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Ehrenfeld Sessions (3) Ein Film über die Kölner alternative Musikszene

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Auf der Suche nach kreativen Lösungsansätzen, die helfen sollen, einer stagnierenden Veröffentlichungssituation zu entgehen, kann manchmal etwas völlig Neues entstehen. So wie im Falle der Kölner Band Astairre, die nun einen Dokumentarfilm über ihre lokale Musikszene dreht. Eine Geschichte über den Zusammenhalt einer Musikszene, über Selfmarketing und DIY-Produktion − mit 100% Lokalkolorit!

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(Bild: Marc Bohn)

Im zweiten Teil unserer Begleitserie zur Dokumentarfilm-Produktion »Ehrenfeld Sessions« haben wir euch »prettylivesessions.«, den einen der beiden Musikvideo-Produktionspartner des Film-Setups, näher vorgestellt. Während dieser für die atmosphärischen Live-Band-Aufzeichnungen des Films verantwortlich ist, kümmert sich der andere, das junge Berliner Produktions-Team »hndgmcht«, um die filigranen und geschmackvollen Akustik-Sessions-Porträts, die ebenfalls Einzug in »Ehrenfeld Sessions« finden. Der Film, welcher vom Musikstandort Köln, den aufstrebenden Bands seiner hiesigen Szene und davon handelt, was es heute bedeutet, Musiker zu sein, ist ein leidenschaftliches Projekt der Kölner Rockband Astairre, welche für Konzeption und Produktion des Ganzen verantwortlich zeichnet.

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Die Band, die im Frühjahr dieses Jahres die Aufnahmen zu ihrer im November erscheinenden EP abgeschlossen hat, hat sich bewusst diese beiden Session-Partner ausgesucht und in ihr Filmkonzept integriert. »Sowohl hndgmcht als auch prettylivesessions. stehen für Top-Qualität in Sachen Musikvideo-Produktion«, so Astairre-Schlagzeuger Max Braun. »Es war direkt von Anfang an unser ideales Wunsch-Setup, weil sich diese beiden sehr kontrastierenden Ansätze und Konzepte aus Band- und Akustik-Sessions sehr gut ergänzen und für entsprechende Abwechslung sorgen. Das war uns wichtig, um die musikalische Vielfalt und Bandbreite der gefeatureten Bands entsprechend ihrer jeweiligen Stile vertiefen und sie in räumlich unterschiedlichen Settings darstellen zu können.«

Während ein Großteil der »prettylivesessions.« hauptsächlich im Kölner Gottesweg Studio, also einem klassischen Recording-Studio für Audio-Produktionen, aufgezeichnet wurde, verfolgen »hndgmcht« das Konzept, Künstler akustisch an spannenden Orten zu porträtieren. Im Falle der Kooperation mit Ehrenfeld Sessions fand die Produktion der Videos an verschiedenen Spots in Köln ausschließlich unter freiem Himmel und bei bestem Sommerwetter statt. Im Interview mit Philipp Scholz und Martin Köhler von »hndgmcht« geben die beiden spannende Einblicke in ihr Konzept, schildern ihre Arbeitsweise und berichten von ihren Video-Drehs im Rahmen von »Ehrenfeld Sessions«.

Wer und was ist »hndgmcht«, und seit wann gibt es euch?

Philipp: »hndgmcht« wurde 2013 von Martin Köhler und mir ins Leben gerufen. Wir sind Freunde, und uns verbinden die gemeinsamen Interessen Musik und Film.

Welches Ziel verfolgt ihr mit »hndgmcht«, und was ist euch dabei wichtig?

Martin: Wir produzieren handgemachte Akustik-Sessions mit besonderen und außergewöhnlichen Künstlern. Mit unseren Videos wollen wir lokalen, regionalen, aber auch internationalen Bands, Songwritern oder anderen Künstlern eine gute Plattform bieten, auf der sie sich präsentieren können. Es ist uns wichtig, individuell auf die jeweiligen Künstler einzugehen und so jedes Video zu einer einzigartigen Momentaufnahme zu machen.

