Desktop-Recording deluxe!

Universal Audio Apollo Twin Thunderbolt-Audiointerface

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Bislang galt für Universal Audios Apollo-Serie: ganz oder gar nicht, denn es gab sie nur als voll ausgestattete 19-Zoll-Audiointerfaces mit einer Menge Ein- und Ausgänge für ebenso voll ausgestattete Studios. Nun wird das innovative Apollo-Konzept auch für kleinere Setups bis hin zum sprichwörtlichen Bedroom-Studio interessant. Dazu kommt eine technische Neuerung: Preamp-Modelling mit Hardware-Integration.

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(Bild: Dr. Andreas Hau)

Das war im wahrsten Sinne des Wortes ein Donnerschlag: Ohne Vorankündigung und ab sofort lieferbar präsentierte Universal Audio auf der NAMM-Show im Januar ein neues Apollo-Interface zum attraktiven Preis. Dabei ist das Apollo Twin keineswegs eine SparVariante der beiden 19-Zoll-Modelle. Das Apollo Twin gehört zu den ersten Audiointerfaces mit Thunderbolt-Schnittstelle! Und nicht etwa wie die großen Apollo-Modelle durch Einbau einer optionalen Erweiterungskarte, sondern nativ, »out of the box«.

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Was natürlich nicht fehlen darf, ist Prozessor-Power für UAD2-Plug-ins. Universal Audio bietet zwei Modellvarianten an, das Apollo Twin Solo (UvP: 957,− Euro) mit nur einem SHARC-DSP und das Apollo Twin Duo (UvP: 1.231,− Euro) mit zwei DSPs. Die Preise mag man zunächst etwas hoch einschätzen für ein Interface mit nur wenigen Ein- und Ausgängen. Hält man sich aber vor Augen, dass alleine die Thunderbolt-Schnittstellenkarte für die größeren Apollo-Modelle (s. S&R 5.2012 und 11.2012) mit rund 500 Euro zu Buche schlägt und die reine DSP-Power eines UAD2 Sattelite Duo ohne AudiointerfaceFunktionen bereits 853 Euro kostet, scheinen die beiden Twins sogar recht günstig. Zumal die Apollo-Serie bislang mit ausgezeichneten Wandlern und sehr guten Preamps glänzte. But there’s one more thing (um es mit Steve Jobs zu sagen): Mit dem Apollo Twin hält erstmals eine neue Facette des UAD-Processings Einzug: Preamp-Modelling!

Konkret

Geliefert wird das Apollo Twin in einer aufwendigen Kartonverpackung, die an AppleProdukte erinnert. Das dürfte kein Zufall sein, denn Universal Audios Neuzugang ist Maconly. Und daran dürfte sich so schnell nichts ändern, denn die Thunderbolt-Schnittstelle hat sich bislang auf der Windows-Plattform nicht durchsetzen können. Was zum Teil daran liegt, dass Thunderbolt eine recht teure Technologie ist; schon ein Kabel kostet 40 bis 50 Euro − die man als frischgebackener Apollo-Twin-User auch gleich über die Theke des Apple-Händlers schiebt, denn ein Thunderbolt-Kabel liegt nicht bei. Bedenken sollte man auch, dass das Apollo Twin (anders als die Thunderbolt-Option-Card für die größeren Modelle) über nur einen Thunderbolt-Port verfügt. Verfügt der Mac ebenfalls nur über einen Thunderbolt Port, wird es schwierig bis unmöglich, ein externes Display oder eine Thunderbolt-Festplatte anzuschließen.

Die Hardware wirkt nobel und hochwertig. Die schwarz abgesetzte Alu-Front passt optisch perfekt zur beliebten MacBook-ProBaureihe; mit einer Grundfläche von 160 x 148 mm ist das 66 mm hohe Pultgehäuse kaum größer als die Remote eines MonitorControllers. Trotzdem ist alles dran, was man für Aufnahmen im heimischen Studio benötigt: zwei Mikrofon/Line-Eingänge plus ein frontseitig angeordneter Instrumenteneingang, zwei Line-Ausgänge plus zwei regelbare Monitor-Ausgänge zum direkten Anschluss von Aktiv-Monitorboxen sowie ein wiederum frontseitig angeordneter Kopfhörerausgang. Sollte man doch einmal in größerem Rahmen Aufnahmen machen wollen, kann man über einen Lichtleiteranschluss einen externen Wandler anschließen. Der optische Eingang kann im S/PDIF- (zweikanalig bis 96 kHz) oder ADAT-Modus (achtkanalig bis 48 kHz) betrieben werden; auch das S/Mux-Protokoll wird unterstützt (vierkanalig bis 96 kHz, zweikanalig bis 192 kHz).

