Ultra-Adam

Studio-Kopfhörer Adam Studio Pro SP-5 im Test

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Adam SP-5(Bild: Dr. Andreas Hau)

Kopfhörer liegen im Trend, sowohl bei Consumern als auch bei Audio Professionals. Insofern macht es Sinn, dass Hersteller von Studiomonitoren auch klanglich passend abgestimmte Kopfhörer anbieten, schließlich muss ein und dieselbe Mischung auf allen Wiedergabemedien funktionieren. Auch der Berliner Lautsprecherhersteller Adam hat nun ein Paar professionelle Kopfhörer entwickelt — in Zusammenarbeit mit der bayerischen Kopfhörermanufaktur Ultrasone.

Lautsprecherhersteller, die auch Kopfhörer anbieten, sind eine Seltenheit, aber ihre Zahl steigt. So konnte in der jüngeren Vergangenheit der französische Hersteller Focal auch im Bereich Kopfhörer reüssieren. Yamaha und KRK bieten ebenfalls beide Wiedergabesysteme an, Mackie steht bereits in den Startlöchern. Weitere Hersteller dürften folgen, denn der Vorteil liegt auf der Hand: Sind Lautsprecher und Kopfhörer klanglich aufeinander abgestimmt, fällt es leichter, zwischen beiden Systemen zu wechseln und ohne ein erneutes Einhören weiterzuarbeiten. Das spart Zeit und verhindert falsche Entscheidungen aufgrund des akustischen »Entfremdungseffekts«.

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Nord-Süd-Koalition

Der Adam Studio Pro SP-5 kommt in einem reisetauglichen Case mit Reißverschluss. Dank drehbarer Ohrmuscheln kommt der Kopfhörer darin flach zu liegen, was Platz spart. Zwei Kabel sind beigelegt, ein (ausgezogen) etwa 3 Meter langes Spiralkabel mit 6,3-mm-Klinkenstecker für den Studiobetrieb und ein 1,2 Meter kurzes gerades Kabel mit Miniklinke für mobile Anwendungen. Die Kabelzuführung erfolgt an der linken Ohrmuschel mittels eines verriegelbaren Miniklinken-Steckverbinders.

Der Kopfhörer gibt sich als professionelles Studiogerät: tadellos sauber verarbeitet, aber optisch eher schlicht. Vielleicht ganz gut, wenn man häufig auf Reisen ist, denn so wirkt der SP-5 weniger anziehend auf Langfinger als manch anderer Kopfhörer dieser Preisklasse, der mit mächtig BlingBling auf sich aufmerksam macht. Auf den Muscheln prangt ein silbernes Adam-Logo auf schwarzglänzendem Grund; ansonsten dominieren Kunststoffoberflächen in einem matten Dunkelgrau. Der Adam-Kopfhörer bringt lediglich 290 g auf die Waage, wirkt aber dennoch robust. Der Kopfbügel ist gepolstert und ebenso wie die Ohrpolster mit Kunstleder überzogen. Optische Parallelen zu Ultrasone-Kopfhörern, insbesondere dem Signature Studio (s. S&R 7.2017), sind kein Zufall, denn entwickelt wurde der SP-5 von beiden Firmen in enger Zusammenarbeit. Wobei die bayerische Manufaktur Ultrasone im Wesentlichen das Kopfhörer-Know-how beigesteuert hat und auch für die Fertigung zuständig ist, während die Adam-Ingenieure in Berlin sich um das Klangdesign kümmerten. Denn der SP-5 soll sich nahtlos in die Klangwelt der Adam-Studiomonitore einfügen.

Der SP-5 ist ein geschlossener Kopfhörer mit ohrumschließenden Muscheln. Die Klangwandler arbeiten nach dem dynamischen Prinzip (d. h. ähnlich wie Lautsprecher); ihre 40-mm-Membranen bestehen aus vergoldetem Mylar (Polyester). Mit 95 dB-SPL/mW liegt die Empfindlichkeit des SP-5 im mittleren Bereich, doch dank der niedrigen Impedanz von 70 Ohm lässt sich auch an Mobilgeräten eine mehr als ausreichende Lautstärke erzielen. Der Übertragungsbereich ist mit 8 − 38.000 Hz angegeben. Das klingt beeindruckend, aber solche Werte sind stets mit Vorsicht zu genießen, erst recht bei Kopfhörern, da sich diese objektiven Messungen weitgehend entziehen. Klanglich kann man Kopfhörer eigentlich nur subjektiv beurteilen, am besten persönlich, denn auch die individuelle Physiognomie spielt dabei eine Rolle.