Für jedes Video gehen wir auf die Suche nach neuen außergewöhnlichen Orten − passend zu den Künstlern. Unsere Sessions sind intim und persönlich. Wir wollen natürliche und authentische Aufnahmen der Künstler, bei denen Stimme und akustische Instrumente im Vordergrund stehen. Wir verfolgen das mit großer Ambition und Leidenschaft, einfach weil wir Spaß an der Musik und am Filmen haben und uns dadurch ausprobieren und weiterentwickeln wollen. Wir haben bereits mit einer schönen Auswahl an Künstlern gedreht, wie beispielsweise: Balthazar, RDGLDGRN, LARY, James Hersey, Ohrbooten, Eaves, July Talk, Strand of Oaks, And the golden Choir, Sebastian Hackel, Jakob Ondra und vielen weiteren.

Was ist euer Part bei der Produktion von Ehrenfeld Sessions?

Philipp: Wir zeichnen für die Akustik-Sessions − also mit ABAY, We Used To Be Tourists, Wyoming und Yellowknife − verantwortlich. Das sind die eher Akustik-affineren Künstler des Films. Die Band-Sessions haben ja die Kollegen von den prettylivesessions. übernommen. Das ist ein smartes Setup für den Film, bei dem die jeweiligen Session-Partner entsprechend ihrer Spezialisierung und ihres Knowhows den passenden Bands zugeteilt wurden.

Ich denke, dass das in der organisatorischen Vorarbeit sehr gut gelöst wurde und somit jeder Partner optimal seinen Beitrag zum Film leisten kann. Diese Mischung ist konzeptionell wie musikalisch spannend.

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Philipp Scholz (l.) und Martin Köhler (r.) von hndgmcht (Bild: Martin Köhler (Hndgmcht), Marc Bohn)

Was sind eure jeweiligen Arbeitsbereiche? Wer ist für was verantwortlich im Team von »hndgmcht«?

Wir begreifen uns sowohl als Medium wie auch als Agentur − zu Letzterem befinden wir uns aktuell zumindest auf dem Weg. Angefangen haben wir mit den Akustik-Sessions zu Beginn des Jahres 2013. Mitte 2014 haben wir unsere Ausrichtung um die Aufgabenbereiche Musikvideo, Hochzeitsvideo und Fotos erweitert. Anfang 2015 sind dann noch die Bereiche Blog und Management hinzugekommen. Prinzipiell arbeiten wir fast immer an allen Projekten gemeinsam, jedoch hat natürlich jeder seine individuellen Stärken. Martin ist eher der Typ mit dem Auge für Details, ich kenne mich sehr gut mit allem aus, was sich mit Musik und Bands beschäftigt.

Welche Bands habt ihr im Rahmen von »Ehrenfeld Sessions« aufgenommen und produziert? Wie sind die Ergebnisse ausgefallen? Welchen Ansatz habt ihr bei den Sessions bzw. welche Schwerpunkte verfolgt?

Martin: Wir haben uns bisher mit den Jungs und Mädels von Wyoming, Yellowknife und We Used To Be Tourists getroffen. Die Session mit ABAY steht noch aus, wird aber in Kürze in Angriff genommen werden. Bisher können wir sagen, dass wir mit allen Ergebnissen ziemlich zufrieden sind und uns auch auf die ABAY-Session freuen. Es ist immer schön zu sehen, wie sich die einzelnen Teile eines Projektes zusammenfügen. Solche Projekte machen uns großen Spaß!

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Hndgmcht recorden die Kölner Band »We Used To Be Tourists« in einem Stahlcontainer in Ehrenfeld (Bild: Martin Köhler (Hndgmcht), Marc Bohn)

Wo habt ihr die Sessions aufgezeichnet? Wie viel Zeit habt ihr veranschlagt, und wie ist der Ablauf einer »hndgmcht«-Session?

Alle Sessions wurden selbstverständlich in Köln-Ehrenfeld aufgenommen und abgedreht, damit die »Ehrenfeld Sessions« auch zu 100 % gegeben sind.

Der Ablauf einer »hndgmcht«-Session ist eigentlich recht einfach: Wir suchen gemeinsam mit dem Künstler eine geeignete Location, wo sowohl Akustik als auch Optik stimmen, dann gibts einen kurzen Bild- und Soundcheck, um zu überprüfen, ob uns alles gefällt, und dann spielt der Künstler seinen Song zwei bis drei Mal. Das war’s dann in der Regel auch schon. Ton und Sound werden live aufgenommen und in der Post-Produktion wieder zusammengefügt. Und fertig!

