Koaxialer 3-Wege-Monitor mit DSP-System

Studiomonitor Genelec 8351A im Test

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(Bild: Dieter Stork)

Der finnische Hersteller Genelec gehört seit Jahrzehnten zu den renommiertesten und auch größten Herstellern von Studiomonitoren aller Größenklassen. 1978 gegründet von Ilpo Martikainen und Topi Partanen, befindet man sich auch heute noch mit der kompletten Entwicklung und Produktion am ursprünglichen Standort in Iisalmi. Der neue 8351A setzt nicht nur optisch neue Akzente — auf die neue Technik dieser Monitore waren wir äußerst gespannt.

Die hier vorgestellte neue 8351A ist ein aktiver 3-Wege-Monitor für Nearfield- und Midfield-Anwendungen aus der SAM-Baureihe. »SAM« steht bei Genelec für »Smart Active Monitore« und soll herausstellen, dass man mit diesen Monitoren besonders effektiv und schnell zum Ziel kommt. Ein wichtiger Bestandteil dazu ist der GLM (Genelec Loudspeaker Manager), mit dessen Hilfe man die Monitore einmessen, verwalten und zentral steuern kann.

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Bei der Entwicklung der SAMs wurde auch ein besonderes Augenmerk auf kompakte Abmessungen und eine flexible Aufstellung gelegt, sodass der Monitor auch bei engen räumlichen Verhältnisse z. B. in Übertragungswagen oder kleinen Rundfunkstudios gut einzusetzen ist. Die Aufstellung sollte dabei sowohl aufrecht stehend als auch quer liegend ohne Einschränkungen möglich sein. Eine Grundvoraussetzung dafür ist ein in beiden Ebenen über einen möglichst weiten Frequenzbereich gleichmäßiges Abstrahlverhalten. Realisiert wurde das für die 8351A mit einem vollkommen neuen Aufbau in Form eines koaxialen 3-Wege-Monitors.

(Bild: Dieter Stork)

MDC-Treiber und MaxDCW-Schallführng

Kernstück der 8351A ist der koaxiale Mittelhochtöner, der MDC (Minimum Diffraction Coaxial)-Driver, wie man ihn schon aus der großen 8260 kennt, kombiniert mit dem Maximised Directivity Control Waveguide (MaxDCW) und der »Acoustically Concealed Woofers« (ACW)-Technologie. Kurz gefasst: MDC mit DCW und ACW ergibt …? Nun gut, das Marketing verlangt nach kernigen Kürzeln für besondere Merkmale eines Produktes, und da sind die typischen drei Buchstaben sehr beliebt. Der Reihe nach:

Für die angestrebten Ziele einer kompakten Box mit einem horizontal wie vertikal gleichmäßigen Abstrahlverhalten liegt der Gedanke an eine koaxiale Anordnung nahe. Die Besonderheit des MDC-Treibers liegt nun darin, die primäre Problemstelle der meisten koaxialen Treiber zu umgehen. Da sind vor allem die Kanteneffekte in Form von Beugung, Streuung und Reflexionen zu nennen, die durch den verschachtelten Aufbau der Systeme entstehen. Einfach ausgedrückt: Der Hochtöner stört den Mitteltöner in seiner Schallabstrahlung und umgekehrt. Hier gilt es, einen gangbaren Kompromiss bei der Trennfrequenz zu finden, wo die Störungen im Frequenzgang und Abstrahlverhalten so wenig wie möglich zur Geltung kommen. Ein insgesamt perfektes Verhalten ist damit aber kaum zu erreichen, sodass dem großen Pluspunkt der Abstrahlung aus einer Quelle immer auch diverse Nachteile gegenüber stehen.

Der Mitteltöner im MDC-Treiber ist daher so ausgeführt, dass er den Schall über eine flexible Schaumstoffschicht abstrahlt. Innen geht der Schaumstoff direkt auf die kleine Schallführung des Hochtöners über, und am Außenrand gibt es einen stetigen Übergang zum großen Waveguide. Für den Hochtöner stellt sich damit der Mitteltöner als fast unsichtbarer Teil des Waveguides dar. Das daran anschließende Waveguide für den Mittelhochtöner erstreckt sich nahezu über die gesamte Frontfläche des Gehäuses und bietet so schon dank seiner Größe eine gute Grundvoraussetzung für eine kontrollierte Abstrahlung.


Aus dem Messlabor unter reflexionsfreien Bedingungen stammen die folgenden Messungen zum Frequenzgang, zum Abstrahlverhalten und zu den Verzerrungswerten. Der Klasse-1-Messraum erlaubt Messentfernung bis zu 8 m und bietet Freifeldbedingungen ab 100 Hz aufwärts. Alle Messungen erfolgen mit einem B&K 1/4″-4939-Messmikrofon bei 96 kHz Abtastrate und 24 Bit Auflösung mit dem Monkey-Forest Audio-Mess-System. Messungen unterhalb von 100 Hz erfolgen als kombinierte Nahfeld-Fernfeldmessungen.


