Das gehört zum guten Ton

Die E-Gitarre für die Aufnahmen richtig einstellen

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(Bild: Dirk Heilmann)


Eigentlich sollte eine Gitarre schon ab Werk optimal eingestellt sein, doch oft ist das einer der Punkte, an dem die Hersteller sparen — was letztlich auch den Geldbeutel des Käufers entlastet. Aber auch nach einem Saitenwechsel, besonders wenn dickere oder dünnere aufgezogen wurden, oder auch vor jedem Gitarren-Recording sollten zwei, drei Dinge an einer Gitarre überprüft und gegebenenfalls eingestellt werden, um etwa schnarrende Saiten zu verhindern sowie die Oktavreinheit und Spielbarkeit sicherzustellen.

Ich erinnere mich noch gut, als ich als heranwachsender Teenie meine erste E-Gitarre fein säuberlich und in Liebe auseinanderbaute, um sie zu säubern, zu pflegen und zu hegen. Ebenso liebevoll wieder zusammengesetzt, jedoch noch ohne fachliche Expertise, musste ich danach feststellen, dass da wohl irgendetwas verdammt schiefgelaufen sein muss. Oktavreinheit? Fehlanzeige!

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Aber auch weniger drastische Eingriffe, wie das Wechseln von Saiten oder auch Klimaschwankungen, können dazu führen, dass die Einstellungen an der Gitarre etwas korrigiert werden müssen. Von Zeit zu Zeit oder wenn Aufnahmen anstehen, kann es durchaus lohnen, bei seiner Gitarre alle Einstellungen zu überprüfen. Dabei gibt es nicht die eine Einstellung. Prinzipiell gilt: Erlaubt ist, was gefällt! Es gibt allerdings gewisse Standard-Einstellungen, mit denen man die E-Gitarre auf bevorstehende Aufnahmen vorbereiten kann!

Saitenlage

Werden z. B. dickere Saiten aufgezogen, erhöht sich damit auch die Zugkraft, die auf den Hals der Gitarre wirkt. Das führt dazu, dass sich der Hals minimal nach vorne neigt und sich schließlich die Saitenlage, der Abstand zwischen Unterkante Saite und Oberkante Bundstäbchen, erhöht. Ähnliches passiert, wenn die Gitarre runtergestimmt wird. In diesem Fall verringert sich die Zugkraft der Saiten, sodass sich der Hals entspannt und nach hinten neigt. Ergo: Die Saitenlage verringert sich. Beide Fälle wirken sich − wenn auch manchmal kaum wahrnehmbar − auf die Oktavreinheit und Spielbarkeit aus.

Will man die Saitenlage korrigieren, gilt es im Wesentlichen zwei Dinge zu beachten: Zunächst muss die Einstellung des Stahlstabs im Hals kontrolliert werden. Hierzu drückt man die tiefe E-Saite am ersten und letzten Bund herunter. In der Mitte, ca. beim 9. Bund, darf die Saite nicht aufliegen, sondern sollte minimal darüber »schweben«. Ist man mit dem Ergebnis nicht zufrieden, greift man zum Inbus und schraubt am Stahlstab, der in der Regel am Halsfuß oder oben an der Kopfplatte zugänglich ist. Im Uhrzeigersinn gedreht krümmt sich der Hals nach hinten, sodass sich der Saitenabstand verringert. Gegen den Urzeigersinn entspannt sich der Stahlstab bzw. der Hals, und die Saitenlage wird höher. Dabei sollte man nicht zu ruppig und mit etwas Geduld an die Sache herangehen, da die Veränderungen manchmal nicht sofort sichtbar werden, sondern wenige Minuten brauchen, um sich »einzupegeln«.

Hier erklärt Ingo Powitzer, Guitar-Tech im Dienste der Scorpions, auf unserem vergangenen E-Gitarren-Recording-Workshop, wie er Gitarren einstellt.

https://www.facebook.com/SoundAndRecording/videos/1638464579515209/

 

Wichtig: Die Saiten müssen hier immer aufgezogen sein und sich in der Stimmung befinden, die auch später genutzt wird. Im nächsten Schritt geht es um die Höhenverstellung des Stegs. Hierzu nimmt man die Gitarre in Spielposition auf den Schoß und misst die Saitenlage der tiefen E-Saite am Übergang zum Korpus (ca. 15. Bund). 2 Millimeter dienen hier als grober Richtwert. Bei der hohen E-Saite sollte es etwas weniger sein, etwa 1,3 mm. In beiden Fällen kann man mit etwa ±10 % experimentieren. Ein genauer Wert ist kaum anzugeben, denn es ist viel Gewohnheit, Geschmackssache und letztendlich auch eine Frage des Genres, das auf dem Instrument gespielt werden soll. Manche Jazz-Gitarristen bevorzugen eine hohe Saitenlage, damit keine Saite schnarrt. Metaller bevorzugen eher eine flache Saitenlage, da es ihnen wichtiger ist, schnelle Soli spielen zu können, und schnarrende Saiten bei einem High-Gain-Sound weniger ins Gewicht fallen.