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(Bild: Dr. Andreas Hau)

Mit Strom versorgt wird das Apollo Twin über ein externes Steckernetzteil mit verriegelbarem Anschluss.

Das Bedienfeld wird dominiert von einem großen Endlos-Einstellrad. Über zwei Drucktaster kann dieses dem Preamp oder dem Monitoring zugeordnet werden. Im ersteren Fall steuert das Rad die Eingangsverstärkung, wobei der Preamp-Taster zwischen den Inputs hin und her schaltet. Drückt man den Monitor-Taster, regelt das Rad die Lautstärke der Monitorboxen, drückt man den Taster ein zweites Mal, steuert es den Pegel des Kopfhörerausgangs. Die jeweilige Reglerposition wird über einen LED-Kranz um das Rad visualisiert. Durch Drücken des Rads wird der jeweilige Ausgang stummgeschaltet. Ein- und Ausgangspegel werden durch LED-Ketten visualisiert; mit nur fünf Segmenten lösen diese nicht sehr genau auf, aber es reicht, um festzustellen, ob Pegel anliegt und wo es zu Übersteuerungen kommen könnte.

Unterhalb des Einstellrads befindet sich ein Display mit sechs Tastern für die üblichen Standardfunktionen: »Input« schaltetzwischen Mikrofon- und Line-Input um, »Low-Cut« und Phasenumkehr sind in beiden Betriebsarten verfügbar, Phantomspeisung und Pad sinnvollerweise nur im Mikrofonmodus. Über den letzten Taster lassen sich beide Inputs verlinken. Insgesamt wirkt die Bedienung sehr übersichtlich.

Klang und Messwerte

In Sachen Klangqualität ist das Apollo Twin auf Augenhöhe mit den größeren ApolloInterfaces. Die Hardware ist mit dem gleichen Know-how designt; das Klangverhalten wirkt extrem sauber, linear und verfärbungsarm. Das belegen auch die Messwerte: Im Loop-Test gemessen (d. h. DA- plus AD-Wandlung) erreicht das Apollo Twin eine Gesamtdynamik von über 116 dB und einen Klirrfaktor von nur 0,0008%. Das sind ausgezeichnete Werte, weit über dem Standard dieser Preisklasse. Auch die Frequenzgänge sind mustergültig. Selbst in der maximalen Abtastrate von 192 kHz bleibt das Apollo Twin bis zur Grenzfrequenz nahezu vollständig linear.

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(Bild: Dr. Andreas Hau)

Ähnliches gilt für die beiden Preamps. Die Mikrofonvorstufen arbeiten angenehm rauscharm; mit einem Eingangsrauschen von −127 dBu taugen sie sogar für pegelschwache Bändchenmikros. Selbst in hohen Gain-Einstellungen (maximal 65 dB) bleibt der Klang transparent. Auch der Instrumenteneingang überzeugt mit hoher Rauscharmut und brillantem Klang. Auch beim Rear-End ist alles bestens: Der Kopfhörerverstärker bietet ordentlich Ausgangsleistung und gute Klangqualität. Die Lautstärkeregelung für den Monitor-Ausgang sitzt laut Signaldiagramm hinter den DA-Wandlern; d. h., sie arbeitet auf analoger Ebene (und damit ohne Bitverlust), ist aber digital gesteuert und deshalb über den gesamten Regelbereich ohne Kanalversatz.

Das Apollo Twin ist ein durchweg professionelles Audiointerface, das alleine durch die Reduktion auf wenige Ein- und Ausgänge für den Heimanwender erschwinglich wird. Die Klangqualität kann sich mit mehr als doppelt so teuren Interfaces messen.

Praxis

Zur Installation muss eine spezielle Version der UAD-Software aus dem Internet geladen werden (ca. 700 MB), ein Datenträger liegt nicht bei. Systemvoraussetzung ist ansonsten Mac OS X ab 10.8. Im Vorfeld des Tests gelang es mir, das Apollo Twin unter OS X 10.7.5 in Betrieb zu nehmen. Trotzdem habe ich für den eigentlichen Test vorsichtshalber ein Upgrade auf 10.9 Mavericks vorgenommen. Wichtig: Zum gegenwärtigen Zeitpunkt verträgt sich das Apollo Twin mit keinem anderen UAD2-Produkt. Es lässt sich weder in Kombination mit einer UAD2-Karte oder einem Satellite noch mit einem der größeren Apollos betreiben − derzeit noch nicht einmal wechselweise, da das Twin ja eine spezielle Version der UAD-Software erfordert. Das soll sich aber schon im Frühjahr ändern − mit künftigen Updates soll das Apollo Twin mit UAD-2-PCIe-Karten und -Satellites kompatibel werden. Der gleichzeitige Betrieb des Apollo Twin mit anderen Apollo-Interfaces ist auch künftig nicht vorgesehen, wohl aber der wechselweise Betrieb ohne Neuinstallation der Software.

