber singen, wie ich durch den Raum laufe!« Aber welche Art des Flanierens wäre es denn Wert, in einem Popsong der späten Siebziger besungen zu werden? »A Walk in the Park«? Nee, das wäre Achtziger. Einfach nur »I’m Walking«? Wiederum nein, gibt es schon und ist ebenso altbacken wie »Walk the Line«. Doch bevor wir in einer Anthologie über Songs zum Laufen versinken: Klar, Sting machte daraus »Walking on the Moon«.

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Wir überspringen einmal den weiteren Songwriting-Prozess, in den auch Produzent Nigel Gray involviert war, und konzentrieren uns auf eine Analyse des Songs. Vorwarnung: Es kann zu subjektiven Urteilen kommen.

Wenn man sich damals wirklich vornahm, Schwerelosigkeit oder wenig Schwerkraft, Leichtigkeit, etwas Mystery und Freude zu vertonen – ich würde es guten Gewissens als gelungen betrachten: ein über weite Strecken durchgehendes Bass-Riff, das gleichermaßen Anker wie Melodieelement ist, von vorgezogenen Einsen bestimmt einen luftigen (!) Offbeat-Charakter kreiert. Andy Summers’ Gitarre ergänzt Stings Bass dabei sehr geschmackvoll mit den für Summers typischen Modulations-Effekten und jazzigen, spacingen Akkorden. Legendär dabei der erste davon: ein 7sus4-Akkord, sprich: eine Quarte, kein Tongeschlecht, eine kleine Septime.

Tja, und was soll man über Drummer Stewart Copeland groß sagen, wirkt er doch meist über jeden Zweifel erhaben? Seine größte Stärke mag es sein, zahlreiche Genres in seinem Spiel zu vereinen, dadurch auf angenehme Weise »unberechenbar« zu klingen und die Drums zu spielen wie kein anderer. Der Inbegriff des eigenen Stils gewissermaßen.

Gut, zurück zum Arrangement: Der Song läuft, hat seine Bassline mit den spacigen Gitarren und den unorthodoxen Reggae-Drums. Er läuft eine ganze Weile so, und das ist gut und schön, denn er könnte so glatt als rein avantgardistisches Etwas seinen Platz in der Musikgeschichte finden. Doch nein! Nach etwas mehr als eineinhalb Minuten kommt ein Refrain. Und was für einer! Klare, reine Akkorde, eine eingängige Melodie und das Gefühl, zurückzuspulen (oder zurückzuskippen) und mitsingen zu müssen, den Chorus immer wieder hören zu wollen. Tut man dies, nimmt der Hörgenuss mitunter irgendwann ab. Aber nicht, weil sich der Refrain irgendwann als doch gar nicht so gut offenbaren würde, nein. Es ist der Kontrast aus Strophe und Chorus, der Walking on the Moon so angenehm und so genial, so poppig und doch zugleich so avantgardistisch macht. Kommen wir noch zur Technik: Soweit bekannt, sang Sting die meiste Zeit der Police-Aufnahmen mit einem U67 ein. Sollte dies einmal aus dem einen oder anderen Grund unpassend sein, hatte Produzent Nigel Gray ein SM57 als Alternative für die Vocals zur Hand.

Den Bass-Sound suchten sich Sting und Gray dann aus der richtigen Balance zwischen DI-Signal und Amp; auch hier kein Hexenwerk.

Andy Summers’ Gitarren wurden in der Regel mit zwei Amps und drei Mikrofonen abgenommen, wobei eines von diesen weiter im Raum stand. Während die Close-Mics an die Seiten gepanned wurden, blieb das Raum-Mikro in der Mitte.

Das Schlagzeug benötigte normalerweise acht Spuren. Kick, Hi-Hat, Snare, drei Toms und zwei Overheads. Seit Regatta de Blanc stand in Grays Studio eine MCI JH-400B Konsole. Diese war verbunden mit einer MCI 24-Spur-Bandmaschine. Zwar ließ die Plattenfirma damals verlauten, dass sie nach dem Erfolg des ersten Albums durchaus bereit gewesen wäre, ein größeres Studio zu bezahlen, gegebenenfalls mit anderem Produzenten und mehr Equipment, jedoch entschied sich die Band aus Gründen der Unabhängigkeit und Kreativität, im kleinen Studio von Gray zu bleiben. Sie sollte es nicht bereuen.

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