Next Generation

Softube Console 1 Mk II im Test – Software-Channelstrip mit Hardware-Controller

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Softube-Console-MK2-Aufmacher-Hau
(Bild: Dr. Andreas Hau)

Vor gut drei Jahren machte die schwedische Firma Softube einen lang gehegten Traum all derer wahr, die »in the box« mischen: Software zum Anfassen! Ein dedizierter Hardware-Controller machte es möglich, das dazugehörige Channeltrip-Plug-in vollständig mausfrei zu bedienen. Nun geht der »Next Generation Mixer« in die nächste Generation!

Wie Stammleser wissen, haben wir Softubes Console 1 bereits mehrfach unsere Aufmerksamkeit gewidmet. Erstmals antesten konnte ich Console 1 bei meinem Besuch im Softube Headquarter in Linköping, Mitte 2013 (s. S&R 10.2013). Obwohl Software und Hardware bereits sehr gut funktionierten, sollte bis zur Veröffentlichung noch fast ein Jahr ins Land gehen − schwedischer Perfektionismus (s. Test S&R 5.2014). Auch in den folgenden Monaten und Jahren wurde Console 1 kontinuierlich verbessert; u .a. wurde die ursprünglich nur für den Mac erhältliche Software Windows-kompatibel. Später wurden zusätzliche Channelstrips angeboten, die die Klangpalette sowohl in Richtung Moderne als auch in Richtung Vintage erweiterten.

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Was ist Console 1?

Console 1 besteht aus zwei Komponenten, nämlich einem Hardware-Controller, der über USB 2.0 mit dem Rechner kommuniziert, und einem Software-Channelstrip, der auf den Schaltungen der legendären SSL 4000E-Series-Konsole beruht − jenem Pult, auf dem weltweit die meisten Tophits gemischt wurden. Größen wie Chris Lord-Alge, Bob Clearmoutain und etliche andere Mix-Engineers der Topliga schwören bis heute darauf. Die Softube-Emulation ist von SSL offiziell lizenziert und abgesegnet. Darüber hinaus haben Softube diesen Kanalzug der 80er- und 90er-Jahre um zeitgemäßes Processing erweitert, nämlich um ein Transienten-Tool und eine Saturation-Funktion. Als optionale Erweiterungen angeboten werden der »SSL 9000 K-Serie«- Channelstrip mit einem moderneren, saubereren Klang (s. S&R 03.2015) und der »British Class A«-Channelstrip, der (ohne offizielle Lizenz) den Sound früher Neve-Pulte emuliert (s. S&R 09.2016). Console 1 sollte man aber nicht nur als »Plug-in mit echten Knöpfen« betrachten.

Console 1 steht für ein völlig neues Mixkonzept. D. h. eigentlich ein ganz altes, nämlich mit Ohren und Händen zu mischen statt mit Augen und Maus. Der Controller steuert nicht nur die Bearbeitungsbausteine des Plug-ins, sondern kann darüber hinaus auch für Pan- und Level-Einstellungen sowie Mute und Solo genutzt werden. Auch die Kanalwahl erfolgt über den Controller. So kann man fast durchgehend ohne Maus arbeiten: Mischen wie zu analogen Zeiten, aber eben mit der ganzen Flexibilität des DAW Zeitalters.

Was ist neu an Console 1 MK II?

Nun, sehr wenig. Bis auf den Preis! Von ursprünglich 839,− Euro wurde die unverbindliche Preisempfehlung auf 531,− Euro gesenkt; der Straßenpreis liegt aktuell bei 499,− Euro. Ermöglicht wurde diese drastische Preissenkung dadurch, dass die Controller-Hardware nun nicht mehr in Schweden, sondern in China hergestellt wird. Das mag der eine oder andere beklagen, aber Fakt ist, dass generell nur noch sehr wenig Computerperipherie in Westeuropa gefertigt wird. Viele Firmen verlagern die Produktion klammheimlich, da ist es eine löbliche Ausnahme, dass Softube die niedrigeren Herstellungskosten in Form einer kräftigen Preissenkung an die Kunden weitergibt.

Die Verarbeitungsqualität ist grundsätzlich unverändert. Die Regler laufen wie beim Mk-I-Controller mit einem angenehm »öligen« Drehwiderstand, und die Drucktaster geben unverändert über ein Klicken akustische Rückmeldung. Aller Wahrscheinlichkeit nach sind es die gleichen Bauteile, denn nahezu alles an Dreh-Encodern und Drucktastern wird heute sowieso in Fernost gefertigt.

