Das richtige Tonstudio online finden, zentral buchen und vor Ort produzieren — für eine Band oder einen Musiker war das bislang nicht ohne Weiteres möglich, und die Suche nach den richtigen Partnern ist wie im echten Leben mitunter nicht ohne Tücken. Der Berliner Internet-Service von brokenmusic verspricht Abhilfe.
Das Start-up brokenmusic verspricht selbstbewusst nicht weniger als eine Revolution bei der Suche und Buchung von Studios. Die Berliner konnten mittlerweile viele Studios in Deutschland für ihren Service gewinnen, bieten eine einfache Suche für Musiker und mischen den Markt nebenbei durch das transparente Darstellen von Preisen auf. brokenmusic bietet dabei eine ganz »analoge« Dienstleistung an und vermittelt Musiker an Tonstudios und Engineers. Über die Website können verschiedene Kategorien von Studios gefiltert, nach Regionen eingegrenzt und nach Leistungen sortiert werden. Die Studios registrieren sich dazu und erhalten im Idealfall ohne großen Aufwand Aufträge über das Portal. Im Grunde genommen funktioniert brokenmusic also wie ein Hotelportal für Tonstudios, wobei die Berliner für jede Buchung eine Provision in Höhe von 10 Prozent der Summe einbehalten.
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brokenmusic weist dabei eine überraschend große Anzahl an teilnehmenden Studios auf, die vor allem im mittleren Preissegment ein recht umfassendes Bild der Studiolandschaft abgeben. Besonders interessant ist der Aspekt, dass die Studios offen Preise für ihre Leistungen an – geben müssen, was auf den ersten Blick für Transparenz sorgt und die Angebote vergleichbar machen soll. Hier wird allerdings schnell klar, dass die Dienstleistung eines Tonstudios komplexer ist als die Vermietung von Betten − das „Einzwängen“ der Studioleistung in die vorgegeben Kategorien auf der Website wirkt oft bemüht. Der mitunter wichtigste Aspekt bei der Auswahl eines Studios, nämlich die Suche nach den passenden Menschen hinter der Scheibe, tritt in den Hintergrund. Gründe genug für ein Gespräch mit Gründer Valéry Döhler, der das Unternehmen gemeinsam mit seinem Bruder Dominik Döhler und Daniel Rapp führt.
Wie seid ihr auf die Idee zu eurem Service gekommen? Mein Bruder stand als Musiker und Bandgründer auf allen Stufen, von der ersten Demo bis zum dritten Album hin, immer wieder vor der Frage, in welches Studio er gehen soll, welches frei ist und was das Ganze kostet. Selbst wenn man einen Engineer hat, mit dem man gerne arbeitet, nimmt die Organisation viel Zeit und Geld in Anspruch. Ich bin dann sozusagen als der trockene BWLer auf die erste Lösungsidee gekommen und habe erkannt, dass die Herausforderung auch in jeder anderen Branche existiert, wobei das Problem anderswo meist online gelöst wird. Wir haben das Produkt also sozusagen aus der Not am Mann gebaut, weil wir uns selber gewünscht hätten, mit einem Tool Status-Checks zu machen: Wen gibt es, wer kostet was, und wo lohnt es sich, auch vielleicht mehr Geld auszugeben? Das sind Fragen, die man mit einer Google-Suche oder Word of Mouth kaum beantworten kann.
Was genau empfindet ihr für Musiker als schwierig an der Suche nach einem Studio? Die Leute wollen einen Preis sehen − was kostet mich der Spaß, kommt das Geld sicher an, und bekomme ich meinen Service am Ende? Das Ganze sollte abgehakt sein, wenn man ins Studio geht, und nicht als großes Problem über der Produktion schweben.
Der persönliche Kontakt und die projektbezogene Verhandlung vorab gehen dabei allerdings verloren. Die persönliche Komponente darf nicht verloren gehen. Wir arbeiten ja nicht mit den Musikern direkt, sondern kümmern uns nur um die unangenehmen Sachen wie Organi – sation und Bezahlung. Wir bauen daher an Features, mit denen der persönliche Kontakt zwischen Studio und Musiker nicht zu kurz kommt. Das sollte kein unlösbares Problem darstellen.
