Mixpraxis

Clint Gibbs mischt Say So von Doja Cat

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Doja Cats Originalversion von ihrem Song Say So wurde am 28. Januar 2020 veröffentlicht und belegte ohne weitere Umwege hohe Chartplazierungen in zahlreichen Ländern, darunter Nummer 2 in England und Nummer 5 in den USA (Platz 33 in Deutschland; Anm.d.Red.). Der am ersten M0ai veröffentlichte Remix mit Nicki Minajs Vocals erreichte nur zwölf Tage später die US-amerikanische Top-Position.

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Sowohl für Doja Cat als auch für Nicki Minaj war Say So ihre erste US-Nummer-Eins. Für Minaj war es zudem ihre 109. Chart-Plazierung und damit ein Rekord als Künstlerin mit den meisten Chart-Entries vor einem Nummer-Eins-Hit.

Für Produzent Dr. Luke ist Say So der erste Nummer-Eins-Hit seit 2014. Die Producer-Credits gehen zwar an einen gewissen »Tyson Trax« und werden weder von Dr. Luke noch von seinem Team kommentiert. Dennoch ist es offensichtlich, wer sich hinter diesem Pseudonym verbirgt.

Zu Dr. Lukes engsten Mitarbeitern zählt Clint Gibbs. Er ist Dr. Lukes Chief-Engineer und gelegentlicher Mixer für dessen Produktionsfirma Prescription Songs. Auch wenn Serban Ghenea noch immer als Dr. Lukes bevorzugter Mix-Engineer gilt, steigt der Anteil der Hits, die auf Clints Mixer-Konto gehen. Dazu zählen auch die Originalversion von Say So und dessen Remix sowie zehn der zwölf Songs von Doja Cats Album Hot Pink aus dem Jahr 2019. Clint arbeitet zunehmend in seinem Homestudio, während Kalani Thompson und Tyler Sheppard die Producer-Sessel in Dr. Lukes Studio besetzen.

Clint Gibbs in seinem »übersichtlich« eingerichteten Homestudio

Als ursprünglich Metal-verliebter Garagenmusiker aus Las Vegas zog Clint 2007 im Alter von 21 Jahren nach L.A. Nach einem Studium an der LA Recording School arbeitete er ab 2008 in den Conway Studios.

Set-up. »Später arbeiteten wir für eine Weile in Lukes Haus in Malibu. 2015 richteten wir das aktuelle Studio in Hollywood ein. Abgesehen von den riesigen PMC-Monitoren ist es eigentlich ziemlich einfach ausgestattet. PMC haben diese Monitore ursprünglich für unser Studio gebaut. Später wurden daraus ihre QB1 XPD-A. Die PMC-Jungs wollten uns echt beeindrucken – die Monitore sind so groß wie ich! Sie besitzen ein unglaubliches Low-End und klingen dabei total präzise. Ich arbeite mit ihnen meist bei sehr geringen Lautstärken. Außerdem haben wir PMC Twotwo8 Nahfeldmonitore mit zwei Sub2 sowie kleine Genelec 8020.

Weil wir Qualität abliefern wollen, haben wir ein Top-Outboard-Rack. Da finden sich zunächst Chandler TG2 Mic-Pres. Luke nutzt sie, so lange ich mich erinnern kann. Max Martin arbeitet ebenfalls sehr gerne mit ihnen. Sie lassen das Top-End des C800 schön warm klingen. Außerdem haben wir neue UA 1176-Kompressoren. Die klingen einheitlicher und rauschen weniger als die Originale. Dann geht es direkt in Pro Tools. Klar – wir haben noch tonnenweise Vintage-Synthesizer und Gitarren in unserem Studio. Die werden über DI-Box und API 3124 aufgenommen. Sind die Signale einmal im Rechner angekommen, verbleiben sie auch dort.