Das Layout der Buttons und Regler ist gleich geblieben. Geändert wurden nur wenige Details; so hat die graue Umrandung nun eine etwas glattere Lackierung, und die LEDs der Buttons, Zahlenkränze und Pegelanzeigen sind nun bereits im inaktiven Zustand unter der Oberfläche erkennbar; an den Computer angeschlossen leuchten sie ein klein wenig heller. Darüber hinaus wurden ein paar zusätzliche Beschriftungen für sekundäre Funktionen hinzugefügt. Beispielsweise kann via Shift + Phase Inverse der komplette Kanalzug deaktiviert werden. Das funktioniert genauso mit dem »alten« Controller, auch wenn die gelbe »Bypass«-Beschriftung am Phase-Inverse-Button fehlt. Gleiches gilt für die übereinander gelegenen Regler Drive, Character und Pan, die durch Drücken der Shift-Taste zur Steuerung der Sends 1, 2 und 3 der DAW-Software genutzt werden können − bisher funktioniert das allerdings nur mit wenigen Hosts wie PreSonus Studio One (ab Version 3), denn bezüglich der Steuerung von DAW-Funktionen außerhalb des Console-1-Plug-ins ist Softube auf die Mithilfe der DAW-Hersteller angewiesen. Und dort genießen Wünsche von Fremdherstellern nicht immer höchste Priorität. Immerhin funktioniert aber mittlerweile in vielen Hosts (u. a. Cubase) die automatische Übernahme von Kanalnummern und -namen.

Bleibt festzuhalten: Besitzer des Mk-1-Controllers können beruhigt aufatmen, denn es besteht keinerlei Notwendigkeit, auf den neuen Controller umzusteigen. Neukunden dürfen sich über eine Ersparnis von rund 300 Euro freuen, ohne Qualitätsabstriche gegenüber der »alten« Hardware hinnehmen zu müssen.

Das Console-1-Plug-in kommt als Insert in jeden DAW-Kanal

Installation und Lizenzverwaltung

Console 1 läuft unter MacOS ab 10.9 und Windows 7 oder neuer (nur 64 Bit). Da die Console-1-Software ressourcenschonend programmiert ist, sind die Hardware-Voraussetzungen moderat. Das muss auch so sein, denn das zughörige Channelstrip-Plug-in wird normalerweise ja in jedem DAW-Kanal eingesetzt, sodass zwei bis dreistellige Instanzenzahlen zustande kommen. Für einigermaßen aktuelle Rechner ist das dennoch kein Problem.

Der Controller ist kein Dongle; die Software läuft auch ohne angeschlossenen Controller; man kann ihn sogar mittendrin abziehen, ohne dass es zu Aussetzern kommt. Als Kopierschutz setzt Softube weiterhin auf iLok. Ein iLok-USB-Key ist jedoch nicht zwingend erforderlich; wahlweise kann auch ein rechnergebundener Software-Key verwendet werden. Neu ist, dass die Lizenzverwaltung nun über den Dienstleister Gobler erfolgt. Das hat Vor- und Nachteile. Die iLok License-Manager-Software ist nun für Console 1 und andere Plug-ins von Softube nicht mehr erforderlich; die Gobler-App managt die Lizenzverwaltung und Software-Updates elegant im Hintergrund.

Wer allerdings auch andere per iLok geschützte Software verwendet, der benötigt nun die Gobler-App und den iLok License Manager. Zwischenzeitlich hatte Softube ein Einsehen, dass in solchen Fällen das Leben durch eine zweite Gatekeeper-App nicht unbedingt ein – facher wird. Darum können die erworbenen Softube Plug-ins neuerdings auch wieder ohne Gobler »von Hand« installiert werden. Den alten Komplett-Installer mit sämtlichen Softube-Plug-ins gibt es jedoch nicht mehr. Das macht die Gobler-freie Variante für Anwender mit einer größeren Menge an Softube-Lizenzen recht zeitaufwendig.

Oben der Mk-I-Controller, unten der Mk-II-Controller; Unterschiede muss man mit der Lupe suchen.

Kanale Grande

Durchweg erfreulich sind die weiteren Neuerungen. Bereits seit geraumer Zeit bietet Softube Emulationen von Geräten des amerikanischen Herstellers Summit Audio an. Das entsprechende Komplettpaket aus EQF-100-Equalizer und TLA-100A-Kompressor nennt sich »Grand Channel«. Und dieser lässt sich nun auch als Channelstrip in Console 1 nutzen. Das gilt selbstverständlich auch für Bestandskunden, die den Summit Audio Grand Channel bereits besitzen; umgekehrt können Neukunden den Summit Audio Grand Channel sowohl innerhalb Console 1 einsetzen als auch als eigenständiges Plug-in bzw. Plural: Plug-ins, nämlich EQF-100, TLA-100 und deren Kombination als Grand Channel.

Für 278,− Euro bereichert der Summit Audio Grand Channel Console 1 um eine neue interessante Klangwelt. Die Original-Hardware arbeitet mit einer cleveren Melange aus Röhren- und Transistortechnik (u. a. in Form diskreter Opamps): Best of both worlds! Der EQF-100 »Full Range Equalizer« ist von Pultec-Designs inspiriert, präsentiert sich jedoch kompletter und zeitgemäßer ausgestattet. Alle vier Bänder haben je sieben Einsatzfrequenzen und sind in der Breite stufenlos einstellbar. Die beiden Mittenbänder haben Glockencharakteristik; die beiden Außenbänder lassen sich wahlweise auch im Shelving-Modus betreiben. Die zusätzlichen High- und Low-Pass-Input-Filter basieren ebenfalls auf den Schaltungen des EQF-100; anders als Original-Hardware arbeiten die Input-Filter in Console 1 aber stufenlos und mit weiteren Wertebereichen.