In jedem Fall sollte auch kontrolliert werden, ob der Ton bei Bendings auf einem der vorderen Bünde zum Aufliegen kommt und dadurch abstirbt. Ist dies der Fall, muss die Saitenlage erhöht werden. Schließlich kann bei einer schlechten Saitenlage noch der Sattel zu hoch oder zu tief sein, was man dann merkt, wenn die Gitarre bei einfachen Schrammel-Akkorden verstimmt klingt (Sattel zu hoch) oder die Leersaiten schnarren (Sattel zu niedrig). Das allerdings sollte ab Werk passend eingestellt sein und lässt sich im Zweifel nur durch das Nachfeilen der Sattel-Kerben bzw. einen komplett neuen Sattel korrigieren.

Oktavreinheit

Ist die Saitenlage zur eigenen Zufriedenheit eingestellt, sollte man mit der Oktavreinheit weitermachen. Die einfachste Möglichkeit, diese zu prüfen, ist folgende: Spiele den Flagolett-Ton einer Saite am 12. Bund und vergleiche ihn mit dem gedrückten Ton am 12. Bund. Ist der gedrückte Ton höher, ist die Saitenlänge zu kurz und muss verlängert werden. Dazu einfach den Saitenreiter am Steg mithilfe der dortigen Schraube feinjustieren. Ist der Ton zu tief, muss der Saitenreiter nach vorne in Richtung Hals geschraubt werden. Selbiges Spiel gilt dann natürlich für alle übrigen Saiten. Die Oktavreinheit (Intonation) sollte immer (!) mit einem angeschlossenen Stimmgerät eingestellt werden.

Tonabnehmer

Schließlich müssen für einen sauberen Ton auch die Tonabnehmer den richtigen Abstand zu den Saiten haben. Ist der Abstand zu hoch, klingt der Ton »dünn« und ist außerdem zu leise. Ist der Abstand zu niedrig, beeinflusst der Magnet in den Tonabnehmern die Schwingungen der Saiten, und der Ton klingt undifferenziert, es kann sogar zu schnarrenden Saiten kommen. Auf keinen Fall darf die Saite den Tonabnehmer berühren, wenn die Saite am 22. oder 24. Bund gedrückt ist. Falls etwas davon zutrifft, Schraubenzieher zücken!

Prinzipiell gelten als grobe Richtwerte: am Halspickup 3,5 mm, am Mittenpickup 3,0 mm und am Stegpickup 2,5 mm, jeweils gemessen an der tiefen E-Saite bei gedrücktem letzten Bund. Die unterschiedlichen Werte bedingen sich dadurch, dass die Saiten zur Mitte hin weiter ausschwingen und daher mehr vom Magnetfeld beeinflusst werden. Bei der hohen E-Saite kann der Pick up gerne 0,5 mm näher ran, weil durch die dünnere Saite auch weniger Material vorhanden ist, das das Magnetfeld beeinflusst.

Humbucker sind, was den Abstand angeht, meist etwas unempfindlicher und vertragen auch etwas weniger Abstand. Wichtig ist dann vor allem, dass sie beim Spielen nicht stören. Einige Pickups steigern auch ihren Output um bis zu 30 % pro Millimeter, den sie näher an die Saiten rücken.


Oktavreinheit & Bundreinheit

Um auf die Schnelle zu prüfen, ob eine Gitarre oktavrein ist, wird für alle Saiten der am 12. Bund gegriffene Ton mit dem Flageolett-Ton am 12. Bund verglichen. Schwingen beide jeweils auf derselben Frequenz, ist die Gitarre oktavrein. Das bedeutet, Sattel, zwölfter Bund und Stegeinlage stehen im richtigen Verhältnis zueinander. Als »bundrein« gilt die Gitarre dann, wenn an allen Bünden die niedergedrückten Saiten jeweils in der richtigen Frequenz schwingen. Hierfür müssen also Sattel, alle Bünde und Stegeinlage die richtigen Abstände zueinander haben. Heutzutage kann man davon ausgehen, dass bei einer modernen Gitarre die Bünde an den richtigen Stellen im Griffbrett sitzen. Meist werden die Bundschlitze maschinell eingesägt. Weitere Infos zu diesem Thema findest du auf der Website von Gitarre&Bass unter …

www.gitarrebass.de

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