Revolverheld Sänger im Interview

Johannes Strate über Vocal Recording, Songwriting und Motivation

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Mit ihrem MTV Unplugged Album “Revolverheld in drei Akten” schafften es Revolverheld in der ersten Woche nach Veröffentlichung direkt auf Rang 2. der Album Charts. Mit diesem Album gehen die Jungs auch im März auf große Unplugged-Tour. In Hamburg haben wir uns mit Sänger Johannes Strate getroffen und ihm zum Thema Songwriting, Recording und Motivation im Studio befragt. 

Revolverheld - MTV Unplugged - Konzert in 3 Akten
9.-10.4. – Friedrich-Ebert-Halle-Hamburg (Bild: TREMARK | Tim Kramer, 2015)

Wie bereitest du dich auf die Studiozeit vor?

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Ich bereite mich nicht zwingend emotional auf die Studiozeit vor. Ich hab die letzten Vocals zusammen mit unserem Produzenten Philip Steinke in meinem eigenen Studio aufgenommen. Dort bin ich oft und fühl mich dort auch zuhause. Deshalb muss ich mich nicht erst eingrooven.

Die Vorbereitung sieht dann eher so aus, dass man sich morgens bei einem Kaffee überlegt, was man denn überhaupt machen will. Dann den Text nochmal auf den Tisch packt und ihn zum hundertsten Mal auf Herz und Nieren überprüft. Wenn man dann feststellt, dass noch nicht alles stimmt, dann geht es nochmal ans Texten ran. Das macht die Sache beim Einsingen natürlich nicht ganz einfach, wenn man kurz vorher nochmal eine Zeile ändert, aber das muss dann eben funktionieren.

>> Revolverheld Kris über Songwriting, Egos und Eitelkeiten <<

Wie sieht der Ablauf während der Vocal Recordings im Studio aus?

Bei den letzten Recordings haben wir uns gegen 10 oder 11 Uhr im Studio getroffen und erst mal etwas gefrühstückt und gekuckt, dass die Stimme wach wird. Dann haben wir das Mikrofon und den Preamp eingestellt und eben nach dem richtigen Sound für den jeweiligen Song gesucht. Dann haben wir einen Take durchgesungen und geschaut wie es sich anhört und wo es passt und wo eben noch nicht. Dann sind wir nochmal die einzelnen Strophen und Sätze durchgegangen. Vor 14 oder 15 Uhr braucht man mich nicht aufzunehmen weil es dann einfach noch nicht richtig wach klingt. Danach schaffen wir es auch ein bis zwei Songs am Tag aufzunehmen. Das ist natürlich auch davon abhängig wie gut man drauf ist und wie schnell sich ein Song erschließt. Es ist aber nicht so, dass der Song dann in Stein gemeißelt ist. Es ist oft so, dass man am nächsten Tag dann nochmal reinhört und denkt „nee der Take war es noch nicht“. Und dann sinkt man den ganzen Song oder nur den Refrain nochmal. Bei der letzten Aufnahme haben wir sogar bis einen Tag vor dem Mixing noch Sachen neu eingesungen und Songs nochmal aufgemacht. Die Session war dadurch irgendwie nie final, was einen Sänger total panisch macht. Aber es war mir klar, dass Philip mit so einer Perfektion arbeitet und am Ende bin ich auch sehr zufrieden damit.

Welche Mikrofone benutzt du im Studio?

Während der Aufnahme haben wir sehr viele Mikros und Preamps geckeckt. Ich selbst singe auch nicht ein Album über dasselbe Mikro oder denselben Preamp ein. Vieles vom letzten Album haben wir über einen Preamp von Universal Audio eingesungen und manches auch über einen von Neve.

Außerdem hatten wir auch viele Mikros und alle Kombinationen bei jedem Song ausprobiert, das ging bei Rode los und hörte bei Neumann auf. Am Ende ist es dann ein U87 geworden, ein Klassiker von Neumann. Passt einfach gut zu meiner Stimme, die sehr hart ist. Wenn ich dann noch ein Mikro oder einen Preamp habe, die das noch unterstützen, dann klingt das einfach zu brutal und es passt nicht richtig zusammen.