Es bleibt die Frage des Tieftöners. Oben und unten hinter dem Waveguide sind zwei Spalte angebracht, durch die zwei Tieftöner den Schall abstrahlen. Da der Platz für die Tieftöner auf der Front recht knapp bemessen ist, musste bei Genelec ein spezielles Chassis für diese Aufgabe entwickelt werden. Die Membran des Treibers ist oval geformt, mit Abmessungen von 8,5″ x 4″, sodass je ein Treiber oberhalb und unterhalb der Mittelhochtöners quer eingebaut werden kann. Die beiden Treiber befinden sich von außen quasi unsichtbar hinter dem Waveguide und stören so die Schallabstrahlung des MDC-Treibers nicht. Die Schallabstrahlung der Tieftöner über eine kleine Kammer mit Spalt nach außen ist grundsätzlich auch nicht ganz unproblematisch und bewirkt einen akustischen Bandpass. Bei der Konstruktion ist es daher vor allem wichtig, die Kammer so klein zu gestalten, dass sich keine Resonanzen in ihrem Arbeitsbereich ausbilden. Eine passende Trennfrequenz vorausgesetzt, hat die Bandpasskammer aber auch Vorzüge und steigert die Sensitivity merklich. Zusätzlich gibt es noch einen auf der Rückwand gelegenen Bassreflexresonator mit einer großen und stark gerundeten Öffnung, um Strömungsgeräusche zu reduzieren. Das Gehäuse als Ganzes ist mit seiner Form konsequent auf die Vermeidung von störenden Kanteneffekten ausgelegt.

Weitere Specs der 8351A sind drei Endstufen mit 150, 120 und 90 Watt Leistung, ein DSP-System für alle Filter, Delays, Limiter und sonstige Signalbearbeitungen, Eingänge analog symmetrisch und digital im AES/EBU-Format sowie Fernsteuerung und Einstellung über ein Genelec-eigenes Netzwerk. Die Endstufen für den Tief- und Mitteltöner sind in Class-D-Technik aufgebaut, die Hochtonendstufe ist eine klassische Class-AB-Schaltung. In ähnlicher Form kennt man diese Kombination auch von anderen Herstellern.

DSP und Filter

Die 8351A kann ebenso wie alle anderen SAM-Monitore von Genelec völlig unabhängig im Standalone-Modus oder vernetzt betrieben werden. Dabei gibt es drei Möglichkeiten:

− Der Monitor wird völlig ohne Netzwerk und PC betrieben (standalone),

− der Monitor wird mithilfe des Netzwerkes eingestellt und dann in den Standalone-Modus geschaltet,

− der Monitor ist ständig mit dem Netzwerk und einem PC verbunden.

Ausschließlich über das Netzwerk zu bedienen sind die digitale Pegeleinstellung und das Delay sowie die vier Shelving-Filter und sechs Notch-Filter zur Raumanpassung. Am Lautsprecher selber können noch die typischen Einstellungen zur Ortsanpassung abgerufen werden. Über die sieben DIP-Switches der Tone-Controls gibt es hier jeweils dreistufig in 2-dB-Schritten ein Bass-Roll-Off, ein Bass- und ein Treble-Tilt sowie ein Desktop-Filter. Die daraus resultierenden Kurven finden sich in Abbildung 1.


Das ungewöhnliche Design macht die neuen Genelecs zum Blickfang. Auffällig ist die Front mit dem riesigen Waveguide des koaxialen MDC-Mittelhochtontreibers.


 

Alle weiteren Einstellungen geschehen über die GLM-Software. Neben Pegel-, Delay- und den insgesamt zehn Filter-Einstellungen kann man hier auch ein Pink-Noise-Testsignal einspielen, den Eingang und Kanal auswählen sowie die einzelnen Wege muten, was bei einer möglichen Fehlersuche und für Messungen praktisch ist. Ist der Monitor einmal eingestellt, dann kann diese Konfiguration in der Box gespeichert und die Box anschließend auch vom Netz genommen werden Auch ohne Netzwerkanschluss kann dann immer noch per DIP-Switch zwischen dieser gespeicherten Einstellung und der einfachen Standalone-Konfiguration gewählt werden.

Die Messhardware wurde bei den SAM-Modellen gegenüber der früheren ursprünglichen Ausführung ein wenig geändert und verbessert. Die Soundkarte des Rechners wird nicht mehr benötigt. Stattdessen wir das mitgelieferte Messmikrofon jetzt direkt am Genelec USB-Interface angeschlossen, ebenso wie die Monitore, die über handelsübliche Netzwerkkabel mit RJ45-Steckern von Box zu Box einfach durchgelinkt werden. Die zugehörige PC-Software erkennt danach umgehend alle angeschlossenen Lautsprecher, und man kann mit der Zusammenstellung eines neuen SAM-System-Layouts beginnen. Ein Wizard führt den Anwender dabei von Schritt zu Schritt durch den Vorgang einschließlich der Einmessung, die man auf eine einzelne Position oder mehrere Positionen am Hörerplatz beziehen kann.

