Samples mit Substanz

Toontrack Decades SDX – Drum-Sample-Library im Test

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Al Schmitt ist eine wahre Recording-Legende. Auf seiner Credit-Liste befinden sich Namen wie Duke Ellington, Sam Cooke, Neil Young, Miles Davis, Frank Sinatra, Ray Charles und Paul McCartney, um nur ein paar zu nennen. Die Softwareschmiede Toontrack arbeitete in den Capitol Studios / Los Angeles mit ihm zusammen, um die Drum-Library »Decades SDX« zu kreieren.

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Einleitend ist zu erwähnen, dass für den Betrieb von Decades SDX die Software »Superior Drummer 3« (64 Bit) vorausgesetzt wird, Version 2 wird also nicht mehr unterstützt. Der Download der Library kann einerseits direkt über den Kunden-Account erfolgen oder mithilfe des »Product Manager«, ein Standalone-Portal, das alle erworbenen Toontrack-Produkte verwaltet.

Da es sich bei Decades SDX um Material mit über 90 GB Inhalt handelt, empfiehlt es sich durchaus, den Manager zu verwenden. So hat man nicht nur einen besseren Überblick, welche der Stereo-, 5.1-, oder 9.1.-Konfigurationen bereits geladen sind, sondern kann den riesigen Datentransfer zwischendurch auch mal pausieren.

GUI und Workflow: Wer bisher noch nicht mit Superior Drummer gearbeitet hat, wird sich trotz des hohen Funktionsumfangs schnell zurecht finden. Die GUI ist in vier Tabs unterteilt: Drums, Grooves, Mixer und Tracker. Rechts oben in der Menüleiste listet Superior Drummer alle installierten Libraries auf. Wählt man hier »Decades« an, kann man nach einer kurzen Ladepause loslegen.

In der Fußzeile sind stets eine Transportsektion sowie Schaltflächen für »MacroControls« und den »Song Creator« verankert. Die Arbeitsweise sollte auch für Neulinge nach schon kurzer Zeit grundlegend klar sein.

Ein typisches »Al Schmitt« Mixer-Layout: lediglich etwas Reverb wird über einen Aux-Return beigemischt. Mit dem internen Mixer und den mitgelieferten Plug-ins könnte man auch ohne eine DAW-Oberfläche arbeiten.
Die hauseigene Fairchild-Emulation »Comp 670« kommt bei Als Presets subtil zum Einsatz.
Über 90 GB an Klangfutter sind in erster Linie dem umfangreichen Mikrofon-Setup geschuldet. Das Bild stellt alle Mikrofonpositionen innerhalb der Capitol Studios (Studio B) dar.

Sounds:

Neben Klassikern wie dem Shure SM57 oder AKG D12 für Snare und Kick wurden für Toms (ATM 350) und Overheads (AT5045) Mikrofone von Audio-Technica beauftragt. Für das Einfangen der verschiedenen Raum-Sounds wählte Al Schmitt Royer R-122 und Sanken C0-100k. Der Decca-Tree bestand ausschließlich aus drei Neumann M149. Letzeres Mic-Setup erscheint als klassischer Stereo-Kanal »Front L/R« in Kombination mit dem Mono-Kanal »Center« im Mixer.

Während viele Libraries drei separate Kanäle für Kick-In, Kick-Out und Sub liefern, begnügt man sich bei Decades SDX mit »nur« einem Kanal. Allerdings sind diese Aufnahmen derart ausgewogen – was will man auch anderes erwarten von einem 23-fachen Grammy-Gewinner?

Fünf Drum-Kits aus verschiedenen Epochen von den 30er- bis 90er-Jahren sollen die langjährige Schaffensphase des Star-Engineers abdecken. Die Klangästhetik geht primär in Richtung Jazz und Swing, betrachtet man »Ballroom Swing Kit«, »1930s Broadway Kit« oder »Modern Jazz Kit«. Aber auch Disco, Funk und Soul sind mit dem »1970s Soul Kit«, »1970s Tight Pop Kit« und »1980s Rock & Fusion Kit« originalgetreu umzusetzen. Insgesamt umfasst die neue Library 12 Snares, neun Kicks, vier Hi-Hats sowie ein Vielzahl von Toms und Becken. Dazu kommen noch Varianten, etwa Snares mit der Option »Wires Off« sowie verschiedene Spielweisen mit Brushes und Mallets. Ein extrem voluminöses Paket!

