Studiopioniere

Rupert Neve – Seine Geschichte

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Lifetime Achievement Award. “Man of the century”. Mix Magazines Hall of Fame. “Number One Audio Personality” des 20. Jahrhunderts. Wenn von Rupert Neve die Rede ist, fallen Begriffe wie Integrität, Verlässlichkeit, Innovation, Perfektion und Qualität. Als Entwickler und Hersteller von professionellem Recording-Equipment übt Rupert Neve seit nun über sechs Dekaden einen enormen Einfluss auf die Audioindustrie aus. Seine Produkte, darunter Mikrofonvorverstärker, EQs und Mischpulte, setzten immer wieder neue Standards und sind nach wie vor hochbegehrt.

Ruppert Neve
Ruppert Neve

Geboren am 13. Juli 1926 in Devonshire, England verbrachte Rupert Neve einen Großteil seiner Jugend in Buenos Aires, Argentinien. Seine ersten Erfahrungen im Audiobereich sammelte er im Alter von 13 Jahren, als mit Ausbruch des Zweiten Weltkriegs der Bedarf an Radiogeräten rapide zu wachsen begann. Er studierte das “Radio Amateur’s Handbook”, besuchte das lokale Radiogeschäft, um über die Vor- und Nachteile der Komponenten zu diskutieren und machte sich daran, defekte Radios zu reparieren und selbst gebaute Geräte zu verkaufen. So baute er sich bereits in jungen Jahren eine Fülle an praktischem Wissen auf.

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Zurück in England trat der 17-jährige Rupert freiwillig der britischen Marine bei, um seinem Land zu dienen. Nach Kriegsende schließlich ließ er sich in England nieder und nutzte das Erbe seiner Großmutter, um sich einen damals unbenutzten Krankenwagen der US-Armee zu kaufen, den er mit selbst gebautem Equipment in ein mobiles RecordingStudio umfunktionierte. Er zeichnete diverse öffentliche Veranstaltungen, Chorauftritte, Konzerte sowie Opern auf und sorgte mitunter auch für die Beschallung bei der öffentlichen Ansprache von Princess Elizabeth (heute Queen Elizabeth II) im Stadtzentrum von Plymouth. Und auch als Winston Churchill in die Stadt kam, um die politische Kampagne seines Sohnes Randolph zu unterstützen, hatte Rupert ein PA-System mit eigens konstruierten Verstärkern aufgebaut, das das gesamte Stadtzentrum beschallte.

Nachdem er in den 50er-Jahren Erfahrungen in den Bereichen Entwicklung und Herstellung bei Rediffusion, einer der frühen Kabel-TV-Gesellschaften, gesammelt hatte, gründete er ein eigenes Unternehmen, CQ Audio, das in seiner kurzen Existenz bald den Horizont hin zur Welt der Massenproduktion erweiterte. Rupert entwickelte, produzierte und verkaufte Produkte wie Hi-Fi-Lautsprechersysteme, Verstärker sowie Aufnahmeund Wiedergabegeräte für Stereo-Tonbänder, die bereits damals zahlreiche Auszeichnungen und Zuspruch aus der Branche erhielten, wie zum Beispiel von der Royal Society of Arts und dem British Institute of Recorded Sound in London.

Bald lernte Rupert Desmond Leslie kennen, einen professionellen Komponisten im Genre der Musique Concrete, der einen Raum voller Bandmaschinen besaß − ein noch junges Medium in jenen Tagen. Er benötigte ein Gerät, das es ihm erlauben sollte, all die Sounds, die er auf Band aufgenommen hatte, zusammenzumischen, zumal er im Auftrag der EMI Hintergrundmusik für ShakespeareTheaterstücke komponieren sollte. Rupert entwickelte also das Konzept für solch ein Mischpult, das Desmond Leslie sofort in Auftrag gab und von Rupert bauen ließ.