Mein Studio hingegen ist wirklich übersichtlich: ein Küchentisch mit MacBook Pro, Mighty Mouse und dem neuesten Pro Tools, dazu ein Grace M905 Monitor-Controller, ein Presonus Faderport für Fader-Fahrten in Gesangsspuren und ein UA Apollo 8P. Zum Abhören habe ich Genelec 8020 und PMC Twotwo6 Monitore sowie ein Beats Pill zum Gegenhören. Wenn ich unterwegs arbeite, nutze ich einen Sennheiser HD 650 Kopfhörer. Panorama und Räumlichkeit einer Aufnahme prüfe ich fast immer zusätzlich mit dem HD 650. Meist arbeite ich zu Hause, aber mein Setup ist sehr gut transportabel. Ich kann problemlos bei einem Künstler arbeiten oder auch an jedem anderen Ort …«

Der »Aphex Exciter«-Bus mit seinen Plug-ins

»Wir arbeiten mit Template-Spuren für Vocals und Comping. Sie enthalten EQs, Kompressoren und De-Esser sowie Achtel-, Viertel- und Halbe-Noten-Delays, Hall und Antares Autotune 5. Diese Templates haben wir über die Jahre immer weiter verbessert. InLukes Stu dio nutzen wir noch immer Pro Tools 10.3.8, TDM HD3 und HD I/O – also das klassische System. Der Grund dafür ist Autotune 5 mit seiner geringen Latenz. So können sich die Sänger schon während der Aufnahme mit dem Effekt hören. Im Laufe des Jahres werde ich unsere Studios jedoch auf die neueste Pro-Tools-Version upgraden und dann Autotune Pro verwenden.

Die Templates sind wichtig, aber noch wichtiger ist ein gutes Front-End – mit einem guten Mikrofon sowie einem guten Mic-Pre und Kompressor. Ich will nicht zehn Plug-ins in einen Bus packen müssen, um einen guten Sound zu bekommen. Wer das kann und will – sehr schön. Ich bin jedoch davon überzeugt, dass ein guter Sound schon bei der Aufnahme entstehen muss. Meine Sessions sind deshalb nicht randvoll mit Plug-ins. Weniger ist mehr. Die Produktionen, die ich aus Lukes Studio bekomme, klingen sowieso immer gut. Ich brauche mich also nur noch um bestimmte Verbesserungen zu kümmern und nicht den gesamten Mix umkrempeln.«

Mixphilosophie

Damit spricht Clint ein kontroverses Thema an: Da der Mix-Prozess heute zunehmend Teil der Produktion wird und sich Rough-Mixe auf entsprechend hohem Qualitätsniveau bewegen, bleibt dem Mixer immer weniger kreativer Freiraum. »Als ich mit dem Mixen anfing, hatte ich durchaus den Anspruch, zum kreativen Prozess beizutragen. Ich wollte meinen eigenen Sound finden und einbringen. Heute geht es beim Mixen hauptsächlich um Transparenz und Lautheit«, räumt Clint ein. »Dennoch fühle ich mich nicht wirklich eingeschränkt. Es geht darum, etwas Existierendes zu verbessern, und das ist eine anspruchsvolle Aufgabe. Zudem habe ich kein Problem damit, den Produzenten anzurufen und ihn zu fragen, ob ich etwas Neues ausprobieren darf. Man muss allerdings immer mit einer Absage rechnen – ganz besonders, wenn der Künstler in das Demo verliebt ist.

Wenn ich also heute mixe, arbeite ich sehr zurückhaltend. Ich will den Song nicht neu erfinden, sondern klanglich verbessern. Meine Auftraggeber sollen sagen können »Es klingt transparenter und lauter als der Rough-Mix – genau so wollten wir das.« Ich habe mir also abgewöhnt, dem Song meinen Stempel aufdrücken zu wollen. Ich verbessere das Resultat des Produzenten – nicht mehr und nicht weniger.«

