Studiotipps - Kniffe, die die Welt verbessern

Fetter Sound durch Musik mixen mit Bussen

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Welche Funktion haben heutzutage eigentlich Mix-Busse? Wir können auf jedem Kanal schließlich mehr Effekte und Plugins einsetzen, als wir je brauchen. Wozu sollten wir noch Signale auf Busse routen? Früher im analogen Studio war Equipment ja auch knapp und teuer … Und was ist mit dem finalen Summensignal? Das Phat-Big-Master-Preset im Limiter-Plugin auswählen und gut ist’s?

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Heutige Software ist meist so angelegt, dass wir neue Spuren anlegen und mit Effekten vollpacken können, diese aber ohne weiteres Zutun alle auf einer gemeinsamen Stereosumme landen. Man will ja auch was hören auf den Lautsprechern im Studio, und so routen wir uns höchstens noch ein paar Sends für Hall und Delay und ein paar Monitor – mischungen für die Musiker. Im schlimmsten Fall übersteuert die Summe auch noch bis ins Clipping, denn je mehr Signale dort zusammenkommen, desto lauter wird schließlich das Gesamtsignal.

Digitales Summieren zerstört den Mix

Vor Jahren erzählte mir jemand, dass er in seinem Sequenzer kein digitales Summensignal mehr als finalen Mix speichern würde. Es klänge dann alles dünn und nicht mehr so fett, als wenn er analog ausspielen und analog summieren würde. Es musste ein Fehler in der Audio-Engine sein, denn er hätte schon mehrere Blindtests gemacht, und das Ganze wäre ohne Probleme zu hören. Ich war neugierig, den Unterschied wollte ich auch hören!

Er schickte mir zwei Audiodateien zum Vergleich: Eine klang leiser und flacher, die andere laut und druckvoll. Ich war platt! Wie kam es zustande? Sein Audiointerface klang tatsächlich ganz gut, wenn man zu laute Signale abspielte, und es klang auch ganz gut, den analogen Mixer mit den Summensignalen zu übersteuern. Es passte zu seinem Musikstil, und dieser Effekt summierte sich durch die vielen übersteuerten Ausgänge zu einem druckvollen und gut klingenden Gesamtsound. Audiotechnisch eine Katastrophe − aber es passte irgendwie!

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Toneboosters EBULoudness zeigt uns als letztes Plugin auf der Summe in der Anzeige »dB true peak« ganz klar an, dass unser Summensignal zu laut ist. Es verzerrt auf jeden Fall bei der Ausgabe auf unseren Monitorboxen und taugt nicht als Basis, um unseren Mix überhaupt zu beurteilen!

Wenn er den gleichen Song im Sequenzer summierte, dann ergab das jeweils Dateien mit 32-Bit-Floating-Point, die nach der Normalisierung sogar leiser und ohne Clipping abgespielt wurden. Die Übersteuerung war nun weg, audiotechnisch war es besser, aber alle Signale waren allesamt leiser und die Lautstärke nicht ausgeglichen. Das klang als Gesamtmix tatsächlich schlechter, obwohl es technisch gesehen das bessere Signal war! Default-Songs führen sehr schnell zu obigem Problem: Alle Signale landen auf einer Stereosumme, und die übersteuern wir dadurch sehr schnell! Um nicht in diese Falle zu tappen, solltest du auch die Audioeingänge deiner Aktivboxen oder deines Verstärkers für Kopfhörer und Monitore überprüfen. Wenn das Signal die Eingänge übersteuert, weil beispielsweise eine Soundkarte mit Studiopegel in einen normalen Hi-Fi-Verstärker gelangt, dann klingt das vielleicht im ersten Moment druckvoll, aber du hörst nie das, was du wirklich mischst!

>> Ist es jetzt besser oder schlechter? Studiotipps – Kniffe die die Welt verbessern <<

Beachten wir jedoch die Lautstärkepegel auf unserem Summensignal und reduzieren das Signal entsprechend, wird das Signal beim Mischen identisch mit dem digitalen Mixdown sein. Möchtest du diesen Effekt simulieren, kannst du auch ein paar einfache Limiter oder Clipping-Plugins in deinen Mix einfügen. Der Vorteil ist dann, dass du solche speziellen Effekte wirklich gezielt auf deinen Mix abstimmen kannst. In der Regel klingt das meist noch besser als die unkontrollierte Variante …

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Die Lupe

Gewöhnt man sich an, bestimmte Signale auf Bussen zusammenzufassen und gemeinsam zu bearbeiten, wird es sehr leicht, beim Mischen eine andere Perspektive einzunehmen. Unser Ohr gewöhnt sich an viele Dinge − auch an einen ungewöhnlichen Frequenzgang. Man muss einen komischen Mix nur lange genug hören, schon passt sich unser Ohr an, und manchmal fallen Fehler im Mix erst am nächsten Tag auf.

Schaltet man Spuren solo und betrachtet sie längere Zeit nur isoliert, verzettelt man sich aber auch schnell in Details, die im Gesamtmix vielleicht komplett untergehen! Busse können dir helfen, bestimmte Bereiche deiner Mischung zu betrachten, ohne das Gesamtbild zu verlieren. Um das zu illustrieren, siehst du oben in der Abbildung einen Screenshot aus einem Song, bei dem die Bus-Struktur sehr einfach gehalten ist: Es gibt rechts in dieser Abbildung vier Busse für diesen Song: Zum einen trenne ich den kompletten Bassbereich durch einen gemeinsamen Bus (Bass Bus), die restlichen Klänge landen auf dem MixBus. Von dort extrahiere ich zudem Solo Sounds und Vocals mit dem Front-Bus, spezielle Flächen und der Effekt gesang landen auf dem Bus “BackVoc”. Die Drums haben bei diesem Song keinen eigenen Bus.

