Überschall ohne Knall

Audio-PC: Digital AudionetworX Audioworkstation Extreme im Test

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Wie viel Spaß man bei der Studioarbeit haben kann, hängt entscheidend davon ab, wie schnell, leise und zuverlässig der Audio-Rechner arbeitet. Eine bewährte Adresse für Windows-basierte Systeme ist der Berliner Studioausstatter Digital AudionetworX. Um den aktuellen Stand der Technik abzuklopfen, haben wir einen Hochleistungs-PC mit Achtkern-Prozessor geordert — mal sehen, was geht!

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(Bild: Dr. Andreas hau)

Leicht wird es einem derzeit nicht gemacht. Apple hat den (einst) beliebten Mac Pro zu einer kleinen schwarzen Urne geschrumpft, in die sich weder Steckkarten noch Laufwerke einbauen lassen. Zudem orientiert sich die Ausstattung mit sündteurer Überschall-Grafik eher an Video-Profis denn an Musikern. In der Windows-Welt sorgt Microsoft für die Software- Verunsicherung: Windows 7 kommt allmählich in die Jahre, Windows 8.1 begeistert niemanden, und Windows 10 sorgt durch mangelnden Datenschutz für Negativschlagzeilen. Entsprechend gespannt war ich, was Digital AudionetworX empfehlen würde. Nach anfänglicher Skepsis rät DA-X-Mastermind Daniel Engelbrecht zu Windows 10. Das System sei schlanker programmiert, anfängliche Inkompatibilitäten seien größtenteils behoben, und auch gegen Microsofts Datensammelwut gäbe es ein Mittel: ShutUp10, ein kostenloses Tool der Berliner Softwareschmiede O&O.

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Der schwarze Monolith

Unser Testrechner kommt in einem großen und schweren 19-Zoll-Gehäuse mit vier Höheneinheiten. Alternativ sind auch Tower-Gehäuse erhältlich. Das robuste 19-Zoll-Stahlgehäuse ist recht tief − am besten montiert man den geballten Brocken ganz unten ins Rack. Die Front zieren zwei verriegelbare Türen aus gelochtem Alu. Dahinter befinden sich Lufteinlässe für den frontseitigen Gehäuselüfter sowie fünf Laufwerkschächte (1x 3,5 Zoll, 4x 5 1/4 Zoll), von denen einer mit einem DVD-Brenner bestückt ist. Als Systemlaufwerk dient eine 512 GB Solid State Disk (SSD) Festplatte, die als M.2-Steckkarte auf dem Mainboard sitzt und direkt über den PCIe-Bus kommuniziert. Dadurch sind deutlich höhere Datenraten möglich als über die SATA-Festplattenschnittstelle. Zur weiteren Ausstattung gehören satte 32GB Arbeitsspeicher in Gestalt von vier DDR4-Riegeln. Vier weitere Steckplätze sind noch frei, sollte irgendwann noch mehr Speicher vonnöten sein. Da für Musikanwendungen keine besondere Grafik-Power nötig ist, kommt eine einfache, lüfterlose AMD-Karte mit 1 GB RAM zum Einsatz, welche VGA, DVI und HDMI-Anschlüsse bietet. Gegen Aufpreis sind »dickere« Grafikkarten erhältlich, falls z. B. auch Videoanwendungen zum Repertoire gehören.

Auch die CPU-Ausstattung ist in weitem Rahmen konfigurierbar. Beim Basissystem Haswell Extreme reicht sie von Sechskern- bis hin zu Zwölfkern-Prozessoren. Unser Testsystem liegt in der goldenen Mitte mit einer Achtkern-CPU mit 3,0 GHz (per Turbo-Boost kann der Prozessor selbständig bis auf 3,5 GHz hochtakten). Intel Core i7 Prozessoren mit mehr als vier Kernen laufen übrigens nicht im »normalen« 1151-Sockel, sondern erfordern Workstation-Mainboards mit Sockel 2011-3. Praktischerweise bieten diese (neben einem schnelleren, vierkanaligen RAM-Interface) auch einiges mehr an Steckplätzen. Im vorliegenden Fall zwei lange PCIe-x16-Slots sowie zwei weitere im PCIe-x16-Format, aber »nur« acht Lanes und drei kurze PCIe-x1- Slots. Das sollte auch für Power-User reichen! Als externe Schnittstellen bietet das ATX-Anschlussfeld vier USB-2.0- und sechs USB-3.0-Ports. Die ersten beiden sind direkt an den Intel X99-Chipsatz angebunden, die letzteren vier über einen Renesas-Chip. Nebenbei sei erwähnt, dass alle Tests mit einem Universal Audio Apollo USB Audio-Interface durchgeführt wurden, das an sämtlichen USB-3.0-Ports des DA-X-Rechners, ob mit Intel- oder Renesas-Chipsatz, tadellos funktionierte. Zwei weitere USB-2.0-Ports sind auf der Front zugänglich, z. B. zum Anschluss von USB-Sticks und Dongles.