Zu Clints wichtigsten Aufgaben zählt es, dafür zu sorgen, dass ein Mix auf sämtlichen Consumer-Wiedergabegeräten wirklich gut klingt. Er nutzt beim Mix hauptsächlich seine PMC-Monitore, gelegentlich auch die Genelecs und ergänzt: »Fast niemand hört den Song mit Profi-Equipment und unter akustisch optimierten Umständen. Deshalb kontrolliere ich meine Mixe mit den üblichen Wiedergabegeräten wie iPhone, Airpods, Laptop-Lautsprecher usw. Klingt es über mein iPhone nicht gut, verbessere ich den Mix dahingehend. Ich arbeite dabei viel mit paralleler Bass-Sättigung. Ein guter Handy-Sound ist wichtig, denn vielen Leuten begegnet der Song erstmalig als kleiner Clip auf Instagram. Klingt er schon dort geil, hören sie ihn vielleicht auch auf Spotify oder kaufen ihn bei iTunes.«

Die Plug-ins in den »Vocal Sum«- und »Vocal Rear«-Bussen; Letzterer dient der Parallelbearbeitung, wobei der UAD 1176 für die Lautheit der Vocals sorgt.

Wie schon erwähnt, nutzt Clint im Mix vielfach Parallel-Processing. So spielt es auch bei der Lautheits-Optimierung eine entscheidende Rolle: »Ausgehend von der vorhandenen Pegelstruktur bearbeite ich vor allem Vocals und Drums mit Parallel-Processing, um hier eine höhere Lautheit zu erzielen. Erst am Ende der Signalkette befindet sich ein Limiter mit etwa 2–3 db Threshold. Den wichtigsten Anteil erledigt jedoch das Parallel-Processing. Es ist für mich der wichtigste Arbeitsschritt für optimale Lautheit. Um unterschiedliche Latenzen zwischen den Bussen zu vermeiden, setze ich auf parallelen Spuren immer die gleichen Plug-ins ein. So kann ich sicher sein, dass die Delay-Kompensation optimal arbeitet und der Sound absolut tight bleibt.«

Die ursprüngliche Mix-Session von Say So ist ein typisches Beispiel für Clints Arbeitsweise. Die Spuren für Parallelbearbeitung sind grundsätzlich mit identischen Plug-ins ausgestattet, insgesamt kommen jedoch vergleichsweise wenige Plug-ins zum Einsatz. Die Session besteht aus knapp 100 Spuren, ist übersichtlich strukturiert und farblich kodiert. Ganz oben befindet sich ein Meter-Track mit Slate Digital FG-X Mastering Processor und Brainworx BX-Meter. Darunter befinden sich drei Spuren für Mix-Prints – eine für den Rough-Mix, eine für die Ausgabe von Kontrollmixen und schließlich der 24-Bit-Print für die Weitergabe an das Mastering, Letzterer mit einem Dezibel weniger Pegel.

Schon die nachfolgenden Spuren zeigen die parallel angelegte Bus-Struktur der Session: Zwei parallele Aux-Bus-Spuren mit identischen Plug-ins – »All« und »Aphex« – führen in eine darüber gelegene »SUM«-Spur. Zudem finden sich in diesem Abschnitt eine zugehörige »SUMmaster«-VCA-Spur sowie zwei weitere VCA-Spuren (gelb). VCA-Spuren sind mittels Sternchen im Namen gekennzeichnet. Unter dieser Master-Sektion liegen die Group-Aux-Spuren. Hier finden sich Drums mit ihrer »D-Chrush«-Parallelspur und einem Cymbal-Aux, dann Bass und Bass-Saturation-Parallelspur sowie »Guitars« mit »Guitar-Dim«-Parallelspur. Es folgen »Keys«, »Music«, »EFX Vocal« sowie die beiden parallelen Vocal-Spuren »Vocals« und »Vocal Rear«.

