Satt!

Steinberg UR-RT4 – Audiointerface im Test

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Steinberg UR-RT4(Bild: Petia Chtarkova)

Steinbergs »klassische« UR-Serie erfreut sich bis heute großer Beliebtheit in Projektstudios. Mit dem Zusatz »RT« erfahren das UR44 und UR22 nun eine Überarbeitung … mit etwas Unterstützung aus den USA.

Genauer spendierte man den Interfaces spezielle Übertrager aus dem Hause Rupert Neve Desings, kurz RND. Da wird man schnell hellhörig, steht dieser Herstellername doch sonst für absolut hochwertige und nicht gerade preisgünstige Produkte.

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Das UR-RT4 ist ein Desktopgerät mit einem extrem robusten und massiven Gehäuse. Beim Chassis wurde vollständig auf Kunststoff verzichtet, und somit verwundert auch das verhältnismäßig hohe Gewicht von knapp 2,4 kg kaum. Mit Maßen von 267 x 47 x 208 mm (B x H x T) packt man diese schwarze Kiste nicht mal eben in die Laptop- Tasche. Die Deckplatte ist mit vier Lüftungsöffnungen versehen − so kann man einen Blick auf die Übertrager werfen, die mit ihrem weißen Logo von Rupert Neve Designs hindurchblitzen. Doch mehr dazu später!

Auf der Rückseite befindet sich links eine Buchse zum Anschluss des mitgelieferten 12V-Netzteils, in diesem Fall das Yamaha PA-150 mit einem Ausgangsstrom von 1.500 mA. Daneben ist eine USB-2.0-Buchse Typ B eingelassen. Schön, dass auch ein Power-Schalter installiert wurde, was heute keine Selbstverständlichkeit ist.

Rechts warten acht symmetrische Klinkenbuchsen auf ihren Einsatz: Line-Input 5/6, Line-Output 1/2 und 3/4 so wie Main-Output L/R sitzen gut verschraubt in der Aluminiumplatte. Des Weiteren hat Steinberg dem Gerät auch einen MIDI-I/O spendiert. Eine digitale Schnittstelle, z. B. ADAT, zur Erweiterung bzw. Kaskadierung fehlt leider.


Die Messwerte,

ermittelt im Loop-Test.

Bei 44,1 kHz liegt ein gerader Frequenzgang vor.
Sobald der Übertrager im Signalweg Platz nimmt, kippt die Kurve etwas und zeigt eine breite Anhebung von knapp 0,7 dB bei 10 kHz.
Der Klirrfaktor beträgt 0,0016 %, das Eigenrauschen liegt bei −96,6 dBA.
Bei einer Abtastrate von 96 kHz überquert derGraph die Marke von −1,0 dB bei 38 kHz, …
… ebenso bei einer Abtastrate von 192 kHz.

Zu guter Letzt sind noch zwei kleine Schalter vorhanden, die die Eingänge 1 bis 4 paarweise mit Phantomspeisung versorgen können. Diese Eingänge nehmen auf der Frontplatte ihren Platz in Form von Neutrik XLR/Klinken-Buchsen ein. Die vier Preamps kümmern sich allesamt um die Verstärkung von Mikrofonsignalen. Während Eingang 1 und 2 optional auch hochohmige Instrumentensignale, etwa E-Gitarren und Bässe, verstärken können, arbeiten die Eingänge 3 und 4 stattdessen mit Line-Signalen. Der Gain wird entsprechend mit den vier Potis eingestellt, die mit einem silbernen Kopf stabil auf ihrer Achse sitzen. Darüber kann man mit hintergrundbeleuchteten Druckschaltern die Übertrager in den Signalweg einschleifen.

Auf der rechten Seite bietet das UR-RT4 zwei Kopfhöreranschlüsse, deren Lautstärke sich separat regeln lässt. Den Abschluss macht das Poti zur Regelung der Abhörlautstärke.

Eine Aktivitätenanzeige für das MIDI-I/O fehlt leider.

Einrichtung

Neben einem USB-Kabel und Netzteil legt Steinberg noch eine gedruckte Kurzanleitung, u. a. in deutscher Sprache, bei. Außerdem befinden sich diverse Beipackzettel mit Download-Informationen und Aktivierungs-Codes für Cubase AI, Cubasis LE und Basic FX Suite im Tütchen. Erstaunlicherweise blitzt hier auch eine CD-ROM (!) mit der Aufschrift »TOOLS for URRT4« entgegen. Um jedoch sicher auf dem neusten Stand zu sein, sollte man sich dieses Softwarepaket besser über die Website des Herstellers herunterladen.

Das UR-RT4 unterstützt offiziell macOS ab Version 10.11 und Windows ab Version 7 (SP1).

Sobald der »Yamaha Steinberg USB Driver« unter Windows installiert ist, stellt die kleine USB-LED an der Gerätefront ihr Warnblinken ein und signalisiert mit durchgehendem Leuchten die Betriebsbereitschaft des Gerätes. Am Mac wird das Interface auch ohne zusätzlichen Treiber in das Core Audio-System aufgenommen. Astrein!