Zu den rückseitigen Anschlüssen gehört außerdem ein Gigabit-Ethernet-Port. Nur der Vollständigkeit halber erwähnt seien die Anschlüsse für das interne (natürlich nicht profitaugliche) Audiointerface und PS/2-Ports für (ältere) Tastaturen und Mäuse.

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Start me up!

Werfen wir die Kiste mal an! Als Erstes fällt die enorme Laufruhe auf, denn unser Testrechner ist mit dem »Extreme Quiet Kit« ausgestattet. Das kostet 139,− Euro Aufpreis und umfasst ein extrem leises Netzteil, einen riesigen CPU-Kühler mit großem, langsam drehendem Lüfter und kaum hörbare Gehäuselüfter. Das zahlt sich aus: Der Rechner arbeitet praktisch lautlos. Man muss schon das Ohr aufs Gehäuse legen, um überhaupt Betriebsgeräusche zu vernehmen. Vor allem aber bleibt der DA-X-Rechner selbst unter dauerhafter Volllast so leise! Die schnelle SSD sorgt für kurze Boot- und Programmstartzeiten. Nach dem Einschalten ist der Rechner in 30 bis 40 Sekunden einsatzbereit (Windows hat die Eigenheit, nicht immer exakt gleich schnell zu booten). Die größte Beschleunigung bringt die SSD beim Laden von Sample-Libraries. Selbst große Gigabyte-starke Instrumente werden nahezu verzögerungsfrei gelesen; das erleichtert die Auswahl geeigneter Sounds erheblich, weil man viel direkter vergleichen kann. Für Aufnahmen von Audiospuren bringt eine SSD dagegen nichts; die Disk-Verwaltung aktueller DAW-Software ist so raffiniert, dass auch mit normalen Magnetfestplatten hunderte von Spuren möglich sind. Wer große Mengen an Audiomaterial aufnimmt, sollte daher den Einbau einer zusätzlichen Magnetplatte erwägen. Wenn absolute Laufruhe gefragt ist, besteht auch die Möglichkeit, als Aufnahmelaufwerk eine weitere SSD einbauen zu lassen. Inzwischen gibt es SSDs mit bis zu 2 TB Kapazität − allerdings zum Preis von 775,− Euro. Eine gleichgroße Magnetplatte kostet 90,− Euro.

Benchmarks

Als Test für die reine CPU-Performance wird heute gerne Cinebench von Maxon herangezogen. Wer sich fragt, ob ein neuer Computer lohnt, kann dieses kostenlose Benchmark- Programm mal auf dem eigenen Rechner laufen lassen und die Werte vergleichen. Die aktuelle Achtkern-DA-X-Workstation kommt auf 1.333 Punkte. Damit ist er gut doppelt so schnell wie mein eigener Studiorechner mit Quadcore-Prozessor (Core i7 2700K, 4x 3,5 GHz). Jedoch erreichte der vor zwei Jahren getestete DA-X-Bolide sogar 1.385 Punkte − allerdings handelte es sich um ein etwas teureres System mit einem 10-Kern-Prozessor.

Grundsätzlich kann man aber festhalten, dass sich in Sachen CPU-Power in den letzten zwei Jahren nicht sehr viel getan hat. Vielleicht liegt’s daran, dass Intel kaum noch Konkurrenz zu fürchten hat, möglicherweise sind auch physikalische Grenzen erreicht. Oder es liegt daran, dass die Prioritäten inzwischen eher auf Mobilgeräten und niedrigem Stromverbrauch liegen als auf maximaler Rechenleistung. So oder so, Moore’s Law (Leistungsverdoppelung alle 18 Monate) greift nicht mehr. Anderseits lohnt es sich nun umso mehr, einen wirklich hochwertigen Rechner zu kaufen, denn man hat ein paar Jahre länger etwas davon als bisher.

Synthetische Benchmarks wie Cinebench erzählen indes nur einen Teil der Wahrheit. Wie bei allen Tests der letzten Jahre, habe ich daher eine Serie von eigenen Benchmarks ermittelt, die sich stärker an der DAW-Praxis orientieren. Dazu verwende ich die jeweils aktuelle Cubase-Version und drei unterschiedliche Reverb-Plug-ins. Steinberg Roomworks beansprucht als rein algorithmischer Hall fast ausschließlich die CPU. Der Realtime-Convolution-Reverb SIR2 von Christian Knufinke arbeitet hingegen mit Hall-Impulsen und beansprucht neben der CPU auch den Arbeitsspeicher ganz erheblich. Der dritte Prüfstein ist Reflect von VirSyn, ein Hall-Plug-in, das die Early Reflections mit Impulsantworten berechnet, während die Hallfahne algorithmisch erzeugt wird. Damit ist es ein guter Indikator für die Real-World-Performance, denn normalerweise arbeitet man ja mit vielen verschiedenen Plug-ins, von denen manche nur die CPU beanspruchen, andere dagegen vorwiegend die Speicherverwaltung.

