Master Class - Abbey Road Institute

Peter Walsh über Stevie Wonder, Peter Gabriel und Marteria

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Bei der vergangenen Abbey Road Institute Masterclass am 10.02.2016 war Peter Walsh zu Gast. Der Produzent und Audio Engineer ist vor allem für seine Produktionen mit Peter Gabriel, Scott Walker und Simple Minds bekannt, hat aber auch schon mit Stevie Wonder zusammen gearbeitet. Heute lebt der Brite in Düsseldorf und hat sich hier für seine Arbeit mit einer eigenen Regie eingerichtet. Für seine Projekte reist er jedoch nach wie vor rund um den Globus und von Studio zu Studio. Was er über  seine Vergangenheit, die aktuellen Entwicklungen in der Musikindustrie und über Marteria sagt, könnt ihr hier im Interview lesen:

 

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(Bild: Marc Bohn)

Gab es einen Startschuss zu deiner Karriere als Produzent?

Simple Minds mit “Promised you a miracle”vom Album New Gold Dream hat mir die Türen als Produzent geöffnet. Es war der erste Top-40 Chart Erfolg von Simple Minds in UK. Danach wurde er zum Hit auf der ganzen Welt. Das war der Start unserer beider Karrieren. Natürlich habe ich auch mit Peter Gabriel zusammengearbeitet. Zuerst habe ich für ihn mit einigen Remixes beschäftigt bevor ich dann mit ihm auf Tour gegangen bin und den Live-Sound gemischt habe. Erst danach kam es zur Zusammenarbeit im Studio.

Du hast bereits mit so vielen prominenten Künstlern zusammengearbeitet. Was denkst du, sind die wichtigsten Eigenschaften in deinem Job?

Eine der wichtigsten Sachen ist die Kommunikation mit dem Künstler. Es ist wichtig zu verstehen, was er mit seinen Songs ausdrücken will. Es gilt herauszufinden: Wie hat er sich gefühlt, als er den Song geschrieben hat? Im Studio ist es dann wichtig, ihn in genau diese Emotion zu versetzen. Ohne eine gute Kommunikation funktioniert das nicht. Es ist wirklich eine Art Sprache. Und genau dort startet jede Aufnahme. Ich versuche jeden Künstler in die richtige Stimmung zu bringen und passe auch die Studio-Umgebung dazu an. Ich bringe dazu sogar verschiedene Lichter und Lampen mit wenn es sein muss.

Was war dein wichtigstes Erlebnis in deiner Karriere? 

Es gab zwei wichtige Momente als Produzent. Der eine war es, mit Stevie Wonder zusammenzuarbeiten. Das war wirklich die schönste und anstrengendste Zeit zugleich. Während der Arbeit mit ihm war der Druck enorm.Vor allem weil ich auch seine Vorstellungen umsetzen wollte. Zu dieser Zeit in den 80ern war Stevie Wonder ein echter Superstar und ich ein junger Audio Engineer mit noch nicht sehr viel Erfahrung. Diese Zusammenarbeit hat mir wirklich die Augen geöffnet. Er ist einfach eine große Persönlichkeit und einer der begabtesten Musiker die ich kenne. Wir haben alles aufgenommen, was er spielen kann. Sogar die Drums. Natürlich hatte ich von Anfang an einen riesen Respekt, aber es war auch etwas Angst dabei. In Gespächen nach den Aufnahmen hat man dann auch gemerkt, dass er ein normaler Mensch wie jeder andere ist, mit dem man über ganz alltägliche Dinge reden kann.

Das zweite Erlebnis, das mich als Engineer geformt hat, war die Punk-Ära. Ich hab mit vielen verschiedenen Punk Bands wie Pulp gearbeitet die diese New-Wave-Haltung auch gelebt haben und ein Teil des Trends waren. Das hatte einen großen Einfluss auf mich. Ich hab sogar mal Demos für The Clash aufgenommen, ich werde aber nirgends in den Credits erwähnt. Ich erinnere mich daran, dass sie sogar mit dem Motorrad zum Studio gekommen sind. Und wenn die Tür nicht gewesen wäre, wären sie sogar in den Aufnahmeraum gefahren.

Zu Besuch im Abbey Road Institute London

Was ist wichtiger, Emotionen oder die Technik? 