Unterhalb der Aux-Busse beginnen die Audiospuren. Abgesehen von den Vocals befinden sich hier fast keine Plug-ins, da alle Bearbeitungen auf den Bussen erfolgen. Jede Audiospur-Sektion besitzt eine darüber gelegene VCA-Spur. Die erste Audio-Sektion besteht aus zwölf Drum-Spuren plus VCA (*drums*). Sie sind allesamt blau eingefärbt. Es folgen je zwei Becken-Spuren (türkis), Bass-Spuren (lila), Gitarren-Spuren (grün), sieben Spuren für »Keys« (beige) sowie zwei Spuren mit der Bezeichnung »Music«. Sie alle verfügen über jeweils eine, entsprechend gekennzeichnete und eingefärbte VCA-Spur.

Die Vocal-Sektion ist von oben nach unten wie folgt aufgeteilt: Zwei Effekt-Vocal-Audiospuren mit darüber liegender VCA-Spur (*efxvocal*), eine *vocal*-VCASpur sowie ein Lead-Vocal-Aux-Bus mit seinen sechs Lead-Vocal-Audiospuren plus ein »Echo FX Clean Vocal«-Track. Es folgen drei Backing-Vocal-Spuren mit Outro-Vocal-Aux, dann zwölf Harmony-Vocals mit Aux-Spur und schließlich zwei weitere Audiospuren mit den Aux-Tracks »BG2« und »Mhm Mm«.

Am Ende der Session befindet sich ein FX-Return-Aux mit seinen fünf Aux-Effect-Tracks. Diese bestehen aus einem Achtelnoten-Delay (Waves H-Delay), je einem Viertel- und Halbenoten-Delay (beide Line 6 EchoFarm) sowie einem Reverb-Aux, ausgestattet mit Blue Cat’s Patchwork, welches wiederum mit einem Lexhall Plug-in bestückt ist. Abschließend findet sich noch ein »Backspread«-Track mit dem SoundToys MicroShift Plug-in.

Die Plug-ins auf dem SUM-Bus

Workflow

Im Folgenden führt Clint genauer aus, wie der Schritt vom Tracking zum Mix vollzogen wurde und berichtet über seinen Workflow – von der Vorbereitung bis zur vollständigen Bearbeitung der Session. Dabei wird die Reihenfolge der Arbeitsschritte weniger durch die Anordnung der Tracks als vielmehr durch den Signalfluss bestimmt:

»Üblicherweise erhalten wir die Produktion zunächst als Stereo-File. Sobald der Mix an der Reihe ist, lasse ich mir vom Produzenten die Stems schicken. Für Say So hat Kalani eine Pro-Tools-Stem-Session für mich erzeugt – mit gesäuberten Files und geordnet nach meinen, ihm bekannten Vorgaben. Ich importiere die Session in mein System. Als erstes konvertiere ich nun die Session von 24 Bit auf 32 Bit Floating-Point. Dann lade ich meine Mix-Template mit allen Bussen und Aux-Spuren. Danach kann die eigentliche Arbeit beginnen.

Während ich die Stems in meine Template einbaue, höre ich mich in den Rough-Mix ein. Danach höre ich mir die einzelnen Spuren der Session an. Bei den Drums entscheide ich an dieser Stelle, ob alle Spuren gemeinsam in meinen Drum-Bus laufen sollen oder ob ich – wie bei Say So – separate Busse für Hi-Hats und Cymbals anlege. Dann ordne ich sämtliche Spuren, färbe sie ein und erzeuge die einzelnen Gruppen für Drums, Bass, Keys usw. In dieser Session läuft alles über den »All«-Bus und seinen mit dem Aphex Plug-in ausgestatteten Parallel-Bus. Von dort geht es weiter in den »Sum«-Bus. Nachdem die gesamte Session meinen Vorstellungen entsprechend organisiert ist, speichere ich zwei Kopien mit der Bezeichnung »Ready«. Im Bedarfsfall kann ich mithilfe dieser Files jederzeit den Mix vollständig neu beginnen. Nun ist es möglich, endgültig mit der eigentlichen Mischung zu starten.

