Modular und preiswert

Lindell Audio Track Pack Deluxe im Test

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Lindell Lunchbox

Module im API-500-Format erfreuen sich nach wie vor großer Beliebtheit. Ohne elektrotechnische Kenntnisse kann sich jeder einen Recording-Channelstrip nach Maß zusammenstellen, und im Mixdown lassen sich die Einzelkomponenten separat einbinden. Oft sind aber Module und Einschubrahmen viel teurer als ein Kompaktgerät. Nicht so beim Track Pack Deluxe von Lindell Audio, das vollausgestattet mit Preamp, Kompressor und EQ unter 1.500 Euro zu haben ist!

Lindell Audio, gegründet vom schwedischen Toningenieur Tobias Lindell, ist seit 2010 im Geschäft, und auch die hier vorgestellten Module gibt es schon ein paar Jährchen. Neu ist ihre Zusammenstellung als modularer Channelstrip – und dass Lindell hierzulande nun von Audiowerk vertrieben wird. Jedenfalls die Hardware. Lindell hat auch eine Softwareabteilung, deren Produkte über Plugin Alliance erhältlich sind. Zum Plug-in-Portfolio gehören übrigens auch Emulationen der hier vorgestellten Module. Aber bei den günstigen Preisen der Hardware-Originale darf man sich ja auch mal was »Echtes« gönnen!

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Die Frontplatten in einem blassen Goldton mit weißer Beschriftung gewinnen keinen Designpreis. Die Potis und Schalter sind jedoch von tadelloser Qualität und angenehmer Haptik. (Bild: Dr Andreas Hau)

Rundgang

Das Track Pack Deluxe wird in einer praktischen Neopren-Transporttasche geliefert und besteht aus den drei Modulen Preamp, Kompressor und EQ sowie einem API-500-kompatiblen Einbaurahmen im Lunchbox-Format mit drei Slots. Alternativ gibt es auch ein Track Pack (ohne Deluxe), bestehend aus Preamp und Kompressor plus Modulrahmen, der somit noch einen freien Slot bietet.

Der Preamp mit der Bezeichnung 6X-500 ist ein eigenständiges Design. Ein- und Ausgang arbeiten trafosymmetriert; die aktive Elektronik dazwischen besteht im Wesentlichen aus zwei teildiskreten Opamp-Bausteinen. Teildiskret heißt, auf der Platine sitzt ein konventioneller IC-Opamp vom Typ NE5532, dem eine Ausgangsstufe aus zwei diskreten Leistungstransistoren zu mehr Power verhilft. Diese teildiskreten Opamp-Bausteine finden sich auch in den beiden anderen Modulen. Wer’s lieber volldiskret möchte, kann diese Module gegen pinkompatible diskrete Opamps austauschen. Für 69 Euro bietet Lindell selbst welche an, die dem Melcor 1731 entsprechen sollen; das ist der Vorgänger des API 2520 Opamps.

Der Einschubrahmen 503 Power stellt die Betriebsspannungen bereit. Die Anschlusspalette beschränkt sich auf Ein- und Ausgänge im XLR-Format. Extras wie Link-Schalter und Sidechain-Eingänge gibt es nicht. (Bild: Dr Andreas Hau)

Zusätzlich zum obligatorischen Gain-Regler hat der Lindell 6X-500 einen Output-Regler, sodass man den Preamp »heiß« anfahren kann, ohne die nachfolgenden Geräte zu übersteuern. Eine Anzeige mit vier LEDs hilft beim korrekten Einpegeln. Ungewöhnlich ist, dass eine Art Pultec-EQ integriert wurde. Bass- und Höhenregler haben je drei über einen Schalter wählbare Einsatzfrequenzen, 30/60/100 Hz bzw. 6/10/16 kHz. Die jeweiligen Frequenzbereiche lassen sich ausschließlich anheben; abzusenken ist nicht möglich. Über einen beleuchteten Button kann der EQ deaktiviert werden. Zwei weitere beleuchtete Druckschalter invertieren die Signalpolarität (»Phasenumkehr«) bzw. schalten Phantomspeisung zu.

Der Kompressor 7X-500 im zweiten Slot basiert auf dem allseits beliebten 1176. Wie beim Vorbild ist das Regelelement ein einzelner, selektierter Feldeffekttransistor. Während der Ausgang auch hier trafosymmetriert ist, arbeitet der Eingang übertragerlos. Das ist kein Stilbruch, denn es gab auch 1176 mit übertragerlosem Eingang. Wie beim Original wird das Eingangssignal über den Input-Regler an einen festen Threshold herangeführt. Mit dem Output-Regler kann der Pegel dann wieder ausgeglichen werden. Nicht zuletzt aus Platzgründen sind die Regelzeiten nicht stufenlos einstellbar, sondern nur in jeweils drei Stufen slow/medium/fast, immerhin aber für Attack und Release getrennt. Die Ratio ist auch nur in drei Stufen wählbar, nämlich 4:1, 12:1 und 100:1 – Letzteres entspricht dem berüchtigten All-Buttons-Mode des 1176, wenn alle Ratio-Schalter gleichzeitig gedrückt werden. Was eigentlich eine Fehlfunktion darstellt, die so nie vorgesehen war, gehört heute zum festen Repertoire, insbesondere auf Schlagzeug-Raummikros.