Adam SP-5
Der Adam Studio Pro SP-5 lässt sich platzsparend falten. (Bild: Dr. Andreas Hau)

Praxis

Ein wichtiges Kriterium beim Kopfhörerkauf ist ein guter Sitz. Nur mit einem Kopfhörer, der sich der individuellen Kopfform gut anpasst, ohne zu zwicken, lässt sich entspannt arbeiten. Ein guter Sitz ist darüber hinaus aber auch wichtig für einen optimalen Klang. Das gilt umso mehr für geschlossene Kopfhörer, denn die vom Hersteller sorgsam austarierte Klangbalance stellt sich nur ein, wenn die Polster luftdicht abschließen. Diesbezüglich haben Adam und Ultrasone alles richtig gemacht, jedenfalls soweit es in ihrer Macht steht. Brillenbügel vermögen die Polster sauber abzudichten. Aber es soll ja Menschen geben, die auch indoor eine dicke Wollmütze über die Ohren ziehen − das beeinträchtigt den Kopfhörerklang zwangsläufig; dagegen ist selbst die vereinte bayerisch-preußische Ingenieurskunst machtlos.

Der Tragekomfort ist für einen geschlossenen Kopfhörer recht gut, kann sich aber mit einem guten offenen Modell nicht messen. Der Anpressdruck ist systembedingt höher, und bei längeren Hörsessions werden die Öhrchen warm unter den Muscheln. Das ist bei anderen geschlossenen Kopfhörern ähnlich. Die Schallisolation nach innen und außen liegt im mittleren Bereich.

Positiv absetzen kann sich der Adam SP-5 durch einen ausgewogenen Sound. Insgesamt würde ich das Klangbild des SP-5 als leicht kühl und eher Hi-Fi/Pop-orientiert beschreiben. Insofern passt der Kopfhörer tatsächlich sehr gut zur Ästhetik der Adam-Monitorboxen − jedenfalls nach meiner Erinnerung, denn ich besitze leider keine Adam-Boxen zum Direktvergleich. Die Höhen des SP-5 wirken strahlend und sehr offen − ungewöhnlich für einen geschlossenen Kopfhörer. Die Basswiedergabe reicht tief hinunter, ohne zu wummern, und wirkt überraschend konturiert. Die Mitten sind erfreulicherweise frei von jener Topfigkeit, die viele geschlossene Kopfhörer plagt. Die Tiefmitten scheinen leicht zurückgenommen, während die oberen Mitten sehr klar und präsent wiedergegeben werden.

Der SP-5 ist außergewöhnlich gut darin, Klangartefakte, etwa durch MP3-Kompression, aufzudecken. Auch scharfe Zischlaute werden schonungslos herausgestellt. Gleichwohl ist er nicht so analytisch, dass man das Gesamtbild aus dem Blick verlieren würde. Es fällt leicht, den Fokus zu verlagern, um wahlweise Details und Störgeräusche aufzuspüren oder die Gesamtbalance zu beurteilen. Somit gehört der SP-5 zu den wenigen geschlossenen Kopfhörern, die ich auch fürs Mixing empfehlen würde. Zumal der Adam SP-5 mit Ultrasones patentierter »S-Logic Plus«-Technologie ausgestattet ist, die laut Hersteller für »ermüdungsfreies Hören« und eine »natürliche Klangbühne« sorgen soll. Das ist nicht zu viel versprochen: Die berüchtigte Im-Kopf-Lokalisation ist weniger stark ausgeprägt als bei den meisten anderen Kopfhörern; die Stereomitte scheint ein wenig vor dem eigenen Kopf zu liegen, also fast wie bei einer Lautsprecherwiedergabe. Auch das trägt dazu bei, die gewünschte Kompatibilität zu den Boxen desselben Herstellers herzustellen.

Fazit

Der Adam Studio Pro SP-5 ist ein ausgereifter Kopfhörer mit ähnlichen Klangeigenschaften wie die der Adam-Monitorboxen: klare, strahlende Höhen, offene Mitten und klar konturierte Bässe. Mit der bayerischen Manufaktur Ultrasone haben sich die Berliner ohne Frage den richtigen Partner gesucht, um die Adam-Klangästhetik auf einen Studiokopfhörer zu übertragen. Aber auch Anwender, die mit Monitorboxen anderer Hersteller arbeiten, sollten sich den Adam-Kopfhörer ruhig näher anschauen, insbesondere, wenn ein geschlossenes Modell mit einem möglichst »offenen« Klang gesucht ist.

Der SP-5 verbindet gute Schallisolation mit ungewöhnlich feingliedriger Wiedergabe, er gehört somit zu den wenigen geschlossenen Kopfhörern, die sich auch zum Mischen eignen. Der Adam-Kopfhörer ist eine echte Empfehlung für alle, die auch in lauten Umgebungen auf eine verlässliche Klangdarstellung Wert legen.

Adam SP-5(Bild: Dr. Andreas Hau)

Hersteller/Vertrieb: Adam Audio
UvP/Straßenpreis: 549,− Euro

+++
geschlossener Kopfhörer mit »offenem« Klang
+++
Klangästhetik ähnlich der Adam-Studiomonitore
++
für kritisches Hören und Mixing geeignet
++
natürliche Stereodarstellung

www.adam-audio.com

Kommentare zu diesem Artikel

  1. Ist eurer Meinung einer der beiden Kopfhörer, Adam Audio oder der Neumann NDH 20, detailverliebter und neutraler?

    Liebe Grüße 🙂

    Hamza

    Auf diesen Kommentar antworten

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