Steinberg lieferte vor einiger Zeit ein Firmware-Update für die Interfaces »UR824« und »UR28M« nach, das den Betrieb mit iPad (ab Version 2) mithilfe des Camera Connection Kit erlaubt. Das neue UR-RT4 hingegen besitzt diesen ClassCompliant-Mode von Anfang an. Der Anschluss ans iPad klappte einwandfrei über einen Lightning-to-USB-Adapter.

Ist die Cubasis-Demo-Version auf dem Tablet installiert, wird diese automatisch freigeschaltet, sobald das Interface zum ersten Mal mit dem Sequenzer verbunden ist. Dann handelt es sich zwar immer noch nicht um die Pro-, sondern um die LE-Version, und man muss mit ein paar wenigen Plug-ins klarkommen, aber zum Aufnehmen, Editieren und Demo-Mixing bietet diese mobile Produktionsumgebung mehr als genug.

Steinberg UR-RT4
Auf der Frontseite kann man die ersten vier Eingänge wahlweise durch die Übertrager schicken. (Bild: Petia Chtarkova)

»In the Box«

Die Wandler des UR-RT4 arbeiten mit 24 Bit und allen gängigen Abtastraten zwischen 44,1 und 192 kHz. Im Treiber-Panel stehen Puffergrößen zwischen 64 und 2.048 Samples zur Auswahl. Der kleinste Puffer zeigt in Cubase eine Ausgangslatenz von 7,2 ms bei 44,1 kHz an. Das ist keine besondere Glanzleistung, sollte aber hinsichtlich des guten Direct-Monitorings weniger ins Gewicht fallen, wie wir sehen werden.

Im Betrieb

Beim Einpegeln mit dem Gain-Regler hilft es, eine hochaufgelöste Peak-Anzeige in der DAW zu begutachten, denn die Meter-Bridge in der Kontrolloberfläche von dspMixFx ist ziemlich klein ausgefallen. Immerhin leuchtet die Peak-LED an der Hardware zuverlässig auf, sobald das Signal an der Grenze von −3 dBFs kratzt. Der Verstärkungsbereich von knapp 53 dB wird von den Potis sehr fein abgedeckt, allerdings gibt es im letzten Fünftel des Regelwegs nochmal einen überraschenden Pegelsprung von ca. 6 dB.

Bei aktivierter Phantomschaltung warnt je eine rote LED über den vorderen Eingangspaaren vor der anliegenden Spannung. Diese fällt übrigens mit 46,8 Volt etwas geringer aus, liegt jedoch absolut im gängigen Toleranzbereich.

Mix mit DSP

Die kostenlose Software dspMixFx bzw. die gleichnamige iOS-App dient zur Konfiguration von zwei verschiedenen Mixes, je nachdem ob Mix1 oder Mix2 rechts oben in der GUI ausgewählt ist. Alle sechs analogen Eingänge sind hier samt Fader, Panorama und Aux-Send aufgeführt. Die Eingangs – kanäle verfügen über einen digitalen Hochpassfilter und eine Phasenumkehr. Des Weiteren kann man direkt im Kanalzug einen Insert-Effekt hinzuschalten. Ist dieser virtuelle Schalter aktiviert, lässt sich aus einem kleinen Drop-Down-Menü ein Effektprozessor aus der Basic FX Suite auswählen.

Besonders Gitarristen kommen hier auf ihre Kosten, denn mit den Guitar Amp Classics erklingt eine direkt eingespielte Gitarre alles andere als steril. Die Amps kommen in vier Varianten daher: Clean, Crunch, Lead, Drive.

Alternativ lässt sich im Insert auch der altbekannte »Sweet Spot Morphing Channel Strip« einschleifen − eine Kombination aus Equalizer und Kompressor mit sehr simpler Bedienoberfläche.

Sehr schön ist, dass man die Position des Insert-Effekts je nach Bedarf umschalten kann − so lässt sich der Effekt entweder nur im Monitor-Weg oder tatsächlich im Aufnahmesignal nutzen.

Über den Aux-Send schickt der virtuelle Mixer das gewünschte Eingangssignal an die interne Hallsektion, welche drei Prozessoren der Serie Rev-X von Yamaha bereithält. Die Qualität der Effekte ist durchweg überzeugend und belastet den Computer in keinster Weise, da der Hall, wie auch der gesamte Mixer, auf dem SSP2-Chip berechnet wird. Doch es gibt Grenzen! Maximal schafft der Chip eine Amp-Simulation und zwei Channelstrips gleichzeitig, bevor eine Warnung über fehlende DSP-Ressourcen erscheint. Ebenso ist die Hallsektion nur für einen der beiden Mixes zu haben. Ab einer Abtastrate von 176,4 kHz entfallen alle Insert-Effekte, und es bleibt nur noch der Hall übrig.

Da auch ein eigener Fader namens DAW für die Rückführung des Playbacks vom Computer an Bord ist, steht einem unkomplizierten Direct-Monitoring nichts im Weg. Einwandfrei! Nur ein paar kleine Besonderheiten fallen ins Auge: Während Mix1 wahlweise über beide Kopfhörer ausgegeben werden kann, steht Mix2 nur auf dem zweiten Kopfhörerausgang zu Verfügung. Diese Mixes werden im Übrigen simultan auf den beiden Ausgangspaaren (Line 1/2 und 3/4) auf der Rückseite ausgegeben.