Üblicherweise beginne ich den Mix mit Drums und Vocals. Die Drums bearbeite ich zuerst, dann kommen die Vocals hinzu. Kick, Snare und Vocals sowie das Feeling, welches sie zusammen erzeugen, sind für mich der Kern des Songs. Funktioniert dieses Gefüge, ist der Mix schon weitgehend auf der sicheren Seite. Danach folgen zunächst der Bass und dann die weiteren Elemente wie Gitarren, Keyboards usw. Sie komplettieren den Mix. Üblicherweise benötige ich für diese Arbeiten etwa vier Stunden. Danach speichere ich das File, beschäftige mich zwischenzeitlich mit anderen Dingen und höre später gegen.«

Drums

»Die Signale der Drum-Busse laufen in den ›All‹-Bus. Alle haben einen Send zum ›Aphex‹-Bus, der beim D-Crush-Bus jedoch nicht aktiv ist. Üblicherweise schicke ich alle Instrumentenbusse direkt in meinen Summenbus. Bei Say So bekam ich jedoch in letzter Minute die Ansage, den gesamten Track klanglich noch etwas mehr aufzublasen. Ich musste also eine Möglichkeit finden, mit der ich schnell und einfach eine entsprechende Änderung im Gesamtsound erzielen konnte. Dazu habe ich mir die beiden Busse All und Aphex angelegt. Letzterer bekommt je nach Bedarf den gewünschten Signalanteil. Das Top-End der Vocals klang perfekt und benötigte diese Bearbeitung nicht. Aber so ziemlich alles andere, ausgenommen der D-Crush-Bus, läuft durch den Aphex-Bus.

Die UAD Ampex ATR-102 Plug-ins auf den All- und Aphex-Bussen sind nicht in Betrieb. Ich habe einfach vergessen, sie aus der Session herauszunehmen. Der Hochpass des FabFilter Pro-Q3 beschneidet die unangenehm klingenden Frequenzen bei 2,2 kHz und 2,7 kHz. Der Waves Aphex Aural Exciter ist im All-Bus auf Bypass geschaltet, im Aphex-Bus jedoch voll aufgedreht. Die Automation mutet ihn im Intro und Outro, der übrige Song erhält eine kräftige Bearbeitung. Es war das erste Mal, dass ich eine solche Anordnung verwendet habe.«

Instrumente

»Auf der einen Bass-Audiospur findet sich ein Ozone 8 EQ mit einer leichten Anhebung bei 60 Hz. Auf der anderen habe ich zum ersten Mal den Klevgard Knorr Bass Vitalizer verwendet. Er betont etwas den Attack des Sounds. Beide Spuren gelangen dann zum Bass-Bus und zu seiner Parallelspur, dem ›Bass Saturation‹-Bus. Dort finden sich FabFilter Saturn und Ozone 8 Limiter. Der Saturn ist nur auf dem Saturation-Bus aktiv.

Die Audiospur mit den Gitarren wird auf die Busse ›Guitars‹ und ›Guitars Dim‹ verteilt. Im Ersteren befindet sich ein API-Vision-Kanalzug. Sein EQ sorgt mit Anhebungen um 240 Hz und 5 kHz für mehr Gewicht bzw. mehr Biss. Der Kompressor ist abgeschaltet. Das Plugin Alliance Bx_Shredspread betont die Mitten und sorgt für etwas mehr Breite. Bei den Gitarren habe ich ausnahmsweise nicht die gleichen Plug-ins in den Parallelbus gesetzt. So findet sich im ›Guitars Dim‹-Bus nur das UAD Dimension D für einen Chorus-Effekt. Das war eine kreative Entscheidung meinerseits. Ich fand, der Song sollte so etwas wie einen Nile Rogers Gitarren-Sound haben, um ihm zu etwas mehr Disco-Feeling zu verhelfen. Beide Gitarren-Busse werden ebenfalls in den Aphex-Bus gesendet.

