Alles Touch?

Slate Raven MTi 2 – DAW-Controller mit Touch-Screen im Test

Anzeige
Slate_Raven_MTI2_01-SLembke
(Bild: Stephan Lembke)

Mittlerweile haben viele DAW-Hersteller iPad-Apps zur Bedienung ihrer Software veröffentlicht und damit einen einfachen Einstieg in die Welt der DAW-Controller geschaffen. Allerdings sind die kleinen Touchscreens meist nicht in der Lage, alle Fader des Mixers einer Session gleichzeitig darzustellen und die Bedienung mit zwei Händen gestaltet sich auf dem engen Raum äußerst schwierig. Slate Media Technology setzen mit ihrem Touchscreen-Controller genau an dieser Stelle an und ermöglichen die DAW-Steuerung auf einem 27-Zoll Bildschirm.


 

Anzeige

sr_0316_1_800_pixel

Sound&Recording 03/16 – DAW Controller Special 

In der Sound&Recording-Ausgabe 03/16 stehen DAW-Controller im Fokus. Wir haben Ableton Push 2, NI Maschine und Komplete Kontrol S, Bitwig Surface Pro, das iPad Pro als Controller für euch getestet. In der StudioszeneD erfahrt ihr, wie die AVID S3 das Mixing von „Astronaut“ von Sido und Andreas Bourani beeinflusst hat. Außerdem durften wir einen Blick hinter die Kulissen von „Sing meinen Song – Das Tauschkonzert“ werfen. Studio-Story: Dave O’Donnell produziert Keith Richards drittes Solo-Album Crosseyed Heart. Außerdem im Heft: Testberichte zu den UAD-2-Plug-ins Eventide H 910, AKG BX20 und Cinematique Instruments Ensemblia − Update 1.5. In De/constructed nimmt Henning Verlage The Chemical Brothers – Go auseinander.

>> Hier könnt ihr die Sound&Recording-Ausgabe 03/16 versandkostenfrei bestellen <<

 

Übersicht

Der Raven MTi Touchscreen-Controller wurde auf der NAMM 2013 als die »kleine« 27-Zoll Variante des Raven MTX mit einer 46-Zoll Bildschirmdiagonale vorgestellt. Damals besaß der MTi einen hochwertigen Aluminiumrahmen mit Meterbridge und eine Abhörsektion, was den hohen Preis von über 3000€ rechtfertigte. In der zweiten Generation konzentriert sich Slate bei der Hardware auf das Nötigste und durch die Auslagerung der Fertigung nach Fernost konnte der Verkaufspreis auf ein Drittel reduziert werden.

Der MTi 2 nutzt wahlweise VGA oder HDMI zur Bildschirmübertragung mit einer Auflösung von 1920×1080 und USB 2.0 für die Verarbeitung der Controllerdaten. Zur Steuerung der DAW wird eine speziell angepasste Version von Neyrincks V-Control verwendet, die zwischen der Raven-Software und der jeweiligen DAW vermittelt.

Die Einrichtung des Raven MTi 2 ist nicht als intuitiv zu bezeichnen, daher sollte die Dokumentation sorgfältig gelesen werden, um etwaige Fehler zu vermeiden. Auf Youtube gibt es von Slate zudem Video-Tutorials in englischer Sprache (siehe hier), die den Prozess der Einrichtung für jede DAW ausführlich demonstrieren.

Momentan steht der Raven MTi 2 lediglich Apple Computern zur Verfügung, eine Windows-Version für Cubase und Nuendo soll jedoch voraussichtlich im zweiten Quartal 2016 folgen.

Slate_Raven_MTI2_02-SLembke
Testsetup des Slate Raven MTi 2 (Bild: Stephan Lembke)

Multi-Touch vs. Single-Click

Momentan kostet ein 27-Zoll Touchscreen-Monitor rund 600€ und damit weniger als die Hälfte eines MTi 2. Warum sollten wir also nicht so einen zur Bedienung der DAW nutzen? Prinzipiell wäre das auch möglich, doch der Slate MTi 2 bietet einen entscheidenden Vorteil – das sogenannte Multi-Touch.