Welches Equipment habt ihr im Zuge der Sessions benutzt? Gibt es ein StandardSetup, mit dem ihr produziert? Wenn ja, woraus besteht es?

Philipp: Wir benutzen immer das gleiche Equipment. Im Laufe der Zeit hat sich das folgende Setup als ideal für uns herauskristallisiert: eine Canon EOS 5D Mark III Kamera sowie ein Canon EF 35mm Objektiv und eine Glidecam HD-2000. Beim Sound verlassen wir uns auf ein Rode NT-1A-Mikrofon, dazu verwenden wir ein Zoom H6 als auch ein Zoom H2n. Die Zoom-Recorder sind leicht und somit sehr gut zu transportieren; sie geben mir zudem verschiedene Aufnahmemöglichkeiten wie Richtmikrofonie, Niere oder XY-Recording. Das Rode NT-1A hat einen sehr warmen, klaren Klang, was ich persönlich total gerne mag. Mit diesem Equipment-Setup kann man sehr individuell arbeiten, was sich für uns als perfekt herausgestellt hat.

Wie seid ihr zu diesem Setup gekommen?

Martin hat eine Zeit lang in einer Social-Media-Agentur gearbeitet und konnte sich dort in relativ kurzer Zeit viel Know-how im Filmischen erarbeiten. Über die Zeit kam dann Stück für Stück das genannte Equipment-Setup zusammen, wodurch auch der Workflow von Session zu Session stabiler wurde. Ich habe direkt nach meinem Abitur ein Praktikum im Erfurter Atomino Tonstudio gemacht, bei dem ich mir gute Skills aneignen konnte. Ich habe eine Affinität für Rode-Mikrofone entwickelt und bevorzuge ZoomRecorder − weil sie sehr sauber aufzeichnen und dabei extrem handlich sind, was uns ermöglicht, an den verschiedensten Locations zu drehen. Das ist für ein Konzept wie »hndgmcht« natürlich ideal.

Martin: Als wir mit Anfang 2013 die erste Session gedreht haben, war das Equipment bei mir schon auf dem heutigen Stand. Warum trotzdem jede unserer Sessions ein bisschen anders aussieht oder geschnitten ist? Das ist das Spontane und Impulsive, was einfach aus uns rauskommt: Da spielen Stimmung, Band und unsere Launen eine große Rolle.

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Hndgmcht recorden die Kölner Band »We Used To Be Tourists« in einem Stahlcontainer in Ehrenfeld (Bild: Martin Köhler (Hndgmcht), Marc Bohn)

Wie beurteilt ihr die Ergebnisse, die ihr mit den Sessions in Köln herausbekommen habt?

Für uns war es sehr spannend zu sehen, dass Bands verschiedenster Genres gleich stark und auf den Punkt auf hohem Niveau abgeliefert haben. Auch die äußeren Umstände waren optimal: Das Wetter hat gut mitgespielt, und das Licht war perfekt. Wir sind sehr zufrieden mit den Ergebnissen und freuen uns darauf, unsere Sessions im fertigen Film eingereiht sehen zu können.

Neben den »Sessions« findet man auf eurer Website auch die Rubriken »Cinematography«, »Photography« und »Management«? Welche Ziele verfolgt ihr damit?

Philipp: Wie wollen uns sowohl als Medium entwickeln wie auch als Film/Foto/Management-Agentur vergrößern. Ziel soll es sein, sich immer an neuen Projekten zu versuchen und mehr Erfahrung zu sammeln, »hndgmcht« als Marke zu etablieren und sowohl unseren Bands als auch allen anderen Bands, die zu uns passen, eine Plattform zu geben, auf der sie sich präsentieren können.

Mit der Marke »hndgmcht« scheint ihr mehr geplant zu haben als die alleinige Produktion von Akustik- oder Foto-Sessions. Wo seht ihr die Marke in Zukunft?