Die Keyboard-Spuren selbst haben keine Plug-ins, jedoch der Keys-Bus. Man sieht dort einen auf Bypass geschalteten UAD 1176, einen Waves F6 und den Wave Spectre. Letzterer fügt Harmonische um 4,3 kHz hinzu und macht das Signal somit etwas durchsetzungsfähiger. Intro- und Outro-Track sind Stems. Spuren mit mehreren Instrumenten benenne ich grundsätzlich mit ›Music‹. Auf dem Outro-Track liegt ein Oeksound Soothe – das ist normalerweise meine Geheimwaffe für widerspenstige 808s. Hier beseitigt der Soothe einige harsch klingende Frequenzen um 3 kHz. Im zugehörigen ‚Music‘-Bus befindet sich ein UAD 1176 – auch hier auf Bypass geschaltet – sowie der FabFilter Pro-Q3. Dieses Signal gelangt ebenfalls in den Aphex-Bus.«

Vocals

»Alle Vocal-Audiospuren haben dieselbe Plug-in-Bestückung: Metric Halo Channel Strip 3, Avid Bomb Factory BF-76, Avid Dyn-3 De-Esser, bei den Lead-Vocals zusätzlich der FabFilter Pro-Q3. Sie sind allesamt in den Inserts platziert. Dazu gibt es Sends zu einem Viertelnoten-Delay und einem weiteren Delay auf jeder vierten Note sowie einen Reverb-Send. Bis auf den Q3 kamen alle Plug-ins von Kalani und sind somit Teil des Recording-Templates. Ich habe ihre Einstellungen unverändert belassen. Der Metric Halo arbeitet als Hochpass. Der BF-76 arbeitet im All-Buttons-In-Modus und liefert diesen typischen Pop-Vocal-Sound. Den Q3 habe ich selbst ergänzt. Er senkt bei 279 Hz und bei 740 Hz um je 1 dB ab. Ich nutze Plug-ins gerne für viele kleine EQ-Cuts.

In den Lead-Vocal-Spuren findet sich ein weiterer Send namens ‚Voc SC‘. Er steuert den Sidechain-Eingang des Waves F6 im Keys-Bus. So werden dort während des Gesangs dynamische Einschnitte im 900-Hz- und 2 kHz-Bereich erzeugt. Alle Lead-Vocal-Audiospuren gehen in den ›LD Vocal‹-Bus. Hier beschneidet eine weitere Q3-Instanz die tiefen Frequenzen und schafft mehr Platz für den Bass. Ein McDSP AE600 Dynamic EQ beschneidet dynamisch möglicherweise auftauchende Problembereiche. Ein großer Teil der Klangbearbeitung auf dem Lead-Vocal-Bus dient dazu, bestimmte Silben hervorzuheben.

Wenn ich einzelne Wörter mute, erhält das zuvor gesungene Wort eine Portion Hall, um die entstehende Pause aufzufüllen. Die Spur ‚Echo FX Clean‘ erledigt diese Aufgabe. Das Vengeance VPS Philta XL Filter-Plug-in beschneidet hohe und tiefe Frequenzen so stark, dass eine Art ›Radioklang‹ entsteht. Die Bearbeitungen der übrigen Vocal-Spuren entsprechen denen der Lead-Vocals.

Auf dem BG2-Bus befindet sich ein Valhalla Vintage Verb mit einem 2,4 Sekunden-Hall und einer Mix-Einstellung von 18 Prozent. Ich habe noch ein FabFilter Pro-DS ergänzt, um die Zischlaute aus dem Hall zu entfernen. Sämtliche Vocals sind auf den Vocals-Bus geroutet. Er ist mit einem gemuteten UAD 1176 und einem JST-Clip für eine leichte Pegelanhebung ausgestattet. Die Spur mit der Bezeichnung ›Vocal Rear‹ dient der Parallelbearbeitung. Hier sorgt der UAD 1176 für –20 dB Kompression und somit für die Lautheit der Vocals.