Dicker Brocken:

Das stabile Stahlblechgehäuse im 19-Zoll-Format beschert dem Berliner Boliden ein Kampfgewicht von fast 20 kg.

Benchmarks im Vergleich:

Die DA-X Workstation Extreme wurde mit einem per USB 3.0 eingebundenen Universal Audio Apollo Twin USB Audiointerface getestet. »Niedrige Latenz« bedeutet 256 Samples (ca. 7,8 ms), d. h. noch zum Einspielen von Softsynths geeignet; »hohe Latenz« bedeutet maximale Puffereinstellung (2.048 Samples) fürs Mixing. Als DAW-Plattform für alle Plug-in-Tests diente Steinberg Cubase (64 Bit) in der jeweils aktuellen Version.

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Diese anwendungsnahen Benchmarks zeigen, dass durchaus noch Fortschritte zu verzeichnen sind und CPU-Power keineswegs alles ist. Noch am ehesten kongurent mit dem Cinebench-Ergebnis ist der Roomworks-Benchmark. Auch hier erzielt der aktuelle DA-X-Rechner minimal niedrigere Werte als der 10-Kern-Rechner von 2014 (312 gegenüber 325 Instanzen bei hoher Latenz). Drastisch ist dagegen der Zugewinn beim SIR2-Test. 258 Instanzen bei niedriger Latenz und unfassbare 470 bei hoher Latenz schafft das neue DA-X-System − fast doppelt so viele wie dem 10-Kern-Rechner von 2014. Der RAM-Durchsatz des neuen Systems ist offenbar massiv »aufgebohrt«, was sich bei so speicherintensiven Anwendungen deutlich bemerkbar macht. Laut Systemmonitor wurden bei diesem Härtetest rund 20 GB Daten im Arbeitsspeicher jongliert!

Beim deutlich weniger speicherintensiven Test mit VirSyn Reflect bleibt von dieser Leistungssteigerung immer noch einiges übrig. Bei niedriger Latenz schafft der neue DA-X 210 Instanzen und damit 39 mehr als das 2014er- System. Bei hoher Latenz sind es nur noch sieben Instanzen mehr, aber immerhin. Es bleibt dabei, dass der neue Rechner trotz minimal niedrigerer CPU-Power in der Praxis mehr Leistung bietet. Und das eben zu einem etwas günstigeren Preis. Bleibt noch zu erwähnen, dass der DAX- Bolide selbst in diesen Härtetests an der absoluten Leistungsgrenze souverän seine Contenance behalten hat und über den gesamten Testzeitraum nie abgestürzt ist.

Fazit

Wer einen performanten Audio- Computer sucht, der selbst bei maximaler Auslastung superleise bleibt, ist bei Digital AudionetworX bestens aufgehoben. Neben einigen festen Konfigurationen (z. T. schon unter 1.000,− Euro) bietet DA-X einen Online-Konfigurator, mit dem sich jeder ein System »à la Carte« selbst zusammenstellen kann. Das getestete Basissystem Haswell Extreme mag für viele Anwender etwas »übermotorisiert« erscheinen, es belegt aber eindrucksvoll das Know-how und die Erfahrung des Berliner Audio PC Spezialisten. Solch brachiale Leistung bei extremer Laufruhe und absoluter Zuverlässigkeit, selbst unter Maximalbelastung, sind kein Zufall.

Denn während in PCs »von der Stange« oft die jeweils günstigste Hardware wahllos zusammengesteckt wird, sind die Audio- Rechner von DA-X perfekt aufeinander abgestimmte »Kompositionen« aus hochqualitativen Komponenten, die zuvor sorgsam auf ihre Eignung für den DAW-Einsatz getestet wurden.

Natürlich kostet ein so hochwertig gefertigter Audio- PC vom Spezialisten etwas mehr als der Schnäppchen-PC vom Lebensmitteldiscounter. Aber wenn es um das zentrale Arbeitsgerät eines DAW-basierten Studios geht, ist billiger definitiv nicht günstiger! Das Preis/Leistungs- Verhältnis stimmt.

+++
sehr hohe Rechenleistung
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extrem Leise, selbst unter Volllast
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hohe Systemstabilität
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sauberer Aufbau, robustes Gehäuse
++
viele Anschlussmöglichkeiten


Audioworkstation Haswell Extreme

Hersteller/Vertrieb: Digital AudionetworX

Preis (UvP): 2.953,—— Euro

www.da-x.de

Kommentar zu diesem Artikel

  1. Danke für den informativen Test. Im Vergleich dazu liege ich mit meinem eigenen Selbstbau doch sehr nahe dran bei deutlich günstigeren Kosten. Liegt aber auch daran, dass ich seit über 30 Jahren (auch) als PC Techniker (und entsprechender Erfahrung) unterwegs bin:-)

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