Unter »Settings« lässt sich der Eingangspegel der Line-Buchsen 5/6 auf −10 dBV oder +4 dBu festlegen. Die Grenzfrequenz der Hochpassfilter wird hier ebenso eingestellt, wenn auch nur global: 40, 60, 80, 100 oder 120 Hz. Des Weiteren ist in diesem Menü eine nette Funktion namens Loopback versteckt, die sich unter Umständen gut für Live-Streams oder Podcasts eignet. Ist hier ein Häkchen gesetzt, mischt das Interface alle anliegenden Eingangssignale sowie das DAW-Playback auf zwei Kanäle zusammen und schickt diesen Mix per USB-Datenstrom zurück an den Rechner.

Besteht keine Verbindung zum Rechner, bleibt der letzte Stand von dspMixFx inklusive Panorama und Effekt-Einstellung im Gerät gespeichert. Somit lässt sich das UR-RT4 auch im Standalone-Modus als Preamp und Mixer einsetzen. Sehr schick!

Für den Betrieb mit einer Drittanbieter-DAW, beispielsweise Ableton Live, ist das Software-Panel dspMixFx also unerlässlich. In Verbindung mit Cubase hingegen ist dieses separate Panel überhaupt nicht verfügbar. Das braucht’s auch nicht, denn dafür erscheint in Steinbergs Software ein neuer Tab direkt im Mixer: »Hardware«. Alle Eingänge verfügen dann über die gleichen Funktionen, und über das »Hardware Setup« hat man Zugriff auf Headphones, Reverb Routing und die zuvor erwähnten Settings. Top!

Steinberg UR-RT4
Die Rückseite bietet neben ein paar Klinkenbuchsen auch ein praktisches MIDI-I/O. (Bild: Petia Chtarkova)

RT-Option

Die Vorverstärker D-Pre aus dem Hause Yamaha kennt man ja bereits aus diversen Interfaces. Der Sound ist sehr ausgewogen, sauber und rauscharm. Alles schön und gut, möchte man allerdings mehr Charakter hinzufügen, warten die Übertrager schon auf ihren Einsatz. Der Sound weiß sehr gut zu gefallen − spitze Transienten, gerade bei Drums oder gezupften Akustikgitarren, werden subtil in das Signal einbettet. Das Signal gewinnt an Substanz und wirkt brillanter, sehr schön auch für Gesang. Eine dezente Höhenanhebung macht sich nicht nur in den Messungen bemerkbar. Tatsächlich möchte man hier und da gerne noch mehr Obertöne und Sättigungsartefakte herauskitzeln, sprich die Übertrager noch »heißer« mit mehr Pegel anfahren. Dies ist allerdings nicht möglich, ohne ins digitale Clipping zu geraten, da keine Absenkung des analogen Signals nach dem Übertrager und vor dem AD-Wandler möglich ist. Bei vielen externen Pre-Amps ist dies häufig durch einen zusätzlichen Trim-Regler gelöst.

Fazit

Das UR-RT4 ist ein erstaunlich vielseitiges Audio-Interface. Problemlos arbeitet es sowohl mit den Plattformen Windows, macOS sowie iOS. Einen Pluspunkt gibt es außerdem für den optionalen Standalone-Betrieb. dspMixFx agiert dabei als übersichtliche Kontrolloberfläche für latenzfreies Monitoring, Erstellen von Sub-Mixes und das Einbinden von DSP-Effekten. Mit abgespeckten Cubase-Varianten und der Basic FX Suite hat der Hersteller zudem ein umfangreiches Softwarepaket geschnürt.

Die Zusammenarbeit mit Rupert Neve Designs kann sich sehen lassen. Mit den zuschaltbaren Übertragern lässt sich dem sonst eher transparenten und ausgeglichenen Klang der Vorverstärker etwas mehr Charakter und analoge Dichte aufprägen − leider ohne Ausgangsabsenkung.

Wer mit einem kleineren I/O auskommt, sollte sich unbedingt das UR-RT2 anschauen.


Hersteller Steinberg
Straßenpreis ca. 650,− Euro

www.steinberg.net

Unsere Meinung:

+++
sehr gute Verarbeitung

+++
musikalischer Klangcharakter der Übertrager

+++
exzellente Cubase-Integration

+++
iOS-Kompatibilität


keine Ausgangsabsenkung der Übertrager

Kommentar zu diesem Artikel

  1. “Ausgangslatenz von 7,2 ms bei 44,1 kHz an.” Ähm, und wieviel zeigt sie (die SW) bei 98kHz oder bei 192 kHz an? Ich habe diese Werte der Kiste jetzt nicht direkt mit irgendeine andere verglichen, empfinde aber die “Bewertung” ein wenig überschwenglich:-) Eine saubere Cubase Integration sollte doch bei einem eigenen IF Produkt selbstverständlich sein. Zumindest empfinde ICH das so.

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