DAWs reagieren genau wie andere Computerprogramme lediglich auf einen einzigen Mausklick und demnach kann bei der Bedienung via Touchscreen auch immer nur ein Parameter gleichzeitig kontrolliert werden. Übersetzt auf eine DAW-Software steht somit immer nur ein Fader oder Poti zur Verfügung. Damit kann der Workflow an einem Mischpult oder mit Hardware-Effekten und –Klangerzeugern natürlich nur unzureichend simuliert werden.

An dieser Stelle kommt die Raven-Software von Slate ins Spiel. Diese ist als eigenständige Bedienoberfläche zu verstehen, welche eingehende Touch-Befehle über das HUI-Protokoll an die DAW weiterleitet. Beim Raven-Mixer wird dies am deutlichsten. Als externer Mixer weist er ein eigenes Interface auf, das wenig an die momentan verwendete DAW erinnert. Slate stellt jedoch für jede DAW das entsprechende Mixer-Interface als Skin zur Verfügung, das einfach über dem eigentlichen DAW-Mixer liegt. Aufgrund der Multi-Touch Unterstützung können mit dem Raven MTi 2 bis zu zehn Parameter gleichzeitig gesteuert werden.

Raven 3.0

Die mitgelieferte Raven-Software ist mittlerweile in der dritten Generation verfügbar und die Liste der kompatiblen DAWs wurde erheblich erweitert. Neben Pro Tools 10, 11 und 12 können nun auch Logic X, Cubase 8, Nuendo 7, Studio One 3, Digital Performer 8 und 9 sowie Ableton Live 9 via Raven MTi 2 gesteuert werden. Für jede DAW gibt es dabei eine eigene Raven-Lizenz, die einen iLok 2 als Dongle voraussetzt. Im Lieferumfang befindet sich nur die Lizenz für eine DAW, es können jedoch weitere Lizenzen für jeweils 99$ direkt über den Webshop des Herstellers bezogen werden.

Neben der HUI-Kontrolle einer DAW bietet die Raven 3.0 Software zudem das Batch Command System. Mit diesem können einzelne Befehle oder frei konfigurierbare Befehlsketten über einen einzigen Knopfdruck in der DAW ausgeführt werden. Was zunächst nach einem Spezialfall klingt, wird sehr schnell zur notwendigen Routine. Will man beispielsweise einen neuen Stereo-Auxtrack erstellen, so erfordert dies ohne die Zuhilfenahme der Tastatur sieben Bestätigungen auf dem Touchscreen. Das Batch Command System führt dies mit nur einem Knopfdruck aus.

Wenn man an dieser Stelle tiefer einsteigen möchte, so kann man auch eigene Befehle programmieren oder sogar Bewegungen in der Raven Software aufnehmen und als Batch Command abspeichern. Vom Aufrufen bestimmter Effekt- und Mix-Presets bis hin zum automatischen Editing ist hier alles möglich und kann den Arbeitsalltag erheblich erleichtern. Werksseitig werden zudem 100 Preset Batch Commands mitgeliefert, die schon einen großen Funktionsbereich abdecken.

Praxis

Die Einrichtung des Systems funktionierte reibungslos, doch ist hier keinesfalls von »Plug & Play« die Rede. Nach gut einer Stunde war der MTi 2 in der Lage mein Pro Tools zu steuern und ich konnte die ersten Gehversuche mit dem neuen Controller machen. Die Bedienung des Mixers und der Effekt-Plug-Ins war dabei sehr intuitiv und die Ansprache vollkommen in Ordnung. Meine Lautstärke-, Reverb- und Delay-Automationen waren präzise und die Arbeitsweise definitiv schneller als die Eingabe von Automationsdaten mit der Maus. Besonders die Automation mehrerer Parameter eines Plug-Ins wie beispielsweise die Cutoff-Frequenz und Resonanz eines Lowpass-Filters auf einem Drumloop wirkte sehr komfortabel.

Trotzdem hatte ich nicht das Gefühl, dass ich meine Augen vom Monitor lösen konnte, wie ich es beispielsweise von der Arbeit mit Avid-Controllern oder den Midi-Potis meines Masterkeyboards kenne. Aufgrund der fehlenden Haptik von Fadern, Buttons und Potis konnte ich die Positionen und Abstände der Bedienelemente nicht verinnerlichen.