In allen drei Modulen kommen teildiskrete Opamp-Bausteine zum Einsatz, die aus einem konventionellen IC-Operationsverstärker und einer Ausgangsstufe aus zwei Leistungstransistoren bestehen. (Bild: Dr. Andreas Hau)

der Platzbeschränkungen hat es Lindell geschafft, dem 7X-500 ein paar Zusatz-Features zu spendieren: Der Sidechain kann mit einem Hochpassfilter versehen werden, damit die Regelaktivität nicht übermäßig von den energiereichen Bassfrequenzen dominiert wird. Und über einen Mix-Regler lässt sich im Handumdrehen Parallelkompression realisieren. Optische Unterstützung leistet ein Gain-Reduction-Meter in LED-Technik, das 20 dB in 1-dB-Schritten (!) auflöst.

Modul Nummer drei nennt sich PEX-500 und ist ein waschechter Pultec-EQ in Transistorelektronik. Auch das ist kein Stilbruch, denn auch wenn Röhren-Pultecs viel bekannter sind, hat Pulse Technologies denselben Passiv-EQ in späteren Jahren auch mit einem Aufholverstärker in Transistortechnik hergestellt. Wie beim Original gibt es beim PEX-500 ein Bass- und ein Höhenband, jeweils mit getrennten Reglern für Cut und Boost. Für das Höhenband lässt sich außerdem die Filtergüte einstellen. Die einzige Einschränkung gegenüber einem originalen Pultec ist, dass die Einsatzfrequenzen nur dreistufig schaltbar sind, nämlich 30/60/100 Hz für das Tiefenband und 6/10/16 kHz für den Höhen-Boost. Der High Cut hat, wie beim Original, einen separaten Schalter mit drei Stellungen, allerdings andere als beim »echten« Pultec, nämlich 10/15/20 kHz – was aber zeitgemäßer erscheint als 5/10/20 kHz. Der PEX-500 arbeitet eingangs- wie ausgangsseitig trafosymmetriert. Die Übertrager sind übrigens allesamt Spezialanfertigungen für Lindell.

Der Einschubrahmen 503 Power ist ungewöhnlich schmal. Das Netzteil befindet sich nämlich nicht wie sonst üblich an der Seite, sondern hinter den Einschüben. Trotz der kompakten Bauweise liefert es bis zu 800 mA pro Slot – das ist deutlich mehr als die API-Spezifikation vorsieht und sollte somit auch für besonders stromhungrige Module genügen. Verzichten muss man auf Extras, wie sie manch andere Rahmen bieten, wie Schalter zum Durchschleifen des Ausgangssignals an das folgende Modul, einen internen Bus oder Sidechain-Input. Der Lindell 503 Power stellt lediglich Ein- und Ausgänge im XLR-Format bereit.

Der Preamp/EQ 6X-500 arbeitet ein- und ausgangsseitig trafosymmetriert. Die aktive Elektronik besteht im Wesentlichen aus zwei teildiskreten Opamp-Bausteinen.

Praxis

Der Preamp 6X-500 hat einen eigenen Sound, den man im Englischen mit »forward« bezeichnen würde. D. h., er lässt subjektiv die oberen Frequenzen nach vorne treten. Was aber nicht an einem verbogenen Frequenzgang liegt; diesbezüglich zeigt sich der Lindell 6X-500 weitestgehend linear. Der zuschaltbare EQ klingt gut; gewünscht hätte ich mir allerdings die Möglichkeit, Bässe auch absenken zu können oder zumindest einen simplen schaltbaren Low Cut, wie ihn die meisten Preamps bieten, um tieffrequenten Störschall zu unterdrücken. Der 6X-500 bietet etwa 65 dB Gain; gegen Ende des Regelwegs nimmt das Rauschen jedoch hörbar zu. Für pegelschwache Mikros wie das Shure SM7B oder Bändchen würde ich den Lindell daher nicht empfehlen, außer es handelt sich um laute Quellen wie Drums, Bläser oder Gitarrenverstärker. Am besten harmoniert der 6X-500 mit Kondensatormikrofonen. Für Schlagzeugaufnahmen würde man sich einen Pad-Schalter wünschen, da die minimale Eingangsverstärkung etwa 20 dB beträgt – im Manual findet sich dazu keine Angabe. Ein paar Abstriche muss man in dieser Preisklasse wohl machen; dennoch bleibt der 6X-500 ein interessanter Kandidat, denn er gehört zu den wenigen bezahlbaren Preamps mit einem eigenen Klangcharakter.

Der Lindell 7X-500 ist ein FET-Kompressor, basierend auf dem legendären 1176. Der Ausgang arbeitet trafosymmetriert.