Technisch gesehen ist Thunderbolt eine Art externe PCIe-Schnittstelle; entsprechend wird das Apollo Twin in den Mac-Systemeinstellungen als »PCI-Soundkarte« angezeigt. Die Niedriglatenzperformance habe ich wieder einmal mit Cubase 7.5 und dem extrem CPU-hungrigen Softsynth U-He DIVA getestet (Patch »Beauty Pad« im Divine-Modus bei aktivierter Multicore-Unterstützung). Als Testrechner diente ein MacBook Pro 13 (Intel Core i5 mit 2 x 2,4 GHz, 16 GB RAM).

Das niedrigste Setting mit 32 Samples liefert eine sehr niedrige Ausgangslatenz von nur 1,56 ms; die Eingangslatenz, die nur für bestimmte Anwendungen relevant ist, beispielsweise das Einspielen von E-Gitarren mit Amp-Simulationen, beträgt 3,15 ms − ebenfalls ein sehr guter Wert. Die Prozessorbelastung im 32-Samples-Setting ist allerdings so hoch, dass der Testrechner nur leichtere Arbeiten bewältigen konnte; der Softsynth-Bolide DIVA verursachte schon bei wenigen Stimmen Knackser. Im 64-Samples-Setting (Ausgangslatenz 2,29 ms, Eingangslatenz 3,88 ms) ließ sich DIVA immerhin schon neunstimmig spielen. Alle 16 Stimmen bewältigte der Testrechner erst im 256-Samples-Setting mit einer Ausgangslatenz von 6,64 ms (Eingangslatenz 8,82 ms). Für normale Aufgaben bzw. auf leistungsstärkeren Macs wird man zum Einspielen mit dem 128-Samples-Setting auskommen (Ausgangslatenz 3,74 ms, Eingangslatenz 5,32 ms). Das sind gute Werte; ob der sehr direkten Anbindung via Thunderbolt könnte Universal Audio in künftigen Treiberversionen aber noch mehr Performance rausholen.

Nun ist ja das Revolutionäre des ApolloKonzepts die Möglichkeit, UAD-2-Plug-ins in Universal Audios Software-Mixer »Console« zu verwenden, die wahlweise auch gleich mit aufgenommen werden können. Damit durch die Console-Plug-ins kein Versatz entsteht, empfiehlt es sich, im Settings-Tab den Latenzausgleich zu aktivieren. In der Einstellung »short« (die für alle sinnvollen Anwendungen ausreicht) erhöht sich die Eingangslatenz um 2,27 ms; die Ausgangslatenz bleibt unberührt. Gleichzeitig verliert die Eingangslatenz an Bedeutung, da man ja nun Signale gleich in der Console bearbeiten und formen kann, somit also nicht mehr auf Input-Processing in der DAW angewiesen ist.

So gehören zum Lieferumfang zwei Amp-Simulationen von Softube. »Amp Room Half Stack« ist der Marshall-Verstärker samt Box aus Vintage Amp Room, während es sich bei »Bass Amp Room 8×10« um die Ampeg-Simulation aus Bass Amp Room handelt. Qualitativ wurden keine Kompromisse gemacht; beide Plug-ins klingen ebenso erstklassig wie die Vollversionen und bereiten sehr viel Spaß. Ebenfalls zum Lieferumfang gehört die übliche »Analog Classics« Plug-in-Grundausstattung: LA-2A, 1176 und Pultec EQ in der LegacyVersion sowie der CS-1 Channel Strip und der Real-Verb Pro Hall. Weitere UAD-2-Plug-ins können kostenpflichtig im UA Online-Shop erworben werden.

Neu: Preamp-Simulation

Bislang exklusiv dem Apollo Twin vorbehalten ist die neue Preamp-Simulation UA 610B, die im Kaufpreis mit inbegriffen ist. Dabei handelt es sich um mehr als nur ein weiteres Plug-in für die UAD-2-Plattform! Der Console-Mixer des Apollo Twin wurde um einen speziellen Preamp-Slot erweitert, der mit der Hardware interagiert. »Unison« nennt Universal Audio diese neue Technologie.

