Klanglandschaft

Sound Design: Im Rausch des Rauschens – Teil 1

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Rauschen – Fluch und Segen für alle Tonschaffenden. Wir können Rauschen aber auf jeden Fall sehr gut beim Sound-Design gebrauchen, denn mit diesen oftmals unangenehm und aufdringlich klingenden Dauergeräuschen lässt sich eine Menge anstellen. Legen wir los.

Was man mit einem Störgeräusch so alles anstellen kann

Rauschen existiert in unzähligen Varianten, da es, wenn nicht kontrolliert erzeugt, unregelmäßig und zufällig ist. Am besten lässt sich das nachvollziehen, wenn man eine der flexibelsten und einfachsten Rauschquellen bemüht, nämlich ein ganz normales Radio. Wer langsam am Tuning-Regler dreht und sich abseits der Standard-Radiosenderfrequenzen bewegt, erkennt, dass sich die Art des Rauschens immer wieder verändert und es unglaublich viele Nuancen gibt.

Als Gegenbeispiel gibt es einige Rauschstandards, die einem immer mal wieder über den Weg laufen. Diese sind nach verschiedenen Farben klassifiziert, wobei der Unterschied in der Energieverteilung über einen bestimmten Frequenzbereich liegt. Am bekanntesten ist wohl das Weiße Rauschen, es findet sich auch in vielen Synthesizern als Klangquelle wieder. Auch das Rosa Rauschen trifft man öfters; weniger bekannt sind hingegen beispielsweise das Rote oder das Blaue Rauschen.

Mit einem Tongenerator lassen sich verschiedene Rauscharten erzeugen.

Jäger und Sammler

Gerade weil Rauschen so vielfältig ist, ist es sehr sinnvoll, sich eine größere Sammlung von Rauschaufnahmen anzulegen, denn auch wenn man Weißes oder Rosa Rauschen in der Regel recht simpel mit einem Tongenerator oder Synthesizer erzeugen kann, sind diese die eigentlich langweiligsten Varianten, weil sie sehr klinisch und repetitiv sind.

Fangen wir mit einem recht technischen Beispiel an: Im Rack hängt Gerät X der Firma Y welches einen unglaublich tollen Effekt erzeugt, gleichzeitig aber jenseits von Gut und Böse rauscht, sprich: Jedes Mal, wenn das Gerät verwendet wird, muss anschließend der Denoiser benutzt werden. Oft vergisst man dann auch noch, ein wenig Rauschinformation als Lernmaterial für den Denoiser in die Aufnahme einzufügen oder möchte das Ganze in Echtzeit machen, und schon wird es unnötig frickelig. Daher kann man sich im Vorfeld eine kleine Denoising-Library für derart kritische Geräte anlegen, indem man nur mal das Rauschen der geliebten Hardware aufnimmt. Schon hat man jederzeit universelle Denoiser-Fingerprints zur Hand, die sich gleichzeitig vielleicht auch noch für ganz andere Zwecke benutzen lassen.

Das vorhin schon erwähnte Radio ist die perfekte Quelle, um jedwede Art von Rauschen zu sammeln. Besonders geeignet sind Geräte, die neben UKW den Empfang von Lang-, Mittel- und Kurzwelle unterstützen. Gerade in diesen, heutzutage selten genutzten Frequenzbereichen tummeln sich haufenweise interessante Signale.

Auch alte Kassettendecks (wenn gerade kein Tonbandgerät zur Hand ist) können wunderbare Rauschteppiche erzeugen. Wer also noch entsprechendes Material auf dem Dachboden oder im Keller hat, der darf es für diesen Zweck gerne mal wieder hervorholen.

Rauschen als Riser

Eine derzeit sehr beliebte Einsatzform von Rauschen ist die Grundlage für Riser. Gerade im EDM wird gerne massiv davon Gebrauch gemacht. Der Grundaufbau eines solchen Risers ist sehr einfach: Das Rauschen wird mittels Automation eines Filters langsam ein- und gegebenenfalls wieder ausgeblendet. Für diese einfachste Form des Risers kann eigentlich so ziemlich jedes Filter-Plug-in verwendet werden.

