Rhodes bringt Wurlitzer als Plug-in

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Das Wurlitzer 200A prägte den Sound einer ganzen Ära – jetzt kehrt es digital zurück – von Rhodes. Nach dengelungenen Emulationen der eigenen E-Piano-Klassiker wagt sich der Hersteller erstmals an den früherenKonkurrenten. Während Applied Acoustics Systems (AAS) fast zeitgleich mit Physical-Modeling einen anderen Ansatz verfolgt, setzt Rhodes bewährt auf hochauflösendes Sampling, kombiniert den eigenen Effekten.

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Vieles ist vertraut

Das britische Entwicklerteam, das bereits für die Rhodes-Plug-ins V8 und Anthology verantwortlich war, hat auch den Wurlitzer 200A gesampelt. Auch die Optik wirkt vertraut und lehnt sich an die bisherigen Releases an. Vintage-LED-Anzeigen und klassische Drehregler schaffen Nostalgie. Die „Ein-Knopf-pro-Funktion-Philosophie“ sorgt weiterhin für eine intuitive Bedienung.

Die DNA des Wurlitzer-Sounds

Aber der Hersteller hat sich auch im Detail mit der früheren Konkurrenz beschäftigt. Rhodes hat speziell für dieses Plug-in zwei neue virtuelle Verstärkermodelle nachgebaut. Die charakteristischen, frontmontierten Lautsprecher des 200A wurden detailliert nachgebildet – inklusive ihrer speziellen Frequenzcharakteristik und natürlichen Kompression. Auch der fokussierte Midrange-Bereich zwischen 200 und 800 Hz, der den Wurlitzer-Pianos ihre Durchsetzungskraft verleiht, wurde emuliert. Bei höheren Pegeln setzt die typische Sättigung ein, die dem Instrument seinen bissigen Charakter verleiht.

Der aus dem Rhodes-Kosmos bekannte Timbre-Shift-Parameter simuliert zudem mechanische Eingriffe am Instrument: die spektrale Charakteristik verschiebt sich, als würde man die Reed-Justierung verändern. Die Bandbreite reicht von subtilen Klangfärbungen bis zu drastischen Transformationen. Die grundlegende Spielcharakteristik bleibt dabei erhalten.

Effekte aus dem Rhodes-Baukasten

Die Effekt-Sektion stammt direkt vom Hardware-Flaggschiff MK8 und dem Software-Pendant V8 (Pro) und findet sich auch in „Anthology“. Die Bedienlogik bleibt also vertraut. Hat man es hauptsächlich auf den Sound der Effekte abgesehen, sind diese übrigens auch separat als Rhodes „V-Rack“ erhältlich und lassen sich so auf alle Arten von Klängen anwenden – auch auf andere E-Piano-Plug-ins.

Zu den Effekten gehören ein parametrischer 3-Band-EQ, Bucket-Brigade-Chorus und Delay sowie ein VCA-Phaser. Alle zeitbasierten Effekte synchronisieren sich auf Wunsch zum Host-Tempo. Die Modulation lässt sich per MIDI CC steuern.

Außerdem wurde der Vibrato-Circuit des 200A detailliert analysiert und digital nachgebildet. Das Ergebnis liefert die charakteristische Schwebung, die Vintage-Aufnahmen auszeichnet.

Konkurrenz belebt das Geschäft

Die Plug-in-Landschaft für Wurlitzer-Emulationen und E-Pianos im Allgemeinen ist vielfältig. Applied Acoustics Systems veröffentlichte zeitgleich den „Lounge Lizard EP-5“, der mit Physical Modeling arbeitet und auch den Wurlitzer-Sound bereithält. Während Rhodes auf Sampling setzt, modelliert AAS die physikalischen Prozesse der Klangerzeugung. Das ermöglicht tiefere Eingriffe: Hammer, Reed, Pickup und Dämpfer lassen sich individuell justieren.

In der „Electric Keys“-Reihe von Native Instruments gibt es mit dem „Reed-Duo“ zwei weitere samplingsbasierte Alternativen und der Wurli V von Arturia innerhalb der V Collection nutzt wiederum Physical Modeling.

Das Kleingedruckte

Das Plug-in unterstützt alle gängigen Formate (VST, AU, AAX) unter macOS und Windows. Eine Standalone-Variante, wie sie viele andere Hersteller anbieten, fehlt leider. Der Global-Tune-Parameter ermöglicht Stimmungsanpassungen von 415 bis 466 Hz.

Außerdem unterstützt das Plug-in Poly-Aftertouch-fähige Controllern.

Fazit

Rhodes Music zeigt mit dem Wurli, dass die Kombination aus sorgfältig aufgenommenen Samples und moderen Modeling-Elementen ein authentisches und flexibles Plug-in entstehen kann. Mit der Timbre-Shift-Funktion und den Speaker-Modellen lassen sich die Klänge individuell anpassen.

Schade finde ich die fehlende Standalone-Funktionalität. Ich würde mich außerdem freuen, wenn Rhodes die Auswahl an Wurlitzer-Instrumenten und damit die klangliche Vielfalt noch etwas erhöhen würde, ähnlich wie bei dem Plug-in Anthology, das gleich vier Modelle eingebaut hat.

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