Der TLA-100A »Tube Leveling Amplifier« ist ein optischer Kompressor nach Vorbild des Universal Audio LA-2A. Die Bedienung ist ähnlich einfach: Es gibt nur die zwei Regler Gain und Gain-Reduction. Auf eine Compressor/Limiter-Umschaltung wurde verzichtet, stattdessen arbeitet der TLA-100A mit einem sehr weichen Knie, sodass sich bei steigendem Pegel das Kompressionsverhältnis allmählich erhöht. Im Gegensatz zum LA-2A können beim TLA-100A aber die Zeitkonstanten beeinflusst werden. Attack und Release haben je drei Stufen (fast/medium/slow). Der Fast-Modus ist für ein Opto-Design ungewöhnlich flott unterwegs, sodass auch effektvollere Kompression möglich ist.

Über die Drive-Funktion wird die Sättigungscharakteristik beider Geräte abgebildet. Der Character-Regler überblendet nämlich von der Zerrcharakteristik des TLA-100A zur EQF-100-Distortion. Eine eigene Shape-Funktion bzw. ein Gate bietet der Summit Audio Grand Channel nicht; deshalb greift Console 1 hier auf die entsprechenden Funktionen des mitgelieferten SSL 4000E-Channel zurück. Interessant ist der Grand Channel für alle, die einen klassischen, aber nicht altbackenen amerikanischen Sound mögen. Für audiotechnische Feinarbeit und Klangchirurgie gibt es geeigneteres Besteck. Die Stärken des Grand Channel liegen in der geschmackvollen Klangformung mit wenigen Handgriffen.

Der Summit Audio Grand Channel ist schon länger als Plug-in erhältlich.

UAD-2-Integration

Neu ist auch die Möglichkeit, UAD-2-Plug-ins in Console 1 einzubinden. Von Anfang an konnten in Console 1 auch andere Plug-ins von Softube eingesetzt werden. Dazu drückt man auf die Shift-Taste und eine der Tasten Shape, EQ oder Comp; schon erscheint eine Auswahl an zur Verfügung stehenden Plug-ins, die man dann mit dem Volume/ Select-Regler durchscrollt, um das gewünschte Plug-in per OK-Taste zu bestätigen.

Nun besteht diese Möglichkeit also auch für UAD-2- Plug-ins. Man sollte sich dabei aber im Klaren sein, dass diese Plug-ins ja nicht im Hinblick auf Console 1 entworfen wurden, und je nachdem kann es sein, dass zu viele oder (seltener) zu wenige Hardware-Knöpfe zur Verfügung stehen. Verzichten muss man auch auf die schmucken Bedienoberflächen der UAD-2-Plug-ins. Und natürlich muss man über die nötige DSP-Power verfügen, denn auch in Console 1 werden die UAD-2-Plug-ins auf der entsprechenden UAD-2- Hardware berechnet.

Nichtsdestoweniger ist es natürlich eine enorme Bereicherung, nun Zugriff auf Plug-ins zu haben, die quasi den heutigen Studiostandard definieren. Man muss den Pultecoder Neve-EQ und den UAD 1176 für den Lead-Vocal nicht mehr extern einbinden, sondern kann diese Plug-ins in Console 1 verwenden und in dortige (veränderbare) Signalkette integrieren. Interessante Einsatzzwecke wären insbesondere auch die Subgruppen und die Stereosumme, wo man jetzt z. B. auf UAD-2-Plug-ins wie den SSL G-Buss Compressor, den Precision Limiter, den Fairchild 670 oder den Manley Massive Passive zurückgreifen kann.

Hier zeigt Andreas Lisibach von Softube auf der Sound&Recording Studioszene (Musikmesse 2018), wie er mit der Console 1 MKII arbeitet. 

Fazit

Console 1 ist und bleibt eine höchst interessante Plattform, und durch den neuen Mk-II-Controller wurde das »Eintrittsgeld« deutlich gesenkt. Der gesparte Betrag entspricht − vielleicht nicht ganz zufällig − in etwa dem Kaufpreis eines der optionalen Channelstrips, die Softube anbietet, um die Klangpalette in Richtung Vintage (Neve, pardon: »British Class A«) oder Moderne (SSL 9000K) zu erweitern. Auch der Summit Audio Grand Channel mit seiner geschmackvollen Röhrenfärbung ist hoch interessant. Noch elektrisierender dürfte für Plug-in-Gourmets die Möglichkeit sein, eine Vielzahl von UAD-2-Plug-ins über Console 1 zu steuern und somit in den mausfreien Workflow zu integrieren. Man darf gespannt sein, was die Schweden als Nächstes aushecken!


Hersteller/Vertrieb: Softube/Audiowerk

UvP/Straßenpreis: 531,− Euro / 499,− Euro

www.audiowerk.eu

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SSL 4000E Channelstrip inklusive

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günstigerer Preis ohne Qualitätsabstriche

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Integration von UAD-2-Plug-ins

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Summit Audio Grand Channel jetzt auch in Console 1 nutzbar

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