Selbstverständlich ist es möglich, die einzelnen Trommeln und Becken miteinander zu einem ganz individuellen Hybrid-DrumKits zu kombinieren und an den jeweiligen Song und Style anzupassen. Ein mitgeliefertes PDF listet hierfür alle verwendeten Elemente detailliert auf.

Der Grundsound der direkt aufgenommenen Drums und Overheads alleine schon ist hervorragend und detailliert. Mischt man noch die Raummikrofone hinzu, entsteht ein hochlebendiges Klangerlebnis. Zudem lässt sich das Übersprechen individuell für alle Kanäle per Drehregler einstellen, was die Natürlichkeit weiter unterstützt. Dieser unglaubliche Realismus ist jedoch nicht nur dem tollen Raum und der hochwertigen Recording-Kette geschuldet. Man investierte viel Zeit und Liebe zum Detail, um auch die kleinsten Nuancen bzw. Artikulationen einzufangen. Im Menü »Articulations« findet man eine Auflistung aller geladenen Komponenten. Bei der Snare beispielsweise, stehen hier »Center«, »Off Center«, »Edge«, »Rimshot«, »Muted Accent« und viele weitere zur Wahl. Die größte Anzahl von Artikulationen spendierte man allerdings der Hi-Hat. 26 Spielvariationen bzw. Positionen werden im Menü zur Verfügung gestellt. Da geht einem das Herz auf!

Um das richtige Pattern schnell zu finden, wechselt man zum Tab »Grooves«. Norman
Garschke (s. Toontrack Story ab Seite 58) war nicht nur der Session-Drummer, sondern
kümmerte sich ebenfalls um die Bearbeitung der MIDI-Events.

In The Mix

Die Drum Kits spielen in der absoluten Oberliga, doch auch der integrierte Mixer hilft dabei, den Sound zu formen. Einen guten Überblick verschafft man sich am besten mit den Presets, von Toontrack und Al Schmitt erstellt, die zeigen, was stilistisch so alles möglich ist. Auf allen Presets von Al Schmitt befindet sich der »Comp 670« auf dem Masterbus, welcher lediglich für eine dezente Verdichtung und Färbung sorgt. Bis auf gelegentliche Bearbeitung mit dem EQ84 auf der Kick, verzichtet der Star-Engineer sonst auf Einsatz von Plug-ins. Allerdings sollte man den Reverb-Kanal nicht vernachlässigen, bei dem es sich laut Hersteller um das gesampelte Signal von Als favorisiertem Hardware-Prozessor handelt.

Toontrack-Presets fallen meist stärker bearbeitet, dennoch sehr geschmackvoll, aus. Der Einsatz von Bandsättigung, Transienten-Designer, Kompression von Einzelspuren sowie Parallelkompression ist hier kein Einzelfall.

Der SD-Mixer bietet also eine voll ausgestattete Arbeitsumgebung. Reicht das immer noch nicht aus, steht dem Nutzer nichts im Weg, die Einzelspuren über die 16 Stereo-Ausgänge aus der Software an die DAW weiterzuleiten, um dort noch weitere Plug-ins einzubinden.

Fazit

Bei »Decades SDX« handelt es sich um eine Erweiterung mit haufenweise Charme, Charakter, Natürlichkeit und Detail – oder genauer gesagt, um eine absolute Glanzleistung, die Al Schmitt, Studio-Drummer Norman Garschke und das Toontrack-Team hier an den Tag legen. Neben den hervorragend aufgenommenen Einzelsignalen überzeugen besonders die Raummikrofone, welche je nach Mischungsverhältnis ein breites Klangspektrum abdecken.

Es fällt schwer hier überhaupt einen Negativpunkt zu finden – kleinkrämerisch könnte man vielleicht behaupten, dass sich die Expansion für aggressiven Metal/Hard Rock weniger eignet. Allerdings werden jene Genres bereits umfassend durch die Core-Library und andere SDX-Packs abgehakt.

Wer bisher nicht viel für Drum-Libraries übrig hatte, sollte diesem Metier spätestens jetzt noch mal eine Chance geben. Knapp geplante Deadlines und minimale Budgets sind heute mitunter gute Gründe für eine Sample-Library – und mit Decades SDX ist man für einige Szenarien gewappnet.

Hersteller: Toontrack
Download-Preis: 139,– Euro
Internet: www.toontrack.com

Unsere Meinung:

+++ hervorragender Sound
+++ zahlreiche Artikulationen
+++ 5 Drum-Kits erlauben große Klangvariation
++ Presets / Grooves
++ Installation von Stereo-, 5.1- und 9.1.-Setup möglich

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