Die Busse All und Aphex gehen in den SUM-Bus. Hier sitzen ein Cytomic The Glue Kompressor sowie der UAD Chandler Curve Bender und der Ozone 8 Limiter – den The Glue habe ich erst später ergänzt. Ich wollte einen Pump-Effekt, wie man ihn von Daft Punk kennt – wenn die Kick den Kompressor deutlich hörbar ansteuert. Grundsätzlich bin ich kein Fan von Kompression auf dem Stereo-Bus und bevorzuge Parallelbearbeitung in den Sub-Bussen. Weil der Mix jedoch eine kleine Extraportion Charakter benötigte, habe ich hier eine Ausnahme gemacht.

Der Curve Bender EQ hebt gleichermaßen Tiefen und Höhen an. Seine Frequenzkurve ähnelt ein wenig einem Smiley … Üblicherweise verwende ich auf der Summe den FabFilter Pro-L2. Hier hat das jedoch nicht so richtig funktioniert, weil der Pro-L2 die Kick-Transienten in den tiefen Frequenzen zu sehr abgerundet hat. Stattdessen habe ich den Ozone Maximizer mit Transient-Mode eingesetzt – das Ergebnis: lauter Sound ohne verschliffene Transienten. Beim 24-Bit-Mix habe ich den Limiter um 1 dB abgeschwächt, um Mastering-Engineer Mike Bozzi mehr Bearbeitungsspielraum zu geben.«

Kommentar zu diesem Artikel

  1. Guten Tag!
    Voraus erwähne ich, dass ich diese Musikrichtungen nicht höre, sondern nur mehr das was mich emotional berührt unabhängig davon wer, wie was geschaffen hat. Ich habe mit 14 Jahren begonnen (ohne Internet!) und dann glücklicher Weise mir später das Tonmeisterstudium (weit weg) nicht finanzieren können, sodass ich immer völlig frei von jeder musikalischen Ver-bildung und jedem kommerziellem Zwang mein Empfinden von Musik leben und genießen konnte.
    Say So + Remix mit Vocals habe ich “ähnlich” wie Gibbs im Nahfeld gehört allerdings in einem akustisch nahezu perfekten Raum und meiner Meinung nach zumindest in der räumlichen Auflösung seiner BMC Twotwo8 deutlich überlegenen ebenfalls 8″ Koax (wenn es sein muss mit im Raum integriertem Horn ab 16 Hz).
    Sorry, mein Resümee: Man produziert mit einer hier mit vergleichsweise einer Kriegsmaschinerie einer Weltmacht 1) für einen gegen Null Prozent gehenden Nutzerkreis in Riesendiscos (im Corona-Maulkorb) der Rest hört mit smart phone und Billigstöpsel. Was sich dazwischen abspielt ist bei dieser Musikrichtung vermutlich völlig vernachlässigbar. 2) Sorry, würde ich für eine derartige synthetische “Musik” und Akustik keine Minute aufwenden um solches zu produzieren. Dass trotzdem ein so erstaunlicher Erfolg (kommerziell ?) erzielt wurde, ist wohl nur den akustisch und musikalisch verbildeten Ohren, die nichts anderes mehr kennen, zu verdanken. 3) Das Video zeigt unerotischen ass-Sex mit Kinderstimme garniert. Ein gutes Abbild unserer Kindergesellschaft. ABER gekonnt umgesetzt von den Produzenten allerdings in völliger Unkenntnis ihrer Verantwortung, der sie sich niemals entziehen können. – Für mich ist das nur ein weiterer Beweis wie manipulierbar der Mensch in ALLEN Bereichen ist. Aber nicht dass Sie glauben ich sei mit meinen 75 Lenzen ein verbohrter Klassik Freak. Oh nein, die allermeiste so genannte ernste Musik ist Eruption trübsinniger, bemitleidenswerter Seelen. Wenn Musik – beginnend von den Pygmäen Zentralafrikas mit ihrer grandiosen Polyrhythmik bis . . . – den Menschen nicht zur Freude (nicht oberflächlicher Spaß) verhilft, ist es für mich Verschwendung wertvoller Lebenszeit sie zu hören. – Viel Schaffensfreude Euch allen!

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