Der 7X-500 bringt tatsächlich den Vibe eines 1176 ins 500er-Format. Wie das Original bietet er bei Bedarf extrem schnelle Regelzeiten, lediglich das Einsetzen der Kompression erscheint mir beim Lindell etwas abrupter. Dieser Eindruck liegt z. T. aber am hochauflösenden Gain-Reduction-Meter in LED-Technik, das schneller und sensibler reagiert als ein analoges Zeigerelement, dessen Masseträgheit extrem kurze, tiefe Ausschläge unterschlägt. Eine gewisse Einschränkung stellen die nur in drei Stufen regelbaren Attack- und Release-Zeiten dar; in der Praxis kommt man aber recht gut klar. Die ebenfalls nur in drei Stufen einstellbare Ratio relativiert sich durch den Mix-Regler, über den man die Kompression insgesamt zurückregeln kann. Ein echtes Plus ist der schaltbare Sidechain-Hochpass (100/300 Hz), umso mehr in Verbindung mit dem 6X-5000 Preamp, der ja über keinen Low Cut verfügt. Mit dem Sidechain Filter des 7X-500 kann man sicherstellen, dass die Kompression nicht von Trittschall o. Ä. ausgelöst wird. Überhaupt macht das Sidechain Filter das Regelverhalten gleichmäßiger, sodass man in den meisten Anwendungen zumindest die 100-Hz-Stellung verwenden wird.

Der PEX-500 ist ein Pultec-Style-Passiv-EQ mit Aufholstufe in Transistortechnik inklusive zweier teildiskreter Opamps. Ein- und Ausgang sind trafosymmetriert.

Auch der PEX-500 Passiv-EQ macht seine  Sache gut. Ganz die Magie eines klassischen Pultecs darf man nicht ganz erwarten; die Röhrenfärbung fehlt. Dennoch klingt das Höhenband wunderbar luftig, wie man es vor allem von amerikanischen Produktionen kennt. Mit einem konventionellen Parametric-EQ bekommt man das einfach nicht so hin. Mit dem Tiefenband lässt sich der altbekannte Pultec-Trick realisieren: Durch Anheben und Absenken gleichzeitig entsteht eine besondere EQ-Kurve mit einer Tiefmitten-Senke. In der 30-Hz-Stellung liegt diese bei etwa 300 Hz, in der 60-Hz-Stellung bei 400 Hz, also genau da, wo man bei der Bassdrum gerne die Pappfrequenzen rauszieht. In der 100-Hz-Stellung verschiebt sich die Senke auf etwa 900 Hz, was z. B. für Akustikgitarren interessant sein kann. Dieses uralte, scheinbar simple 2-Band-Passiv-EQ-Design hat weit mehr drauf, als man zunächst vermuten würde. Vor allem aber klingen die Ergebnisse subjektiv natürlicher als das, was bei den allermeisten modernen EQs hinten rauskommt.

Wie bei einem echten Pultec kommen im EQ-Schaltkreis Spulen zum Einsatz, hier als Multi-Induktor. Ein solches Bauteil findet sich auch in der EQ-Sektion des 6X-500 Preamps. (Bild: Dr. Andreas Hau)

Fazit

Das Lindell Track Pack Deluxe ist ein modularer Channelstrip mit Vintage-Technik in zeitgemäßer Ausführung. Angesichts des Preisniveaus muss man gewisse Abstriche hinnehmen: Der Preamp ist nicht ultra-rauscharm, der Kompressor hat nur dreistufige Regelzeiten, und der Pultec-Style-EQ muss ohne Röhrentechnik auskommen. Nichtsdestotrotz liefert das Track Pack Deluxe, was man in dieser Preisklasse nur selten findet: Charakter! Und das ist heute eigentlich der einzige Grund, noch auf Hardware zu setzen statt auf Plug-ins. Star des Ensembles ist für mich der 7X-500 FET-Kompressor, gefolgt vom PEX-500 Passiv-EQ. Beide versprühen einiges vom Vibe ihrer großen Vorbilder.

Wie beim Original dient ein speziell selektierter FET als Regelelement. (Bild: Dr. Andreas Hau)

Die einzelnen Module bietet Lindell für einen moderaten Aufpreis auch in einer »Vintage Edition« an. Diese Ausführungen sind ab Werk mit volldiskreten 1731-Style-Opamps ausgestattet und – vielleicht noch wichtiger: Sie kommen mit schwarzen Frontplatten. Die golden glänzenden Bedienfelder der normalen Versionen sind nämlich je nach Lichteinfall schlecht abzulesen. An der Verarbeitung gibt es indes nichts auszusetzen; die Bauelemente sind von hoher Qualität. Und wo sonst bekommt man in dieser Preisklasse Module mit Ein- und Ausgangsübertragern? Wer klassische Audiotechnik zum bezahlbaren Preis sucht, sollte Lindell eine Chance geben.


Hersteller: Lindell Audio
UvP/Straßenpreis: 1.426,– Euro / 1.399,– Euro
Internet: www.audiowerk.eu

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