Hörtest

Eine kleine Enttäuschung vorweg. Die GLM-Software konnte aufgrund von Inkompatibilitäten von Firmware und Software in diesem speziellen Fall leider nicht für die Einmessung der Monitore genutzt werden. Dieses betraf nur die Messfunktion, alles andere arbeitete einwandfrei. Dem Autor ist die Software von anderen Einsätzen jedoch schon hinreichend bekannt, sodass in Anbetracht des engen Zeitrahmens kurzfristig ein externes Mess-System eingesetzt wurde.

Schon direkt nach der Messung fiel auf, dass auch schon der ungefilterte Frequenzgang mit Ausnahme der Störungen durch die Raummoden bereits einen recht gleichmäßigen Verlauf aufweist. Nur mit einigen wenigen Filtern kommt man daher schnell zum Ziel.

Der Höreindruck der 8351A ist dann vor allem eines: absolut präzise. Hier ist alles auf den Punkt: die Ortung, die Abbildung, die Dynamik, die Tonalität. Für den Hörer bietet der Monitor so eine Art Sicherheit, wirklich genau das zu hören, was man gerade bearbeitet oder abspielt. Wodurch dieser Eindruck genau entsteht, ist schwer zu sagen. Vielleicht liegt es daran, dass der 8351A eindeutig ist. Man zweifelt oder schwankt nicht in der Meinung über das Gehörte. Speziell einige Aufnahmen mit elektronsicher Musik wurden von der 8351A in bisher nicht gekannter Exaktheit und Schärfe (nicht klanglich, sondern die Abbildung betreffend) in den Raum gestellt.

Eindrucksvoll ist auch die weit herab reichende Basswiedergabe, die zumindest bezüglich des Umfangs einen Subwoofer überflüssig macht. Das fordert natürlich seinen Tribut die Pegel betreffend. Sobald wirklicher Tiefbass im Programm ist, beispielsweise bei einigen Aufnahmen von Kraftwerk, stößt die 8351A an ihr Limit, und die rote LED auf der Front signalisiert dem Hörer den Einsatz der Limiter. Von einer Box in dieser Größenordnung, die zudem als Nahfeldmonitor tituliert ist, sollte man auch nicht mehr verlangen.

Fazit

Der 8351A von Genelec zeigt eindrucksvoll, dass man auch nach fast 40 Jahren Monitor-Entwicklung in Finnland nicht müde geworden ist, innovative neue Ansätze zu erfinden und in die Praxis umzusetzen. In der 8351A vereinen sich mit dem koaxialen Mittelhochtöner und dem auf der gesamten Front flächendeckenden Waveguide sowie der GLM Fernsteuer- und Mess-Software alle Highlights der letzten Jahre aus dem Hause Genelec. Das Ergebnis kann sich in jeglicher Hinsicht sehen und hören lassen.

Der 8351A ist ein beeindruckender und begeisternder Monitor. Dank der kompakten Abmessung stellt er zudem keine großen Ansprüche an die Aufstellung und lässt sich mithilfe der GLM-Software und des zugehörigen Messtechnik-Equipments schnell und einfach auf sein Umfeld anpassen.


+++ Messwerte

+++ Klangqualität

++ Einsatzmöglichkeiten

+++ Verarbeitung und Wertigkeit

++ Preis/Leistungs-Verhältnis

 

Profil 8351A

Frequenzbereich: 31 Hz − 30 kHz (—6 dB)

Welligkeit: 3 dB (100 Hz − 10 kHz)

hor. Öffnungswinkel: 111 Grad (—6 dB Iso 1 kHz − 10 kHz)

hor. STABW (Standardabweichung): 9 Grad (—6 dB Iso 1 kHz − 10 kHz)

ver. Öffnungswinkel: 115 Grad (—6 dB Iso 1 kHz − 10 kHz)

ver. STABW: 9 Grad (—6 dB Iso 1 kHz − 10 kHz)

max. Nutzlautstärke: 106,3 dB (3% THD 100 Hz − 10 kHz)

Basstauglichkeit: 99,2 dB (10% THD 50 − 100 Hz)

Maximalpegel in 1 m (Freifeld) mit EIA-426B

Signal bei Vollaussteuerung: 97 dBA Leq und 112 dB Peak

Paarabweichungen: 0,4 dB (Maxwert 100 Hz − 10 kHz)

Störpegel (A-bew.): 29 dBA (Abstand 10 cm)

Maße: 287 x 452 x 278 mm (B x H x T)

Gewicht: 19 kg

Hersteller/Vertrieb: Genelec / Audio Export

UvP/Straßenpreis: pro Paar 6.660,— Euro / ca. 6.000,— Euro

www.genelec.com

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