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Mit dem Aufkommen der Londoner Popmusik-Szene in den 60er-Jahren ergaben sich weitere Möglichkeiten für Mr. Neve. Unter den ersten Kunden seiner 1961 neu gegründeten Firma Neve Electronics waren die Londoner Studios Recorded Sound Ltd und Phillips Records Ltd, die den Bedarf an neuen Techniken für die Audiobearbeitung und Mischung erkannt hatten. Für Leo Pollini von Recorded Sound entwickelte und baute er zwei Röhrenkonsolen, eine für den Studiobetrieb und die andere für die Liveübertragung von Konzerten. Beide Konsolen erwiesen sich als robust und zuverlässig − Charakteristika, für die Neve-Equipment bald bekannt werden sollte.

Bis 1964 hatte Rupert Nevetransistor – basiertes Equipment entwickelt, das nun die traditionellen Röhrendesigns ersetzte. Der erste Kunde hierfür war das Studio Phillips Records, das ihn mit der Entwicklung und Herstellung von Equalizern beauftragte. Der Erfolg dieser Einheiten führte zu weiteren Bestellungen sowohl von Phillips Records als auch anderen Recording-Studios, die nun vorrangig Mischpulte in Auftrag gaben.

Da der Name Neve nun etabliert war und die Firma im Ruf stand, die besten professionellen Audiokonsolen und -systeme mit hochqualitativen Komponenten herzustellen, die zudem eine Klarheit lieferten, die zu der Zeit einzigartig war, wuchs die Nachfrage rapide an. Bis 1973 war das Neve-Team mit einer weiteren Fabrik in Schottland und Verkaufsbüros in Kanada, Connecticut, Kalifornien und Tennessee bereits auf weltweit über 500 Mitarbeiter angewachsen.

Während dieser Zeit stellte Neve die “Moving Fader Automation” (NECAM) vor. Die Idee, Fader-Positionen speichern und wieder aufrufen zu können, hatte vor ihm bereits eine kanadische Firma verfolgt, doch ihre lang erwartete Konsole wurde nie veröffentlicht. Rupert befragte zahlreiche der weltweit führenden Studiobesitzer und Ingenieure nach ihren Vorstellungen und Wünschen für solch ein System und entwickelte darauf basierend das NECAM(Neve Computer Assisted Mixdown)-Konzept, das erste Moving-FaderSystem weltweit.

Das Jahr 1975 läutete eine neue Phase in der Karriere von Rupert Neve ein. Um die rasante Expansion finanzieren zu können, verkaufte er die Neve-Betriebe an ein öffentliches britisches Unternehmen und gründete die Firma ARN Consultants, die sich unter anderem auf Beschallungsanlagen und Raumakustik spezialisierte. 1985 wurde die Neve Group schließlich an Siemens Austria weiterverkauft und mit der Tochtergesellschaft AMS fusioniert. Seither trägt sie den Namen AMS NEVE, auch wenn Rupert Neve seitdem weder in die Entwicklung noch Herstellung der Produkte involviert ist.

Im selben Jahr gründete Rupert Neve mit Focusrite Ltd ein weiteres Unternehmen und veröffentlichte eine neue Produktreihe an Outboard-Equipment wie Dynamikprozessoren, EQs und Mikrofone. Vier Jahre später wurde die Firma von Phil Dudderidge übernommen, der ihr den Namen »Focusrite Audio Engineering Ltd« gab. Im Laufe der folgenden Jahre kooperierte Rupert Neve mit zahlreichen weiteren Unternehmen, um neue Produkte wie Verstärker, Mischpulte und Mikrofone zu entwickeln und auf den Markt zu bringen, darunter Amek Systems, Yamaha, SE Electronics, Legendary Audio, Summit Audio und Taylor Guitars.

Im November 1994 schließlich zogen Rupert und seine Frau Evelyn nach Wimberley, Texas. Sie benannten ARN Consultants im April 2005 in Rupert Neve Designs, LLC um und sind bis heute noch mit hochwertigen Produkten wie der Portico-Produktreihe, der analogen 5088-Konsole und der ShelfordSerie präsent und werden nach wie vor mit Auszeichnungen geehrt und von zahlreichen Ingenieuren, Produzenten und Musikern der Branche hoch geschätzt.

Rupert Neve ist am 12. Februar 2021 im Alter von 94 Jahren verstorben.

 

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