Es ist klar, wo die Klänge stehen müssen: Solo-Sounds und Lead-Vocals gehören nach vorne gemischt. Mit dem Toneboosters EZQ habe ich hier zum Abschluss leicht die Höhen und Mitten angehoben. Geht der Sound irgendwo im Gesamtmix unter, lassen sich die Signale durch die Bus-Automation einfach nach vorne holen. Die Flächen und der Chor gehören in den Hintergrund, mit dem EVEAT1 EQ habe ich dort die Höhen leicht reduziert. Der Bass-Bus wird komprimiert, damit ein solider Bass-Anteil im gesamten Song durchgängig erhalten bleibt und Bassdrum und Bass im Mix beide harmonieren. Die restlichen Signale landen allesamt auf dem MixBus, inklusive der Effektsektion. Im Bild habe ich zudem die Send-Effekte mit abgebildet, denn auch die Bearbeitungen dort entstehen eigentlich nur durch das Arbeiten mit Bussen.

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2 Ein Song mit wenigen Bussen, mit denen man den Klang komplett gestalten kann: »Drums« steuert alle Klänge des Drumsets, »BassBus« enthält nur die Sounds, die für das Bassfundament im Song sorgen. Im Bus »Hintergrund« liegen gedoppelte Vocals, »Effects« ist der gesamte Effektanteil des Songs und »MixBus« enthält die prägenden Spuren, in diesem Fall Gitarren und Lead-Vocals. Viele Bearbeitungen werden zentral auf den Bussen gemacht, dadurch geht der Mix sehr schnell und ist nachher auch noch leicht abzustimmen.

Schaltet man die Lead-Sounds solo, hört man sehr gut, wo Schwächen sind, die beispielsweise durch die Automation oder Schnitte ausgeglichen werden müssen − etwa ein Atemgeräusch, das unsauber geschnitten ist, ein paar Abschnitte, die einfach zu laut oder zu leise sind, oder beim Synthesizer-Solo den kaputten Einsatz, bei dem noch vor der ersten Note die Hallfahne vom letzten Take mitschwingt.

Schaltet man die Lead-Sounds stumm, entsteht quasi automatisch die Karaoke Version des Songs. Lässt der Song überhaupt Raum für die Vocals? Es ist sehr einfach, ein überladenes Arrangement auszudünnen, wenn man sich beim Anhören vorstellt, dass der Mix Raum lassen soll für die Lead-Sounds. Auf einmal entdeckt man, dass ein leises Arpeggio in Frequenzbereich und Stereoposition doch genau in den gleichen Takten spielt, wo doch gerade der Lead-Sänger Vollgas geben soll! Es fiel im Gesamtmix mit allen Sounds nur nicht mehr auf!

Ohne Lead-Sounds treten auch die Effekte stark in den Vordergrund. Welche Stereobreite soll der Hall eigentlich haben, und wäre das Delay nicht noch effektiver, wenn es anschließend noch etwas Raumanteil zugemischt bekommt? Wenn die Leadsounds stummgeschaltet sind, ist es viel einfacher, solche Details zu hören und abschließend zu korrigieren.

Gemeinsamkeiten

Natürlich machen Busse auch sonst im Alltag vieles leichter. Wenn du mehrere Takes auf unterschiedlichen Spuren schneiden und automatisieren und diese gemeinsam mit den gleichen Plugins bearbeiten möchtest, dann ist ein Bus die einzig wahre Lösung. Im Bassbereich lohnt sich das Zusammenfassen von Bassdrum und Bass, da diese sich meist ja nicht gegenseitig bekämpfen, sondern ein gemeinsames Fundament deines Songs bilden sollen. Ein niedriger Low-Cut, vielleicht eine gemeinsame EQ-Anhebung im Bassbereich, eine Einengung der Stereobreite und ein abschließender Kompressor können da schon helfen.

Auch umgekehrt ergibt das ganze Sinn: Der Rest der Mischung bekommt per Bus einen höheren Low-Cut, es werden dort mehr Bassanteile weggeschnitten, sodass die restlichen Klänge auf jeden Fall nicht mehr mit dem Bassbereich kollidieren. Die Stereobreite könnte unabhängig vom Bassbereich angepasst werden, und auch leichte Frequenzkorrekturen, die eigentlich den gesamten Mix betreffen, kann man prima auf dem Bus umsetzen.

Auch die restlichen Drumsounds sollten mindestens einen eigenen Bus bekommen. Nur so lässt sich das Verhältnis zwischen Drums und dem Rest eines Songs auf einfache Weise kontrollieren. “Ich glaube, die Drums gehen unter” gehört damit der Vergangenheit an, schließlich kann man nun mit einem einzigen EQ-Plugin auf einfache Weise die gesamten Einzelspuren nach vorne holen!

Fazit

Im Default-Song deines Sequenzers sind vielleicht keine Busse angelegt, aber fast jede DAW unterstützt diese Funktion. Wenn du darauf achtest, die Audioausgänge deiner Wandler und deine Abhöre richtig einzupegeln, wirst du genau das hören, was auch nach einem digitalen Mixdown mit beliebig vielen Bussen erhalten bleibt.

Um unsere Ohren frisch zu halten, ist ein anderer Betrachtungswinkel einer Mischung eine effektive Übung. Busse können auch hierfür eine gute Lösung sein! Nicht zuletzt lassen sich viele Bearbeitungen so einfacher umsetzen.

Manchmal braucht es gar keine neuen Plugins, sondern nur eine Möglichkeit, die Lautstärke einfach mal mit zwei Controllern nach Gehör abzustimmen. Viel Spaß beim Experimentieren!

 

 

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