Martin: Wir sind jung und wild und noch längst nicht da, wo wir hinwollen. Wir lassen es einfach auf uns zukommen und wachsen hoffentlich weiter mit unseren Projekten.


 

Astairre

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(Bild: Arkadiusz Goniwiecha)

Astairre verwandeln Referenzen aus Punkrock, Pop, Rock’n’Roll und Indie in einen emotionalen Sound, der angenehm zeitlos und trendresistent durch die Nacht hallt. Ihre deutschsprachigen Texte sind zwischenmenschliche Beobachtungen, filigrane Geschichten und sozialkritische Alltagsbeschreibungen. Darüber hinaus gilt volle Konzentration auf den musikalischen Kern, auf diesen einen Moment, wenn das Herz kurz schwer wird und die krachige Soundwand ein Verbündeter zu sein scheint — im Kampf gegen den Wahnsinn da draußen. Astairre leben ungeniert ihre Interpretation von Popmusik aus, ohne dabei ihre subkulturellen Wurzeln außer Acht zu lassen oder gar zu verleugnen. »Klingt, als würde eine Punkband Pop-Songs spielen!«, wurde mal über sie gesagt, und das könnte stimmen. Kaum verwunderlich also, dass Astairre DIY-Überzeugungstäter sind. Wie bei Kinski: Die spielen nicht, die sind das. Ganz egal, ob im Vorprogramm von Kasabian im ausverkauften E-Werk in Köln oder auf einem winzigen überladenen Boot auf der Elbe im Rahmen des Reeperbahn-Festivals. Nachdem die Band in diesem Frühjahr die Aufnahmen ihrer im Herbst erscheinenden EP fertig gestellt hat, welche den Vorboten zum kommenden Album darstellt, wurde der Sommer mit Festival-Shows und der Filmproduktion zu »Ehrenfeld Sessions« verbracht. Zuviel Herzblut, zu wenig Schlaf? Ja, vielleicht. Denn: DIY goes never out of style!


 

Bergfilm

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(Bild: Martin Köhler (Hndgmcht), Marc Bohn)

Die Band Bergfilm entstaubt mit ihrer Musik nach eigener Aussage »ein fast vergessenes Genre, um aus alpenglühender Filmdramatik und coolen Indie-ElektroGrooves fesselnde Vignetten zu basteln« — und schreibt seit ihrer Gründung im Frühjahr 2013 an progressiven und tanzbaren Elektropop-Songs. Dabei verfolgt das Quartett live ein außergewöhnliches Konzept: Durch den bewussten Verzicht auf Computer und Sampler entwickeln Bergfilm eine besondere organische Dynamik, die an die guten alten analogen Tage und muffige, knarzig-warme Schallplattenproduktionen erinnert. Warme Synths, ausgefeilte Bass-Lines, dezentgeschmackvolle Grooves. Die getragene Stimme von Sänger und Gitarrist Arthur Lingk verleiht den Songs über die Instrumente hinaus musikalische Größe und epischen Charme, wie auf ihrer Debüt-EP zu hören ist. Im Herbst 2014 wurde Open Home auf Vinyl und digital veröffentlicht, was der Kölner Band überregionale Aufmerksamkeit bescherte. Daraufhin folgten eine gleichnamige Tour durch Deutschland im Frühjahr 2015 sowie einige Festival-Auftritte im Sommer dieses Jahres. Aktuell arbeitet die Band an neuem Material und wird selbstverständlich im Rahmen von »Ehrenfeld Sessions« mit einer exklusiven GotteswegPerformance zu sehen sein.


 

Links:

Hier geht’s zum zweiten Teil!

Hier geht’s zum vierten Teil!

www.hndgmcht.de

www.facebook.com/Hndgmcht

instagram.com/hndgmcht

www.youtube.com/user/HNDGMCHT

www.ehrenfeldsessions.de

www.facebook.com/ehrenfeldsessions

www.instagram.com/ehrenfeldsessions

Kommentare zu diesem Artikel

  1. Interessant was die Jungs so zu sagen haben .. schade nur, dass es 1:1 wie das Cardinal Sessions Konzept klingt.. Ein bisschen mehr Originalität wäre heutzutage doch wirklich nicht zu viel verlangt 😉

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