Spezieller wird es, wenn zusätzliche Modulationen erwünscht sind wie beispielsweise ein rhythmischer Pumpeffekt. Hierbei wird die Cutoff-Frequenz des Filters mithilfe eines LFOs oder eines Step-Sequencers im Vierteltakt moduliert. Mit ein wenig Geduld und Fingerspitzengefühl lässt sich eine solche Modulation aber auch per Automationskurve in der DAW erledigen.

Zum Abschluss würzt man das Ganze noch mit einem guten Schuss Reverb, und fertig ist ein solider FX-Sound. Diese Standardform funktioniert mit Weißem Rauschen sehr gut; vor allem, da es sehr höhenlastig ist, was bei den dichten EDM-Arrangements klare Vorteile bringt. Gleichzeitig wirkt der Sound dadurch aber auch sehr kalt und schneidend. Wer also einen solchen Riser in einem ruhigeren, minimalistischeren Arrangement verwenden möchte, der greift entweder zum EQ oder verwendet direkt einen anderen Rauschtyp.

Gerade leicht brummige Noises aus dem Radio, die allerdings keine tonalen Anteile haben sollten, können sich wunderbar in derartige Songs einbetten. Und wem dieser Sound dann wieder zu dumpf erscheint, der gibt dann per EQ oder Exciter noch einen Schuss Höhenanteil dazu.

Rauschen als Snare Add-on

Ganz allgemein betrachtet ist das Geräusch eines Snareteppichs auch nichts anderes als eine Form von Rauschen – nur sehr kurz und perkussiv. Von daher vertragen sich Rauschen und Snares auch ganz wunderbar und man kann das Rauschen als Add-On verwenden, um einer Snare „zusätzlichen Teppich“ zu verleihen. Gerade bei Aufnahmen einer echten Snare, bei der der Teppich vielleicht nicht separat mit einem Mikrofon aufgenommen wurde oder das Signal des Teppichmikros nicht überzeugend ist, kann man mit ein wenig Rauschen die Situation ganz schnell retten.

Dazu erstellen wir uns einfach eine neue Audiospur, auf die wir unser Rauschsignal legen; dieses kann auch gerne den kompletten Song hindurch laufen um die nachfolgende Arbeit zu erleichtern. Als Nächstes fügen wir in einen der Insert-Slots dieser Spur ein Sidechain-fähiges Gate ein, dessen Threshold wir so wählen, dass kein Rauschen mehr zu hören ist. Anschließend beschicken wir den Sidechain-Eingang des Gates über einen Aux-Weg mit dem Signal unserer Snare, sodass jeder Snare-Schlag das Gate kurz öffnet. Voila, schon haben wir die Grundform eines künstlich erzeugten Snareteppichs.

In dieser Form wird das Ergebnis allerdings wahrscheinlich noch nicht sehr überzeugend klingen. Daher formen wir das Teppichsignal noch mit den Zeiteinstellungen des Gates. Dabei sollte die Attack-Zeit möglichst kurz und die Release-Zeit dem Stil der Musik angepasst sein, sprich: Wir deaktivieren eine eventuell vorhandene Autofunktion und schauen, ob wir lieber kurze, präzise Teppichsignale oder lange Geräuschfahnen benötigen.

Außerdem sollten wir uns erneut Gedanken über die Art unseres Rauschsignals machen: Weißes oder Pinkes Rauschen gibt uns konstant gleich Ergebnisse, was bei synthetischen Snares oder extrem präzisen Drums, wie beispielsweise im Metal, von Vorteil sein kann. Ein Rauschen, welches sich immer wieder leicht verändert, verleiht auch unserem Teppichsignal mehr Varianz und kann eventuell realistischer wirken. Abschließend passen wir nochmals die Lautstärke unserer Teppichspur an, und fertig ist unsere erweiterte Snare.

Viel Spaß beim Experimentieren!

 

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