David Bowie, Tokio Hotel und Pete Townshend

Annett Louisan spricht über ihr neues Cover-Album “Kapstadt, Berlin, Prag”

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(Bild: Marie Isabel Mora)

 

 

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Mit ihrem siebten und sehr speziellen Studioalbum “Berlin, Kapstadt, Prag” hat sich Annett Louisan auf eine neue Reise begeben. Die Pop-Chanteuse hat sich bei der Produktion zu “Sing meinen Song – Das Tauschkonzert” anfixen lassen, und hat nun ein komplettes Album mit Coversongs aufgenommen. Ich hab die Sängerin in einem Café in Köln getroffen und sie zu ihrem neuen Album befragt.

Wie kam es dazu, dass du gesagt hast: “So, ich mach jetzt mal ne Platte mit Coversongs”?

Annett Louisan: Mein letztes Jahr war sehr turbulent und ich bin sehr viel gereist. Ich hab dann im Oktober angefangen an meinem neuen Album zu arbeiten, hab mir ne Wohnung in Berlin gemietet, viele neue Leute kennengelernt und hatte Lust zu experimentieren. Dann kam irgendwann die Anfrage für “Sing meinen Song”, wo ich direkt zugesagt hatte. Da musste ich mich dann auch auf das Repertoire und die Lieder der anderen vorbereiten und das lief alles parallel zu den neuen Experimenten. Nach 12 Jahren und 6 Studioalben habe ich nun auch gemerkt, dass ich lange eine sehr strengen und homogenen Louisan-Sound gefahren habe. Das wollte ich auch und war auch so gedacht um sich erst einmal als Künstler ein Profil zu erarbeiten, das Fach Chanson zu erkunden und sich eben als Sängerin einen Wiedererkennungswert zu verschaffen. Aber ich sehne mich schon seit Längerem einfach nach einer Veränderung. Und da fand ich es eben sehr interessant diese Coversongs auszuprobieren und habe Blut geleckt um es einfach mal zu versuchen.

Ich bin auch in einer Schublade drin, in die ich mich selbst gepackt habe. Wenn du Erfolg hast, dann stempeln dich die Leute irgendwo ab. Ich bin immer noch die Kleine, die damals “Das Spiel” gesungen hat. Das kann man auch nicht beeinflussen oder bis zu einem gewissen Grad forcieren, aber niemand hört eben Musik, die er nicht mag . Mit dem neuen Album wollte ich auch aus diesem Louisan-Korsett heraus.

An was denkst du, wenn du im Studio die Songs von anderen singst? 

Annett Louisan: Es ist immer so bei mir, dass ich das nicht spielen kann. Ich muss das fühlen und leben. Ich begebe mich dann in den Song hinein und werde oft auch traurig, sehr traurig sogar. Ich habe diese stark ausgeprägte melancholische und verträumte Art, auf die ich auch aufpassen muss. Aber auch daran arbeiten wir im Studio, eben mit verschiedenen Emotionen. Wenn ich vorm Mikrofon im Studio oder auf der Bühne stehe, da kann ich mich einfach nicht verstecken. Man sieht es mir an, wenn ich im Autopiloten bin. Ich versuche die Leute stark auf den Text zu lenken und erzähle eine Geschichte und nehme dabei meine Stimme sehr zurück, weil das eben oft ablenkt.

Warum hast du dich für ein Studio in Prag entschieden? 

Annett Louisan: Ich hab als Kind schon immer gedacht, dass ich später mal in Prag leben werde. Ich bin im Osten geboren und fand die Stadt mit ihren Klappenverkäufern am Fluss immer toll und ich mochte die tschechischen Märchenfilme. Ich hab gemerkt, dass es für eine Produktion auch mal gut ist, in eine andere Stadt zu fahren, weil es zum einen jemanden an eine Stadt bindet und weil es schon irgendwie eine feierliche Reise ist. Dort ist man dann mit all den Musikern in einer Blase, man muss danach nicht mehr nach Hause gehen, sondern ist die ganze Zeit dort und konzentriert sich nur auf die Musik. Dann habe ich die Herausforderung angenommen und habe mal geschaut wie weit ich mich von meinem eigenen Ton entfernen kann ohne meinen Auftrag und meine Eigenständigkeit zu verlieren. Ich hab mich dann auch ganz bewusst für unterschiedliche Songs, Künstler und Genres und ungewöhnliche Sachen entschieden. Wichtig war auch, dass man jeden Song kennt und man klar hört, dass ich die Songs anders singe.

Es hat einfach Spaß gemacht und es ging so schnell. Wir haben die gesamte Platte in zehn Tagen aufgenommen. Es war so toll, bei eigenen Stücken dreht man jeden Stein fünfzig mal um, bist selbstkritisch. Es war mir sehr wichtig,  die Euphorie, die man hat, wenn man einen Song zum ersten Mal singt, nicht zu zerstören und wollte sie beibehalten. Deshalb haben wir auch nur einen Song an einem Tag aufgenommen. So trickst man sich einfach aus, man hat keine Reflektionszeit und die Möglichkeit einen Song zu verbauen oder überzuproduzieren.