Mitgründer und CEO von brokenmusic: Valéry Döhler
Was ändert sich aus deiner Sicht als Betriebswirt durch die Auspreisung der Studios? Sind die Listenpreise nicht nur die halbe Wahrheit? Die Verhandlungen im Vorfeld einer Produktion sind ja meistens komplexer. Wir wollten vor allem davon weg, dass die Studios sagen, dass nur noch Preiskriege geführt werden. Wenn man eine Dienstleistung anbietet, gehört sicher auch dazu, über den Preis konkurrenzfähig zu sein. Im Endeffekt wollen wir mit der Plattform aber er – reichen, dass der Preis nur noch eine relative Komponente ist und man ihn über die von uns zur Verfügung gestellten Features als Studio relativiert. Die Preise sollen also eine Relation zur Leistung annehmen, sodass man sich als Musiker dann auch eventuell für den teureren Anbieter entscheidet oder auch für den scheinbar amateurhaften Home-Engineer, der wenig verlangt, aber auf einmal einen su – per Sound liefert. Wir hatten natürlich auch Gespräche mit einigen Studios, die keine Preise nennen wollten. Es hat sich bei uns aber ganz klar herauskristallisiert, dass ein Anbieter ungemein attraktiver wird, wenn er einen Preis nennt.
Auf eurem Portal werden die Leistungen eines Studios sehr kompakt und standardisiert dargestellt. Reduziert das nicht die Vielfalt und die Kompetenzen der Studios? Vor einer Produktion steht zudem meistens ja auch ein längerer Prozess der Verhandlung und des Kennenlernens. Wir sind noch ein sehr kleines Unternehmen und können nicht die gesamte Komplexität der Dienstleistung auf der Stelle darstellen. Deshalb ist es so, dass bei uns jetzt auch nicht die größten und umfangreichsten Angebote eingestellt und gebucht werden. Wir haben jetzt noch keine Albumproduktionen vermittelt, die über einen Monat gehen. Aber genau aus den genannten Gründen arbeiten wir zurzeit an neuen Features. Das eine ist ein selbstgebautes Messaging-System, in dem genau diese Verhandlung stattfinden und auch vorab Kontakt hergestellt werden kann. Wir wollen das unter dem Gesichtspunkt der Gamification auch interaktiv gestalten, damit die Verhandlung nicht so trocken wird.
brokenmusic bietet sowohl den Musikern als auch den Studios eine Stornierung 48 Stunden im Vorfeld der Produktion an. Im Hinblick auf die Planungssicherheit wirkt das für beide Seiten, vor allem aber für die Studios, realitätsfremd und abschreckend. Der Grund für diese Regelung ist die Fairness. Die Studios, die wir zuerst angefragt haben, wollten eine Möglichkeit haben, eine Buchung, aus welchem Grund auch immer, absagen zu können. Es gibt ja unglaublich komplizierte Sachen, warum das von Anbieterseite aus nicht stattfinden kann. Wir haben daher die Möglichkeit geschaffen, die Aufnahme kostenfrei abzusagen. Das gleiche Entgegenkommen sollte man dann aber der anderen Seite, also den Musikern, auch geben. Die Möglichkeit wird aber erfahrungsgemäß kaum genutzt. Egal ob man jetzt online eine Pizza bestellt oder ein großes Tonstudio bucht, es gehört auch immer etwas Vertrauen dazu. Durch so eine Klausel senkt man daher auch diese Hürde. Somit ist das eine psychologische Geschichte, die aber von Studioseite initiiert wurde.
Ihr schreibt auf eurer Seite, dass ihr der erste Online-Markplatz für Tonstudios seid. Gleichzeitig weist eure Seite eine große optische und funktionelle Ähnlichkeit zum amerikanischen Portal SoundBetter.com an. Die Seite listet ebenso Studios und Engineers auf, verdient aber nicht mit. Wer war zuerst da, die Henne oder das Ei? Ich versuche, das mal diplomatisch zu beantworten. Deren Landing-Page war vor unserer da, wir waren aber tatsächlich vor ihnen online. Wobei man sagen muss, dass SoundBetter streng genommen kein Markplatz ist, sondern eher eine gepimpte Version der gelben Seiten. Ein Markplatz ist ja grundsätzlich nur für eine Sache da, nämlich die Preisfindung. Und die findet bei SoundBetter nicht statt. Wir müssen zugeben − das sage ich mit etwas Vorsicht −, dass sie extrem viele Anbieter auf der Seite haben, wobei das nicht ganz clean ist. Angebot und Nachfrage werden auf SoundBetter nicht zusammengebracht, ich kann mich dort gut umschauen, aber die eigentlichen Funktionen, die ein Markt erfüllen soll, sind dort nicht gegeben. Aber sicher, sie haben einen coolen Style, wir gucken da auch immer drauf und wissen natürlich Bescheid. Mit dem Portal verbindet uns insofern eine Hassliebe, wobei sie eben nicht das Gleiche machen und wir versuchen, mit anderen Dingen zu punkten. Zumal die Studios, die bei uns registriert sind, sich auch selber registriert haben, das ist dort nicht immer der Fall. Vielen Dank für das Gespräch!