Live-Gig, Proberaum oder Studio?

Allen & Heath ZED R16 FireWire-Mischpult im Test

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Der Hersteller aus dem englischen Cornwall kann auf eine langjährige Erfolgsgeschichte zurückblicken. Insbesondere bei Live-Anwendungen − und seit einiger Zeit auch im DJ-Bereich − gilt der Name »Allen & Heath« ausnahmslos als Oberklasse analoger und digitaler Audiotechnik.

Allen & Heath ZED R16 FireWire-Mischpult
(Bild: Dieter Stork)

Mit dem ZED R16 schafft Allen & Heath es, die analoge und digitale Welt zeitgemäß in einer Konsole zu verbinden und dabei eine elegante Schnittstelle zwischen möglichst vielen Anwendungsgebieten zu bilden. FireWire-Interfaces und erst recht Analogmixer sind an sich ein alter Hut. Interessant aber ist die Kombination beider Komponenten zu einem perfekten Hybrid, welches zahlreiche Einsatzmöglichkeiten komfortabel vereint. So sind Hybrid-Mischpulte, beispielsweise auch das bereits in SOUND & RECORDING vorgestellte Yamaha N12 oder Mackies Onyx 1640i, nicht nur bestens zum Mischen von Bandproben oder gar Livegigs geeignet, sondern bieten gleichzeitig die Möglichkeit, die gesamte Performance in Echtzeit am Rechner mitzuschneiden.

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Aber warum überhaupt ein Analogpult? Die hervorragenden Klangeigenschaften guter Analoggeräte stehen außer Frage, aber ein weiterer Vorteil eröffnet sich hier, wenn man beispielsweise beim Mix zunächst auf der bewährten analogen Ebene arbeiten möchte. Beispielsweise für ein Livekonzert könnte man das R16 problemlos mit ein paar Dynamikprozessoren, wie Kompressor oder Noise Gate, aufrüsten, welche heute für einen Spottpreis gebraucht erhältlich sind. Schon wenige Hardwaregeräte in den richtigen Insert-Buchsen genügen, um die wichtigsten Elemente wie Kick, Snare und Lead-Vocals zu säubern sowie dynamisch einzugrenzen und somit den gesamten Mix druckvoll auf die PA zu feuern. Ein weiterer Vorteil im stressigen Live-Einsatz ist natürlich die komfortable Handhabung ganz ohne Display und Edit-Menüs.

Da das R16 über Funktionen wie Talkback und eine relativ umfangreiche Verwaltung für Studio- und Control-Room-Monitore verfügt, steht auch einer Installation − und sei diese nur temporär − im Recording-Studio rein gar nichts im Weg. Der große Vorteil: Man hat nicht nur 16 gut klingende Mikrofonvorverstärker, sondern auch jede Menge A/D-Wandler gleich unter einer Haube.

Ein weiteres Einsatzszenario wäre, das R16 als klassischen Analogmischer zu sehen, während der angeschlossene Computer als Bandmaschine und mit den in der DAW vorhandenen Plug-ins als »Outboard Rack« mit Prozessoren wie Kompressor, Noise Gate oder Reverb fungiert. Da jeder Kanal und sogar die Stereosumme mit Inserts ausgestattet ist, lässt sich so auch das eine oder andere hochwertigere Hardwaretool in den Mix integrieren: digital raus, echtes Haptikerlebnis mit Fadern und Equalizer genießen, analog summieren und wieder digital zurück auf den Rechner. Schon sehr nett!

Hardware

Bis auf die Kunststoffseitenteile besteht das gesamte Gehäuse aus Metall und ist erstklassig verarbeitet. Jeder Drehregler ist höchst robust und mithilfe einer Metallmutter an der Frontplatte verschraubt. Mit Maßen von 704 x 564 x 102 mm (B x T x H) bringt es ein stattliches Gewicht von 13 kg auf die Waage.

