Soundpioniere

Max Vernon Mathews

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»Eine Violine mag schön klingen, aber sie wird immer wie eine Violine klingen. Ein Computer kann unendlich viele Timbres erzeugen und ist somit eine Bereicherung für die Musik. Und obwohl Computer heutzutage so leistungsstark und preiswert wie nie zuvor sind, weiß dennoch niemand davon Gebrauch zu machen.«

Max Vernon Mathews Computer

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Wenn von Max Mathews die Rede ist, fallen schnell Formulierungen wie »Begründer der digitalen Synthese« oder »Erfinder der Computermusik«. Und obwohl bereits andere Entwickler vor ihm Töne und Klänge auf digitalem Weg erzeugt hatten, so erfand Mathews dennoch zahlreiche bahnbrechende Programme und Geräte, die getrost als Meilensteine bezeichnet werden können und die die weitere Entwicklung der Computermusik bis zum heutigen Tage entscheidend beeinflusst haben.

Schon während der Schulzeit zeigte sich Max Mathews’ Affinität zur Musik sowie zu Wissenschaft und Forschung. Er nahm Unterricht an der Violine, experimentierte ausgiebig in den Labors der Schule und nahm 1944, ohne seinen Schulabschluss absolviert zu haben, »… an einer Prüfung der Marine zum Funktechniker teil. Während der Ausbildung verliebte ich mich schließlich in die Elektronik.« Er studierte daraufhin Elektrotechnik am California Institute of Technology (Caltech) und erwarb 1954 seinen Doktor am Massachusetts Institue of Technology (MIT), bevor er letztendlich in den renommierten AT&T Bell Telephone Laboratories (Bell Labs) zu arbeiten begann.

»Als ich das erste Mal einige − ich würde es nicht ‚Musik‹ nennen − Sounds aus einem Computer herausbekam, klangen sie ziemlich schrecklich. Die Töne und Timbres waren nicht sonderlich inspirierend, aber der technische Durchbruch ist noch bis heute spürbar.« 1957 entwickelte Max Vernon Mathews, geboren am 13. November 1926 in Nebraska, eine neuartige Software − bekannt als »Acoustic Compiler« −, um musikalische Sounds zu generieren. Die erste Version namens »Music I« konnte eine einzelne DreieckSchwingung generieren und zudem den Pitch, die Lautstärke und die Länge der Töne variieren. Da Computer zu der damaligen Zeit zu langsam waren, um ganze Melodien in Echtzeit wiederzugeben, ließ Mathews das Programm auf einem IBM 704-Großrechner in Verbindung mit einem digitalen Tonbandgerät mit integriertem Buffer-System laufen: So konnten große Mengen an Audiosamples gespeichert und anschließend von einer separaten Maschine wiedergeben werden. Das Ergebnis dieser Experimente war eine 17- sekündige Komposition − zu der damaligen Zeit eine Sensation. Im Laufe der nächsten Jahre schrieb Mathews weitere Versionen der Software bis hin zu Music V, die ihrerseits wiederum andere Entwickler zu Programmen wie Csound, Cmix und Max inspirierten.

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Doch nicht nur in Forscher- und Entwicklerkreisen hinterließen die digitalen Innovationen der Bell Labs einen bleibenden Eindruck: Anfang der 60er-Jahre war der Science-Fiction-Autor Arthur C. Clarke in den Bell Labs zu Besuch und nahm an einer Demonstration teil, während der Computer das Lied Daisy Bell zu einer Begleitmusik, programmiert von Max Mathews, »sang«. Beeindruckt von dieser Präsentation integrierte Clarke dies in seinem Roman »2001: A Space Odyssey«, der auch gleichzeitig die Grundlage für den gleichnamigen Film von Stanley Kubrick werden sollte. Die Szene, in der HAL 9000 Daisy Bell singt, während er von dem Astronauten David Bowman demontiert wird, ist inzwischen in die Kinogeschichte eingegangen.

»Angefangen mit dem Groove-Programm von 1970 verlagerte sich mein Fokus auf die Live-Performance und darauf, wie ein Computer einem Performer helfen kann«, sagt Mathews. Neben diesem Hybridsystem für Live-Auftritte, das einen analogen Synthesizer für die Klangerzeugung nutzte, verdient die nachfolgende Erfindung namens »Radio Baton and Conductor Program« besondere Aufmerksamkeit: Sie besteht aus zwei Paukenschlägel-ähnlichen Stäben, die als Controller genutzt werden, um diverse Parameter wie das Tempo und die Lautstärke zu beeinflussen, sowie einer dazugehörigen Software. Diese handgeführten Steuerungsgeräte waren nicht zuletzt die Vorreiter der Controller, die heutzutage von Firmen wie Nintendo, Sony und Microsoft genutzt werden.

Neben seiner Tätigkeit in den Bell Laboratories kam es im Laufe der Jahre zu zahlreichen Kollaborationen mit Musikern wie Edgard Varèse und John Cage. Anfang der 70er-Jahre half Max Mathews dem Komponisten und Dirigenten Pierre Boulez zudem bei der Gründung des Institut de Recherche et Coordination Acoustique/Musique (IRCAM) in Paris und blieb dort bis 1980 als wissenschaftlicher Berater tätig. 1987 schließlich, nachdem er seine Arbeit in den Bell Laboratories niedergelegt hatte, schloss er sich dem Center for Computer Research in Music and Acoustics (CCRMA) der Stanford Universität an und verblieb dort zeit seines Lebens Professor im Bereich der Musikforschung.

»Er zeigte uns einen völlig neuen Weg, uns Musik vorzustellen und zu kreieren«, so John M. Chowning, Gründer des CCRMA. »Er hatte einen enormen Einfluss darauf, wie Musik sich in den letzten 50 Jahren entwickelt hat.«

Max Vernon Mathews widmete sein ganzes Leben der Forschung im Bereich der digitalen Klangsynthese und der interaktiven Musiksysteme. Und dennoch wollte er durch seine Erfindungen weder Bands noch Orchester ersetzen. Sein Ziel war es, dass der Laptop als ein ernst zu nehmendes Instrument wahrgenommen wird − und das ist seiner Meinung nach immer noch nicht geschehen. Er verstarb am 21. April 2011 in San Francisco, Kalifornien an den Folgen einer Lungenentzündung.

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