Revolverheld - MTV Unplugged - Konzert in 3 Akten
9.-10.4. – Friedrich-Ebert-Halle-Hamburg (Bild: TREMARK | Tim Kramer, 2015)

Wie überbrückst du die Wartezeiten im Studio?

In den Wartezeiten geh ich oft raus und schnapp noch ein bisschen Luft. Mein Studio liegt auch mitten in der Stadt. Dann geh ich auch mal einen Kaffee trinken oder ruf mal einen Kumpel an um etwas abzuschalten.

Gibt es Motivationstricks mit denen du während der Studiozeit arbeitest?

Nach mehr als fünf Studioalben weiß ich mittlerweile wenn ich aufstehe ob es ein guter Tag ist oder nicht. Wenn nicht, dann zwing ich mich auch nicht dazu. Beim Einsingen weiß ich schnell worum es geht, wohin der Song geht oder auch was ich kann und was nicht kann. Während den Aufnahmen bewege ich mich in einem Bereich in dem ich mich wohlfühle und kann dann schnell sagen ob es heute klappt oder nicht. Motivieren muss ich mich eigentlich nicht, ich weiß worum es geht.

Gibt es Dinge an die du während dem Einsingen denkst, um gewisse Gefühle zu transportieren?

Während dem Einsingen versuch ich mich schon in die Zeit und die Situation zurückzuversetzen, wegen der ich den Song geschrieben habe. Ich stell mir dann die Sachen vor und versuche ähnlich wie ein Schauspieler, in diese Emotion zu kommen und aus dieser heraus zu singen. Ich kann ja nicht lachend im Schwimmbad ins Wasser springen und singen „Ich lass für dich das Licht an“, das funktioniert leider nicht. Aber auch da weiß ich welche Tricks ich anwenden muss.

Wie verarbeitest du externe Kritik?

Beim Einsingen haben wir es so vereinbart, dass nur der Produzent und eben ich anwesend sind. Wenn man in einem großen Studio aufnimmt und die Leute fangen an übers Talkback zu quatschen oder man sieht durch die Scheibe, dass sich alle über den letzten Take unterhalten, wirst du als Sänger verrückt. Denn gerade der muss ja an der Sache konzentriert und in dieser Emotion bleiben und da hilft es eben nicht, wenn Leute anfangen einen Satz auseinanderzunehmen. Deshalb machen wir das zu zweit und mittlerweile auch in einem Raum. Das hat dann etwas Persönlicheres und funktioniert auch besser. Vor 15 Jahren bin ich bei Kritik noch sauer geworden aber mittlerweile weiß ich, dass ich da sehr tief drin stecke und objektive Kritik einen Song besser macht.



Welches Feedback nervt dich beim Einsingen?

Dieses Standardding ist eben „Ja das war schon mal schön, wir machen das jetzt nochmal!“, was natürlich so viel heißt wie: „Ok, wir machen das jetzt noch fünfzig Mal“!

Wie kann ein Produzent dich beim Einsingen nochmal motivieren?

Hier ist es einfach wichtig, dass der Produzent zum Sänger ein gutes Verhältnis hat und der Sänger die Ansprache des Produzenten versteht und auch Ernst nimmt. Es macht da keinen Sinn Druck zu machen, denn gerade Sänger und Sängerinnen brauchen diese Bauchpinselei wie „das klingt echt tierisch und jetzt probier doch mal was ganz anderes aus“. Also eher, dass man dem Sänger die Sicherheit gibt, das alles im Kasten ist und dann eben nochmal einen neuen Take macht, bei dem man wieder etwas ganz anderes ausprobiert. So nach dem Motto: „Wenn das dann nichts wird, schmeißen wir es weg aber lass uns das mal probieren.“

Was sind die nervigsten Fragen in Interviews?

Die nervigste Frage in Interviews ist natürlich die nach dem Bandnamen. Die Geschichte haben wir uns vor 15 Jahren überlegt und die Leute fragen immer noch danach. Zwei nervige Fragen die mich privat betreffen sind „Wann läuten bei euch denn mal die Hochzeitsglocken?“ oder „Wie sieht es denn mit einem zweiten Kind aus?“.  Das sind für mich aktuell die drei nervigsten Fragen!

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