Beim UA 610B, der als Simulation von Universal Audios legendärem Röhren-Vorverstärker den Anfang in Sachen Preamp-Modelling macht, greift das Einstellrad nun auf das Input-Gain der Simulation zu. Noch interessanter ist, dass der Impedanzwahlschalter (500 Ohm/ 2 kOhm) nicht etwa irgendeine EQ-Kurve aktiviert, sondern tatsächlich die Eingangsimpedanz der Apollo-Twin-Hardware steuert! Die digitale Simulation interagiert also mit der physikalischen Welt, sprich dem Mikrofon.

Ganz neu ist die Idee nicht; Avid hat Ähnliches bereits mit seinem Eleven-Interface versucht, allerdings bezogen auf Gitarren-Amp-Simulationen. Doch im Bereich von Mikrofon-/Line-Vorverstärkern betritt Universal Audio mit der Unison-Technologie definitiv Neuland. Man darf gespannt sein, welche Preamp-Simulationen noch folgen werden.

Übrigens sind auch die bisherigen ApolloInterfaces bereits hardwareseitig auf Unison vorbereitet; deren Console-Mixer wird demnächst ebenfalls einen entsprechenden Preamp-Slot erhalten.

Klingt die digitale Preamp-Simulation wirklich wie die analoge Hardware? Vergleichen konnte ich mit meinem LA-610 Channelstrip, dessen Opto-Kompressor ich natürlich ausgeschaltet habe. Das grundsätzliche Klangverhalten ist in der Tat sehr ähnlich. Der 610 gehört zu den recht stark färbenden Röhren-Preamps mit einem tendenziell etwas dunklen, leicht »harzigen« Klangcharakter. So klingt auch die Simulation.

Die harmonischen Verzerrungen sind ebenfalls gut getroffen. Der LA-610 erzeugt selbst in seinen saubersten Settings Gesamtverzerrungen von 0,3 bis 0,5%; wenn man ihn »heiß« fährt, noch deutlich mehr. Die UA-610B-Simulation bringt es auf ähnliche Werte, und auch die spektrale Verteilung der Klirrprodukte ist nahezu identisch: Es dominiert die angenehm klingende zweite Harmonische bei knapp −50 dB, während die Klirranteile höherer Ordnung stetig abnehmen.

Auch der im obersten Höhenband leicht abfallende Frequenzgang gleicht der Hardware. Oberhalb von 20 kHz mogelt die Simulation allerdings − vermutlich um DSP-Leistung einzusparen. Denn während der Übertragungsbereich der Hardware bis ca. 30 kHz weich ausläuft, wird bei der Simulation bei 20 kHz abrupt abgeschnitten. Auffallen kann das freilich nur in höheren Abtastraten; bei der üblichen Samplingrate von 44,1 kHz reicht der Übertragungsbereich ja sowieso nur bis 20 kHz.

Auch der EQ der 610-Hardware wurde simuliert. Die simple Bass/Höhen-Klangregelung ist einfach gestrickt, leistet aber gute Dienste, wenn es darum geht, die grundsätzliche Klangbalance zu optimieren. Die breiten Regelkurven entsprechen der Hardware − auch insofern, als dass die Wahl der Einsatzfrequenzen eher geringe Auswirkungen hat. Insgesamt stellt das UA 610B-Preamp-Model eine schmackhafte Ergänzung zu den sehr cleanen Hardware-Preamps des Apollo Twin dar.

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(Bild: Dr. Andreas Hau)

Fazit

Was zunächst wie ein stylisches Audiointerface mit »Apple-ähnlicher« Preisgestaltung daher kommt, entpuppt sich als hochprofessionelle Studiozentrale für kleinere Setups: Die Klangqualität von Wandlern, Preamps und Monitoring-Funktionen ist durchweg erstklassig. Dazu gibt’s DSP-Power für UAD- 2-Processing sowie ein kleines, aber feines Sortiment an Plug-ins, darunter klasse Amp-Simulationen von Softube und einen virtuellen Röhren-Preamp, der − und das ist neu − mit der Hardware interagiert.

Addiert man das alles zusammen, kommt man zum Schluss, dass die schicke Kiste keineswegs überteuert ist. Im Gegenteil, das Apollo Twin ist eine wirklich preisgünstige Lösung für Anwender mit Anspruch. Allerdings, und das ist wirklich schade: leider nur für Mac.

Hersteller/Vertrieb

Universal Audio/S.E.A. Vertrieb

UvP/Straßenpreis

957,— bzw. 1.231,— Euro / ca. 700,— bzw. 900,— Euro

www.uaudio.com

+++ professionelle Klangqualität zum günstigen Preis

+++ DSP-Power für UAD2-Processing

+++ Preamp-Modeling mit Hardware-Integration

– Mac only

–– kein zweiter Thunderbolt-Port zum Anschluss weiterer Peripherie

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