Mit der Technik kann man jedes Signal polieren und aufwerten, so das etwas das nicht ganz so gut ist eben besser klingt. Mit der Musik wollen wir aber Menschen bewegen. Und aus diesem Grund sind die Stimmungen und Emotionen wichtiger als die Technik. Bei Hello von Adele ist es eine Kombination aus beidem. Ohne diese öffnende Zeile und der Art wie sie es singt, wäre es einfach nur ein normaler Song. Generell mag ich die Klangfarbe der alten Platten lieber. Ich weiß jedoch nicht, ob das damit zu tun hat, dass ich ein Nostalgiker bin und das die Platten sind, mit denen ich aufgewachsen bin. Man verbindet jede Platte zu gewissen Ereignissen in seiner Vergangenheit. In der damaligen Zeit war auch David Bowie ganz groß, dessen Tod ich zu tiefst bedauere. Ich habe leider nie mit ihm zusammengearbeitet aber er war ein großes Scott Walker Fan, für den ich ja immer noch als Produzent arbeite. Es gabe nur eine kleine Auswahl an Musik aus dieser Zeit, die ich mochte. Angefangen von Bowie über Supertramp bis hin zu Elton John. Ich mochte es nicht, wenn Sachen zu modern wurden und alles irgendwie synthetisch klang, wie beispielsweise bei Duran Duran. Heute gibt es allerdings die ganzen Tools die Tuning und Tempo korrigieren, mit denen alles mechanisch klingt. Aber Bands wie Marteria nutzen diese Tools, um ihre Aufnahmen wirklich gut klingen zu lassen. Und sie sind trotzdem lebendig. Hier gilt es einen guten Mittelweg zu finden. Ich könnte allerdings nicht ohne die alten Sachen leben.

Haben diese Tools deine Art zu Produzieren verändert? 

In manchen Fällen können sie eine Produktion wirklich unterstützen. Wenn du beispielsweise die Drums ins Timing oder die Vocals ins richtige Tuning rücken musst, ist es gut, diese Tools zu haben. Man muss allerdings mit dem Einsatz sehr vorsichtig sein, denn sie können einer Produktion die Emotionen entziehen. Wenn man sich alte Vocal-Aufnahmen anhört, sind die nicht immer in Tune. Bei den alten Platten von The Police trifft Sting nicht immer perfekt jeden Ton. Aber man hört eben auch die Menschlichkeit aus den Songs heraus und die Emotionen, die dadurch übertragen werden. Durch das überproduzieren geht die Individualität jedes Künstlers verloren. Aber wenn wirklich etwas richtig schlecht eingesungen oder eingespielt wurde, und die Platte fertig werden muss, dann ist es absolut notwendig, diese Tools zu nutzen.

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>> Vorträge mit den Top Sound Engineers – Abbey Road Institute auf der Musikmesse 2016 <<

Gibt es deutsche Künstler, die du magst? 

Ich mag Herbert Grönemeyer sehr, er ist für mich wie der deutsche Peter Gabriel. Ich muss natürlich auch sagen, dass ich die Toten Hosen mag. Sie wohnen auch in Düsseldorf und sind Freunde von mir. Ihre “Kicking Ass” Einstellung gefällt mir einfach. Eine weitere interessante Band ist Marteria. Mein Sohn spielt sie mir ständig vor.

Hört du denn überhaupt viel Musik? 

Ich versuche es! Das ist tatsächlich eine Frage, die mir oft gestellt wird. Vom Gefühl her höre ich den ganzen Tag während der Arbeit Musik. Und wenn ich dann mal nicht arbeite, ist nicht das erste was ich tue, neue Platten zu checken um zu hören, was die Konkurrenz macht. Ich bin auch niemand, der da nach Referenzen sucht. Natürlich kommt es oft vor, dass Bands mit einer bestimmten Platte zu mir kommen, um zu zeigen, wie sie gerne klingen wollen oder was sie selbst hören. So kann mich gut in die Band hineinversetzen und haben einen gemeinsamen Anhaltspunkt wo es hingehen soll.

Hast du gerade eine Lieblingsplatte?

Hmm… eigentlich Marteria (lacht). Mein Sohn beschallt mich den ganzen Tag damit. Die neue Coldplay-Platte find ich auch super. Sie gehen mit der Zeit und ich liebe die Gitarren-Parts. Meine absolute Lieblingsplatte ist aber David Bowie – Ziggy Stardust.

Witzige Anekdote:

Während des Workshops erzählt Peter Walsh, dass sein Vater als Gitarrist für das BBC Studio in London arbeitete. Dort wurde dieser für das Einspielen des James Bond Intros angefragt. Sein Vater hatte leider keine Zeit und hat die Aufnahme an einen Freund abgegeben. Somit bezeichnet sich Peter heute als “Der Sohn des Mannes, der fast das James Bond Theme eingespielt hätte”. 🙂

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