Ich habe während der Aufnahmen die Songs als Guide für die Band mitgesungen und tatsächlich sind bei Model und auch bei Helden das die finalen Takes geworden. Diesen Moment kann man auch nicht mehr reproduzieren und das kann man hinterher nicht nochmal besser machen. Bei den anderen Liedern habe ich dann, wo ein anderes Mikrofon verwendet werden sollte, nochmal neu eingesungen.

Songwriting Special in der Sound&Recording-Ausgabe 05/16


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Sound&Recording Ausgabe 05/16

Songwriting Special

Diese Ausgabe widmet sich dem ThemaSongwriting per App! Wir stellen euch iOS-Tools vor, die eure Kreativität beim Songwriting unterstützen und zeigen euch iOS-Hardware die umfangreiche, mobile Recording-Lösungen anbieten, wie Motive von Shure, die Lurssen Mastering Console und Lightning-Interfaces und –Mikrofone sowie Software. Eine Band die weiß wie man Songs schreibt sindAnnenMayKantereit. Mit ihrem Debüt-Album „Alles nix Konkretes“, das von Moses Schneider produziert wurde, schafften die Kölner-Jungs auf Anhieb den Sprung auf die #1 der deutschen Single Charts. Den Studio-Report findet ihr im Heft. Außerdem waren wir in Chino, USA in der Edel-Maufaktur bei Manley Labs zu Gast. Den dort hergestellten Channelstrip Manley Core haben wir für euch im Test. Für die Mixpraxis sprichtIllangelo Montagnese über die Produktion mit The Weeknd und in De/Constructed zerlegt Henning Verlage King Kunta von Kendrick Lamar.

Getestet haben wir das Roli Seaboard Rise 25, das „Volksbändchen“ sE Electronics X1R und in Love The Machines gibt´s den Klassiker Roland JP-8000.

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Wie kamst du dazu Merci Cheri zu singen?

Annett Louisan: Ja, ich wollte diesen Song von Udo Jürgens unbedingt singen. Das ist ein großartiges Lied, was mich tatsächlich an meinen Großvater erinnert. Ich hatte das Glück und habe ihn in seinem letzten Lebensjahr noch kennengelernt und mit ihm arbeiten dürfen. Ich habe sogar noch eine Nachricht von ihm auf meinem Anrufbeantworter, die er mir zwei Wochen vor seinem Tod aufs Band gesprochen hat. Er war so ein höflicher und empathischer Mensch, der sich immer für alles bedankte, was man für ihn getan hat. Bin schon sehr traurig über seinen Tod.

Welchen Stellenwert hat für dich Heroes und welche Verbindung hast du zu David Bowie?

Annett Louisan: Heroes war immer mein Lieblingssong von Bowie, auch wenn das sehr plakativ ist, das zu sagen. Es ist einfach ein Lied aus meiner Kindheit, es wurde in meinem Geburtsjahr 1977 geschrieben, es hat die Berliner Mauer-Thematik und David Bowie ist in diesem Jahr gestorben. Wie viele andere wahrscheinlich auch, habe ich mich deshalb nochmal sehr intensiv mit seinem Repertoire befasst, Interviews angeschaut und gelesen. Irgendwie gehört dieses Lied da mit rein. Es hat auch einen sehr schönen deutschen Text, auch in der kompletten deutschen Fassung. Ich hatte direkt auch eine Vision dazu und es ist eben auch direkt etwas anders als das Original. Es war mir auch egal, dass das jetzt irgendwie naheliegend ist, wegen des Ablebens von Bowie den Song aufzunehmen. Ich wollte den einfach machen!

Warum hast du einen so polarisierenden Song wie “Durch den Monsun” aufgenommen? 

Annett Louisan: Zuerst ist so ein Hit so eine große Chance und dann steht es einem selbst so im Weg und belastet dich als Künstler. So war das auch bei den Jungs so, zuerst wurden sie gefeiert und hatten einen riesen Erfolg. Und ein Jahr später wurden sie ausgebuht. Das ist die Schattenseite des Ruhms, vor allem dann, wenn du auch noch Welthits hast und so speziell bist wie gerade der Sänger. Trotzdem habe ich das Lied immer gemocht. Jetzt als Ballade auf dem Klavier hat es natürlich immer noch diesen infantilen Text aber mit einer wahnsinnig schönen Melodie, mit der klar wird, dass es ein total schöner Song ist.

Ich habe extra Songs ausgewählt, die auch ein bisschen heikel sind, auch geschmacklich. Damit wollte ich auch zeigen, dass der Geschmack und die Art wie man es macht auch wichtig für eine Produktion sind. Es gibt so viele Zutaten die wichtig sind: Der Text, das Lied und die Interpretation, und nur ein Baustein kann so vieles verändern. Der Sänger von The Who hat mal gesagt, das drei Dinge für den Erfolg wichtig sind und nur zwei Dinge gleichzeitig zutreffen müssen, egal in welcher Konstelation: Geld, Glück und wahre Popularität! Mit letzterem ist gemeint, dass du etwas haben musst, was die Leute wirklich wollen. Das ist für mich total wahr!

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