 

Slate_Raven_MTI2_UHE_Bazille-SLembke
Bedienung des U-HE Bazille Synthesizers via Touchscreen (Bild: Stephan Lembke)

Besonders großes Vergnügen hatte ich bei der Steuerung und Automation meiner Klangerzeuger Plug-Ins. Aus den Software-Lösungen wurden so direkt »echte« Musikinstrumente und ich nutzte die Automation viel häufiger als ich es sonst bei der Bedienung mit der Maus tue. Das Klangergebnis wurde dadurch lebendiger und es war definitiv eine Verbesserung in der Arbeitsweise erkennbar. Jedoch muss festgehalten werden, dass die Bedienung auch immer vom Interface des Klangerzeugers abhängt und die Größe der Slider und Potis entscheidend zum Komfort beiträgt. Bei U-HEs Bazille war beispielsweise die Veränderung der Drehregler gut bedienbar, doch das Patchen neuer Presets blieb aufgrund der kleinen Kabel und Buchsen eine Aufgabe für die Computermaus.

Das Editing von Midi- und Audiodaten gestaltete sich im Gegensatz zur Klangbearbeitung um einiges schwieriger. Die Steuerung der DAW mithilfe von Tastatur-Shortcuts fällt beim Raven MTi grundsätzlich weg und es müssen neue Wege und Arten des Editings und der Eingabe gelernt werden. Dies beginnt schon bei der Navigation und den Zoom-Einstellungen und besonders bei der Bearbeitung von Mehrspur-Aufnahmen sind Geschick und Übung gefragt. Auch wenn dafür schon Batch Command Presets zur Verfügung stehen, so mussten doch einige Anpassungen vorgenommen werden, damit ich das gewünschte Ziel erreichen konnte. Eine längere Einarbeitungsphase ist bei diesen Funktionen unabdingbar, was aber auch an der großen Vielfalt der Funktionen und Bearbeitungsmöglichkeiten des Raven Controllers liegt.

Slate_Raven_MTI2_03-SLembke
Midi-Setup mit dem Raven MTi 2 und Native Instruments Una Corda (Bild: Stephan Lembke)

Insgesamt blieb auch nach längerem Arbeiten die Bedienung meines Pro Tools-Systems mit dem Raven MTi 2 angenehm. Trotz der geringen Entfernung zum Bildschirm war die Arbeit für meine Augen nicht anstrengender als mit einem »üblichen« Computerbildschirm und auch die häufigeren Bewegungen meiner Arme stellten keine übermäßige Belastung dar.

Fazit

Wenn man vom Bewegen der Fader im Mixer und dem Bedienen der Transportfunktionen mal absieht, war die Arbeit mit dem Raven MTi 2 für mich zunächst recht gewöhnungsbedürftig. Besonders die ersten Editing-Versuche deuteten darauf hin, dass ich meine DAW mit dem Raven MTi 2 noch einmal komplett neu lernen muss. Wer sich darauf einlässt kann mit Sicherheit einen guten Workflow entwickeln und sich durch die freie Konfiguration der Batch Commands auch einige Arbeitsschritte erleichtern. Die Steuerung von Klangerzeuger Plug-Ins mit dem Touchscreen war für mich auf jeden Fall eine Bereicherung und ich werde diese Arbeitsweise definitiv weiter verfolgen.

In seinem Preissegment bietet der Raven MTi 2 einen Funktionsumfang, der den meisten anderen Controllern weit voraus ist. Gerade umständlichere DAW-Funktionen wie die Automation von Panoramafahrten in Surround oder das Automatisieren von Plug-Ins werden durch den Touchscreen-Controller erheblich beschleunigt. Wenn also kein haptischer Fader oder Poti benötigt wird, so sollte der Raven MTi 2 weit oben auf der Liste der möglichen DAW-Controller auftauchen und definitiv ausprobiert werden.


Hersteller/Vertrieb: Slate Media Technologies

Preis: 1300 Euro

Internet: www.slatemt.com


PLUS/MINUS

+++ Funktionsumfang

+++ Batch Command System

++ Preis / Leistung

+ Ansprache

– umständliche Einrichtung

– noch keine Windows-Unterstützung

Kommentar zu diesem Artikel

Pingbacks

  1. Erklärung von Slave Raven MTi 2 in bewegen Bildern › SOUND & RECORDING

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.