Das R16 verfügt über 28 analoge Inputs, zählt man die vier Stereo-Kanäle sowie die beiden 2-Track-Eingänge mit. Allen & Heath hat bei der Ausstattung der Equalizer, die in den ersten 16 Eingangskanälen zu finden sind, nicht gespart, denn neben einem Hi-Shelf-Filter bei 12 kHz und eine Lo-Shelf-Filter bei 80 Hz stehen zwei parametrische Mittenbänder bereit. Während das obere Mittenband Frequenzen zwischen 400 Hz und 18 kHz erreicht, arbeitet das untere Mittenband im Bereich von 18 Hz bis 1 kHz. Der Q-Faktor für diese beiden Bänder lässt sich von 0,8 bis 6 einstellen. Diese Aufteilung eignet sich bestens, um Störfrequenzen auch sehr schmalbandig zu reduzieren oder um beispielsweise Bassdrums sehr gezielt zu ordentlich Druck zu verhelfen. Alle Bänder verfügen über einen Regelbereich von ±15 dB. Der Klang ist knackig und definiert − Einzel- und Gruppensignale profitieren teilweise schon von subtilen Eingriffen. Per Schalter lässt sich der Equalizer für jeden Kanalzug einzeln dem Signalweg hinzuschalten.

Neben den 16 Kanalfadern, die leider nur eine Länge von 60 mm aufweisen, arbeiten je zwei LEDs, welche anliegende Signale ab einem Pegel von −14 dB und auch etwaige Übersteuerung zuverlässig anzeigen.

Unter den »Mute«-Schaltern befinden sich die »Solo«-Schalter, deren Betriebsmodus leider stets auf »PFL« steht. Gut – im Live-Betrieb ist somit schon mal eine peinliche Fehlerquelle ausgeschlossen, aber gerade während einer Studiomischung wäre eine optionale Schaltung zu »Solo-in-Place« sehr praktisch gewesen.

Im Grunde also ein typischer Analogmixer, wenn da nicht diese vier Schalter neben jedem Fader wären, welche die Art der Integration in die digitale Welt konfigurieren: Der Schalter »DIG SND Post-EQ« verschiebt den digitalen Abgriff, der sich normalerweiser direkt vor dem Insert befindet, hinter den Equalizer. So können Aufnahmen von den guten Klangeigenschaften der EQ-Sektion profitieren! Die Rückführung der digitalen Datenströme können ebenfalls vor dem Insert (DIG RTN Pre-INS) oder nach dem Equalizer (DIG RTN Post-EQ) ins Pult geholt werden. Ist der Schalter »Fader=MIDI« gedrückt, wird das Audiosignal mit Unity Gain weitergeleitet, und der ursprüngliche Pegelsteller arbeitet nun als MIDI-Controller.

Wer großen Wert auf Subgruppen legt, kann das entsprechende Routing nur über einen Computer realisieren oder muss sich anderweitig umsehen. Denn die vier Fader zwischen Kanal- und Master-Sektion, welche auf den ersten Blick wie Gruppenfader aus – sehen, entpuppen sich als reine MIDI-Fader.

MIDI

Oberhalb der vier Fader findet man zwölf Drehregler, sowie zwölf Druckknöpfe. Gleich daneben sind noch fünf Transporttasten eingelassen, welche ausschließlich MMC-Befehle senden. Alle Taster sind hintergrundbeleuchtet und besitzen eine angenehme Haptik. Die Steuersignale werden über den FireWire-Bus geschickt, allerdings ist es möglich, mithilfe des rückseitig eingelassen MIDI-Out auch andere Geräte zu steuern. Unter Cubase kann man das ZED R16 als generischen MIDI-Controller einsetzen. Alle 16 Kanalfader verrichten ihren Dienst als Fernsteuerung, sobald die Schalter »Fader=MIDI« gedrückt sind. Auch die Quick-Controls in Cubase lassen sich zuverlässig steuern. In Ableton Live konnten alle Bedienelemente problemlos per »Learn«-Funktion zugewiesen werden.

