Interview mit den Masters of Tape

Mastern auf echtem Tape

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Dustin Scheid und Pietro Damiani von den Carbonara Studios sowie Manu Meyer vom Millstone-Lab
Manu Meyer, Pietro Damiani und Dustin Scheid sind die Herren der Bänder. (Bild: Mehmet Akbas)

Dustin Scheid und Pietro Damiani von den Carbonara Studios sowie Manu Meyer vom Millstone-Lab haben sich zusammengeschlossen, um einen fast vergessenen Service in Deutschland wieder aufleben zu lassen. Das Mastern auf echtem Tape.

Die Saarländische Community trägt wieder frische Früchte: Aus den USA wurde ein Monstrum an Tape-Machine importiert, und als Team bieten sie nun, als vielleicht einzige im deutschspracheigen Raum, den Service des Masterings auf fettem echten Tape an. Ein Service, der, wie die drei festgestellt haben, gerade bei der nachwachsenden Musikergeneration für Begeisterung sorgt. Wie der Service im Detail aussieht und was ihre Erfahrungen bisher damit sind, haben sie uns im Interview erzählt.

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Hallo zusammen! Wie seid ihr an eure Bandmaschine gekommen?

Manu: Wir haben eigentlich schon immer mit Bandmaschinen gearbeitet, aber durch Zufall sind wir an ein paar Raritäten gekommen: eine ATR-124, und es soll auch noch eine ATR-102 dazukommen. Davor hatten wir aber schon viel mit einer Studer PR99 gearbeitet, von daher ist die ganze Analoge-Bandmaschinen-Materie für uns nichts Neues. Und wir hatten tatsächlich auch festgestellt, dass dazu noch Bedarf besteht, also abgesehen vom Gut-Aussehen im Studio.

Waren es also Kunden, die auf euch zugekommen sind mit der Frage, ob Tape-Mastering bei euch möglich ist?

Ursprünglich ja. Wir hatten damals mal eine entsprechende Anfrage, und daraus hatte sich die ganze Idee, das prinzipiell auch als Service anzubieten, entwickelt. Wir hatten danach verschiedene Kunden angefragt, ob sie an so etwas Interesse hätten, und die Resonanz war sehr positiv, was uns selbst auch überrascht hatte.

(Bild: Mehmet Akbas)

Du hast erzählt, es war ein glücklicher Zufall, dass ihr an die ATR-124 rangekommen bist. Wie ist das genau passiert?

Wir kennen den ehemaligen Inhaber von ATR Magnetics in den USA, und dort stand noch eine, schon seit Jahren, die aber auch noch in Benutzung war – vermutlich, weil die ATR-124 ein besonderes Feature hat: Normalerweise muss nämlich die Bandmaschine auf ein Band eingestellt werden. Die ATR-124 kann man umstellen zwischen vier verschiedenen eingemessenen Bandarten, damit war man schon gut abgedeckt für die verschiedenen Bandarten, die damals viel genutzt wurden, ohne dass man etwas kalibrieren musste.

Bezüglich dieser ATR habe ich ihm gesagt: »Falls ihr die zufällig irgendwann nicht mehr gebrauchen solltet, sollte er mal Bescheid geben.« Und genau dieser Anruf kam eines Tages. Die ATR-124 wurde nicht mehr gebraucht, und dann haben wir sofort zugegriffen.

Ich nehme an, die Bandmaschine war dann auch gut in Schuss?

Auf jeden Fall! ATR Magnetics verkauft ja nicht nur Bandmaschinen, sondern wartet sie auch, zumindest von ihren amerikanischen Kunden. Und ihre eigenen waren natürlich auch stets perfekt gewartet.

Was sind die Unterschiede der Bänder, die du gerade angesprochen hast?

Das sind verschiedene Magnetisierungen oder verschiede EQ-Kurven. Das Bandmaterial von verschiedenen Herstellern ist da teilweise sehr unterschiedlich. Derzeit gibt es nur noch Bänder von RTM aus Frankreich und natürlich von ATR. Auch jeder Hersteller hat wieder verschiedene Bänder. Das sind alles Nuancen, aber doch hörbar.

Wo bekommt ihr das Band her? Muss man dafür den Gebrauchtmarkt abklappern?

Nein, das bekommt man von ATR oder auch von RTM noch als Neuware, die kann man einfach bei Thomann kaufen. Sowohl das 2“-Band als auch 1/4“-Band für die Studer.

Band
Das Band wird noch unkompliziert über Thomann eingekauft. Die Preise steigen allerdings stetig. (Bild: Mehmet Akba)

Wie genau hört man den Unterscheid zwischen den schmalen und breiten Bändern?

Für Mastering-Maschinen ist das breiteste meines Wissens nach 1/2“-Band. Gegen über einem 1/4“-Band hat man hier zwei Kanäle auf einem doppelt so breiten Band. Das bedeutet mehr Headroom – klanglich hört man das maximal nur leicht, meiner Meinung nach. Wesentlich deutlicher hörbar ist da der Unterschied von einem Plug-in zu einer echten Bandmaschine.

Reißt gelegentlich ein Band?

Eigentlich nicht, selbst wenn sie alt sind. Bei alten Bändern ist es eher der Fall, dass sie porös werden und es sich an den Lösch- und Leseköpfen Ablagerungen sammeln.

Pietro und Dustin, Manu hat die Bandmaschine und bearbeitet die Aufträge. Welche Aufgabe habt ihr?