Da keine Motorfader an Bord sind, sollte man sein Projekt möglichst so anlegen, dass man mit 16 Kanälen auskommt, da ein BankChange aufgrund der abweichenden Pegel nur verwirren würde. Etwas schade übrigens, dass das Punlt mit relativ kurzen 60-mmFader ausgerüstet ist, aber das ist der kompakten Bauweise des R16 geschuldet, die im Live-Einsatz natürlich nur von Vorteil ist.

In the Box

Zum Lieferumfang gehören neben Netz- und FireWire-Kabel auch eine gedruckte Bedienungsanleitung in englischer Sprache sowie eine DVD mit dem Sequenzer »Cakewalk Sonar LE«, sodass man mit dem gesamten Paket sofort loslegen kann.

Mac OS X 10.4 bis 10.8 stehen online zum Download bereit. Außerdem hat Allen & Heath sogenannte »Ressource Packs« für Cubase, Logic, Pro Tools, Reaper und Sonar vorbereitet, die genaue Hinweise für die Installation sowie Projektvorlagen beinhalten.

Im ASIO-Bedienfeld sind Puffergrößen zwischen 64 und ungewöhnlich hohen 3.072 Samples möglich. Der kleinste Puffer führt zu 3,9 ms Ausgangslatenz, 1.024 Samples hingegen zu 25,6 ms. Also alles bestens!

Per FireWire sind 18 Eingänge und 18 Ausgänge als digitale Datenströme verfügbar. Die Bandbreite der FireWire-Verbindung variiert je nach Abtastrate, denn bei der doppelten Samplingfrequenz, also 88,2 oder 96 kHz, reduziert sich die Kanalanzahl auf 16 Ein- und Ausgänge. Laut Aussage des Herstellers ist das R16 auch zu Apples »Thunderbolt/ – FireWire-800-Adapter« in Verbindung mit einem FireWire-800/400-Kabel kompatibel.

Hinsichtlich der Erweiterungsoptionen sieht es leider nicht so rosig aus, denn es fehlt schon mal eine WordClock. Immerhin ist der FireWire-Port in doppelter Ausführung eingebaut, womit man zwei R16 gleichzeitig betreiben könnte. Statt der FireWire-Verbindung lässt sich auch die ADAT-Schnittstelle nutzen, sofern man mit dem dedizierten Schalter auf der Rückseite diese Option aktiviert. Über vier optische ADAT-Buchsen lassen sich insgesamt 16 Eingänge und 16 Ausgänge verwenden. In diesem Modus kann man zwischen den Abtastraten 44,1 und 48 kHz wählen.

Allen & Heath ZED R16 FireWire-Mischpult-2
(Bild: Dieter Stork)

Fazit

Obwohl das ZED R16 schon ein paar Jährchen auf dem Markt ist, wird die Konsole ihrem Ruf als »Allrounder« immer noch gerecht. Das Pult in nur einem Bereich anzuwenden wäre zu schade, denn das Potenzial liegt in der Vielfalt der möglichen Einsatzbereiche, die auch genutzt werde sollte.

Tolle Preamps nebst einer flexiblen und gut klingenden EQ-Sektion machen das R16 zu einem erstklassigen Pult sowohl für Bands und Musiker, die eine Lösung für Probe, LiveMix und -Recording suchen, als auch für Betreiber von Projektstudios, die sich ihren Traum von »Analog-Feeling« bei voller DAW-Integration zu einem Preis von unter 2.000 Euro erfüllen möchten.

Hersteller/Vertrieb

Allen & Heath / Audio Technica

UvP/Straßenpreis

2.259,81 Euro / ca. 1.900,− Euro

www.allen-heath.com

+++ hervorragendes Preis/Leistungs-Verhältnis

+++ zahlreiche Einsatzmöglichkeiten

++ guter Klang

– Fader nur 60 mm lang

– keine Subgruppen

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