Pietro: Praktisch kennen wir uns hier im Saarland alle sehr gut, und mit Manu hatten wir schon diverse Schnittpunkte. Natürlich hatten wir uns auch irgendwann für die Bandmaschine interessiert. Und wir, die wir als die etwas jüngere Generation viel mit Plug-ins arbeiten, wollten dann den Unterschied mal selbst erleben. Dass es da nochmal klangliche Vorteile bietet, hatten wir schnell gemerkt, und dass es da draußen noch mehr Künstler gibt, die an so etwas Interesse haben, davon sind wir dann einfach mal ausgegangen und haben das verschiedenen Musikern angeboten. Im Moment ist es ja eher so, dass das niemand macht, weil das einfach nicht angeboten wird. Warum sollten wir das also nicht einfach bedienen?

Man muss auch bedenken, dass die ATR extrem wuchtig und schwer ist und sich nicht mal eben in einen Kofferraum einladen lässt. Das Gerät wiegt 370 Kilo, und dementsprechend aufwendig wäre es, sich ein solches Ding »mal eben« zu besorgen.

(Bild: Mehmet Akbas)

Das heißt, Manu ist für das technische Zuständig und ist Besitzer der Bandmaschine, und Pietro und Dustin, ihr kümmert euch um die Vermarktung?

Genauso ist es. Wir managen und vertreiben diesen Service. Wir sind sehr gut vernetzt und haben zu unseren Kunden bereits einen guten Draht, so konnten wir das Angebot unseren Interessenten direkt unterbreiten.

Ihr seid größtenteils im Hip-Hop unterwegs. Liegen da persönliche Vorlieben zugrunde, oder eignet sich ein Mastering auf Band im besonderen Maße für Hip-Hop?

Dustin: Wir sind alle im Hip-Hop verwurzelt, und so war es natürlich naheliegend, dass wir in dem Genre erstmal einsteigen werden. Es ist aber auch so, dass besonders im Hip-Hop viel digital produziert wird, und gerade deswegen eignet sich eine Bandmaschine, um dem einen gewissen Grad an analoger Wärme wieder hinzuzufügen, was eben vorher gar nicht drin ist.

Pietro: Man muss auch dazu sagen, dass gerade die jüngeren Musiker, die oft schon sehr professionell unterwegs sind, fast ausschließlich mit digitaler Technik arbeiten. Wenn wir dann mit der Bandmaschine um die Ecke kommen, dann sind eigentlich alle dafür leicht zu begeistern. Auch diese alte Technik zu zeigen und welche Wirkung das auf modern und digital produzierte Tracks hat, macht einfach Spaß. Es ist also auch ein bisschen ein Missionierungsauftrag, den wir da verfolgen.

Dustin: Man muss sagen, dass produktionstechnisch die Leute oft schon sehr gute Sachen machen, nur Gear-technisch haben die jüngeren Leute heute meist weniger Erfahrung. Das fangen wir dann auf, und letztendlich profitieren wir dann alle davon: die Künstler, wir und natürlich auch der Konsument, denn es klingt am Ende definitiv besser, wie es eben auch die Grundidee ist.

Pietro: Es ist ja so, dass trotz den technischen Möglichkeiten, die es heute gibt – man kann zum Beispiel wesentlich höhere Audioqualität, als man es von der CD kennt, bei Spotify und Co. hochladen –, das Audiomaterial meistens doch sehr bescheiden ist. Über die Bandmaschine kann man da sehr gut vermitteln, dass selbst diese alte Analogtechnik noch eine Daseinsberechtigung hat.

(Bild: Mehmet Akbas)

Habt ihr auch Blindvergleiche mit Kunden gemacht?

Dustin: Das haben wir gemacht, ja. Das Ergebnis war auch eindeutig und positiv.

Pietro: Kürzlich erst hatten wir eine Rock-EP produziert und dafür den Mix-Down einmal über die Bandmaschine laufen lassen und einmal rein digital. Das ging dann weiter in ein renommiertes Mastering-Studio nach Kalifornien, und die Leute dort haben ausschließlich das Material gewählt, das vorher über die Bandmaschine lief.

Gibt es trotzdem auch Musiker, die das digitale Mastering bevorzugen?

Manu: Eigentlich ist das eher eine Frage des Anspruchs. Es gibt Leute, die mit der digitalen ATR-124, die ja Standard ist in der Mastering-Chain ist, total zufrieden sind. Und das ist natürlich auch absolut legitim.

Dustin: Es passiert recht häufig, dass wir Anfragen bekommen von Leuten, die das Plug-in schon sehr gut kennen und sich fragen, wie ihr Track denn nun klingt, wenn es durch die echte Bandmaschine ging. Und hier war das Feedback eigentlich immer top!

(Bild: Mehmet Akbas)

Angenommen, ich will nun meinen Track bei euch über die ATR-124 mastern lassen: Was muss ich machen?

Manu: Wir haben einen Online-Shop gebaut, und damit sollte das so unkompliziert wie möglich vonstattengehen. Man kann sich hier also eine Tape-Machine-Stem-Session kaufen. Bezahlt werden kann über die gängigen Bezahlmethoden. Und danach erfolgt der digitale Upload, welches eine WAV-Datei sein muss. Dann wird das überspielt und über einen AD/DA-Wandler wieder zurückgespielt und schließlich wieder als Download zur Verfügung gestellt, sobald es fertig ist. In aller Regel passiert das noch am selben Werktag oder spätestens am nächsten.

Mit was muss man finanziell rechnen bei euch für einen Song in Pop-Länge?

Aktuell liegen wir hier bei 170 Euro. Das wird aber auch günstiger, wenn der Kunde mehrere Songs gemastert haben will.

>> millstone-lab.com


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